Streulicht: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Streulicht: Roman' von Deniz Ohde
3.75
3.8 von 5 (4 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Streulicht: Roman"

Industrieschnee markiert die Grenzen des Orts, eine feine Säure liegt in der Luft, und hinter der Werksbrücke rauschen die Fertigungshallen, wo der Vater tagein, tagaus Aluminiumbleche beizt. Hier ist die Ich-Erzählerin aufgewachsen, hierher kommt sie zurück, als ihre Kindheitsfreunde heiraten. Und während sie die alten Wege geht, erinnert sie sich: an den Vater und den erblindeten Großvater, die kaum sprachen, die keine Veränderungen wollten und nichts wegwerfen konnten, bis der Hausrat aus allen Schränken quoll. An die Mutter, deren Freiheitsdrang in der Enge einer westdeutschen Arbeiterwohnung erstickte, ehe sie in einem kurzen Aufbegehren die Koffer packte und die Tochter beim trinkenden Vater ließ. An den frühen Schulabbruch und die Anstrengung, im zweiten Anlauf Versäumtes nachzuholen, an die Scham und die Angst – zuerst davor, nicht zu bestehen, dann davor, als Aufsteigerin auf ihren Platz zurückverwiesen zu werden.

Autor:
Format:Taschenbuch
Seiten:284
EAN:9783518471746

Rezensionen zu "Streulicht: Roman"

  1. 5
    12. Okt 2022 

    Spotlight statt Streulicht

    Der Roman „Streulicht“ von Deniz Ohde verdient eindeutig Spotlight. Dies erkannten bereits mehrere Buchpreis-Komitees, weshalb der Roman nicht nur auf diversen Shortlists auftauchte sondern auch Preise gewann.

    Im Zentrum der Geschichte steht ein Mädchen, welches im Arbeitermilieu als Kind eines deutschen Vaters und einer türkischen Mutter aufwächst. Sie kehrt eingangs für die Hochzeit eines befreundeten Pärchens in ihre alte Siedlung zurück und schildert durch Rückblenden ihr Aufwachsen und vor allem ihren Bildungsweg. Aber es handelt sich hierbei keineswegs um einen klassischen Bildungsroman, in dem das „Arbeiterkind mit Migrationshintergrund“ sich einfach mal so zur Bildungselite hinaufarbeitet. Der Roman beleuchtet detailliert, welche Faktoren zusammenkommen müssen, dass Menschen im Bildungssystem Deutschlands untergehen und schlimmstenfalls vollends abdriften.

    Fast schon wie eine soziologische Fallbetrachtung wirkt dieses Prosawerk, denn es schildert ausführlichst zum Einen die geballte Diskriminierung aufgrund von class, race und gender zum anderen aber auch das persönliche Versagen, wenn Mut und Motivation mangelhaft ausfallen. So trägt jeder dieser Aspekte seinen Anteil dazu bei, dass die namenlose Protagonistin auf ihrem Lebensweg bis ins junge Erwachsenenalter immer wieder Rückschläge erlebt, hängen bleibt, überholt und übersehen wird. Die Autorin zückt dabei nicht die Keule des monokausalen Zusammenhangs zwischen Bildungschancen und „nur“ der ethnischen Herkunft der Eltern, oder „nur“ des Geschlechts“, oder „nur“ der Klassenzugehörigkeit, oder „nur“ der eigenen Persönlichkeitsmerkmale und Motivation. Sie verdeutlicht anschaulich, dass meist alle oder viele dieser Komponenten zusammenkommen, um den Lebensweg eines Menschen zu beeinflussen.

    Interessiert verfolgt man, wie das Mädchen in einem Haushalt aufwächst, der nur von außen zu funktionieren scheint. Hinter verschlossenen Türen muss die Familie mit der Abhängigkeitserkrankung des Vaters umgehen, muss das Kind die cholerischen Ausbrüche des Vaters umgehen lernen, muss sie mitansehen, wie ihre Mutter die Reißleine zieht und nicht zuletzt erlebt sie stets latente Diskriminierungen vonseiten ihres äußeren Umfeldes, Vorurteile der Lehrer:innen bezüglich eines „Ausländerkindes“, was aber doch in Deutschland geboren und aufgewachsen ist, was natürlich die deutsche Sprache beherrscht und sogar sehr gut Englisch sprechen kann. Dies alles hat Deniz Ohde so gekonnt in Form gegossen, dass selbst unangenehme Charaktere trotzdem auch in den persönlichen Bedingtheiten ihrer Motivation verständlich werden.

