Vom Ende eines Sommers: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Vom Ende eines Sommers: Roman' von Melissa Harrison
3.85
3.9 von 5 (6 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Vom Ende eines Sommers: Roman"

England in den 1930-Jahren: Die vierzehnjährige Edith Mather lebt mit ihrer Familie auf Wych Farm im ländlichen Suffolk. Das Leben auf dem Land ist hart, die Schatten von Weltwirtschaftskrise und Erstem Weltkrieg hängen über der verarmten Gemeinde, und die Farm wird noch mit Pferdestärken betrieben. Edith, genannt Edie, ist ein seltsames Kind: Als eines von vier Geschwistern in einer konservativen Farmerfamilie zieht sie Bücher der Gesellschaft von anderen Kindern vor. Als die Journalistin Constance FitzAllen aus London anreist, um eine Kolumne über und Lobrede auf das Landleben zu schreiben, empfindet Edie von Anfang an Bewunderung für die extrovertierte Frau in Männerhosen. Charmant, wissbegierig und glamourös scheint Constance zunächst die ideale Freundin und Mentorin für Edie zu sein. Doch die junge Frau aus der Großstadt will nicht nur dokumentieren, sie will missionieren. Und sie bringt politische Ideen mit, die bald zu einem Flächenbrand in ganz Europa führen. Atmosphärisch und bildstark erzählt ›Das Ende eines Sommers‹ vom Erwachsenwerden und ist zugleich packendes Zeitporträt und eine Verneigung vor der Schönheit der Natur.

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:320
Verlag:
EAN:9783832181529

Rezensionen zu "Vom Ende eines Sommers: Roman"

  1. Landleben im England der 1930er Jahre

    Ich-Erzählerin Edie Mather erinnert sich an ihre Jugend, insbesondere an den Sommer 1934, der auf ein Dürrejahr folgte, das viele Landwirte in Verschuldung und Armut getrieben hat. Edies Familie betreibt eine kleine Farm. Die Tage sind ausgefüllt, jedes Familienmitglied hat seine Pflichten. Fast alles wird noch von Hand oder mit Pferden erledigt. Maschinen und Traktoren haben Seltenheitswert, die Angst vor Missernten ist omnipräsent, der Große Krieg sowie die Weltwirtschaftskrise haben Spuren hinterlassen.

    Edie ist ein seltsames Mädchen, das Bücher der Gesellschaft Gleichaltriger vorzieht. Sie hat eine lebendige Fantasie und lässt sich von den abergläubischen Geschichten ihrer Mutter und anderer Dorfbewohner faszinieren. Ihre einzigen Freunde sind ihre Geschwister. Die ältere Schwester Mary hat bereits geheiratet und ein Baby - Edie vermisst sie als Vertraute sehr. Der 16-jährige Frank arbeitet schon voll auf dem Hof mit und hat nur noch wenig Zeit für die jüngere Schwester, die gerne in der Gegend herumstromert und alles beobachtet, was um sie herum geschieht. Edie liebt die Natur, kümmert sich um in Not geratene Tiere, kann sich aber auch in Tagträumen verlieren. Ihre feinsinnigen Schilderungen der Landschaft, der Menschen ihres Umfeldes, des harten aber doch für viele befriedigenden Landlebens zeugen von großer Liebe und inniger Naturverbundenheit.

    Als die Journalistin Connie FitzAllen im Dorf auftaucht und sich für Edie und ihre Familie zu interessieren beginnt, wird Edie aus ihrem Trott gerissen. Die urbane Frau in Hosen, die so klare Ansichten vertritt, mit den Männern diskutiert, ohne auf anderslautende Gepflogenheiten zu achten, und Artikel für eine Londoner Zeitschrift schreibt, fasziniert das junge Mädchen. Edie versucht fortan, möglichst viel Zeit mit der Städterin zu verbringen. Connie überwindet schnell die Ressentiments der Bevölkerung durch ihre zupackende, aufmerksame Art. Allerdings verklärt sie das Landleben nicht nur in ihren Artikeln immens und versucht, die Bauern von einer rückwärtsgewandten Arbeitsweise zu überzeugen. Zunehmend wird deutlich, dass sie nicht nur aus persönlichem Interesse aufs Land gereist ist, sondern auch extreme politische Ambitionen und Überzeugungen hegt. Währenddessen sieht Edie in ihr ein Idol, träumt von einem Leben in London fernab der vorbestimmten Pfade.

