Shylock: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Shylock: Roman' von Howard Jacobson
2.7
2.7 von 5 (13 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Shylock: Roman"

Von rebellischen Töchtern und verblendeten Vätern

Der reiche Kunstsammler Simon Strulovitch aus Manchester hat Sorgen: Seine aufmüpfige Tochter Beatrice ist in die Kreise der leichtlebigen Erbin Plurabelle und ihres persönlichen Assistenten D’Anton geraten. Nicht der richtige Umgang für ein jüdisches Mädchen, klagt Strulovitch seinem Zufallsbekannten Shylock. Dieser rät zur Zurückhaltung. Doch als Beatrice sich auch noch mit dem Fußball-Beau und Unterwäsche-Modell Howsome einlässt, sieht ihr Vater rot. Er verlangt, dass der junge Mann zum Judentum konvertiert. Mit Hilfe einer kleinen Operation ließe sich heute manches arrangieren. Aber das Leben hält nicht nur für Strulovitch ein paar Lektionen bereit.

Howard Jacobson fragt in diesem tiefsinnigen, gleichzeitig amüsanten und stellenweise irrwitzigen Roman: Was macht einen Mensch zum Juden? Und was heißt es, Jude zu sein in einer säkularen Welt? – Ein höchst burlesker Umgang mit dem vermeintlichen Antisemitismus des umstrittensten Dramas von Shakespeare.

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:288
EAN:9783813506747

Rezensionen zu "Shylock: Roman"

  1. 2
    18. Nov 2018 

    Intellektuelles Vorhaut-Geplänkel...

    Der reiche Kunstsammler Simon Strulovitch aus Manchester hat Sorgen: Seine aufmüpfige Tochter Beatrice ist in die Kreise der leichtlebigen Erbin Plurabelle und ihres persönlichen Assistenten D’Anton geraten. Nicht der richtige Umgang für ein jüdisches Mädchen, klagt Strulovitch seinem Zufallsbekannten Shylock. Dieser rät zur Zurückhaltung. Doch als Beatrice sich auch noch mit dem Fußball-Beau und Unterwäsche-Modell Howsome einlässt, sieht ihr Vater rot. Er verlangt, dass der junge Mann zum Judentum konvertiert. Mit Hilfe einer kleinen Operation ließe sich heute manches arrangieren. Aber das Leben hält nicht nur für Strulovitch ein paar Lektionen bereit.

    Dieser Roman ist Teil der Buchreihe, die im Rahmen des Hogarth Shakespeare-Projektes (anlässlich von Shakespeares 400. Todestag) erscheint. Acht Werke des weltberühmten Schriftstellers wurden bzw. werden von bekannten Autoren neu interpretiert und somit als zeitgemäße Version des altbekannten Stoffes veröffentlicht.

    Howard Jacobson hat sich für das umstrittene Werk 'Der Kaufmann von Venedig' entschieden, was auf der Buchrückseite auch deutlich gekennzeichnet ist. Vorne steht der 'moderne' Titel 'Shylock', hinten 'Der Kaufmann von Venedig'. Überhaupt sticht die liebevolle Gestaltung des Romans ins Auge - so z.B. mit dem hübschen Innendruck und dem Lesebändchen. Details, die mir gefallen, auf die ich in meinen Rezensionen ansonsten allerdings eher nicht eingehe. Aber hier scheint es mir nötig, positive Aspekte des Buches hervorzuheben.

    Ansonsten kann ich kurz und knapp sagen: das Buch war für mich eine Zumutung.

    Ja, ich habe verstanden, dass Howard Jacobson sich in all seinen Werken mit der Frage auseinandersetzt, wie er als Jude mit seinem Jüdischsein in der säkularen westlichen Welt umgehen soll. Und so darf es nicht verwundern, dass dies auch hier zum Hauptthema avanciert. Doch geht es für mich als Leser doch wohl in erster Linie darum, wie ein Thema umgesetzt wird, wie es in eine Handlung eingebettet wird, in eine Erzählung, eine Geschichte.

    Eben diese Geschichte will sich nicht entwickeln, dreht sich im Kreise, bietet wenig Überraschendes, Spannendes, keinen roten Faden. Zudem hat Jacobson hier etwas zwischen Roman und Drama kreiert, was für mich so nicht überzeugend funktioniert. Strulovitch als 'moderner' Jude diskutiert stundenlang mit dem alten, orthodoxen Juden Shylock. Dabei beklagen beide den Verlust ihrer Töchter, die sich recht frühreif mit dubiosen Bekanntschaften davongemacht haben. Shylock betrauert zudem den Tod seiner Frau, ohne die er kaum noch zu leben scheint, Strulovitch ist ebenfalls vom Schicksal gebeutelt, da seine Frau nach einem Schlaganfall bettlägerig ist, ihr Gedächtnis und ihre Sprache verloren hat.

    Shylock fungiert hinsichtlich von Strulovitchs Problemen mit dessen Tochter Beatrice gelegentlich als Berater, doch lieber noch führt er geistreich das Wort bei der Fragestellung, was es bedeutet, ein moderner Jude zu sein. Die jüdische Tradition wird hier thematisiert, die Rolle der jüdischen Familie, noch heute geltende Werte, gängige Vorurteile - aber auch Stereotypien kommen hier nicht zu kurz. Christen gegen Juden, Juden gegen Christen, Juden gegen Juden - ein Feuerwerk an klischeehaften Zuschreibungen. Ein Buch, das nur von einem Juden geschrieben werden durfte - jeder andere wäre zwangsläufig des Antisemitismus bezichtigt worden.

    Mir drängte sich jedenfalls zunehmend der Eindruck auf, dass die Geschichte im Grunde um diese Thematik des 'modernen Judenseins' herumgeschrieben wurde, wenig einfallsreich für meinen Geschmack. Die Charaktere Strulovitch und Shylock sind halbwegs plastisch dargestellt, alle anderen Figuren schälen sich dagegen kaum heraus, bleiben eindimensional und blass - die Frauenfiguren sind zudem durchweg exzentrisch gezeichnet und bleiben komplett ohne Tiefe. Entwicklungen (wie beispielsweise Liebesbeziehungen) sind oftmals nicht nachvollziehbar. Das Verhalten der Charaktere zwingt einem immer wieder die Frage auf, weshalb sie überhaupt zusammen sind.

    Okay, da wäre natürlich die körperliche Anziehungkraft - Sex sells. Oder etwa nicht? Wenn wie hier die anregenden Bettgeschichten zum alleinigen Argument geraten, eine Beziehung zu führen, wenn sowohl Shylock als auch und v.a. Strulovitch unmäßige Ansprüche an den Nachwuchs stellen und dadurch eine durchgängige unterschwellige Sexualisierung der Vater-Tochter-Beziehung im Raum steht, wenn schließlich das geforderte Pfund Fleisch (im Kaufmann von Venedig: ein Herz) sich auf die Vorhaut eines Mannes fokussiert und letztlich zum Zentrum des Romans wird ohne dass die Handlung dann noch großartig vorangetrieben wird - dann muss ich sagen: Sex ödet an. Intellektuelles Vorhaut-Geplänkel: nein danke.

    Zwei Sterne vergebe ich dennoch, denn ich muss dem Roman zugute halten, dass ich das Original 'Der Kaufmann von Venedig' bislang nicht kenne. Zwar wird durch kursiv gehaltene Passagen deutlich, wenn etwas aus dem Originaltext zitiert wird, doch denke ich, dass mir ohne die Vorkenntnis sicherlich etliche Andeutungen und Parallelen entgangen sind.

