Und am Ende werden wir frei sein: Roman
Drei Frauen, drei Schicksale, ein Krieg und die Zeit danach. Darum geht es in dem Roman „Und am Ende werden wir frei sein“ der Amerikanerin Martha Hall Kelly.
Ihr Roman beruht auf wahren Begebenheiten. Reale Personen lieferten die Vorlage für Charaktere in diesem Buch.
Die Handlung setzt im Jahr 1939 ein. Der Ausbruch des 2. Weltkrieges steht kurz bevor. In New York lebt Caroline Ferriday, Schauspielerin ohne Engagement, Tochter aus gutem Hause und Mitglied der gehobenen Gesellschaft. Sie arbeitet ehrenamtlich im französischen Konsulat und hilft französischen Familien bei der Einreise in die USA. Immer mehr Franzosen verlassen ihre Heimat. Denn Europa steht kurz vor Ausbruch des Krieges. Die Spendenlust der High Society von New York ist groß. Charity gehört zum guten Ton.
"Sie betrachtete die Möglichkeit, sich wohltätig zu engagieren, wie andere eine Kuchenplatte."
Zur gleichen Zeit im polnischen Llubin erleben die 16-jährige Kasia und ihre Familie den Einmarsch der Deutschen. Ihr Alltag ist plötzlich von Angst und Drangsalierung durch die deutschen Besatzer geprägt. Immer mehr Menschen werden deportiert. Auch Kasia sowie ihre Mutter und Schwester werden eines Tages in einen Zug nach Ravensbrück verfrachtet. Die Frauen haben keinen Schimmer, was sie hier erwarten wird.
In Deutschland lebt indessen Herta Oberheuser. Sie wächst in Düsseldorf auf und lässt sich zur Ärztin ausbilden. Der Nationalsozialismus hat bei ihr ganze Arbeit geleistet. Herta hat sich das nationalsozialistische Gedankengut bedingungslos zu eigen gemacht. Doch eine Sache geht ihr gegen den Strich. Als Frau darf sie den Beruf des Arztes nicht in der kompletten Bandbreite ausüben wie ein Mann. Ihre Karrieremöglichkeiten sind dadurch beschränkt. Da bietet sich die Gelegenheit, in der Forschung im Lager Ravensbrück zu arbeiten. Dass sie mit ihren Forschungen Verbrechen an der Menschlichkeit begeht, ignoriert sie völlig. Ganz im Gegenteil: Herta "forscht" aus rassenideologischer Überzeugung.
"Die Operationen fanden zum Wohle Deutschlands statt."
Die Handlungen dieses Buches gehen über das Ende des 2. Weltkrieges hinaus. Diesen Fortgang braucht der Leser auch. Denn zum Einen ist die Frage noch nicht beantwortet, wann und wie die separaten Handlungsstränge der drei Frauen zusammenkommen werden: Abgesehen vom Aufeinandertreffen von Herta und Kasia in Ravensbrück gibt es keinen gemeinsamen Nenner, erst recht nicht mit der Geschichte von Caroline in New York.
Zum Anderen will man Antworten auf die Frage nach den Motiven einer Herta. Man kann die Beweggründe für ihre Handlungen in Ravensbrück einfach nicht nachvollziehen, will aber dennoch Hertas Unmenschlichkeit verstehen können.
Nach Kriegsende wird Herta wird in den sogenannten Ärzte-Prozessen 1947 in Nürnberg zur Rechenschaft gezogen und verurteilt. (wikipedia: Ravensbrück-Prozesse)
"Der See war zornig. Schaumgekrönte Wellen jagten über die Oberfläche. Wurde er vom Wind aufgewühlt oder vom Zorn der Menschen, deren Asche wir ins Wasser gekppt hatten, damit sie am Grund des Sees versickerte? Welchen Vorwurf würde man mir machen? Ich hatte die Stelle einer Lagerärztin aus purer Notwendigkeit angenommen. Es war zu spät für die Verlorenen, die mit ihren knochigen Fingern auf mich zeigten und Zeugnis gegen mich ablegen wollten."
Martha Hall Kelly geht in der Geschichte um die drei Frauen jedoch noch weiter. Ihr Roman endet in den 50er Jahren. Am Ende fügen sich schließlich die Handlungsstränge zusammen.
