Transatlantik

Buchseite und Rezensionen zu 'Transatlantik' von Colum McCann
4.65
4.7 von 5 (3 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Transatlantik"

Neufundland, 1919: Die beiden Flieger Jack Alcock und Arthur Brown unternehmen den ersten Nonstopflug über den Atlantik mit Kurs Irland.
Dublin, 1845: Der schwarzamerikanische Abolitionist Frederick Douglass reist durch das von Hungersnot gepeinigte Irland, wo die Leute schlimmer leiden als unter der Sklaverei.
New York, 1998: US-Senator George Mitchell verlässt seine junge Frau und sein erst wenige Tage altes Baby, um in Belfast die Nordirischen Friedensgespräche zu einem unsicheren Abschluss zu führen.
«Transatlantik» verwebt drei ikonische historische Momente mit dem Schicksal dreier Frauen: Angefangen mit der irischen Hausmagd Lily Duggan, in der Frederick Douglass die Liebe zur Freiheit weckt, folgt der Roman ihrer Tochter Emily und ihrer Enkelin Lottie in die USA und, später, zurück auf die Insel. Ihr Leben spiegelt den Verlauf der bewegten Nationalgeschichte Irlands und Amerikas. Dabei spielt ein vergessener, über drei Generationen nicht geöffneter Brief eine entscheidende Rolle.
«Transatlantik» ist ein kraftvolles Epos über die Kollision von Geschichte und persönlichem Schicksal – geschrieben mit unvergleichlicher dichterischer Intensität, mit leuchtenden Szenen und klingender Sprache.

Autor:
Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:384
Verlag: Rowohlt
EAN:9783498045227

Rezensionen zu "Transatlantik"

  1. 4
    23. Nov 2022 

    Westwärts

    Anfang 1937 wird ein Offizier tot in seinem Auto aufgefunden. Offensichtlich hat er die giftigen Abgase eingeatmet. Allerdings deutet die Spurenlage darauf hin, dass es sich wohl nicht um einen Selbstmord handelt. Unter Verdacht gerät die Geliebte des Opfers Greta Overbeck. Diese wird nicht nur von der Polizei gesucht, sondern auch von Charly Rath. In der gemeinsamen Wohnung ist Greta schon seit Tagen nicht aufgetaucht. Eigentlich wollte Charly mit ihrem Ziehsohn Fritze ins Ausland gegangen sein. Doch zunächst mal muss sie ihn aus einer Anstalt herauspauken. Gereon Rath gilt als tot. Nur ganz wenige Menschen wissen von seiner Flucht.

    In seinem neunten Auftritt kann sich Gereon Rath nicht mehr Kommissar nennen, er konnte sich absetzen und weiß noch nicht genau, wie es in seinem Leben weitergehen soll. Eine Möglichkeit bietet sich, als eine Person aus der Vergangenheit wieder auftaucht. Auch seine vermeintliche Witwe Charly musste ihre Pläne ändern. Sie will sich unbedingt um Fritze kümmern und auch ihre Freundin Greta muss sie ausfindig machen, die inzwischen auch von der Polizei gesucht wird. Und so gerät Charly in die Ermittlungen um den Mordfall, der ihr die Ereignisse zur Olympiade des Vorjahres in Erinnerung ruft.

    Dieser neunte Fall um Gereon Rath bezieht sich recht eng auf den Vorgängerband, doch auch weitere Bezüge tauchen auf, die es als ratsam erscheinen lassen, die Reihe komplett zu kennen. Möglicherweise bietet es sich auch an, alle Teile noch einmal zu lesen, wenn die Reihe abgeschlossen ist. Wieder gelingt es dem Autor mit großem Können den immer beklemmender werdenden Alltag in dem politischen Umfeld Deutschlands kurz vor dem Krieg zu schildern und dies mit der spannenden Handlung eines Kriminalfalls zu verbinden. Man merkt einfach wie genau der Autor recherchiert, um diese besonders realistische Darstellung des Lebens unter dem grausamen Regime hervorzubringen. Wie die Menschen alltäglich durch Lautsprecherdurchsagen behelligt werden, wie tief die Propaganda in die Familien hineinwirkt, wie verblendet viele Menschen sind. Der Fall obwohl ebenfalls mit politischer Komponente bietet da einen Gegenpol.
    Ein fesselnder zeitgeschichtlicher Kriminalroman aus einer Reihe, von der man sich wünscht, sie möge noch etliche weitere Bände bekommen.