    Selten war ich jedenfalls so froh, ein Buch endlich beendet zu haben. Lust aufs Original habe ich derzeit keine, aber demnächst versuche ich mich an einem anderen Werk des Hogarth Shakespeare-Projektes. Ich hoffe sehr, dass mich der andere Roman dann mehr überzeugen kann!

    © Parden

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    Die Bücher des Hogarth Shakespeare-Projektes:

    Margaret Atwood: Der Sturm
    Tracy Chevalier: Othello
    Gillian Flynn: Hamlet
    Howard Jacobson: Der Kaufmann von Venedig
    Jo Nesbo: Macbeth
    Edward St. Aubyn: König Lear
    Anne Tyler: Der Widerspenstigen Zähmung
    Jeanette Winterson: Das Wintermärchen

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  1. 2
    07. Okt 2018 

    Absolut schwere Kost

    Angelehnt an "Der Kaufmann von Venedig" von William Shakespeare wird hier die Geschichte in ein der heutigen Zeit noch einmal erzählt.

    Die Story klingt erst einmal interessant. Der reiche jüdische Kunstsammler Strulowitsch aus Manchaster hat Sorgen. Seine frühreife Tochter Beatrice ist in die Kreise von Plurabelle einer jungen, sehr reichen leichtlebigen Erbin geraten. Dort lernt sie auch noch den sehr viel älteren Fußballer Howsome kennen, der sich sofort in das junge Mädchen verliebt. Das kann Strulowitsch so nicht akzeptieren.

    Eigentlich eine Thematik, wie sie auch im Leben stattfinden könnte. Die Konflikte, die daraus entstehen sind bestimmt lesenswert. Allerdings hat der Autor hier für mich schwer verdauliche Kost geschaffen. Er springt in der Handlung hin und her, es fiel mir schwer den eigentlichen Faden zu finden. Es gibt auch hier ausgesprochen schöne Textpassagen, die ich mir markiert habe. Sie sind einfach zu schön. Einige Dinge waren mir während des Lesens unklar und sie sind mir bis zum Schluss auch nicht klarer geworden. Wahrscheinlich fehlte mir hier der Bezug zu Shakespeare.

    Wer sich gern mit Shakespeare beschäftigen möchte, der kann sich hier gern ein eigenes Urteil bilden. Von mir gibt es nur zwei Lesesterne.

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  1. Wenn die frühreife Tochter Schwierigkeiten bereitet

    Simon Strulovitch, ein reicher, jüdischer Kunstsammler aus Manchester, hat ein Problem: Seine frühreife, attraktive Tochter Beatrice (16) pflegt nicht nur den Umgang mit der leichtlebigen Erbin Plurabelle und deren persönlichen Assistenten D’Anton, sondern verfällt auch dem älteren, christlichen Fußballschönling Howsome. Strulovitch sieht rot und klagt sein Leid dem Zufallsbekannten Shylock, der ebenfalls Jude ist. Ob an dieser Misere etwas zu machen ist?

    „Shylock“ von Howard Jacobson ist eine Adaption von William Shakespeares „Der Kaufmann von Venedig“ und Teil eines Projekts des Verlages The Hogarth Press, bei dem bekannte Autoren Shakespeares Werke anlässlich seines 400. Todestages neu erzählen.

    Meine Meinung:
    Der Roman besteht aus 23 Kapiteln und einem „Fünften Akt“. Diese Anlehnung an ein Drama ist eine schöne Idee. Generell ist der Stil ziemlich dialog- und monologlastig, sodass mir das Buch bisweilen wie eine Mischung zwischen Roman und Theaterstück vorkam. Dabei beweist der Autor, dass er mit Sprache umgehen kann. Der Schreibstil ist recht eigenwillig, zum Teil etwas antiquiert, was aber sehr gut zur Neuinterpretation eines solchen Klassikers passt. Gut gefallen hat mir auch, dass einige Sätze aus dem Originalstück in kursiver Schrift eingefügt wurden.

    Die Charaktere von Strulovitch und Shylock werden sehr detailliert beschrieben. Ihre Interaktionen sind tiefsinnig und haben mir gut gefallen. Manche Protagonisten wie Beatrice wirken wenig realitätsnah und stark überzeichnet. Wiederum andere Figuren bleiben dagegen eher blass.

    Auch ansonsten konnte mich der Roman inhaltlich nicht überzeugen, obwohl ich die Prämisse sehr kreativ und vielversprechend fand. Leider schöpft die Geschichte ihr Potential bei Weitem nicht aus und mir fiel es schwer, einen Zugang dazu zu finden. Mehrere Textpassagen sind für mich befremdlich und ergeben keinen Sinn. Darüber hinaus gibt es einige Widersprüche, etliche der Handlungen und Äußerungen sind somit für mich schlichtweg nicht nachvollziehbar. Der Autor geht recht frei mit der Vorlage um und lässt dabei vieles vermissen, was Shakespeare in hervorragender Weise gelungen ist.

    Thematisch geht es vor allem um die Religion: das Judentum, den Antisemitismus und zunehmend die Frage der Beschneidung. Diese Aspekte stehen sehr im Mittelpunkt und sind grundsätzlich ein interessantes Sujet, da sie durchaus Denkanstöße geben könnten. Allerdings hat mich die Art und Weise, wie diese Themen behandelt werden, ratlos zurückgelassen. Die Klischees und Stereotype, die in diesem Zusammenhang oft verwendet werden, sind wohl satirisch gemeint. Dennoch konnte der Witz bei mir nicht richtig zünden. Insgesamt war mir die Geschichte zu wirr und zu inkohärent.

    Das schlichte, aber hochwertig anmutende Cover und die schöne Aufmachung der gebundenen Ausgabe gefallen mir. Der deutsche Titel weicht vom englischen Original („Shylock is my Name“) ab und passt meiner Ansicht nach inhaltlich nicht so gut.

    Mein Fazit:
    „Shylock“ von Howard Jacobson ist eine Neuerzählung eines Shakespeare-Stücks, die meinen Erwartungen nicht gerecht werden konnte und mich daher leider ziemlich enttäuscht hat. Die moderne Adaption des „Kaufmanns von Venedig“ kann ich deshalb auch anspruchsvollen Lesern nicht empfehlen.

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  1. 1
    27. Sep 2018 

    Abbruch nach 163 Seiten

    Anstelle einer Buchbesprechung folgt hier ein Erlebnisbericht mit dem Buch, da ich es leider wegen mangelnden Verständnisses abbrechen musste. Aber leicht ist mir dieser Schritt nicht gefallen, habe lange mit mir und mit meinem Gewissen gerungen und gehadert.

    Ich hatte von Anfang an Probleme mit dem Buch. Ich kam mit dem gesamten Erzählstil, bestehend aus einem Mix von Theater und Prosa, nicht richtig rein. Der ganze Stoff war mir zu trocken und zu abgehoben. Viel zu viele Dialoge und Monologe ... Nach 163 Seiten habe ich mir dann die vielen Beiträge im Bücherforum Whatchareadin angeschaut, in die ich viel zu spät dazu gestoßen bin, aber ich konnte deutlich spüren, wie sehr auch meine Lesekolleg*innen sich durch den Text gekämpft und durchgearbeitet haben. Am Ende meines kleinen Berichts verlinke ich meine Seite mit der der Leserunde.