    Edie befindet sich auf der Schwelle zum Erwachsensein. Sie liebt Tiere, wirkt aber in Bezug auf Männer entsetzlich naiv, was deutlich wird, als der Nachbarsjunge Alf ihr nachsteigt. Niemand scheint sie aufgeklärt zu haben, was mir angesichts des ländlichen Umfeldes mit praktizierter Viehzucht nicht ganz realistisch erscheint. Man leidet mit Edie mit, als sie niemanden hat, mit dem sie über ein persönliches, aufwühlendes Erlebnis sprechen kann.

    Es passiert zunächst nicht allzu viel im Roman, er plätschert mit einnehmenden Bildern dahin. Dann sind es aber wieder einschneidende Ereignisse, über die aus Sicht des Teenagers relativ gleichmütig berichtet wird, obwohl dem Leser eine viel größere Tragweite bewusst ist. Die Stärke des Romans liegt in den Beschreibungen und authentischen Schilderungen des Landlebens der 1930er Jahre im Verlauf der Jahreszeiten. In die sommerliche Atmosphäre von sonnen- und licht- durchfluteten Feldern, gleißender Hitze, zwitschernden Vögeln und staubigen Wegen kann man als Leser voll und ganz abtauchen.

    Sprachlich ist der Roman wunderbar übersetzt und sehr ansprechend an die erzählte Zeit angepasst. Die detailliert und liebevoll gezeichnete englische Landschaft lädt zum Kopfkino ein. Außerdem wartet das Buch mit einem überraschenden Ende auf, das das Gelesene noch einmal in einem völlig anderen Licht erscheinen lässt und damit einen anhaltenden Leseeindruck garantiert.

    Ich empfehle den Roman allen Lesern, die sich gerne in einen bildreichen, atmosphärischen Roman fallen lassen sowie ein authentisches Bild vom Landleben der 30er Jahre bekommen möchten. „Vom Ende eines Sommers“ ist ein sowohl leichter wie auch melancholischer stimmungsvoller Sommerroman, der aus der Sicht eines damals 14-jährigen Mädchens erzählt wird. Es handelt sich sowohl um eine Coming-of-Age-Geschichte als auch um einen historischen Familien- und Dorfroman. Da auch in der Gegenwart verstärkt über den umfassenden Umbau der Landwirtschaft hin zu mehr Regionalität bei weniger Globalität diskutiert wird, sehe ich durchaus aktuelle Bezüge. Zu erwähnen ist die haptisch ansprechende und sehr wertige Ausgabe des Hardcovers im DuMont Verlag.