    Meines Erachtens hat der Debütroman von Deniz Ohde fraglos die Aufmerksamkeit verdient, die ihm durch die schon oben genannten „Buchpreis-Komitees“ zuteil wurden. Ein Roman, der gern trotz des eher diffusen Lichteinfalls, der Streulicht eigentlich so eigen ist, im Spotlight stehen darf. Bei einer 4,5-Sterne-Bewertung runde ich aufgrund des eindrücklichen Beschreibens der Erlebnis- und Gefühlswelt dieser Heranwachsenden gern auf die volle Punktzahl auf. Daraus resultiert eine klare Leseempfehlung meinerseits für den Roman „Streulicht“.

    Teilen
  1. 3
    19. Feb 2021 

    Von wegen Streulicht - grau in grau

    Ich bin bei diesem Buch hin- und hergerissen. Die Lebensgeschichte der Protagonistin, die in einer bildungsfernen Arbeiterfamilie aufwächst, in der der Vater Alkoholiker ist und von fortwährender Sammelwut beherrscht wird, ist grandios beschrieben. Deniz Ohde, von deren eigenen Erfahrungen sicherlich viel in dieses Buch eingeflossen ist, schildert so überzeugend dieses Milieu, dass man kaum glauben kann, dass dies ein fiktiver Roman ist. Der Vater, 'vom selben Schlag' wie der Großvater, der im selben Haus lebt, kennt nur Pflichten - 'das Wort Wunsch war verboten' ebenso wie Gefühle, die zu den Frauen gehörten. Ihre Mutter ist Türkin, ebenso bildungsfern wie der Vater, aber dem Leben, dem Schönen, dem Neuen viel mehr zugetan, doch ohne die Möglichkeit, sich dem zuzuwenden.
    Und trotzdem schafft es die Ich-Erzählerin, die unter latenter Diskriminierung und auch dadurch an schon fast krankhaften Minderwertigkeitskomplexen leidet, im 2. Anlauf das Abitur zu bestehen und an einer Universität, fern von daheim, zu studieren. Doch ihre Herkunft, durch die sie 'doppelt gestraft' ist, verfolgt sie weiter.
    Wie schon geschrieben: Es ist beeindruckend dargestellt. Aber leider nur grau in grau. In dem ganzen Buch gibt es im Leben der Hauptfigur absolut nirgendwo auch nur irgendwo einen Lichtblick. Menschen sollen an Problemen wachsen, ok, vielleicht nicht an allen, aber doch an manchen. Aber diese junge Frau wächst nicht, sie kämpft sich durch und bleibt so klein wie am Anfang. Je weiter ich mit dem Lesen kam, umso öfter habe ich mich gefragt, was sie überhaupt noch am Leben hält. Ihre Herkunft ist es sicherlich nicht und ihr neues Leben - na ja.
    So ist dieses Buch eine wirklich gut geschriebene Geschichte mit völlig deprimierenden Inhalt. Ein wenig mehr Licht, vielleicht auch nur Streulicht, hätte ihr mehr als gut getan!

    Teilen
  1. Die Welt hat sich weiter gedreht.

    Streulicht handelt von einem Ort, möglicherweise im Ruhrpott, der vom sogenannten Industriepark dominiert wird, wo Arbeiter ohne besondere Sicherheitsmaßnahmen in Chemiedämpfen arbeiten und krankwerden. In den Fabriken schuften Gastarbeiter, die inzwischen keine mehr sind, zusammen mit anderen ungelernten Arbeitern.