    Mit den ersten Szenen hatte ich keine Probleme mehr, die hatte ich ja oft genug wiederholt gelesen, und so konnte ich in den Beiträgen Übereinstimmungen finden, später allerdings, je mehr ich gelesen habe, desto verwirrender wurde mir die gesamte Handlung, obwohl mir schon klar wurde, welche Problematik in dem Buch behandelt wurde.

    Die Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus im historischen Bereich bis zur Gegenwart. Der Kampf zwischen Juden und Christen, die Auseinandersetzung mit der Identität als Jude. Die rebellischen Töchter der beiden jüdischen Protagonisten ... Diese Vorurteile, die auf beiden Seiten zwischen Christen und Juden ausgetragen werden, kommen in den Dialogen und Monologen immer wieder zur Geltung. Dies ist auch bei mir angekommen, aber ich schaffe es nicht, die Handlung bis in die Tiefe einzudringen. Bei einer anderen Leserin, die die Originalversion von Shakespeare gelesen hatte, habe ich entnehmen können, dass Shakespeare die Judenthematik in seiner Version nur peripher behandelt hat, und so hat Jacobson seine Interpretation in eine Neufassung verwandelt.

    Für das, dass das Bücherlesen für mich ein Hobby ist, kam ich mir vor, als säße ich im Deutsch-Leistungskurs und ich mich mit einem Werk quälen muss.

    Obwohl mich die Thematik ein wenig an meine eigene Thematik erinnert hat, denn die beiden jüdischen Protagonisten litten darunter, dass sie weltweit mit Vorurteilen und Klischees fertig werden mussten. Da habe ich Parallelen gesehen zu meiner Herkunft, vielmehr gesagt zu der Herkunft meiner Eltern, und die vielen Klischees und Vorurteile den Italiener*innen gegenüber. Auch ich empfinde ähnlich wie die beiden Figuren Simon Strulovitch und Shylock eine gewisse Traurigkeit im Umgang mit den Italiener*innen, wenn ich die deutschen Medien und die deutsche Gesellschaft beobachte, welche stereotypische Bilder sie jahrzehntelang verinnerlicht haben, und sie diese großzügig weiterverbreiten, weil sie es nicht schaffen, sich von diesen alten Bildern zu distanzieren, dann komme ich selbst häufig auch in ein Stimmungstief ähnlich dem wie aus dem Buch, das zusätzlich noch Ohnmachtsgefühle auslöst ...

    Allerdings hat mich der Autor Howard Jacobson für die Originalfassung Der Kaufmann von Venedig inspiriert, die ich unbedingt lesen möchte. Ich habe mir die Reclam Version angeschafft, und schon die ersten Seiten regen mich an, unbedingt weiter zu lesen. Anders als bei Jacobson.

    Auf den ersten Seite des Reclams wird man in eine melancholische Stimmung versetzt, und die Dialoge sind für mich hier besser zu verstehen, als die in der modernen Fassung bei Jacobson.

    Aber eine Textstelle von Jacobson möchte ich gerne zitieren, weil sie mir sehr gut gefallen hat.

    Shylock und seine Frau Leah, die mittlerweile verstorben ist, sind sehr literaturinteressiert und literaturkundig. Leah bat Shylock, ihm aus einem Buch vorzulesen:
    >>Lese mir die Komödie über den Mann vor, der glauben gemacht wird, er sei Ungeziefer<<, sagte sie.
    >>Meinst du Die Verwandlung?<<
    >>Nein, Liebster, ich meine Mein Kampf.<< (2016, 40)

    Mein Fazit?
    Kein Buch für mich, und für mich war es wichtig, mich zu outen, aber ich sehr dankbar bin, dass der Verlag mir/uns das Buch als Leseexemplar zur Verfügung gestellt hat. Die schöne Karte im Buch und den Katalog fand ich großartig und sehr freundlich und ich weiß diese Zuwendung dankend sehr zu schätzend. Auch wenn ich das Buch nicht ganz geschafft habe, bleiben trotzdem an ihm meine eigenen Leseerlebnisse haften.

    Deshalb ein großes und herzliches Dankeschön an den Verlag von Knaus im Bloggerportal. Beim nächsten Buch wird es sicher besser.

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  1. 4
    27. Sep 2018 

    Shakespeare, mit viel schriftstellerischer Freiheit nacherzählt

    „Ich, der Jude, sie, die Christen ..."

    Howard Jacobson thematisiert in seinem Roman "Shylock" das Miteinander von Juden und Christen. Dabei bedient er sich vieler Klischees und überschreitet auch mal die Grenze zum Antisemitismus. Doch Jacobson darf das. Als Autor jüdischer Abstammung darf er auch politisch unkorrekte Dinge beim Namen nennen.

    Der Titel des Romanes deutet darauf hin: Jacobson hat bei seinem Schriftstellerkollegen Shakespeare nachgeschlagen, dessen „Der Kaufmann von Venedig“ Namensgeber des Romanes von Jacobson ist. Denn Shylock ist besagter Kaufmann, Jude und Geldverleiher, der im Venedig des 15. Jahrhunderts einem Christen Geld leiht. Da dieser seine Schulden nicht begleichen kann, muss ein Bürge herhalten. Shylock, der unter dem Spott und der Ablehnung seiner christlichen Mitbürger zu leiden hat, nutzt die Gelegenheit, um Rache an den Christen zu üben. Der Darlehensvertrag beinhaltet eine ungewöhnliche Klausel: Die Schuld ist mit einem Pfund Fleisch zu begleichen, herausgeschnitten aus dem Körper des Bürgen. Nur leider hat der jüdische Kaufmann nicht mit der Cleverness der venezianischen Christen gerechnet. Im Rahmen einer Gerichtsverhandlung wird er ausgetrickst. Am Ende fließt kein Blut, nur Shylocks Reichtümer. Und der dumme Jude steht am Ende mittellos dar, und die Christen sind schadenfroh.
    (Das war die Kurzzusammenfassung von Shakespeares "Der Kaufmann von Venedig".)

    Mit "Shylock" hat Howard Jacobson eine moderne Nacherzählung zu Shakespeares Kaufmann geschrieben. Dabei hat er sich nur in Ansätzen an die Handlung gehalten. Er konzentriert sich auf das Thema des Antisemitismus, das auch im Original zu finden ist, sowie das Miteinander von Juden und Christen in der heutigen Zeit.

