Was auf das Ende folgt

Buchseite und Rezensionen zu 'Was auf das Ende folgt' von Chris Whitaker
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4 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Was auf das Ende folgt"

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:400
Verlag: Piper
EAN:9783492071529

Rezensionen zu "Was auf das Ende folgt"

  1. Äußerlich schräge Figuren auf der Suche nach innerer Wahrheit

    Chris Whitakers Entschluss, nach zehnjähriger Tätigkeit als Finanztrader Romanautor zu werden, mutet ebenso abenteuerlich an, wie die Lebensentwürfe seiner Charaktere. "Was auf das Ende folgt", im Original "Tall Oaks" nach der gleichnamigen Kleinstadt in dem Buch, ist sein gelungenes Debüt, auch wenn sich sein großer internationaler Erfolg erst mit dem 2. Roman "Von hier bis zum Anfang" einstellt.

    Die Rahmenhandlung von "Was auf das Ende folgt" beschäftigt sich mit dem Verschwinden des dreijährigen Harry Monroe aus dem Haus der frisch von ihrem Ehemann Michael verlassenen Mutter Jessica, die fortan alle Hebel in Bewegung setzt, den Entführer zu entlarven und den Sohn wiederzufinden. Dabei bestraft sie sich für ihr Versagen mit Alkohol und flüchtigen Affären. An ihrer Seite kämpft der Polizist Jim um die Aufklärung dieses furchtbaren Verbrechens. Er begeht den schweren Fehler, mehr für Jessica zu empfinden, als das reine Interesse eines Ermittlers. Nach und nach werden weitere skurrile Figuren von Tall Oaks, einem Mikrokosmos gesellschaftlicher Absurditäten, eingeführt. Das Ehepaar Hen und Roger, das um den Tod ihres Jungen Thomas trauert und das dabei feststellt, dass sie nicht zusammengehören, auch weil Roger homosexuell ist und Hen sich eine eheähnliche Bindung nicht mehr vorstellen kann. Der frühreife und altkluge Manny, der am liebsten ein Gangsterboss alter Schule wäre, und durch sein Gehabe von allen gleichermaßen geliebt als auch belächelt wird - nicht nur von seiner kleinen Schwester, sondern auch von dem Nachbarmädchen Furat, die mit ihrer Familie aus dem Irak stammt und sich allerlei Vorurteile gefallen lassen muss. Mannys alleinerziehende Mutter Elena hat Bindungsängste, aber starke Gefühle zu dem viel jüngeren Jared, der psychische Probleme hat, weil er schwer an einer Schuld trägt, die ihm die Liebe seiner Eltern gekostet haben soll. Der stark übergewichtige Jerry arbeitet in einem kleinen Fotostudio. Sein Boss Max behandelt ihn herabwürdigend, was Jerry hinnimmt, wie viele andere Demütigungen auch. Nicht zuletzt schikaniert ihn die eigene Mutter, die körperlich so hinfällig ist, dass sie auf Jerrys Hilfe angewiesen ist. Erst sukzessive ergänzen sich diese Schicksale zu einem Gesamtgemälde, das viel Licht und Schatten offenbart. Die größte Bürde aller Bewohner ist und bleibt jedoch das ungeklärte Geheimnis, wohin der kleine Harry Monroe verschwunden ist.

    Der Roman wird geschickt entwickelt und am Ende werden sämtliche Wunden, Fragen und Hoffnungen in irgendeiner Weise behandelt. Jeder Figur wird ein zufriedenstellendes Schicksal zuteil, auch wenn das Ergebnis mitunter grausam ist. Dies ist für sich eine großartige Leistung des Autors. Die Aufklärung von Harrys Verschwinden erzeugt einen Spannungsbogen, der bis auf die letzten Seiten trägt. Einige falsche Fährten sind geschickt eingebaut und sorgen zwischendurch für Überraschungen. Das Coming-of-Age von Manny, seinem Mitläufer Abe und der Freundin Furat führen zu vielen tollen und lustigen Szenen. Die oft verkorksten Lebenssituationen der diversen Bewohner von Tall Oaks wecken immer wieder das Interesse des Lesers, wie es weiter geht.

    Das einzige Manko ist aus meiner Sicht, dass sich das Genre des Romans nicht festlegen lässt. Er ist ein bisschen ein Thriller, ein bisschen Gesellschaftsroman mit Romance-Anleihen und ein bisschen Komödie - so, als konnte sich Whitaker bei seinem Debüt nicht entscheiden, für was für eine Art von Buch sein Herz schlägt. Ich bin froh, dass sich der Autor weiterhin für dieses Handwerk entschieden hat und mit seinem zweiten Buch ein noch besseres Werk abgeliefert hat. Dennoch ist auch "Was auf das Ende folgt" bzw. "Tall Oaks" eine lesenswerte Lektüre.

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