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  1. Passend zur Jahreszeit

    Auf der Suche nach der richtigen Sommerlektüre ist mir der Roman von Melissa Harrison Vom Ende eines Sommers in die Hände gefallen. Ich finde es handelt sich um ein Buch, dem man sich unterschiedlich nähern kann, zum einen kann man das Buch als Coming of Age Geschichte lesen, oder aber, man kann sich durch die bildhafte Sprache der Autorin in eine wunderschöne englische Landschaft einer lang vergangenen Zeit zurückversetzen lassen.
    Die Hauptfigur in diesem Buch ist die vierzehnjährige Edith „Edie“ Mather. England ist noch vom ersten Weltkrieg gebeutelt, die Wirtschaft steckt nach wie vor in der Krise. Das gesellschaftliche Leben von Edie hält sich in Grenzen, sie bevorzugt es sich in Bücher zu verkriechen, als ihre Zeit mit anderen gleichaltrigen zu verbringen. Sie wird von der Autorin als seltsames Mädchen beschrieben, diesen Eindruck konnte ich nicht unbedingt teilen, da in der Geschichte zu wenig auf diese Thematik eingegangen wurde. Nur weil ein Mädchen viel liest ist sie noch lange nicht seltsam und so abgeschottet von ihrer Umwelt empfand ich Edie gar nicht.
    Eines Tages wird das kleine Dorf von der Journalistin Constance Fitz Allen aus London besucht. Constance hat sich fest vorgenommen eine Kolumne über das Landleben zu schreiben. Das Auftreten von Constance ist für die ländlichen Bewohner etwas sonderbar, trägt sie doch ständig lange Männerhosen. Aber auch der Umstand, dass sich eine Fremde derart penetrant für das Landleben und die Landwirtschaft interessiert, hinterlässt bei den Einwohnern ein sonderbares Gefühl. Eher ungewöhnlich für die damalige Zeit. Obendrein wenn die Frau aus dem großen London kommt. Der Platz der Frau war damals noch vorgezeichnet. Nach der Heirat, vorzugsweise mit einem angesehenen Landwirt, kümmert sich die Frau um den gemeinsamen Nachwuchs und achtete darauf, dass es den hart arbeitenden Männern an nichts fehlte. Edies Weg hätte eigentlich auch ähnlich verlaufen sollen, aber Edie hatte andere, größere Pläne und da kam ihr die elegante Constance aus London gerade recht. Sie freundet sich mit ihr an und betrachtet sie als Vorbild. Doch Constanze interessiert sich nicht nur für die Landwirtschaft, sie interessiert sich auch für die Politik und scheut nicht davor zurück, ihre politische Gesinnung propagandahaft/propagandamäßig unter der Landbevölkerung zu verbreiten.
    Ein Roman, der ohne Zweifel von den, durch Wörter geschaffenen, Bilder lebt. Atmosphärisch fühlt man sich in eine spannende Zeit zurückversetzt, in der Maschinen erfunden wurden um die tägliche, harte Arbeit auf den Feldern zu erleichtern. Aber die Bilder von sommerlichen, im Sonnenlicht gleißenden Feldern, von staubigen Bauernhöfen und von heißen Sommertagen sind zeitlos.
    Wieder ein Buch, das durch seine leisen Töne glänzt und für mich die Natur und das Landleben hervorragend in Szene setzt. Das Buch plätschert so vor sich hin, aber trotzdem kommt keine Langeweile auf, vor allem da fortlaufend immer mehr die Journalistin Constanze Raum einnimmt und die unterschiedlichen politischen Ansichten für Anspannung sorgen. Tatsächlich ändert sich daraufhin der Charakter der Geschichte und auch das Tempo wird etwas schneller. Das Ende ist dann wiederum sehr überraschend und war in keiner Weise abzusehen, allerdings hat es mich auch etwas unzufrieden zurückgelassen.
    Aus meiner Sicht ein Roman der sehr gut zur Jahreszeit passt. Hervorheben möchte ich noch das wunderschöne Cover und den hochwertigen Einband, dass eine tolle Haptik beim Lesen vermittelt.

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  1. Der Sommer des Erwachsenwerdens

    Suffolk/England in den dreißiger Jahren: Die vierzehnjährige Edith Mather ist eines der Kinder einer konservativen Farmerfamilie. Sie ist anders als ihre Geschwister, denn am liebsten verliert sie sich in ihren Büchern. Alle finden sie seltsam. Als die Journalistin Constance FitzAllen aus London in dem Dorf auftaucht, ist Edith fasziniert von dieser glamourösen Frau. Constanze scheint sie auch zu fördern, aber sie trägt auch Ideen ins Dorf, die das Leben dort verändern.
    Das Cover finde ich sehr schön und passend. Der Schreibstil der Autorin Melissa Harrison hat mich angesprochen. Ihr gelingt es vorzüglich, die Atmosphäre in dieser ländlichen Gegend jener Zeit darzustellen. Der Krieg und die Weltwirtschaftskrise haben den Menschen hier zugesetzt. Die Arbeit ist hart und es fehlt an männlichen Arbeitskräften. Um alles zu bewältigen muss die ganze Familie mitarbeiten, auch die Kinder.
    Die 14-jährigen Edie fühlt sich mit ihren Büchern am wohlsten. Sie ist im Übergang vom Kind zur Erwachsenen und hat ihre Träume. Das gefällt ihren Eltern natürlich nicht, die erwarten, dass alle ihren Teil zur Arbeit beitragen. Für Edie mit ihren Gefühlen und Sehnsüchten bleibt keine Zeit. Dann taucht Constanze FitzAllen auf der Farm auf, die sich mit ihrem Auftreten von allen anderen abhebt. Das muss einem naiven jungen Mädchen wie Edie ja imponieren, zumal ihr Constanze Aufmerksamkeit schenkt. Bei den Erwachsenen dagegen stößt die Londonerin eher auf Misstrauen, doch zunehmend macht sich der Einfluss von Constanze und ihrem gefährlichen Gedankengut überall bemerkbar.
    Das Ende ist ungewöhnlich und hat mich überrascht.
    Es ist eine ruhige Geschichte, die mich beim Lesen nicht so gepackt hat, aber im Rückblick trotzdem sehr intensiv ist.