    "'Ob es eine Schwäche oder eine Strategie ist, kann ich nicht sagen. Sie rücken sich ins Zentrum jedweden Dramas, menschlicher wie theologischer Natur. Immer schon tun sie das. Ich sehe es als eine politische Traurigkeit. Der Kleister des Selbstmitleids ist stark. Wie emotionale Erpressung.'" (S. 36)

    Zum Inhalt von "Shylock":
    Irgendwo im England des 20. Jahrhunderts lebt Strulovitch, reicher jüdischer Kunsthändler und leidgeprüfter Vater einer 16-jährigen Tochter. Er ist ein gemäßigter Jude, der die Gesetze seiner Religion sehr großzügig auslegt. Er möchte nicht, dass das Jüdischsein sein Leben bestimmt. Ganz anders Shylock, eine Zufallsbekanntschaft von Strulovitch und streng gläubiger Jude, der mit seinen Ansichten wie ein Mensch aus einer anderen Zeit wirkt. Er quartiert sich bei Strulovitch ein. Die beiden führen Grundsatzdiskussionen zu der Frage „Was bedeutet es, ein Jude zu sein?“. Beide haben konträre Ansichten. Strulovitch wird jedoch eines Besseren belehrt, als Tochter Beatrice sich Gratan, Christ und Profi-Fußballer, an den Hals wirft, und er tatsächlich feststellen muss, dass er ein Problem mit der Glaubensrichtung des Auserwählten hat. Ganz abgesehen davon, dass der Profi-Fußballer mehr durch Skandale als durch sportliche Leistungen berühmt geworden ist. Der Freund der Tochter ist also alles andere als ein Traum-Schwiegersohn. Strulovitch fühlt sich seiner Tochter beraubt und sinnt genau wie Shakespeares Kaufmann auf blutige Rache, wobei ihm in seinem Fall ein bis zwei Gramm Fleisch genügen würden. Man ahnt, dass Strulovitchs Rachegelüste nicht in dem Maße befriedigt werden, wie er sich das vorstellt.

    "Mit Nicht-Juden an sich hatte Strulovitch keine Probleme, wenn es allerdings darum ging, wen seine Tochter heiraten würde (und mit wem vielleicht schlafen), hatte er seine Vorbehalte. Wenn Strulovitch an den ehelichen Bund dachte, wurde der Christ zu einem Höhlenbewohner." (S. 89)

    Howard Jacobsons Roman ist im Rahmen des Hogarth Shakespeare Projektes entstanden. Hier sind namhafte Autoren aufgefordert, ein Werk Shakespeares in ihrer eigenen Version nachzuerzählen. Mit diesem Wissen neigt man als Leser dazu, enge Parallelen zu dem Ursprungswerk zu suchen. In einer andere Nacherzählung, die ich bereits aus diesem Projekt gelesen habe, hat das wunderbar funktioniert. Bei Shylock tut man sich aber keinen Gefallen, wenn man nach diesen Parallelen sucht. Denn Jacobson hat sich einige schriftstellerische Freiheiten genommen, was die Auslegung des Originals angeht. Hauptsächlich konzentriert er sich auf die Frage: Was bedeutet es, ein Jude zu sein?
    Shylock und Strulovitch - der Hardliner und der gemäßigte Jude - treten in diesem Roman zur Beantwortung dieser Frage gegeneinander an. Die beiden führen dabei innige Gespräche, die mit viel Ironie und Sarkasmus gewürzt und allein deshalb schon sehr unterhaltsam sind. Die Gespräche machen nachdenklich, sind vollgestopft mit Stereotypen, Vorurteilen, aber auch existenziellen Fragen zum Judentum. Soviel geballte Argumentation kann jedoch ermüden. Doch Howard Jacobson bietet dem Leser Verschnaufpausen. So wechselt Tiefsinn mit Slapstick. Strulovitchs christlicher Gegner ist D'Anton, Mitglied der B-Promi-Szene, zu der auch Strulovitchs Töcherterchen dank des Promi-Fußballers Gratan, in den sie sich verguckt hat, Zugang hat. Diese B-Promi-Szene ist ein Fegefeuer der Eitelkeiten und Dümmlichkeiten, das genügend Potenzial für humoristische Einlagen bietet, die Jacobson genüsslich ausschlachtet.

    "Gratan war grundsätzlich kein Rassist (wann hatte man schon gesehen, dass er einen schwarzen oder asiatischen Spieler verhöhnt hätte?) und konnte klar belegen, dass er kein Antisemit war. Nennen Sie eine einzige Gelegenheit, bei der ich einen jüdischen Spieler gefoult hätte. Und mindestens eine seiner Frauen (er war so aus dem Stand nicht sicher, welche) war ein bisschen jüdisch gewesen." (S. 52)

    Fazit:
    Die Frage, was es bedeutet, heutzutage Jude zu sein, lässt sich auch nach der Lektüre dieses Romanes nicht beantworten. Ich war nur erstaunt, welche existenziellen Gedanken einem Juden zu schaffen machen. Viele dieser Gedanken habe ich ungläubig in Frage gestellt. Vielleicht ließen sich diese Überlegungen einer anderen Zeit als der heutigen zuschreiben? Sicher bin ich nicht. Auf jeden Fall hat mich der Roman für Vorurteile zwischen Juden und Christen sensibilisiert. Diese Vorurteile sind seit Jahrhunderten präsent, wenn auch heute wahrscheinlich in subtilerer Form.
    In Anbetracht der Tatsache, dass "Shylock" dem Hogwarth Shakespeare Projekt zuzuordnen ist, ist das bisschen "Shakespeare", das sich in diesem Roman finden lässt, mit Sicherheit für den Shakespeare-affinen Leser nicht genug. Ich konnte mit diesem Aspekt gut leben. Denn am Ende hat mir der Roman aufgrund seiner Thematik und der scharfsinnigen Dialoge zwischen Shylock und Strulovitch gefallen.

    © Renie

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  1. Zwei Welten treffen aufeinander

    Anlässlich des 400. Todestages des großen Dramatikers William Shakespeare startete das Hogarth-Projekt, für das namhafte Autoren verpflichtet wurden, ein Drama des Künstlers neu in einem Roman zu verarbeiten. Der Knaus-Verlag übernahm die Rechte sowie die deutsche Übersetzung. Laut allgemein geltender Auffassung sollen die Romane auch ohne Kenntnis des zugrunde liegenden Originals verständlich sein. Das galt es für mich zu testen, außer der Inhaltsangabe war mir nichts vom "Kaufmann von Venedig" bekannt.

    Auf dem Friedhof trifft der reiche Kunstsammler Strulovitch einen Mann namens Shylock, der aufrichtig seine verstorbene Frau Leah betrauert und Zwiesprache mit ihr hält. Beide Männer sind Juden, haben aber eine sehr unterschiedliche Auffassung ihres Glaubens. Während Shylock (diese Figur scheint aus dem shakespearischen Drama entlehnt zu sein) die Gebote und Riten des Judentums beherzigt und ernst nimmt, lässt der Genussmensch Strulovitch da schon mal alle Fünfe gerade sein. Beide Männer haben Schwierigkeiten mit ihren Töchtern: Jessica, Shylocks Spross, ist bereits mit einem Ungläubigen durchgebrannt. Beatrice, die Tochter Strulovitchs, hat einen lockeren Lebenswandel, ist in den falschen Freundeskreis geraten und steht im Begriff, mit einem schlecht beleumdeten, ebenfalls ungläubigen Fußballer abzuhauen, was den Vater sehr unglücklich macht. Strulovitch lädt den verarmten Shylockzu sich nach Hause ein. Dadurch ergeben sich viele Gespräche über den Glauben an sich und dessen Verhältnis zum Christentum. Teilweise sind diese Dispute amüsant zu lesen, weil sie sehr eloquent formuliert sind. An vielen Stellen dominiert aber eine stereotype Grundhaltung, die den ganzen Roman durchzieht. Es wird genau definiert, wie der Jude ist und gesehen wird, was er tun darf und was nicht - und das mit äußerst diskreditierendem Vokabular. Mit Sicherheit wollte Jacobson, der selber Jude ist, ein Zeichen gegen den Antisemitismus setzen. Das ist ihm nach meinem Verständnis nicht gelungen oder aber ich habe es nicht verstanden.

