Unsere Seelen bei Nacht (detebe)

Buchseite und Rezensionen zu 'Unsere Seelen bei Nacht (detebe)' von Kent Haruf
5
5 von 5 (2 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Unsere Seelen bei Nacht (detebe)"

Autor:
Format:Taschenbuch
Seiten:224
Verlag: Diogenes
EAN:9783257244656

Rezensionen zu "Unsere Seelen bei Nacht (detebe)"

  1. Einfach mal machen...

    Nach einer sehr intensiven Woche fiel mir dieses Buch wie durch Zufall in die Hände und es war genau die Geschichte, die ich brauchte.

    Addie ist 70 Jahre alt, Witwe und fühlt sich einsam. Da kommt sie auf die Idee ihren netten Nachbarn Louis, der ebenfalls alleine ist, zu fragen, ob er nicht zusammen mit ihr die Nacht verbringen will, weil diese immer die schlimmsten sind. Er willigt ein. Doch was werden die Bewohner von Holt denken? Wie werden ihre Kinder darauf reagieren? Und vor allem: Was wird ihnen das persönlich geben?

    Kent Haruf hat ein Händchen dafür Tagesroutinen und Alltagssituationen sehr intensiv mit wenigen Worten zu beschreiben und man empfindet gerade diese Einfachheit als Geschenk.

    Ich mochte sehr wie die alten Herrschaften einfach ihr Ding machen gegen alle Vorurteile und Vermutungen, die die Nachbarschaft so hegt. Ich fand es schon immens spannend wieviel Gedanken sich die Leute um andere machen und um Themen, die sie einfach nichts angehen, sondern nur die beiden Betroffenen, die sich dafür entscheiden nicht mehr einsam zu sein.

    Am meisten hat mich berührt, wie gerade der Sohn von Addie gegen Louis schießt, weil er Angst hat nicht mehr im Mittelpunkt zu sein, obwohl er ein erwachsener Mann ist. Stattdessen könnte er einfach mal seiner Mutter das kleine, späte Glück gönnen.

    Mir ging die Geschichte wirklich unter die Haut und sie hat mich emotional sehr bewegt, da ich das Geschilderte spüren konnte und kurz vorher selbst erlebt habe wie wichtig so ein kleines Glück sein kann.

    Fazit: Der erste Band der Holt- Reihe, den man sich nicht entgehen lassen sollte. Gern spreche ich eine Leseempfehlung aus. Klasse!

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  1. 5
    07. Jul 2022 

    Kent Harufs letzter Roman...

    Holt, eine Kleinstadt in Colorado. Eines Tages klingelt Addie, eine Witwe von 70 Jahren, bei ihrem Nachbarn Louis. Sie macht ihm einen ungewöhnlichen Vorschlag: ob er nicht ab und zu bei ihr übernachten möchte. Louis lässt sich darauf ein. Und so liegen sie Nacht für Nacht nebeneinander und erzählen sich ihre Leben. Doch ihre Beziehung sorgt für Aufsehen in dem Städtchen. (Klappentext)

    Wie alle anderen Romane Kent Harufs spielt auch dieser im fiktiven Städtchen Holt in Colorado. "Unsere Seelen bei Nacht" ist Kent Harufs letzter Roman und erschien 2015 posthum.

    Addie und Louis sind Nachbarn. Beide leben allein, die Kinder sind schon längst aus dem Haus und ihre jeweiligen Ehepartner sind bereits vor Jahren gestorben. Doch obwohl die beiden über 70-Jährigen seit Jahrzehnten in derselben Straße wohnen, wissen sie nur wenig voneinander.

    Eines Abends besucht Addie ihren Nachbarn und unterbreitet ihm einen ungewöhnlichen Vorschlag. Addie fühlt sich vor allem nachts sehr einsam und schläft deshalb schlecht und hat nun die Idee, dass Louis die Nächte mit ihr teilen könnte. Nebeneinander liegen und miteinander reden - mehr nicht. Obwohl Louis zunächst zögert auf den Vorschlag einzugehen, willigt er schließlich ein, packt Pyjama und Zahnbürste und beginnt die Abende und Nächte bei Addie zu verbringen.

    "Ich finde es wundervoll, sagte sie. Es ist besser, als ich es mir erhofft hatte. Es ist so etwas wie ein Geheimnis. Mir gefällt die Freundschaft. Die Zeit, die wir miteinander verbringen. Hier im Dunkel der Nacht zu liegen. Das Reden. Dich neben mir atmen zu hören, wenn ich wach werde." (S. 104)

    Durch ihre allabendlichen Gespräche über ihr Leben und ihre Vergangenheit, bauen Louis und Addie schon bald eine enge Verbindung zueinander auf. Addie erzählt vom Tod ihrer elfjährigen Tochter und dessen Folgen für ihre Ehe und Familie. Louis gibt eine Affäre preis, die beinahe seine Ehe zerstört hätte. Das Gerede in der Kleinstadt, das zwangsläufig entsteht, verläuft sich bald wieder, als Addie und Louis sich gelegentlich tagsüber gemeinsam in Holt zeigen.

    Den Sommer verbringen Louis und Addie mit Jamie, Addies 7-jährigem Enkelsohn, dessen Mutter die Familie kurz zuvor verlassen hat. Was zunächst störend für die erblühende Liebe wirkt, entpuppt sich bald für alle drei als großes Glück. Sie holen einen Hund aus dem Tierheim, durch den Jamie zusehends aufblüht, und unternehmen gemeinsame Ausflüge. Doch als Jamies Vater Gene seinen Sohn am Ende des Sommers wieder abholt, stellt er seine Mutter wegen ihrer Beziehung mit Louis zur Rede. Und er kämpft mit harten Bandagen...

    Ruhig, melancholisch, unaufgeregt, aber prägnant skizziert Kent Haurf auch diesmal wieder die Charaktere. Positive wie negative Facetten treten zutage, nüchtern dargestellt ohne zu beschönigen oder zu dramatisieren und stets ohne Wertung. Der Autor wirft einen ungeschönten Blick auf das Alter, zeigt aber auch auf, dass mit Siebzig längst nicht alles vorbei sein muss. Aber er schildert auch Neid und Missgunst der anderen - und dass die familiären Bande, aus denen man sich nicht einfach lösen kann, einem späten Glück womöglich abträglich sind. Entscheidungen stehen an, die hart sind und die mich schlucken ließen. Hat das Glück wirklich eine Chance?

    Kent Harufs letzter Roman über eine späte Liebe ist ein zärtlich-melancholisches Vermächtnis - an seine Frau, aber auch an seine Leser. Wieder einmal empfehlenswert!

    © Parden

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