Denn Caroline engagiert sich mittlerweile in einer französischen Organisation, die sich nach dem Krieg mit der Betreuung Überlebender der Konzentrationslager befasste (ADIR). Durch eine Hilfsaktion, die sie ins Leben ruft, erwirkt sie, dass die Opfer der menschlichen Experimente in Ravensbrück, darunter auch Kasia und ihre Schwester, in die USA reisen dürfen. Sie werden dort medizinisch betreut, um die Schäden an Körper und Seele zu mildern.
Die Autorin hat sich über lange Zeit mit der Recherche zu diesem Roman befasst. Sie ist zu den Schauplätzen gereist, hat mit Zeitzeugen gesprochen und einiges an Material gesichtet, das sich mit Ravensbrück und seinen Insassen befasst. Viele der Protagonisten in ihrem Roman sind realen Personen nachempfunden. Allen voran Caroline, die als Caroline Ferriday ihr Leben tatsächlich so gestaltet hat, wie die Autorin es beschreibt. Anfangs scheint das Leben der Figur Caroline oberflächlich zu verlaufen. Als Dame der gehobenen Gesellschaft lebt sie ein Leben inmitten von Parties, Galas, Kaffeekränzchen und Restaurauntbesuchen. Auch wenn ihre Events unter dem Deckmantel der Wohltätigkeit laufen, steht das Vergnügen im Vordergrund. Dieser Handlungsstrang bildet daher einen krassen Gegenpol zu den Geschichten um Kasia und Herta. Zunächst habe ich Carolines Auftritt als störend empfunden, war jedoch mit Fortschreiten der Handlung froh, dass die Autorin mir einen Ausflug in die Oberflächlichkeit gönnte. Denn sobald sich die Geschichte nach Ravensbrück verlagerte, war ich froh, eine Atempause von den geschilderten Grausamkeiten in Aussicht zu haben.
"Stundenlang beobachtete ich den Vogel, dem Luzia und ich am ersten Tag im Revier beim Nestbau zugeschaut hatten. Ich fand ihn niedlich, bis ich bemerkte, dass der kleine Zaunkönig sein neues Zuhause mit weichen Büscheln aus Menschenhaar auspolsterte und blonde, rotbraune und rote Strähnen zwischen die Zweiglein flocht."
Martha Hall Kelly hat sich bei der Darstellung ihrer Protagonistin Caroline einen literarischen Freiraum gegönnt, indem sie ihr einen Seelenverwandten hinzugeschrieben hat: Paul Rodierre, den es nie gegeben hat. Zwischen Caroline und Paul bahnt sich eine enge Verbindung an, die das normale Maß einer Freundschaft übersteigt. Sagen wir, dass Caroline und Paul Seelenverwandte und füreinander bestimmt sind, allen Widrigkeiten zum Trotz. Diese Verbindung wird bis zum Ende des Romans anhalten - mal mehr, mal weniger eng. Ob sie sich am Ende kriegen, ist irrelevant. Gegen die schriftstellerische Freiheit der Autorin ist nichts einzuwenden. Doch mich hat die Art der Darstellung der Caroline/Paul Beziehung gestört: zu viel Flirterei und Liebesgeplänkel, zu viel Herzschmerz, zu viele Zufälle und zu häufig stellt sich die Frage „Kriegen sie sich oder kriegen sie sich nicht?“.
Ich habe diesen Part des Romans als störend empfunden. Wollte die Autorin ihren Roman mit diesem Ausflug in die romantische Gefühlswelt einem breiteren Publikum schmackhaft machen? Sie selbst begründet die fiktive Beziehung zwischen Caroline und Paul mit der Verdeutlichung des engen Bezugs von Caroline zu Frankreich bzw. der Dramatisierung der damaligen Ereignisse in diesem Land. Beides nehme ich ihr nicht ab. Der gewünschte Effekt ist bei mir zumindest nicht eingetreten. Denn Carolines Bezug zu Frankreich ist nebensächlich und die historischen Ereignisse sind an Dramatik sowieso nicht zu überbieten. Daher bedeutete der Caroline/Paul-Teil für mich leider eine Deklassierung dieses ansonsten sehr gelungenen Romans.