    Ein weiterer Handlungsstrang rankt sich um Beatrice, die sich mit ein paar Leuten der High Society zusammengetan hat. Insbesondere sind hier die reiche Erbin Plurabelle und ihr Assistent D'Anton zu nennen. Sie leben in einer dekadenten, oberflächlichen Scheinwelt, in der Geld keine Rolle spielt und nur das Vergnügen zählt.  Dieser unrealistische Hintergrund hat mich sehr befremdet, passt er doch gar nicht in die klassische Grundkonstruktion des Romans. Beatrice wird aus einer Laune heraus dem Fußballer Gratan "zugeführt", weil der eine Vorliebe für jüdische Mädchen hat. Rein sexuell scheint das Paar auch zu harmonieren, zunehmend entdeckt Beatrice jedoch die Defizite ihres Freundes. Dieser Teil mit den Reflexionen des jungen Mädchens über sich selbst, den Freund und ihr eigenes Verhältnis zum Vater hat mir gut gefallen.

    Während Beatrice und Gratan in Venedig weilen, sinnen Strulovitch und Shylock nach einem Weg, wie sie die unstatthafte Verbindung reinwaschen können. Da Gratan nicht bereit ist, zum Judentum überzutreten und sich entsprechend beschneiden zu lassen, kommen die beiden Väter auf die Idee, dass eine "Stellvertreter-Beschneidung" auch die geforderte Satisfaktion herstellen könnte....
    Spätestens hier konnte ich der Intention des Autors nicht mehr folgen. Das Ritual der Beschneidung wurde in seiner Bedeutung dermaßen überzeichnet, dass es in die heutige Welt, in der auch viele christliche Jungen aus medizinischen Gründen beschnitten werden, nicht mehr hineinpasst.

    Der Roman ist außerordentlich gut geschrieben. Die Dialoge haben Esprit und Humor. Neben der aus meiner Sicht überstrapazierten Glaubensdiskussion spielten auch weitere Themen wie Schuld und Vergebung, Familienbande oder Kritik an der modernen Gesellschaftsentwicklung eine Rolle. Da gab es einige wirklich treffende Passagen.

    Insgesamt erschien mir jedoch Vieles holprig und nicht schlüssig hergeleitet zu sein. Ich gestehe aber ausdrücklich, dass ich keine wirkliche Kenntnis des Originals hatte und die zahlreichen Zitate und Anlehnungen daher keine Chance hatten, mir Erleuchtung zu bringen.

    Ich finde das Hogarth-Shakespeare-Projekt äußerst interessant. Daher möchte ich mindestens einen weiteren Roman der Reihe kennenlernen. Ebenso wird der Autor noch eine Chance von mir bekommen.
    Schade, dass "Shylock" für mich nicht so recht funktioniert hat.

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  1. 3
    02. Sep 2018 

    Väter und Töchter

    Der reiche Kunstsammler Strulovitch hat es nicht leicht mit seiner 16jährigen Tochter Beatrice. Ihren Jahren voraus ist sie in die Kreise älterer und etwas dekadent lebender Reicher geraten. Und nun ist sie auch noch mit einem Fußballer durchgebrannt. Das schlägt dem Faß nun wirklich den Boden aus. Strulovitch sucht Rat bei seinem Zufallsbekannten Shylock, der verwitwet ebenfalls von seiner Tochter entfremdet ist. Mehr als alles andere will Strulovitch erreichen, dass seine Tochter wieder bei ihm und ihrer kranken Mutter ist. Einfach wird das allerdings nicht, denn die junge Frau ist doch sehr gewitzt.

    Zum 400. Todestag des großen Barden William Shakespeare wurde mit der Veröffentlichung einer Reihe von Romanen begonnen, mit denen bekannte Schriftsteller einige der Werke des Meisters in der heutigen Zeit nachempfunden haben. Eine wunderbare Ehrung für den einzigartigen Dichter. Howard Jacobson hat sich dabei des „Kaufmanns von Venedig“ angenommen. Mit eleganter Sprache gibt er die Gespräche zwischen Strulovitch und Shylock wieder, die an ihren Familien zweifeln und verzweifeln. Wie sollen sie Shylock, verwitwet, und Strrulovitch, dessen Frau nach einem Schlaganfall ans Bett gefesselt ist, mit ihren Töchtern umgehen. Zwischen ihnen ihre Freiheit lassen und dem sie helikopterartigen Beschützen schwanken sie, ohne ein Gleichgewicht zu finden. Wie soll ein Vater da seinen Weg finden?

    Eine tolle Idee, die einen veranlasst, sich zunächst noch einmal etwas mit der originalen Geschichte zu beschäftigen, um sich der Interpretation des Autors zuwenden zu können. Man versucht sich in die Denkweise von Strulovitch und Shylock hineinzuversetzen, sich am Witz der Geschichte zu erfreuen und die gelungene Übertragung der Story in die heutige Zeit zu würdigen.
    Zwar wird es jeder heutige Autor schwer haben, es mit Shakespeares Original aufzunehmen, aber dennoch gibt der vorliegende Roman viel und erinnert auf wunderbare Weise an den großen Meister, dessen Werke es jederzeit verdienen wieder gelesen zu werden.

    3,5 Sterne

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  1. Shakespeare Project

    Strulovitch, ein reicher englischer Kunsthändler trifft zufällig auf einem Friedhof Shylock, der dort vor dem Grab seiner Frau trauert. Er lädt Shylock spontan zu sich ein und zwischen den beiden Männern entwickeln sich viele Dialoge. Es geht um ihre Gläubigkeit, das Judentum allgemein und den Antisemitismus, der ihnen seit Jahrhunderten unverändert entgegenschlägt. Strulovitch ist nicht sonderlich religiös, er missachtet die Speisegesetze, begeht keine Feiertage, ja, er war sogar eine kurze Zeit mit einer christlichen Frau verheiratet.
    Ähnlich wie Shylock, hat er ein gespanntes Verhältnis zu seiner frühreifen Tochter. Er beschützt sie über alle Maßen, man könnte fast sagen, er überwacht sie und terrorisiert ihre Freunde. Trotzdem kann er nicht verhindern, dass sie mit einem Nichts von einem Goj, einem zweitklassigen Fußballspieler durchbrennt. Diese Liebschaft wurde gefördert durch Plurabelle, einem hirnlosen Society-Girl und ihrem väterlichen Freund D’Anton. Strulovitch fordert, dass sich Gratan, der Lover seiner Tochter, beschneiden lässt um seinem Anspruch als Schwiegersohn zu genügen.
    Genau wie im Vorbild, Shakespeares „Kaufmann von Venedig“, dreht sich die Handlung des Romans um das Judentum und um die Einlösung eines Schuldpfands und um die Ablehnung, die dem Volk der Juden seit Jahrhunderten unverändert entgegenschlägt. Vielleicht möchte Jacobson zeigen, dass sich in all der Zeit nichts an der Situation der Juden geändert hat.
    Ich fand, trotz der geschliffenen Sprache des Autors und manch wunderbaren Sprachbilder, die er findet, das Buch anstrengend und ermüdend. Es ist eine dauernde, sich im Kreis drehende Diskussion um das Verständnis des Judentums und des immerwährenden Antisemitismus. Dabei lehnt sich Jacobson an Shakespeares Komödie an, das Buch ist ja auch ein Teil des „Shakespeare Project“ der Hogarth Press. Die Figuren tauchen in modernen Ausbildungen auf und man kann leicht die einzelnen Personen erkennen.
    Ich hatte mit diesem Roman Schwierigkeiten, zu sehr beschränkte es sich auf das Thema der erzwungenen Beschneidung. Dass diese Forderung Strulovitchs am Ende für die große Überraschung sorgt, ist ein letzter Coup des Autors.

