Sturz in die Sonne: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Sturz in die Sonne: Roman' von Charles Ferdinand Ramuz
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4 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Sturz in die Sonne: Roman"

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:192
Verlag: Limmat
EAN:9783039260553

Rezensionen zu "Sturz in die Sonne: Roman"

  1. Die Lektüre weckt ein mulmiges Gefühl

    Kurzmeinung: Dann lesen, wenn man gerade sehr unter der Hitze leidet! Limonade bereitstellen.

    Man sollte meinen, dass Charles F. Ramuz (1878-1947) ein prophetisches Werk geschrieben hätte. Als er nach einem besonders heißen Sommer im Jahr 1921 in seiner schweizer Heimat 1922 „La présence de la mort“ veröffentlichte, hatte er damit leider keinen großen Erfolg. Wie sieht es heute aus?
    In lyrikähnlicher Weise rezitiert Ramuz die Schönheit der Erde, die erst dann so richtig geschätzt wird, wenn ihr Verlust droht. Ramuz Worte sind poetisch und haben einen eigenartigen Rhythmus, in den man besonders gesogen wird, wenn man den Text laut liest. Ein besonderes Lob gebührt deshalb der Übersetzung ins deutsche! „Sturz in die Sonne“ ist ein Preis der Schöpfung und gleichzeitig ein Abgesang auf die Zivilisation. Ein mulmiges Gefühl stellt sich ein. Denn werden wir nicht auch bald in die Sonne stürzen, metaphorisch gesehen.
    Der Inhalt: Es wird immer heisser. Unheilvoll heiss. Die Erde ist verloren. Und damit die Menschheit. Der Mensch ist nicht erst dann verloren, wenn die Erde verglüht, sondern schon in dem Moment, in dem er die Hoffnung verliert und die menschliche Ordnung zusammenbricht. Zügellosigkeit. Gewalt. Anarchie. Sind die Folge. Darauf konzentriert sich der Roman.
    Der Kommentar:
    Was wir heutigen Leser vermissen, sind Erklärungen. Warum ist das so, welches Unglück genau hat zum Sturz in die Sonne geführt? Es ist so. Basta. Ist mir zu wenig. Das zweite, was wir heute und vielleicht auch die von gestern, nicht so honorieren, ist eine gewisse Langatmigkeit. Dabei ist der Text kurz. Aber es gibt keine Identifikationsfiguren und es reiht sich monoton ein grausames Bild an grausames Bild. Diese Bilder sind düster und doch teilweise schön und reflexiv. Das ist das Berührende. Ich habe den Eindruck, ich lese ein langes Gedicht.
    Das Ende hat keinen Knalleffekt. Die Erde stürzt in die Sonne, das ist doch was. Was passiert dabei im Weltall? Bricht die Sonne auseinander? Wird sie ein schwarzes Loch? Gut, es kann niemand dabeigewesen sein. Es hätte mich trotzdem interessiert.
    Trotz einiger Kritikpunkte ist es ein Plus, einen mir unbekannten schweizer Literaten aus dem 20. Jahrhundert kennenzulernen. Ramuz Sprache, zu seinen Lebzeiten von seinen Zeitgenossen heftig kritisiert, mag ich, sie hat etwas ganz Eigenes.
    Das Nachwort trägt vieles zum Verständnis des Textes und des Schriftstellers bei. Es hat zum vierten Stern geführt. Alte Texte brauchen ein Nachwort.

    Fazit: Sturz in die Sonne ist ein schöner, lyrischer Text, der das Grauen lehrt, aber irgendwie keine Entwicklung hat und auf Effekte verzichtet. Das mag literarisch lobenswert sein, aber für den heutigen Spannungsleser reicht Lyrik alleine nicht aus, um zu begeistern. Da Ramuz aber eins kann, und das ist Atmosphäre , legt man das Buch so weg wie man es begonnen hat: mit einem diffusen mulmigen Gefühl. Steht uns Selbiges bald bevor? Wenn es so ist, hilft alles "Kleben" nichts.

    Kategorie: Klimadystopie.
    Verlag: Limmat, 2023

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