Station 5. Romanze einer Genesung.,

Buchseite und Rezensionen zu 'Station 5. Romanze einer Genesung.,' von Inge von Wangenheim
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Inhaltsangabe zu "Station 5. Romanze einer Genesung.,"

Station 5. Romanze einer Genesung.,

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:0
EAN:9783354001299

Rezensionen zu "Station 5. Romanze einer Genesung.,"

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    14. Mai 2015 

    Wir sind alle Unikümer!

    In der 'Station 5' des Bezirkskrankenhauses Eisenberg musste sich Inge von Wangenheim einer komplizierten Operation unterziehen. In ihrer 'Romanze einer Genesung' schildert sie ihre Erlebnisse im Krankenhaus, ihre Mitpatienten, die Schwestern und Ärzte. Natürlich auch die Gespräche und Überlegungen. Es ist ein lebendiges Bild, das die Sensibilität der Autorin ebenso ausweist, wie es die Situation der Genesenden skizziert. 'Wir sind alle Unikümer!' charakterisiert ein Mitpatient den Kreis der Gäste auf 'Station 5'. Trifft das nicht ein wenig auf uns alle zu?

    'Unmögliches wird gleich erledigt - Wunder dauern etwas länger!'

    Inge von Wangenheim ist schon über 70, als eine Hüftoperation unumgänglich wird. Ihre Wahl fällt auf Eisenberg, eine aus Holzbaracken bestehende kleine Klinik, entstanden aus einem in der Kriegszeit errichteten Lazarett - aber eben mit hochspezialisierten Orthopäden. Voller Vertrauen in die Zauberkräfte des Spezialisten begibt sich die Autorin in diese mitten im Wald gelegene Klinik - und der Leser erhält die Gelegenheit, sie für die vier Wochen ihres Krankenaufenthaltes dort zu begleiten.

    'Alsbald, ich ahnte es längst, war es beschlossene Sache: ich gehörte in eine Werkstatt, wo das Unmögliche geleistet wird und die Wunder vollbracht werden. Mit Pillen, Bädern, Strom und Massage war an meinem Fall nichts mehr zu bessern, auch nahm die Verunstaltung des Ganges rapide zu, was mich, ehrlich gestanden, am empfindlichsten traf. Wer tritt schon gern humpelnd vor sein Auditorium. Bliebe die Frage nach dem berufensten Zauberer in möglichster Nähe. Aber das war keine Frage. Die Wahl fiel auf Eisenberg...'

    Zugegeben habe ich bislang erst kaum Erfahrung mit DDR-Literatur gemacht. Als ich dieses Buch geliehen bekam mit der Erwartung, es auch zu lesen, war ich doch überrascht. Inge von Wangenheim? Zwar hatte ich den Namen schon einmal gehört, aber näher mit der Person beschäftigt hatte ich mich tatsächlich noch nie. Aber Wikipedia macht es ja leicht nachzuforschen, und so erfuhr ich, dass die Autorin von 1912 bis 1993 lebte, die letzten 20 Jahre in Weimar. Auf ein bewegtes Leben konnte sie zurückblicken, zunächst Schauspielerin, liiert mit dem Kommunisten Gustav von Wangenheim, während des Nationalsozialismus Exil in Frankreich und Russland, nach Kriegsende Rückkehr nach Deutschland und ab dann vorwiegend schriftstellerisch tätig, Mitglied des Schriftstellerverbandes der DDR.

    Keine unumstrittene Schriftstellerin der ehemaligen DDR war Inge von Wangenheim wohl - aber dieses vorliegende, noch zu DDR-Zeiten gedruckte Buch ist vor allem eines: humanistisch.

    'Nur was man verstanden hat, kann man bewältigen.'

    Fast wie ein Tagebuch liest sich 'Station 5' - Geschehnisse, Begegnungen, Gedanken und Emfpindungen, alles findet hier seinen Platz. Deutlich wird die genaue Beobachtungsgabe der Autorin, aber eben auch die große Fähigkeit, diese fein ausformuliert wiederzugeben. Dabei hatte ich oftmals den Eindruck, in ein früheres Jahrhundert versetzt worden zu sein, denn die Formulierungen muteten fast altertümlich an - wenn man sich an den Schreibstil gewöhnt hat, aber wunderschön. Als ich später las, dass Inge von Wangenheim eine besondere Liebe verspürte zur großen bürgerlich-humanistischen Literatur von Lessing, Goethe oder Schiller, fand ich meine Empfindung bezüglich ihres eigenen Schreibstils nur bestätigt.

    Neben der Beobachtungsgabe werden in den vorliegenden Zeilen auch andere Züge der Autorin sichtbar - eine große Empfindsamkeit, eine unstillbare Neugier, ein fast unbeugsamer Optimismus und eine zutiefst wohlwollende Haltung ihren Mitmenschen gegenüber. Diese humanistische Haltung hat mich tatsächlich beeindruckt.

    Weniger Zeitgeschichte als erwartet, dafür ein interssanter Einblick in ein Stück Lebensgeschichte. Durchaus lesenswert!

    © Parden

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