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  1. Neuerzählung des Kaufmann von Venedig

    Shylock von Howard Jacobsen

    Dieser Roman aus dem Verlagshaus Knaus ist Teil des Hogarth Shakespeare Projekt, wo bekannte Autoren Shakespeares Werke neu erzählen.

    Der Kunsthändler Simon Strulovitch ist entsetzt, als seine Tochter Beatrice mit Howsome Gratan anbändelt, einem Fuballstar, der zum Leidwesen des Vaters nicht jüdisch ist.
    Strulovitch beratschlagt sich mit seinem Bekannten Shylock. Die beiden führen hitzige Diskussionen, die letztendlich den Plan hervorbringen, dass der angehende Schwiegersohn zum Judentum konvertieren soll, samt Beschneidung.
    Als Strulovitch Howsome dies bei einem Gespräch unterbreitet, hat dies zur Folge, dass seine Tochter aus dem elterlichen Haus flüchtet. Plurabelle, Tochter reicher Eltern und sehr erfolgreich mit einer Fernsehshow, nimmt die beiden bei sich auf, sie hat die beiden zusammengebracht und träumt schon von Hochzeit.

    Dieser Roman konzentriert sich stark auf das Thema Religion. Häufig werden Vergleiche zwischen dem Judentum und dem Christentum gezogen. Klischees, von denen ich längst glaubte, dass sie abgelegt wurden, tauchten wieder auf. In fast jeder Diskussion findet sich die Problematik. Wobei ich einräumen muss, dass mir die Gespräche zwischen Strulovitch und Shylock zu Anfang sehr gut gefallen haben. Sie haben Biss und sind unterschwellig manchmal auch ein wenig humorvoll. Doch irgendwann ist es einfach ausgereizt, so habe ich persönlich es nach kurzer Zeit gesehen.

    Das Original, Der Kaufmann von Venedig, dass hier als Vorlage dient, habe ich selbst nicht gelesen. Das, was ich darüber weiß, habe ich im Internet nachgelesen, oder von anderen erzählt bekommen. So kann ich sagen, dass es sicher hier und da Anlehnungen gibt, die Umsetzung für mich aber dennoch nicht gelungen ist. Meine Vorstellung war es, ein Werk zu lesen, dass mir die Handlung des Originals in der heutigen Zeit nahe bringt. Schön wäre es gewesen, wenn der Autor sich auch dem heutigen Weltbild angepasst hätte. Vielleicht wäre das Konzept dann aufgegangen. Hier fühlte ich mich fehl am Platz.

    Positiv hervor heben möchte ich aber den Schreib und Erzählstil, der dem Autor sicher bei seinem Roman "Die Finkler-Frage" geholfen hat den Man Booker Price zu erhalten.

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  1. 1
    31. Aug 2018 

    Brauchen wir wirklich einen solchen neuen Shylock?

    Seit einiger Zeit läuft bei dem englischen Verlag Hogarth ein Shakespeare-Projekt, in dessen Rahmen anerkannte Autoren sich ein Shakespeare-Stück vornehmen und es in neuem Gewand noch einmal/anders erzählen. In Deutschland tritt als Partner von Hogarth der Knaus-Verlag auf und veröffentlicht die so erscheinenden Romane in deutscher Sprache. So auch den Roman „Shylock“ von Howard Jacobson.
    Mit „Shylock“ hat sich Jacobson wohl nicht nur das umstrittenste Werk Shakespeares als Vorlage ausgesucht, sondern hat darüber hinaus auch noch durch den Titel „Shylock“ genau die Figur des „Kaufmann von Venedig“ in den Mittelpunkt gerückt, der für das über Jahrhunderte hinweg Umstrittene wohl verantwortlich zeichnet: der jüdische Geldverleiher, der bei Nichtbegleichen seines erteilten Kredits ein Pfund aus dem Fleisch (sein Herz) seines Kreditnehmers Antonio fordert. Kann man diese Geschichte, die auch in früheren Jahrhunderten die Rolle des Judentums auf von vielen Seiten bezweifelte Weise aufgriff, heute so erzählen, dass sie nach Pogromen und dem Holocaust wirklich ein akzeptables Judenbild vermitteln kann?
    Diese Frage stellte sich für mich bei der Lektüre im Rahmen einer Leserunde bei Whatchareadin.
    Jacobson lässt in seinem Roman den historischen Shylock als Figur quasi „wiederauferstehen“ und stellt ihn einem zeitgenössischen nordenglischen Juden mit Namen Strulovitch als dessen Hausgast an die Seite. Gemeinsam diskutieren sie die Welt und die Geschehnisse rund um die jüngere Generation, vor allem rund um die Tochter Beatrice und ihr Verhältnis zu dem Fußball-Beau und Unterwäsche-Modell Howsome. Strulovitch verlangt von Letzterem als Voraussetzung für eine Beziehung zu seiner Tochter den Übertritt zum Judentum, zu dokumentieren durch die Beschneidung der Vorhaut. Gegen diese Forderung trifft er zunächst auf starken Widerstand, bevor sich später alles praktisch in Luft auflöst, denn bei einer ärztlichen Voruntersuchung des notwendigen Eingriffs wird festgestellt, dass eine solche Beschneidung bereits längst (ohne religiösen Hintergrund) durchgeführt wurde.
    In diesem Handlungsschema tauchen viele Motive und Figuren der Shakespeare-Vorlage in neuem Kontext auf. Zitate aus der Vorlage werden in kursiver Schrift im Text aufgenommen. Unvermittelt tauchen auch direkt Figuren (Tubal) aus dem „Kaufmann“ in der nordenglischen Handlung auf, um danach gleich wieder zu verschwinden.
    Fazit:
    Ich habe den Roman nur mit Mühe bis zu seinem Ende gelesen und wäre ohne die Leserunde sicher nicht bis dorthin gekommen. Drei Aspekte für meine Enttäuschung über den Roman möchte ich dafür anführen:

    - Generell muss ich in Frage stellen, ob die Neuerzählung eines alten Werkes wirklich eine gute Idee ist. Jedenfalls bei Jacobson hat mir das keine Freude und Neuerkenntnisse gebracht. Ich wünsche mir neue Geschichten, die gerne alte Themen, die schon mal in früherer Zeit bearbeitet wurden, aufgreifen können, dabei aber ein genügendes Maß an Freiheit und an eigener Kreativität und Aktualität aufweisen. Das habe ich bei Jacobsons Neubearbeitung, die für mich allzu eng und nah an dem Original bleibt, nicht gefunden. Eigene, neue Akzente werden in dem Roman nur irgendwie in die alte Handlung eingeschnürt und damit irgendwie "beschnitten" ;-).