    Auch die Eltern der namenlosen Erzählperson, einem türkischen Mädchen, gehören zu den Menschen, die in den Vierteln mit den ärmlichen Werkswohnungen leben. Sie ist die dritte Generation. Tatsächlich schafft sie es trotz Mobbing und prekären Lebensumständen, der Vater gewalttätiger Alkoholiker und Messi, die Mutter hat aufgegeben und stirbt relativ früh, den Bildungssprung zum Abitur zu bewältigen. Und jetzt hätte es interessant werden können. Wie stellt die dritte oder sogar die vierte Generation sich an? Wie verkraftet sie Außenseitertum, häusliche Gewalt und andere Kalamitäten, wie wird sie leben, was wird sie ihren Kindern mitgeben?

    Leider beschäftigt sich die Autorin damit nicht die Bohne. Sie erzählt rückwärtsgewandt. Sie erzählt ihre Kindheit. Sie erzählt von den Eltern. Dem Großvater. Obwohl das übliche „wir fuhren in den Ferien in unser wirkliches Nachhause“ völlig fehlt, bleibt die Erzählerin im Gestern stecken. Langwierige Passagen aus der Schulzeit machen den Roman langweilig. Alles, was ihn an die Jetztzeit anbinden könnte, wirkt lethargisch.

    Diese Geschichte ist ja nicht schlecht, sie kommt nur zu spät. Denn diese spezielle Migrations-Geschichte ist auserzählt. Wir kennen sie aus unzähligen anderen Berichten und Romanen. Und Filmen. Ich habe ständig Bilder aus dem Film "Almanya – Willkommen in Deutschland", einem Film aus dem Jahr 2011 vor Augen, der freilich auf der lieblichen Seite steht. Während "Streulicht" düster bleibt.

    Man hätte spezifischere Einzigartigkeit gebraucht, damit der Roman trotzdem fesseln würde. Eine solche Einzigartigkeit ist nicht gegeben. Die Icherzählung kann sie auch nicht leisten. Es hätte einer anderen Erzählart bedurft, um mehr herauszuholen als eine, zudem recht langweilige Milieustudie.

    Was wirklich interessiert, fehlt. Nämlich das Heute und das Morgen.

    Fazit: Gut geschriebene, aber alltägliche und vor allem langweilige Milieustudie von gestern..

    Kategorie: Belletristik.
    Verlag: Suhrkamp, 2020

    Teilen
  1. Ein Areal von Stille

    Deniz Ohde beschreibt eine Arbeiterkindheit mit Migrationshintergrund mütterlicherseits. Flüchtig von außen betrachtet, ist es die Geschichte einer rundum geglückten Integration, gar eines beachtlichen Bildungsaufstiegs: die namenlose Protagonistin macht im Zweiten Bildungsweg ihr Abitur, lässt die verqualmte Arbeiterwohnung hinter sich, streift sich den Schmutz von den Schuhen und beginnt ein neues Leben… Blickt man jedoch durch ihre Augen, dann bröckelt die schöne Fassade.⠀

    “Wenn einem etwas angetan wird, dann ist er nicht selbst schuld daran; wenn einer in einem System versagt, das von vorneherein auf sein Versagen angelegt ist, liegt die Schuld nicht bei ihm. Für wen ist das Netz gebaut. Für wen ist es ein Fangnetz, und für wen ist der Abgrund darunter bestimmt.”⠀
    (ZITAT)⠀

    Die Geschichte beginnt damit, dass die Erzählerin anlässlich der Hochzeit ihrer Kindheitsfreunde zurückkehrt an den Ort ihres Elternhauses. Sobald sie den Fuß auf vertrauten Boden setzt und die vertraute Luft atmet, sickern die Erinnerungen aus alten Wunden wie Eiter:⠀

    Erinnerungen an den jähzornigen Alkoholikervater, der vierzig Jahre lang vierzig Stunden die Woche in der Fabrik malochte, bis ihm alles ‘außerhalb’ feindlich erschien, bis Besucher nur noch Fremde waren, die es zu vertreiben galt. An den blinden Großvater, der immer noch mit einem Bein im Weltkrieg stand. An die türkische Mutter, die irgendwann ging, weil sie es in dieser Ehe nicht mehr aushielt, und die Tochter einfach zurückließ – aber trotzdem noch dreimal die Woche zum Putzen und Aufräumen vorbeikam. Und Erinnerungen daran, wie das mit dem Bildungsaufstieg wirklich war: der Weg des intelligenten, wissbegierigen Mädchens durch das deutsche Bildungssystem war gepflastert mit gebrochenen Bildungsversprechen.⠀