    4,5 Sterne

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  1. Nach einer etwas längeren

    Nach einer etwas längeren Pause als zuvor ist nun mit "Transatlantik" der neunte Roman aus der Gereon-Rath-Reihe erschienen. Doch dieser spielt im Roman eher eine Nebenrolle Rolle, da er, mittlerweile in Amerika unter einem falschen Namen lebend, abgekoppelt vom Leben in der Reischhauptstadt Berlin ist, wo fast alle von seinem Ableben in der im Vorgängerroman geschilderten Schießerei ausgehen, auch wenn seine Leiche nie gefunden wurde. Der Erzählstrang um die Auseinandersetzung mit seinem ebenfalls in die USA ausgewanderten Erzfeind Marlow wird zwar fortgeführt, aber der Schwerpunkt des Romans liegt in Berlin, wo seine "Witwe" Charly auf eigene Faust im Fall eines Mordes an einem SS-Mann ermittelt, in den ihre Freundin Greta, inzwischen spurlos verschwunden, verwickelt zu sein scheint. Mal mit, mal gegen die Kripo bemüht sich Charly, ihre Freundin durch die Aufklärung des Falles zu entlasten, wobei die SS vermutlich ihre Finger im Spiel hat, also ein höchst riskantes Spiel, auf das sie sich eingelassen hat. Ein weiterer Handlungsstrang dreht sich um ihren ehemaligen Ziehsohn Fritze, der verzweifelt versucht, für sich und seine Freundin ein freies Leben im Prager Exil zu erlangen, ein Ziel, das im übrigen auch Charly selbst verfolgt.

    Das vorläufige Scheitern dieses Plans ist nur einer der Aspekte, mit denen im Roman der dunkle Alltag im Dritten Reich geschildert wird, im Zweifelsfall setzt sich die Allgewalt des Staates gegen den einzelnen durch, ein Schicksal, das Charly und Fritze mit vielen Nebenfiguren teilen müssen, so auch Gereon Raths Exfreund und Lebensretter Reinhold Gräf. Insofern ein pesimistischer Roman, der aber eben deshalb vermutlich realitätsnäher ist als viele andere, in denen sich das Wünschenswerte am Ende gegenüber dem Bösen durchsetzt. Aber noch ist das letzte Wort ja noch nicht gesprochen, das Ende jedenfalls legt nah, dass der Kampf ums Überleben weitergehen muss und wird.

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  1. Eine zersprengte Familie Rath

    Die Verhältnisse in Berlin werden zunehmen unangenehmer. Daher wollten die Raths nach Prag. Doch es kommt anders für sie. Nach den Vorfällen im Jahr 1936 gilt Gereon offiziell als tot. Doch er ist untergetaucht und muss dann auch noch Hals über Kopf aus Deutschland weg. Für die Flucht nutzt er ausgerechnet das Luftschiff LZ 129, besser bekannt als die Hindenburg. Derweil versucht Charly alles, um Fritze aus der Nervenheilanstalt Wittenau zu retten. Dann ist plötzlich auch noch ihre Freundin Greta verschwunden und gerät auch noch unter Mordverdacht. Charly versucht alles, um sowohl Fritze zu helfen, als auch Greta zu finden und den Mord aufzuklären.
    Ich hatte schon sehnsüchtig auf die Fortsetzung der Rath-Reihe gewartet und Volker Kutscher konnte mich auch mit diesem Roman wieder packen. Während die Vorgängerbände sich hauptsächlich um Gereon Rath drehten, ist es dieses Mal Charly, die den Hauptpart hat. Charly wollte längst in Prag sein, doch sie ist eine treue Seele und sie kann ihre Freundin und ihren Ziehsohn nicht im Stich lassen. Sie ist inzwischen sehr misstrauisch, muss aber dennoch feststellen, aber auch sie braucht Freunde, die ihr Rückhalt geben. Charly hat es früher nie gefallen, wenn Gereon sich nicht so recht an Regeln gehalten hat, nun ist sie es, die hin und wieder Regeln außer Acht lässt. Sie braucht die Unterstützung von Gereons Nachfolger Andreas Lange. Am Ende muss sie etwas tun, das ihr mächtig gegen den Strich geht.
    Fritze hat mir auch sehr leidgetan. Schon in der illustrierten Ausgabe „Mitte“ wollte ich ihn oft schütteln, wenn er sich naiv verhalten hat. Auch jetzt versucht er alles, um seiner jüdische Freundin Hannah zu helfen und nimmt auf seine eigenen Befindlichkeiten wenig Rücksicht. Er landet wieder in der Familie Rademann.
    Raths Widersacher Sebastian Tornow glaubt nicht, dass Gereon tot ist und setzt ausgerechnet Reinhold Gräf auf Charly an. Das strahlende Bild, das sich Gräf vom neuen Deutschland gemacht hatte, ist längst eingetrübt.
    Das Leben im damaligen Deutschland wird immer einengender und bedrohlicher. Während die Meisten begeistert von den Veränderungen sind, gibt es aber auch solche Menschen, wie zum Beispiel Charly, die sich in ihrem Berlin und in ihrem Deutschland nicht mehr zu Hause fühlen. Dass alles auf einen Krieg hinausläuft ist schon spürbar, denn die Luftschutzübung wird nicht ohne Grund durchgeführt.
    Es ist wieder ein großartiger und gut recherchierter Kriminalroman, der mich von Anfang an gefesselt hat.

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