Was macht der Fisch in meinem Ohr?

Rezensionen zu "Was macht der Fisch in meinem Ohr?"

  1. Das ist natürlich ein genialer Titel...

    ..., ließ er doch zumindest mich sofort an die wunderbare Buchreihe "Per Anhalter durch die Galaxis" von Douglas Adams denken, wo der Erdenmensch Arthur Dent einen Babelfisch in sein Ohr verpasst bekommt und fortan jegliche galaktische Sprache versteht.

    Bis in die Weiten des Weltalls brauchen wir nicht zu gehen, gibt es schon auf unserem Erdenrund genug Sprachen und keinen der sie alle verstehen, geschweige denn sprechen kann. Höchste Zeit also, sich um Sprachen, Übersetzungen und die Bedeutung von allem, so der Untertitel, Gedanken zu machen.

    Ich behaupte einfach mal, dass ich ein sehr einsprachiger Mensch bin. Mit Genuss Bücher lesen, entspannt Filme gucken und wichtige Anleitungen und Rezepte verstehen kann ich nur in meiner Muttersprache. Allerdings habe ich auch bisher wenig darüber nachgedacht, wer oder was es mir ermöglicht, den neuesten englischen Thriller, die japanischen Animes, oder den koreanischen Drucker konsumieren zu können. Erst wenn in den Übersetzungen etwas schiefläuft, lustige und unverständliche Sätze auf deutsch dastehen, dann kann ich mich aufregen über etwas, was mir bisher selbstverständlich erschien, aber wohl bei weitem nicht ist.

    Übersetzungen erfordern viele talentierte Menschen, die je nach Gebiet (technische-, gesetzliche Texte, Prosa, Lyrik, Nachrichten....) unterschiedliche Schwerpunkte im Transfer der Sprachen beachten müssen und dabei auf Hürden stoßen, die wir Normalsterbliche noch nicht einmal bemerken würden. Kulturelle Unterschiede verhindern nicht nur, dass wörtlich übersetzte Witze nicht verstanden werden, sondern auch, dass Gegebenheiten anders verstanden und die Aussage im Text daher unsinnig erscheint.

    Maschinen! Google kann inzwischen auch übersetzen! Klar, und es wird sogar immer besser, aber es sucht eigentlich nur in seiner gigantischen Datenbank nach gleichen Sätzen, die schon einmal (von Menschen) übersetzt wurden, kramt sie in einer irrwitzgen Geschwindigkeit aus der richtigen Schublade und spuckt sie aus. Peng.

    Bellos verrät in seinem Buch so mancherlei Erstaunliches, wie zum Beispiel die Tricks der Vereinten Nationen, die bei dem Sprachengewirr hunderte von Übersetzern für jede Sitzung beschäftigen müssten. Um die Kosten nicht explodieren zu lassen, übersetzt man über Transfersprachen (Englisch, Französich..). Oder dass die Japaner den Übersetzern eines Buches die gleiche Aufmerksamkeit schenken wie dem Autoren selbst, sie stehen in gleichgroßen Lettern auf dem Umschlag. Bellos zeigt Statistiken auf, in denen man ablesen kann, wie hoch der Anteil der Übersetzungen von fremdsprachigen Büchern in den einzelnen Ländern ist und macht so deutlich, dass unser "Kulturgut" bisher doch noch sehr einseitig ausfällt. Übersetzer haben ihre eigene "Handschrift" und keine ihrer Arbeiten gleicht den Produkten von anderen Übersetzern. (Bei Gesetzestexten ziemlich ungünstig.)

    Ich zähle jetzt nicht alle Stellen auf, die mich fasziniert und oft genug zum Zitieren gebracht haben, aber es ist ein sehr aufschlussreiches, kluges Buch, mit Fallbeispielen und Anekdoten und dem Effekt, dass ich mir jetzt ein wenig mehr Gedanken ums Übersetzen machen werde. Allen Sprachinteressierten empfehle ich dieses Buch ohnehin.

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