    Was ich vor mir sehe, wenn ich an diesen Roman denke:⠀

    Das fremdartige Panorama massiver Industrieanlagen, die im Dunkeln blinken wie Raumschiffkulissen. Eine Stadtlandschaft, deren Linien im diffusen Streulicht dieser Anlagen aufgelöst werden.⠀

    “Die Luft verändert sich, wenn man über die Schwelle des Ortes tritt. Eine feine Säure liegt darin, etwas dicker ist sie, als könnte man den Mund öffnen und sie kauen wie Watte.”⠀
    (ZITAT)⠀

    Das ist für mich das perfekte Bild für die Andersmachung, die über der Protagonistin hängt wie ein Miasma, dem sie nicht entkommen kann. Doch die Menschen um sie herum können oder wollen diese Andersmachung genauso wenig wahrnehmen wie das Streulicht oder die Beschaffenheit der Luft, weil es immer so ist, ganz normal.⠀

    “Niemandem hier fällt das mehr auf, und auch mir wird es nach ein paar Stunden wieder vorkommen, wie die einzig mögliche Konsistenz, die Luft haben kann.”⠀
    (ZITAT)⠀

    Jeder Versuch, dies anderen begreiflich zu machen, wird im Keim erstickt.⠀
    Das bildest du dir ein. Du übertreibst doch immer. Du bist zu empfindlich. Du steigerst dich da rein. Du bist doch das Problem.⠀

    Ihre Freunde wollen für immer in ihrem Heimatort bleiben, wo ihnen stets alles mühelos gelang, und sie können nicht begreifen, dass die Realität für die Erzählerin eine andere war und ist. Sie sehen die tausend Mikroaggressionen nicht, die ihr tagtäglich geschehen, weil sie blind sind für das eigene Privileg.⠀

    Die Protagonistin spricht ihre Muttersprache nicht einmal, sie verheimlicht ihren türkischen Vornamen und verwendet nur den deutschen. Dennoch sieht man ihr das türkische Erbe an und sie wird deswegen verhöhnt und beschimpft, was ihre Mutter nicht glauben mag: Das kann nicht sein, du bist doch Deutsche! Als sie von anderen Schülern niedergeschlagen und bewusstlos liegengelassen wird, sagt die Lehrerin, es sei ein Unfall gewesen und sie solle ‘mal lauter werden, mal ein bisschen robuster werden’ – und die Sache hat keine Konsequenzen.⠀

    Was ich fühle, wenn ich an diesen Roman denke:⠀

    Vor allem empörte Hilflosigkeit, weil die Familie hier kein sicherer Ort ist und das Bildungssystem still und leise im Detail versagt. Die beklemmende Atmosphäre ist so dicht, dass sie geradezu zähflüssig aus den Seiten trieft, dass einem als Leser*in die Luft weg bleibt.⠀

    Die Erinnerungen der namenlosen Erzählerin sind geprägt von Schmerz und der stetig strauchelnden Suche nach… Ja, nach was eigentlich? Nach mehr. Nach Bildung, nach Akzeptanz. Nach Erklärungen dafür, warum die Dinge so waren, wie sie waren. Warum sie immer wieder weggestoßen oder zumindest auf Abstand gehalten wurde. Warum überall zweierlei Maß herrschte. Im Alter von zehn Jahren stand sie auf der Fensterbank, blickte hinunter auf die Straße und dachte: “Es könnte vorbei sein”, erschrak dann aber vor dem Gedanken.⠀

    Da sie erst den Realschulabschluss nachholen musste, ist sie schon älter, als sie am Oberstufengymnasium anfängt. Als ein Referendar ihr Alter erfährt, nimmt er das als Anlass, ihr fortan für die gleichen Leistungen deutlich weniger Punkte zu geben, denn sie habe ja einen Vorteil gegenüber den anderen. Sie fragt sich in sprachloser Niedergeschlagenheit, wo ihr Vorteil denn bitte schön herkommen soll.⠀