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  1. Ein fein abgestimmter Roman

    Klappentext:

    „England in den 1930-Jahren: Die vierzehnjährige Edith Mather lebt mit ihrer Familie auf Wych Farm im ländlichen Suffolk. Das Leben auf dem Land ist hart, die Schatten von Weltwirtschaftskrise und Erstem Weltkrieg hängen über der verarmten Gemeinde, und die Farm wird noch mit Pferdestärken betrieben. Edith, genannt Edie, ist ein seltsames Kind: Als eines von vier Geschwistern in einer konservativen Farmerfamilie zieht sie Bücher der Gesellschaft von anderen Kindern vor.

    Als die Journalistin Constance FitzAllen aus London anreist, um eine Kolumne über und Lobrede auf das Landleben zu schreiben, empfindet Edie von Anfang an Bewunderung für die extrovertierte Frau in Männerhosen. Charmant, wissbegierig und glamourös scheint Constance zunächst die ideale Freundin und Mentorin für Edie zu sein. Doch die junge Frau aus der Großstadt will nicht nur dokumentieren, sie will missionieren. Und sie bringt politische Ideen mit, die bald zu einem Flächenbrand in ganz Europa führen.“

    Allein das Cover ist schon ein echter Hit und der Inhalt hat mich ebenso komplett begeistert. Autorin Melissa Harrsion geht hier mit ganz zarten und feinen Tönen vor. Ihre Sprachmelodie ist gewaltig und ihre bildhaften Beschreibungen regen unweigerlich das Kopfkino an. Man hat das Gefühl, die Natur richtig durch die Buchseiten zu spüren. Bilder entstehen, die Figuren bekommen Gesichter, die Geschichte ist u heimlich lebendig, aber dennoch erzählt sie gefühlvoll die Geschichte rund um Edith. Edith ist anders und ihre Eltern hätte sich etwas anderes für sie gewünscht als die Lust auf Bücher….Bücher rund um die Gesellschaft, die alles beinhaltet, Gutes und Negatives, Dinge, die die Menschen nicht immer laut sagen wollen, dürfen, können…Mit dem Erscheinen von Constance bekommt Edith eine neue Sichtweise und ihr Denken erhält neue Anstöße sowie neue Ideen. Diese Ideen kommen einer Beweihräucherung gleich und obwohl Edith ein gewisses Wissen besitzt, ist ihre junge Kinderseele doch für so vieles empfänglich. Ich muss gestehen, das mich diese Geschichte an den wunderschönen Klassiker „Der Zauberer von Oz“ erinnert und Constance hier der Wirbelsturm ist, der Edith versucht mit in den Bann zu ziehen und die Natur und der Weg des Erwachsen-werdens bei Edith das Gute darstellen… Ein Wettlauf gegen das glauben und gegen die Gesellschaft beginnt. Edith muss sich entscheiden, nur die Frage ist, ob sie es will, ob sie es einschätzen kann…

    Ein wahrlich atmosphärischer Roman mit extrem viel Feingefühl von Harrison - 5 von 5 Sterne!

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  1. 3
    20. Jun 2021 

    Erntezeit

    Mit vierzehn steht Edie Mather an der Grenze zur Erwachsenen. Sie lebt im ländlichen England des Jahres 1933 mit ihrer Familie auf einem Pachthof. Nach dem ersten Weltkrieg wurde das Leben nicht leichter und der Ertrag aus der Ernte immer geringer. Schon ist ein Hof in der Gegend verlassen, weil der Pächter seine Schulden nicht mehr begleichen konnte. In diesem Sommer kommt die Städterin Connie FitzAllen, um über das Landleben zu berichten. Sie will das Althergebrachte erhalten. Die Leute im Dorf sind dazu geteilter Meinung, die einen stehen Veränderungen als Notwendigkeit offen gegenüber, die anderen liegen eher auf Connies Linie.

    Edie war schon immer ein Mädchen mit viel Phantasie. Seit ihre Schwester verheiratet ist und nicht mehr daheim wohnt fühlt Edie sich einsam. Unter den anderen Schulmädchen hat sie keine Freundin. Zwar interessiert sich ein Nachbarsohn für sie, aber das ist wohl noch nicht Edies Ding. Da kommt Connie, die Edie wie eine gleichaltrige Freundin behandelt, gerade richtig. Edie blüht förmlich auf, wenn sie Connie ihr Land zeigen kann und vom Leben hier erzählt. Das karge, aber auch schöne Leben, gerade jetzt im Sommer, die Ernte. Doch Edie bekommt auch die finanziellen Sorgen der Eltern mit. Sollte sie irgendwo in Stellung gehen?