Mein Fazit:
Es gibt ein Haar in der Suppe: die romantische Darstellung der Beziehung zwischen den Protagonisten Caroline und Paul waren mir zu trivial und stufen diesen Roman leider ein wenig herab. Trotzdem ist dieser Roman absolut lesenswert. Denn allein schon die fesselnden Geschichten der drei Frauen, die hier erzählt und auf wahren Begebenheiten basieren, machen diesen Roman zu etwas so Besonderem, dass ich am Ende auch über die gefühlsduselige Romantik hinwegsehen kann.
Lesempfehlung!
© Renie
Im Jahr 1939 lernt Caroline Ferriday den charmanten Franzosen Paul Rodier kennen. Paul ist ein bekannter Schauspieler, dessen Ehe nur noch auf dem Papier existiert. Die Lage in Europa ist unsicher, Hitler ist gerade in Polen einmarschiert. In Polen erleben Kasia und ihre Freunde den Einmarsch hautnah. Ein Luftangriff der Deutschen fegt über Lublin hinweg, sie müssen mit ansehen, wie Teile ihrer Heimatstadt dem Erdboden gleich gemacht werden und Schüsse aus den Flugzeugen heraus Menschen tödlich treffen. In Düsseldorf träumt Herta von einem Leben als Chirurgin. Zwar darf sie Medizin studieren, doch kann sie als Frau allenfalls auf eine Stelle als Dermatologin hoffen. Wieso ihr schwerkranker Vater zu einem jüdischen Arzt geht, versteht sie nicht.
Drei Frauen - drei sehr unterschiedliche Schicksale. Caroline, die Tochter aus gutem Haus, engagiert sich für wohltätige Zwecke in der französischen Botschaft. Kasia, die junge Polin, ist verliebt. Doch will auch was tun, gegen die Deutschen, die sich immer mehr in das Stadtbild Lublins drängen. Ihre beste Freundin Nadia ist Jüdin und Kasia unterstützt den Widerstand, in der Hoffnung auch Nadia zu helfen. Herta dagegen ist von der Nazidoktrin durchdrungen. Sie hat nur einen Wunsch, sie will Ärztin werden und um dieses Ziel zu erreichen, ist ihr jedes Mittel recht. Als sie von einer Stelle hört, zögert sie nicht lange.
Auch wenn Caroline etwas behütet wirkt und während des Krieges in New York nicht tatsächlichen Kriegshandlungen ausgesetzt ist, entwickelt sie doch großes Mitgefühl und das Bedürfnis zu helfen. Kasia, die in das Frauenlager Ravensbrück deportiert wird, muss schlimmste Foltern erleiden. Es ist ungewiss, ob sie überhaupt mit dem Leben davon kommt. Herta Oberheuser zeichnet nichts aus. Sie ist eine tumbe Nazi-Schergin, die jegliches Gefühl vermissen lässt. Unterschiedlicher können die Frauen kaum sein. Ihre Lebensbeschreibungen lösen etwas aus. Die Grausamkeit der Nazis ist dabei unbegrenzt. Es ist kaum zu fassen, dass Menschen die Menschlichkeit so abhanden kommen kann und sie sich dann nicht einmal schuldig fühlen. Welcher Balsam für die Seele sind dann die anderen. Die liebenswerte, aber auch durchsetzungsstarke Caroline und Kasia, die trotz allem Leid Zeugnis geben kann von dem was ihr widerfahren ist. Ein fesselndes und mitreißendes Buch, das den Ravensbrück Ladies ein würdiges Denkmal setzt.
4,5 Sterne
Mein Fazit muss ich in diesem Fall unbedingt voran stellen, so grandios fand ich den Roman, so fulminat erzählt. Eine unbedingte, absolute und uneingeschränkte Leseempfehlung, die weit über die fünf zu vergebenden Sterne hinausgeht!
Ich bin wirklich sehr froh, dass ich mich für dieses Werk in der Leserunde entschieden habe. Selten hat mich die Thematik des zweiten Weltkrieges und der im Roman handelnden Protagonisten so sehr berührt, gefesselt und glaubwürdig in seinen Bann gezogen, wie es Martha Hall Kelly mit "Und am Ende werden wir frei sein", geschafft hat.
Das lag nicht zuletzt am brillanten Erzählstil der Autorin und der damit verbundenen Sprachgewalt, die alles Gelesene sofort in Bilder umwandelte und sich unweigerlich sofort in Kopf und Herz des Lesers einbrennen musste.
Die Zeitspanne des Romans erstreckt sich über zwanzig Jahre von 1939 -1959.