    “Ich sah nur die Raster in seinen Augen, durch die ich gefallen war und immer noch fiel. Ich sah, dass er darin zu Hause war. (…) »Ich werde das Schulsystem von innen heraus verändern«, diesen Satz hatte er mit Sicherheit gesagt und keine Lücke in seinem Denken entdeckt, weil es engmaschig war, weil es in sich schlüssig war, aber nicht außer sich, wo ich stand.”⠀
    (ZITAT)⠀

    Es geht allerdings nicht nur um Bildung:⠀

    Auch häusliche Gewalt kommt immer wieder zur Sprache, denn das heimische Wohnzimmer kann allzu leicht zum Minenfeld werden, ein zu lauter Schritt der Auslöser für die nächste Explosion. Doch natürlich lässt sich das nicht vollkommen vom Thema Bildung trennen:⠀

    »Sei still, sei still«, sagte meine Mutter, und still war ich, anstelle der Regionen, die für das Speichern von Vokabeln zuständig waren, befand sich in meinem Gehirn ein Areal von Stille, eine Qualität von Stille, wie sie auftrat kurz nach dem Geräusch von zerberstendem Glas.”⠀
    (ZITAT)⠀

    Diese Umgebung ist denkbar ungeeignet für ein Kind, das lernen will – was ihm aber ohnehin ausgeredet wird, weil es für höhere Bildung ‘richtiges Talent’ brauche, das ihm damit implizit abgesprochen wird. Der Bildungshunger wird gedeckelt, nicht unterstützt. Auch die Freunde fallen ihr immer wieder in den Rücken, mit überheblichen, passiv-aggressiven Bemerkungen, die sie als ‘anders’ brandmarken und ihre Leistungen kleinreden.⠀

    Ein phänomenales Debüt:⠀

    Die Autorin zeichnet das Bild dieses beschwerlichen Bildungsaufstiegs mit ausdrucksstarken, ausgezeichnet ausformulierten Sätzen, die aufhorchen lassen. Die glasklare Schönheit der Sprache bildet einen scharfen Kontrast zu all dem Unrecht, das der Protagonistin widerfährt, dem bildungsfernen Milieu, aus dem sie stammt, und findet doch die perfekten Bilder dafür.⠀

    Das Buch rüttelt auf, zeigt einem in vielen Gedankensplittern ein Kaleidoskop des Alltagsrassismus und des Gatekeepings im Bildungssystem: du kommst hier nicht rein. Als die Protagonistin dann doch den Fuß in die Tür bekommt, wird ihr gönnerhaft versichert, sie sei ja nicht wie “die Anderen”. Die anderen Türkinnen? Die anderen Arbeiterkinder? Die Geschichte hallt nach, was sicher auch daran liegt, dass Deniz Ohde aus eigenen Erfahrungen schöpft.⠀

    Fazit⠀

    Deniz Ohde erzählt eine intersektionale Bildungsbiographie: die namenlose Erzählerin ist intelligent und wissbegierig, wird als Halbtürkin und Arbeiterkind aus ärmlichen Verhältnissen aber immer wieder ausgegrenzt. Ihr wird deutlich zu verstehen gegeben, dass höhere Bildung nicht für ‘eine wie sie’ gedacht ist, doch sie kämpft sich mühsam über den zweiten Bildungsweg zum Realschulabschluss, dann zum Abitur und zum Studium – und fühlt sich immer noch ratlos und entwurzelt.⠀

    Das Buch hat mich oft wütend gemacht, denn das Verhalten vieler Lehrer*innen, Mitschüler*innen und sogar vermeintlicher Freund*innen ist mehr als schäbig, obwohl sie sich selber sicher als tolerant und wohlwollend sehen. Offenen Rassismus gibt es nur selten, unterschwelligen Rassismus dafür ständig – tausend abfällige oder herablassende Bemerkungen, tausend Ungerechtigkeiten, tausend feine Nadelstiche.⠀

    “Streulicht” ist ein großartiges Debüt, das den Leser in leisen, aber eindringlichen Worten aus der Komfortzone holt.⠀

    Teilen