Stell dir vor, dass ich dich liebe

Buchseite und Rezensionen zu 'Stell dir vor, dass ich dich liebe' von Jennifer Niven
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5 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Stell dir vor, dass ich dich liebe"

Jack ist der Coolste, der Schönste, von allen geliebt und begehrt. Doch er hat ein Geheimnis: Er ist gesichtsblind. Auf Partys fällt es ihm schwer, seine Freundin unter all den anderen Frauen zu erkennen. Für ihn sieht ein Gesicht wie das andere aus. Dass er schon mal einer vollkommen Fremden ein »Hey Baby« ins Ohr raunt, halten alle für Coolness. Doch Jacks ganzes Leben besteht aus Strategien und Lügen, um sein Problem zu vertuschen: Immer cool bleiben, auch wenn er mal die Falsche küsst. Jedes Fettnäpfchen eine Showbühne! Und dann kommt Libby, die in den Augen vieler so unperfekt ist, wie man nur sein kann. Denn Libby ist übergewichtig. Keine Strategie der Welt kann das vertuschen. Libby ist die Einzige, die erkennt, was hinter Jacks ewigem Lächeln steckt. Bei ihr kann Jack zum ersten Mal einfach er selbst sein. Aber hat einer wie Jack den Mut, zu einer wie Libby zu stehen?

Diskussionen zu "Stell dir vor, dass ich dich liebe"

Format:Broschiert
Seiten:464
EAN:9783737355100

Rezensionen zu "Stell dir vor, dass ich dich liebe"

  1. Man kann nicht einfach aufhören, zu leben

    Diversität ist ein Konzept der Soziologie, bei dem es um die Unterscheidung und Anerkennung der Merkmale einer Gruppe im Allgemeinen und der Merkmale eines Individuums im Besonderen geht.

    In diesem im positivsten Sinne zum Nachdenken anregenden Buch wird Diversität wirklich groß geschrieben – und aus vollem Herzen gefeiert. Klar, natürlich werden die Schwierigkeiten angesprochen, mit denen Menschen zu tun haben, wenn sie in irgendeiner Form nicht der Norm entsprechen. Ja, es geht auch um Mobbing und unüberlegt ignorante Kommentare und die Angst davor, nicht dazuzugehören. Es gibt Szenen, da könnte man vor Wut ins Buch springen! Und logischerweise ist es für Jack ein Problem, dass er gesichtsblind ist.

    Aber die Autorin zeigt, wie absurd und verkehrt es ist, Menschen zum Problem zu machen, nur weil sie anders sind. "DU bist das Problem, denn du bist fett!" oder "DU bist das Problem, weil du als Junge gerne eine Handtasche trägst!" oder "DU bist das Problem, denn du hast eine neurologische Erkrankung!"

    Alles Quatsch. Gemeiner, schädlicher, verletzender Quatsch.

    Die Message, die Jennifer Niven dem entgegensetzt, ist: "DU bist gut so, wie du bist! DU bist erwünscht! Und wenn du Hilfe brauchst, verdienst du es, sie zu bekommen!"

    Das Buch konzentriert sich mehr auf die Charaktere und ihre Gefühlswelt als auf eine komplexe Handlung. Von außen betrachtet passiert gar nicht so viel, aber in den Köpfen und Herzen der Charaktere ist unheimlich viel los. Und das fand ich gut, denn die Charaktere sind in meinen Augen phänomenal!
    Libby ist eine der sympathischsten jugendlichen Protagonistinnen, die ich je gelesen habe, ungelogen, und sie ist eine unglaublich starke Persönlichkeit. Klar, sie hat auch ihre Unsicherheiten und Ängste, aber wenn man bedenkt, was sie alles schon erlebt hat und mit wie viel Mobbing und Hass sie sich rumschlagen musste, hat sie ein erstaunlich positives Selbstbild. Sie ist stark übergewichtig, aber sie kann tanzen wie der Wind, sie kann springen, sie kann rennen, und sie traut sich, zu zeigen, dass sie ihren Körper so liebt, wie er ist. Ich habe ihre schlagfertige Antworten und frechen Sprüche immer wieder gefeiert!

    Jack wirkt neben ihr manchmal fast ein wenig blass, aber ich mochte ihn ebenfalls. Er trägt dieses enorme Geheimnis schon seit vielen Jahren mit sich rum: dass er keine Gesichter erkennen kann. Nicht mal seine Mutter. Nicht mal seine Freundin. Und um das zu verstecken, tut er viele Dinge, bei denen man nur noch die Hände überm Kopf zusammenschlagen kann.
    Libby und Jack haben nicht gerade den besten Start, stellen aber schnell fest, dass sie sich irgendwie ergänzen. Sie tun sich gut, fordern sich aber auch gegenseitig heraus, sich ihren Ängsten zu stellen. Das ist gar nicht so kitschig, wie man erwarten würde, sondern einfach schön! Und es ist erfrischend, mal eine Liebesgeschichte zu lesen, wo das Mädchen eher den Jungen rettet als umgekehrt.

    Jennifer Niven hat wirklich ein Gespür für wunderbare, glaubhafte Charaktere, die direkt aus dem Leben gegriffen scheinen, auch wenn ihr eigenes Leben alles andere als 'normal' verläuft. Besonders gut gelungen ist meines Empfindens, mit welcher Sensibilität sie über Jacks Krankheit schreibt und seine Schwierigkeiten dabei weder überdramatisiert noch herunterspielt.

    Auch der Schreibstil hat mich beeindruckt. Wie die Szenen aus Jacks Sicht geschrieben sind, das ist unheimlich gut gelöst. Da er Gesichter nicht erkennen kann, sind die Menschen in seinen Gedanken seltsam anonym, und man spürt richtig, wie haltlos und verloren er sich fühlt, wie schwer er es im täglichen Leben hat und unter wie viel Stress er eigentlich jede Minute steht.

    Gegen Ende bekam meine Begeisterung einen kleinen Dämpfer, denn eine Entwicklung fand ich nicht nur wenig realistisch, sondern sie schmälerte in meinen Augen sowohl die Liebesgeschichte als auch die Glaubhaftigkeit der restlichen Geschichte. Das hätte einfach nicht sein müssen!

    Dennoch habe ich das Buch geliebt und ich würde es auf jeden Fall weiter empfehlen.

    Fazit:
    Libby war vor ein paar Jahren noch der 'fetteste Teenager Amerikas'. Jack hat Gesichtsblindheit, was bedeutet, dass er Gesichter nicht unterscheiden kann und daher auch schon mal das falsche Kind für seinen kleinen Bruder hält. Und beide sind großartig geschriebene Charaktere in einem Buch, das zeigt, dass der Wert eines Menschen sich nicht daraus berechnen lässt, wie gut er sich der Mehrheit anpassen kann.

    Die Geschichte ist spannend, aber es ist eine charaktergetriebene und keine handlungsgetriebene Spannung, es geht also viel mehr um das Innenleben der Charaktere als um die eigentliche Handlung. Ganz am Schluss tappt die Autorin meines Erachtens in die Kitschfalle, aber ansonsten kann ich das Buch uneingeschränkt empfehlen!

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