    - Vom formalen Aspekt her hat mich "Shylock" nicht überzeugt, da er sich als Roman verkauft, aber wesentliche Prosa-Elemente vermissen lässt oder nicht nutzt. Der Großteil des Romans ist nämlich reiner Dialog; die verbindenden Prosastücke dazwischen bleiben ohne einen irgendwie in Erscheinung tretenden, eine Rolle und Haltung einnehmenden Erzähler. Sie sind letztlich nicht viel mehr als reine Bühnenanweisungen. Heraus kommt ein sehr spröder, anspruchsvoller Text, der in mir nichts an Bilderwelten und Ideenflüssen auszulösen vermochte.

    - Inhaltlich war ich oft mehr als irritiert angesichts der Behandlung des Judenthemas, das hier noch so viel mehr im Mittelpunkt steht als bei Shakespeare. Die Klischees und Vorurteile Juden gegenüber, die angesprochen und ins Feld geführt werden, habe ich in keiner Weise durch die mittlerweile gewachsenen historischen Ereignisse angereichert gesehen. So wie sie bei Shakespeare (ansatzweise) waren, sind sie von Jacobson über die Jahrhunderte hinweg schlicht neu aufgenommen worden, um Shylock/Strulovitch als typisierte Vertreter des Judentums zu zeichnen.
    Von mir kann der Roman jedenfalls keine Leseempfehlung an andere bekommen.

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  1. Shylock als Zeitreisender

    Der reiche Kunsthändler Strulovitch trifft bei einem Friedhofsbesuch auf die literarische Figur Shylock aus dem Drama "Der Kaufmann von Venedig" von Shakespeare und läd diesen als Gast in sein Haus ein.
    So überraschend beginnt der Roman "Shylock" von Howard Jacobson, der im Rahmen der Shakespeare-Reihe des Hogarth Verlags (in Zusammenarbeit mit dem Knaus Verlag) erschienen ist. Aus dem Klappentext erfahren wir, dass "Der Kaufmann von Venedig" für den renommierten britischen Autor Zitat "das verstörendste Schauspiel aus der Feder des Dramatiker darstellt, aber für einen britischen Romancier, der zufällig noch Jude ist, auch die größte Herausforderung."
    Das problematische an Shakespeares Stück ist der vermeintliche Antisemitismus darin, denn die Figur Shylock ist ein Jude, der antisemitischen Klischees wie Geldgier und Rachsucht verkörpert.
    Vor diesem Hintergrund habe ich den Roman auch als eine Auseinandersetzung des Autors mit dieser literarischen Figur gelesen. Ein breiter Raum in den Roman nehmen die Dialoge zwischen Strulovitch,(dem modernen Pendant zu Shylock) und eben dem literarischen Shylock ein. Shylock wird so die Möglichkeit gegeben, nach fast 400 Jahren, seine Motive und inneren Haltungen darzulegen, die ihn damals auf Rache sinnen ließen.
    Strulovitch steckt in einem ähnlichen Dilemma wie Shylock im Originalstück. Bemerkenswert fand ich nun, dass Shylock seinem Pendant aus dem 21. Jahrhundert eher zu Versöhnung und Verzicht auf Rache rät. Eine positive Auseinandersetzung mit der literarischen Figur, die in Jacobsons Roman menschlicher und versöhnlicher wirkt als im Original.

    Das Drama um Strulovitch verlegt der Autor in die britische High Society. Seine Nacherzählung des Dramas um Shylock ist eine witzige bis bizarre Geschichte mit Protagonisten, die einer Reality TV Show entsprungen sein könnten. Howard Jacobson macht sich hier wirklich gekonnt über die Befindlichkeiten und Ansichten in diesen Kreisen lustig. Diese Passagen sind echter Lesespaß. Allerdings wirken manche Handlungsstränge auch an den Haaren herbeigezogen um der Vorlage entsprechen zu können.
    Den philosophischen Dialogen zwischen Strulovitch und Shylock bin ich bei der Lektüre gern gefolgt. Sie sind spitzfindig und geistreich. Die beiden Männer diskutieren die Frage, was es heißt als Jude zu leben, wie antisemitische Vorurteile wiederum auf das Selbstverständnis der Juden zurückwirken usw. Anderseits wirken die Aussagen der beiden für mich auch zu starr und klischeehaft, so dass ich bei der Lektüre den Eindruck hatte, dass alle Entwicklungen innerhalb der Glaubensgemeinschaften der letzten Jahrhunderte übersehen wurden. Dies war für mich eher verwirrend.
    Die Balance zwischen den philosophischen Dialogen einerseits und den skurrilen Passagen andererseits ist meiner Meinung nach nicht so gelungen. Für mich hat sich keine stimmige Geschichte ergeben.
    Vielleicht liegt es daran, dass Howard Jacobson sowohl eine groteske Nacherzählung als auch eine ernsthafte Aufarbeitung schreiben wollte und damit zu viel in den Roman gepackt hat.
    Eindeutig positiv ist aber die Sprache und auch der Stil des Romans. Howard Jacobson verwendet viele Dialoge und bildet somit auch in dieser Hinsicht das Original Drama ab. Zudem sind sehr viele Stellen aus Shakespeares Drama harmonisch in den Text eingefügt. (diese Originalstellen sind im Roman kursiv hervorgehoben). Alles wirkt von der Sprache her passend und stimmig.

    Insgesamt ein interessanter Roman, der allerdings nicht ohne Kenntnis des Original richtig zu verstehen ist. Ein Roman mit Stärken und Schwächen, der aber Lust auf weitere Romane aus dieser Shakespeare Reihe macht.

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  1. Innenansichten des Shylock aus dem "Kaufmann von Venedig"

    Bei dem Roman handelt es sich um eine Neuerzählung des Shakespeare-Stücks "Der Kaufmann von Venedig". Um es vorwegzunehmen: Meiner Meinung nach macht es einen beträchtlichen Teil des Reizes der Lektüre aus, die Neuerzählung mit dem Original zu vergleichen. Ich empfehle daher, vor dem Roman zumindest eine gute Zusammenfassung des Stücks zu lesen.

    Zum Roman: Die Hauptfigur Simon Strulovitch besucht das Grab seiner Mutter. Auf dem Friedhof trifft er auf Shylock, der am Grab seiner Frau Leah mit ihr Zwiegespräche führt. Die Männer kommen ins Gespräch und Strulovitch läd Shylock zu sich nach Hause ein. Die Gespräche der beiden drehen sich darum, was es bedeutet, ein Jude zu sein, welche Gründe Antisemitismus hat und wie er sich ausdrückt. Strulovitch, der Schwierigkeiten mit seiner Identifikation als Jude hat, vertritt hierbei eher moderne Ansichten, während Shylock konservativ argumentiert. Im Laufe der Gespräche wird klar, dass es sich bei Shylock um den Shylock der literarischen Vorlage handelt, der sein von Shakespeare ersonnenes Schicksal bereits durchlebt hat. In den Gesprächen mit Strulovitch legt er seine Sicht des Dramas und die Beweggründe für sein Handeln dar.

    Strulovitch hat eine Tochter namens Beatrice. Diese ist 17, offenbar sehr hübsch und sexuell aktiv. Ihr Vater kommt damit nicht zurecht. Bei dem Versuch, seine Tochter vor der Welt und den Männern zu beschützen, schießt er allerdings mehrfach über das Ziel hinaus. Der Konflikt mündet schließlich darin, dass Beatrice heimlich ihr Zuhause verlässt und mit ihrem aktuellen Freund Gratan flieht.