    Die Stimmung der Naturbilder, das beschwerliche, aber auch zufrieden stellende entschleunigte Landleben ist in diesem Roman so gut eingefangen, dass man die Sommerwärme zu spüren meint, den Duft des Getreides zu erhaschen scheint. Schwieriger zu greifen Edies Persönlichkeit, die wohl eher aus Sicht der 1930 etwas absonderlich erscheint. Connie dagegen könnte einen mit ihrer zugewandten, freundlichen Art täuschen, wenn sie nicht einige diskriminierende Äußerungen tätigte, mit denen sie sich entlarvt. Ein englisches Sittengemälde der ländlichen 1930er, in dem die Umbrüche der Zeit deutlich werden, aber auch die Rückwärtsgewandtheit, die damals noch herrschte. Doch verliert sich der Roman auch etwas, da die schönen Naturbilder nicht jede Wendung auffangen können, die für den Leser unnachvollziehbar bleibt. Dass Connies und Ihrer Kameraden krude Ideen in England letztlich nicht verfangen haben, hat sich für das Land als Glück erwiesen. Es sollte eine Warnung, eine Mahnung sein und auch eine Hoffnung. Auch wenn man den Eindruck bekommt, dem Roman fehle es ein wenig an echtem Geschehen, so ist der Ton der 1930er doch bestens getroffen.

    3,5 Sterne

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  1. Erwachsenwerden im Suffolk der 1930er

    In den 1930er Jahren wächst die kleine Edith, auch Edie genannt, auf der Farm ihrer Eltern in Suffolk auf. Der Alltag der Familie ist geprägt von der Arbeit auf dem Feld, immer gibt es etwas zu tun, immer gilt es, irgendwo mitanzupacken. Dabei verbringt Edie ihre Zeit viel lieber irgendwo in der Natur mit einem guten Buch in der Hand. Als dann eines Tages die Londonerin Constanze in dem kleinen Dörfchen auftaucht, änder sich vieles - für Edie, aber auch für alle anderen. Edie bewundert diese Frau, die in Männerkleidung herumläuft, den Einwohnern Fragen zu ihrem alltäglichen Leben stellt um darüber schreiben zu können, und die auch sonst so ganz anders ist als die Menschen, die Edie kennt. Doch das ist noch nicht alles, denn Constanze bringt neben ihrer Neugierde auch eine fragwürdige politische Meinung mit ins Dorf...

    Ich fand das Buch insgesamt gut, sehe allerdings noch etwas Luft nach oben. Die Geschichte ist sehr ruhig erzählt, wer große Action oder Spannung erwartet, ist hier falsch, darauf kommt es hier auch gar nicht an. Aus der Sicht der etwa vierzehnjährigen Protagonistin erhält man einen Einblick in das Landleben zu jener Zeit. Edie berichtet von ihren Aufgaben und Pflichten, davon, was als Mädchen von ihr erwartet wird, aber auch, was ihr verboten ist. Das Bild der kleinen Familie, bestehend aus ihren Eltern, ihren Geschwistern und den Arbeitern, ist sehr authentisch und nachvollziehbar und Edie als Hauptfigur war mir sympathisch, wenn ich ihr Handeln auch nicht immer ganz verstanden habe und sie manchmal etwas sehr blauäugig durchs Leben geht.

    Noch ausbaufähig fand ich zum Beispiel Constanze als Charakter, der Ansatz ist gut, allerdings hat mir hier irgendwie noch etwas gefehlt, ich fand sie nicht wirklich greifbar. Damit einhergehend hätte der Roman für mein Empfinden auch noch etwas mehr Tiefe gut vertragen. Dass Connie eine eher antisemitische Haltung vertritt, wird zwar durchaus angesprochen, bis auf wenige Stellen wird dies aber gar nicht so deutlich, und wie die verschiedenen Dorfbewohner zu diesen Ansichten stehen hätte auch noch deutlich vertieft werden können. Dementsprechend bleibt das Thema Antisemitismus eher oberflächlich behandelt, was ich schade finde, weil ich denke, dass es sich gut in den Roman hätte einfügen können, noch näher darauf einzugehen. Bei einem anderen Thema, das ich hier nicht nennen möchte um nichts vorwegzunehmen, hätte ich mir sogar noch mehr einige zusätzliche Details gewünscht.

    Fazit: Ein ruhiges, schön erzähltes und auch etwas trauriges Buch übers Erwachsenwerden zu einer Zeit großer politischer Umwälzungen, von dem ich mir jedoch etwas mehr Tiefe gewünscht hätte!

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