Wir lernen drei junge Frauen kennen, deren Charaktere und Lebensverläufe nicht diametraler sein könnten, als diese: So gibt es Caroline, die auch gutsituiertem Hause stammend, in New York im französischen Konsulat arbeitet und von dort aus dem Beginn des zweiten Weltkrieges aus der Überseeperspektive entgegensieht. Sie organisiert zunächst Visa und Hilfspakete für französische Waisenkinder. Die persönliche Betroffenheit Carolines mit dem Schicksal Frankreichs ab 1939, stellt die Autorin authentisch her, indem sie Caroline den verheirateten französischen Schauspieler Paul an die Seite stellt. Als dieser zur Rettung seiner Ehefrau nach Frankreich mitten in das Kriegstreiben reist, ist Carolines Hingabe und ihr unermüdliches Engagement zur Unterstützung der bedürftigen Franzosen endgültig erstarkt und gibt ihr unermüdliche Tatkraft für ihre Sache. Dabei sind ihre Kontakte zur High Society und ihre Beharrlichkeit, diese Kontakte auch zu nutzen, stets hilfreich um ihre Anliegen umzusetzen.
Ebenso lernen wir, beginnend 1939, die junge Polin Kasia aus Lublin kennen, die mit ihren Eltern und ihrer Schwester hautnah den Kriegsbeginn, mit dem Einfall in Polen miterlebt. Es beginnt die Zeit der Unsicherheit, des Versteckens, der permanenten Angst, was als nächstes geschehen wird. Als Kasia eine Auftragsausführung in der heimlichen Untergrundbewegung misslingt, wird sie mitsamt ihrer Mutter und ihrer Schwester in das deutsche "Umerziehungslager" für Frauen nach Ravensbrück deportiert. Der Vater verbleibt zurück in Polen, tätig im nun nazibesetzten Postamt.
Obwohl ich schon viele Romane, Sachbücher, Biografien etc. zur Thematik des II. WK gelesen habe, muss ich sagen, noch nie zu vor, war ich so derart emotional ergriffen und erschüttert, über die aus Kasias Sicht erzählten Greuel der Nazis in diesem Lager. Die Bilder haben mich verfolgt und lange beschäftigt.
Und dennoch gelingt es der Autorin, dass sie trotz aller Unfassbarkeiten, Grausamkeiten und dramatischen Schicksale, ein Hauch an Hoffnung aufkommen lässt, das Zittern und Bangen ums Überleben, das Entkommen, das "Alles wird gut". Der Zusammenhalt der Frauen und ihre heimlichen Überlebenstricks, sind dabei besonders berührend. In diesem Fall ist der Romantitel, Gott sei dank, Programm und lässt uns quasi gemeinsam mit Kasia ihr Schicksal ertragen.
Hilfreich war dabei auf jeden Fall, dass Kasia nach der Befreiung aus Ravensbrück ihre Jugendliebe Pietrik in ihrer Heimat Lublin wiederfindet und heiratet. Wichtig fand ich, dass das schwere psychische Trauma Kasias aufgrund der menschlichen Lagerexperimente (dessen Opfer sie und ihre Schwester ebenfalls geworden sind) sowie der ungeklärte Tod ihrer geliebten Mutter, nach langer Verdrängung endlich doch noch aufgearbeitet worden sind. Dieser Befreiungsschlag war unerlässlich und notwendig, um endlich wieder am Leben mit ihrer lebenden Familie teilnehmen zu können und nicht länger alle von sich zu stoßen, weil sie gedanklich immer in der Welt der Vergangenheit feststeckte.
Die dritte im junge Frau, hier Antagonistin, Herta, ist 1939 mit ihrem Medizinstudium in Düsseldorf fertig geworden und sieht als Frau dem Plan der Nazis nunmehr Hausfrau und vor allem Mutter zu sein mit Schrecken entgegen. Erstmalig in einem Roman war es mir als Leser möglich, in die Gedankenwelt eines in der Nazipropaganda aufgewachsenen Meschen einzutauchen. Aus so einer Erzählperspektive heraus, hab eich zuvor noch keinen Roman gelesen. Herta verteidigte stets die Geschehnisse und Dinge, die in dieser Zeit passierten. Sie hat derart vehement die Vorkommnisse verteidigt und weggeschaut bzw. als richtig erachtet, dass man fast würgen musste und unfassbar wütend war. Sie bedient sich wie Gottgegeben an den enteigneten Sachen der Getöteten, führt ohne mit der Wimper zu zucken menschliche Experimente an Lebenden durch und verteidigt dies alles mit der Naziideologie. Schwer zu ertragen war da für mich auch, dass selbst bei ihrem Prozess nach Kriegsende jedwede Art der Einsicht und Reflexion schlichtweg nicht vorhanden war, widerlich!