    Gratan ist ein bekannter Fußballspieler und Teil einer Clique der High Society. Die Clique wird dominiert von Plurabelle und D'Anton, die Gratan und Beatrice auch zusammengebracht haben. Als Strulovitch erfährt, dass Beatrice mit Gratan geflohen ist, fordert er, dass sich Gratan beschneiden lässt, damit er zumindest in biologischer Hinsicht einem Juden gleich wird. Andernfalls droht er, öffentlich zu machen, dass Beatrice erst 16 Jahre alt war, als sie das erste Mal mit Gratan geschlafen hat. Plurabelle und D'Anton wollen Gratan helfen und haben zudem Sorge, selbst Ärger wegen ihrer Kuppelei zu bekommen. Letztlich entschließt sich D'Anton dafür einzustehen, dass Gratan sich beschneiden lässt. Andernfalls bietet er sich selbst an. Es kommt zum Showdown.

    Der Roman lässt die Grundidee des Kaufmanns wiedererkennen. Ganz anders als im Original nehmen im Roman allerdings die Gespräche zwischen Strulovitch und Shylock weiten Raum ein. Für insoweit interessierte Leser ist dies eine Bereicherung des Romans. Jacobson hat wahrscheinlich viel Energie und Arbeit auf diesen Aspekt seines Romans verwandt. Offenbar war es ihm eine Herzensangelegenheit, dem literarischen Shylock eine Stimme zu verleihen und über wichtige Punkte des Judentums dialektisch philosophieren zu lassen.

    Leider fällt die Nacherzählung der übrigen Rahmenhandlung des Originals qualitativ deutlich hinter diesen Hauptteil zurück. Plurabelle, D'Anton und Gratan bleiben als Personen blass. Ihre soziale Herkunft und Prägung wird von Jacobson derart überzogen, dass es fast grotesk wirkt. Dadurch wurden die Personen für mich nicht glaubwürdig. Auch ihr Antrieb und ihre Beweggründe wirkten oft aufgesetzt.

    Wer eine spritzige, innovative Neuerzählung des Shakespeare-Dramas erwartet, wird enttäuscht sein. Lesenswert sind dagegen die philosophischen Betrachtungen zum Judentum und die Sicht Shylocks auf seine Rolle im Kaufmann von Venedig. Die Lektüre dieser Abschnitte ist allerdings anspruchsvoll und der Roman daher nicht leicht zu lesen.

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  1. Adaption von "Der Kaufmann in Venedig"

    Vor vielen Jahren habe ich Shakespeares Stück auf der Bühne gesehen und mir vor der Leserunde die Zusammenfassung durchgelesen - trotzdem wäre es sinnvoll gewesen das Original vor der Adaption zu lesen. Meines Erachtens ist die Lesefreude unter dieser Voraussetzung größer - man kann Bezüge her-, Vergleiche an- und den Original-Shylock dem der Neufassung gegenüber-stellen. Die Geschichte allein - ohne dass man den Bezug zum Drama hat - trägt aus meiner Sicht zu wenig, um einen Lesefluss aufrecht zu erhalten. Die Diskussionen in der Leserunde haben zumindest ein besseres Verständnis ermöglicht.

    Worum geht es?
    "Der Raum zwischen Himmel und Erde ist kaum mehr als ein Briefkastenschlitz zusammengequetschten Lichts, der Himmel selbst abgrundtief banal. Eine Bühne, die für keine Tragödie taugt, selbst hier nicht, wo die Toten ruhen." (9)

    Der Beginn verweist darauf, dass die erzählte Geschichte eigentlich gar nicht für eine Tragödie taugt, selbst der Himmel wirkt banal. Was erwartet uns? Sollen wir das alles nicht so ernst nehmen?

    Zwei Männer befinden sich auf dem Friedhof - Shylock, der aus dem Shakespeare-Stück, ein alter Geist (?), was letztlich nicht aufgeklärt wird. Jener Shylock hält Zwiegespräche mit seiner verstorbenen Frau Leah, während ein moderner Shylock - der reiche Kunsthändler Simon Strulovitch, das Grab seiner Mutter besucht,

    "er ist ein reicher, aufbrausender, leicht zu kränkender, schnell zu begeisternder und ebenso schnell ernüchterter Philantrop mit einer angesehenen Sammlung anglo-jüdischer Kunst des zwanzigsten Jahrhunderts und alter Bibeln, mit einer Leidenschaft für Shakespeare (!)" (9).

    Strulovitch nimmt Shylock mit zu sich nach Hause und zwischen den beiden kommt es zu Dialogen über den jüdischen Glauben, über die Vorurteile gegenüber den Juden und über deren Selbstverständnis. Strulovitch vertritt den weltlichen Juden, der trotz allem der Tradition verhaftet ist und nicht möchte, dass seine Tochter einen Christen heiratet, während Shylock den gläubigen Juden repräsentiert.

    "Etwas zu befolgen ist weniger neurotisch, als es auf keinen Fall zu tun. Ihr weltlichen Juden seid pedantischer darauf bedacht, dem Gesetz nicht zu folgen, als der gläubige Jude sein Leben danach ausrichtet." (100)

    Die philosophischen Gespräche der beiden bilden eine feste Konstante im Roman, während sich die Geschichte zu wiederholen scheint. Denn Strulovitchs Tochter Beatrice hat sich in den Fußballer Gratan Howsome verliebt, der den Ansprüchen ihres Vaters nicht genügt.
    Gleichzeitig will der Melancholiker D´Anton (=Antonio) ein Gemälde von Strulovitch erwerben, weil er die Werbung Barneys gegenüber der reichen Erbin "Plurabelle Cleopatra Eine-Schönheit-ist-eine-ewige-Freude Christine" (27) unterstützt. Jener Barney, ein Mechaniker, begeistert sich für Plurys VW Käfer und lässt ihren Porsche Carrera links liegen, eine Anspielung an die drei Kästchen aus Gold, Silber und Blei.
    Plury hingegen ist eine Freundin von D´Anton, der wiederum Gratans Werbung für Beatrice unterstützt und den Kunstsammler Strulovitch nicht leiden kann.
    Natürlich fordert auch Strulovitch eine entsprechende Gegenleistung von D´Anton, wenn auch kein Pfund Fleisch.

    Bewertung
    Die Figuren des Romans sind abgesehen von Strulovitch und Shylock stark überzeichnet und wirken skurril, wie die Handlung auch. "Irrwitzig", wie es auf dem Button auf dem Cover heißt, trifft es ganz gut. Interessant fand ich die Diskurse über das Jüdisch-Sein, die die beiden führen und die nachdenklich stimmen.

    "Nachdem uns so viele Jahre erzählt wurde, wie uns die Gojim (= Nichtjuden) sehen, ist es kaum eine Überraschung, dass wir uns an Ende selbst so sehen. So funktionieren Verunglimpfungen. Das Opfer übernimmt den Blick seines Peinigers. Wenn ich für ihn so aussehe, muss ich so sein." (77)

    Gleichzeitig erörtern die beiden Figuren Shylocks Rolle und sein Verhalten im Drama "Der Kaufmann von Venedig" und liefern dadurch eine mögliche Interpretation der Figur Shylocks.

    Dass im Roman von DEN Juden und DEN Christen gesprochen wird, deckt auf, wie sehr wir in Stereotypen denken und soll diese entlarven. So habe ich es zumindest verstanden, dass der Autor, selbst Jude, mit diesen Vorurteilen aufräumen will. Keine leichte Kost - eher eine Herausforderung.

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