Umso wichtiger war für mich daher der glamouröse Teil Carolines, die eben gerade nur aufgrund ihrer Haute Société Kontakte und ihr unermüdliches Betteln um Unterstützung, schlussendlich all ihre Hilfe ermöglicht hat. Wie die drei Frauen also zusammenkommen, möchte ich an diese Stelle nicht verraten...
Schlussendlich bleibt mir nur zu wiederholen: Jeder, sollte diesen Roman als unbedingtes "Must Read"- wie man heute so schön sagt- auf seiner Liste haben und darin eintauchen. Brilliant! Nicht zu vergessen sind dabei natürlich auch noch das sehr schön gestaltete Buch mit seinem ansprechenden Cover, sowie das spannende Nachwort mit Hintergrundinformationen der Autorin.
Es ist die Geschichte dreier Frauen die unterschiedlicher nicht sein können. Sie haben keinerlei Berührungspunkte und doch führt ihr Schicksal sie zusammen. Inspiriert wurde die Autorin von der Geschichte einer realen Heldin.
Doch worum geht es eigentlich? Die New Yorkerin Caroline Ferriday lebt 1939 ein für sie erfülltes Leben. Sie ist Schauspielerin und arbeitet nebenbei im französischen Konsulat. Dort lernt sie bei einer von ihr organisierten Wohltätigkeitsveranstaltung den französischen Schauspieler Paul kennen und lieben. Ihr gemeinsames Glück erhält einen jähen Dämpfer als Paul nach Frankreich zurückkehrt um seine dortige Familie zu beschützen.
Die junge 16jährige Kasia lebt in Polen in Lublin. Als die deutschen Truppen dort einmarschieren ist sie wild entschlossen sich dem polnischen Widerstand anzuschließen. Sie brennt darauf Aufgaben zu übernehmen und je gefährlicher, desto besser. Doch ihr jugendlicher Leichtsinn führt dazu, dass sie einen entscheidenden Fehler begeht und damit das Leben ihrer gesamten Familie aufs Spiel setzt. Alle werden verhaftet und in ein Konzentrationslager gebracht. Als Leser erfahren wir von dem grausamen Leben im KZ und den Überlebenskampf der Frauen. Doch es ist nicht nur Hunger, Not und Krankheiten mit denen sie zu kämpfen haben. Der Autorin gelingt es schon sehr anschaulich diesen Kampf zu schildern und beim Lesen fragt man sich, ob die Frauen dort überhaupt eine Chance haben.
Die junge Düsseldorfer Ärztin Herta möchte nun endlich praktizieren. Aber alle Versuche endlich eine feste Stelle als Ärztin zu finden schlagen fehl. Da fällt ihr das Angebot einer Tageszeitung auf. Es werden Ärzte für Insassen eines Umerziehungslagers in Ravensbrück gesucht. Dort angekommen ist sie anfänglich entsetzt über die Behandlung der Frauen, findet sich aber trotzdem sehr schnell ein und kann endlich als Ärztin uneingeschränkt praktizieren.
Geschickt gelingt es der Autorin so langsam die Frauengeschichten miteinander zu verbinden. In jeweils wechselnden Abschnitten bewegt sich die Geschichte vorwärts. Es gibt Momente beim Lesen, da war ich erschüttert über die Geschehnisse und habe einfach nur gehofft, dass es gut ausgeht. Überrascht war ich, dass das Buch sein Ende nicht mit dem Ende des Krieges hatte, sondern auch noch die Zeit danach beleuchtete. Das hat mir noch einmal richtig gut gefallen, endlich geht mal eine Geschichte weiter, wo sie sonst eigentlich endet.
Mir hat dieses bewegende Buch sehr gut gefallen. Ich empfehle es zu gerne und vergebe verdiente fünf Lesesterne.
Bewegend und fesselnd
Drei Frauen erleben die Wirren des 2. Weltkrieges aus unterschiedlichen Perspektiven und doch werden ihre Wege am Ende alle zusammen geführt. Die Handlung basiert auf tatsächlichen Gegebenheiten.
Caroline stammt aus einer wohlhabenden New Yorker Familie und unterstützt ehrenamtlich französische Einwanderer. Sie lernt den Schauspieler Paul kennen und lieben, der aber mit einer französischen Jüdin verheiratet ist, die noch in Frankreich lebt.
Das Mädchen Kasia lebt in einem polnischen Dorf und schließt sich nach dem Einmarsch der Deutschen der Widerstandsbewegung an. Nach ihrer Entdeckung wird sie in das Konzentrationslager Ravensbrück verschleppt.
Die deutsche Ärztin Herta möchte unbedingt als Ärztin praktizieren und nimmt eine Stelle in Ravensbrück an.
Der Roman schildert auf eindringliche Weise die Wirren des 2. Weltkrieges und die unaussprechlichen Gräuel in den Konzentrationslagern der Nationalsozialisten. Die Not der gequälten Insassen, die Diskriminierungen und Torturen, denen sie ausgesetzt sind und nicht zuletzt die unfassbare Grausamkeit und Gefühlskälte, mit welcher die Häftlinge als Versuchskaninchen für medizinische Experimente missbraucht werden, lassen den Leser fassungslos zurück.
Der Autorin gelingt es ausgesprochen gut, den Leser auf dieser Zeitreise zu fesseln und emotional mitzunehmen. Die Romanfiguren sind plastisch dargestellt, die Handlung flüssig und spannend erzählt. Dieses Buch ist ein echter Page-turner und jedem zu empfehlen, der sich mit dieser Thematik befassen möchte. Für mich gibt es jedoch zwei Kritikpunkte, die mich davon abhalten, eine 5-Sterne-Bewertung zu vergeben:
Seltsam aus der Handlung gefallen erscheint zunächst das Geschehen um die Amerikanerin Caroline. Hier dreht sich die Handlung hauptsächlich um ihre Liebe zu Paul und beim Lesen stellt sich eine gewisse Ratlosigkeit ein: was hat dieser Handlungsstrang mit den entsetzlichen Ereignissen in Europa zu tun? Ist eine Liebesgeschichte, die in dem den Ereignissen in Europa so fernen Amerika stattfindet, angebracht? Auch wenn sich im Laufe der Handlung dieser Erzählstrang den anderen annähert und am Ende auch mit diesen verknüpft wird, hätte es dieser Liebesgeschichte nicht bedurft, ist doch die Verbindung zwischen Caroline, Kasia und Herta letztlich eine ganz andere. Die zu Beginn sehr oberflächlich wirkende Amerikanerin entwickelt sich zu einer engagierten Frau, die sich eindrucksvoll für die Belange der versehrten KZ-Insassinnen einsetzt. Das hätte vollkommen ausgereicht, ja ich habe es sogar als störend empfunden, durch die Liebesgeschichte mit Paul von den bewegenden und verstörenden Ereignissen in Ravensbrück abgelenkt zu werden und habe dies als unangebracht empfunden.
Enttäuscht hat mich ferner die Schilderung der Herta. Hier hätte ich mir den Versuch eines Erklärungsansatzes gewünscht, der erhellt hätte, was diese junge Frau dazu bewegt hat, sich den menschenverachtenden Experimenten im Konzentrationslager anzuschließen. Sicherlich ist klar, dass es niemals eine 100-Prozentige Erklärung geben kann, aber die Darstellung der Herta war mir letztendlich dann doch zu schablonenartig. Es muss doch nach dem 2. Weltkrieg zumindest Versuche gegeben haben, mittels der Erstellung von Psychogrammen die Motivation der Täter während der NS-Zeit zu erklären. Diese Erklärungsansätze haben mir bei der Entwicklung der Figur der Herta – einer real existierenden Person – gefehlt und mich an dieser Stelle letztendlich sehr enttäuscht zurück gelassen.
Trotz alledem halte ich diesen Roman für absolut lesenswert. Er vermittelt einen fundierten Eindruck der historischen Gegebenheiten und ist insofern nicht zuletzt zur Aufrechterhaltung einer unabdingbaren Erinnerungskultur sehr zu empfehlen.