Schliemann und das Gold von Troja

Buchseite und Rezensionen zu 'Schliemann und das Gold von Troja' von Frank Vorpahl
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4 von 5 (2 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Schliemann und das Gold von Troja"

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:368
Verlag:
EAN:9783869712451

Rezensionen zu "Schliemann und das Gold von Troja"

  1. Schliemann: Dilettant und Genie

    Kurzmeinung: Ziemlich trockener Stoff.

    Heinrich Schliemann führte ohne jeden Zweifel ein bewegtes und zum Teil sogar entbehrungsreiches Leben. Am Anfang war er nichts mehr als ein junger Kaufmannsgehilfe, der sogar mit dem Besen in der Hand den Laden ausfegte. Seine Schulbildung war äußerst bescheiden und mit vierzehn vollendet. Allerdings war er nicht auf den Kopf gefallen, ganz und gar nicht.

    Mit ein paar fremdsprachigen Büchern in der Hand brachte Heinrich Schliemann sich selbst mehrere Sprachen bei, die er dann tatsächlich auch fließend beherrschte. Durch die Fremdsprachenkentnisse und seine kaufmännische Begabung steig er rasch auf in seinem Metier und wurde nach Russland gesandt. Er sprach nahezu perfekt Russisch! Dort machte er sich bald selbständig und mit dem Indigogeschäft legte er den Grundstock für sein späteres, immenses Vermögen. Er sagt von sich selbst, er hätte oft Glück gehabt. Das mag wohl stimmen! Aber Glück allein war es nicht!

    Warum Heinrich Schliemann sich später der Archäologie zuwandte, oder was er dafür hielt, ist nicht ganz schlüssig zu beantworten. Das Streben nach Anerkennung, das ihn aufgrund seiner Kindheitsgeschichte ein Leben lang angetrieben hat?

    Jedenfalls gibt es keine Zeugen dafür, wie er den sogenannten Priamus-Schatz fand, eine uralte Goldschmucksammlung, die selber, genau wie ihr Finder früher, schließlich durch die Welt reiste, lange Zeit verschollen war und heute in Russland ausgestellt wird. Wem sie gehört ist umstritten. Deutschland etwa, dem Land, dem Schliemann den Schatz vermachte, der Türkei, wo die Ausgrabungstücke herkommen und von Schliemann widerrechtlich mitgenommen (gestohlen) wurden, Griechenland, dessen Staatsbürger Schliemann eine Zeit lang war oder Russland, das die Goldsammlung als Reparationszahlung nach dem Zweiten Weltkrieg beschlagnahmte? Russischer Staatsbürger war Schliemann ebenfalls gewesen. Er war ein Weltenbummler und Weltenbürger. Er kostete sein Leben aus. Ob er auch ein Sympathieträger war, darf bezweifelt werden.

    „Schliemann und das Gold von Troja“ steckt voller Informationen. Sowohl Schliemanns Leben und seine Schriftstellerei wie auch die Ausgrabungen und die dazugehörigen Theorien werden akribisch geschildert. Der Autor verwendet zahlreiche Auszüge aus den Tagebüchern von Schliemann und ist auch sonst zitierfreudig. Damit belegt er, wie es in der Wissenschaft üblich ist, Authentizität.

    Frank Vorpahl verschweigt auch nicht, dass sich Heinrich Schliemann in seinem zweiten Leben als Archäologe (nach seinem Leben als Kaufmann und Weltreisender) in einer Grauzone zwischen Dilettantismus und Genie bewegte. Ohne den Haufen Geld, den er mit Geschick und einer guten Nase für Geschäfte erwarb, wäre er nie soweit gekommen. In gewisser Weise war Schliemann sogar ein Kriegsgewinnler. Geld räumt allerdings eine Menge Hindernisse aus dem Weg. Und Hindernisse gab es reichlich in den Ausgrabungsvorhaben in den östlichen Landstrichen. Andererseits war Schliemann ein begnadeter Autodidakt. Und zu einer unglaublichen Hingabe fähig.

    Die Geschichte Schliemanns ist genau so spannend wie die Geschichte Trojas selbst. Allerdings, und das ist ein echter Wermutstropfen, legt der Autor Frank Vorpahl kaum Wert auf Erzählbarkeit. Man muss sich schon sehr interessieren, um das Buch „auszuhalten“. Mit Informationen wird man reichlich versorgt, das ist unbestritten, akribische Recherche tut es aber nicht allein, will man ein Sachbuch unters breite Publikum bringen. Für Fachzeitschriften braucht es keine Lesbarkeit, für ein populärwissenschaftliches Werk sehr wohl.

    Fazit: ein Sachbuch, das ziemlich trocken, den Leser mit allen nötigen Informationen versorgt, hätte es erzählerisch „mehr drauf“, hätte diese Geschichte durchaus das Zeug zum Bestseller (gehabt).

    Verlag: Galiani Berlin, Imprint von Kiwi, 2021
    Kategorie: Sachbuch

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  1. Ein interessantes Sachbuch, spannend wie ein Abenteuerroman

    „Erst aus dieser andauernden Teilnahme des Lesepublikums, das erfahren möchte, ob der Selfemademan aus Mecklenburg am Ende triumphiert oder untergeht, entsteht ein dramatischer Spannungsbogen. Und für Schliemann jene Popularität, die seinen atemberaubenden archäologischen Goldrausch im Frühjahr 1873 erst möglich macht.“ (Zitat Seite 175)

    Thema und Inhalt
    Am 4. Juli 1865 kommt der erfolgreiche Geschäftsmann Heinrich Schliemann, dreiundvierzig Jahre alt, nach zwanzig Monaten Weltreise nach Japan, wohin damals kaum Fremde gelangten. Die Rückreise erfolgt über New York und London, im Januar 1866 erreicht er Paris. Sein Buch über diese Reise wird in Paris verlegt, doch bleibt ein Ladenhüter. Denn 1867 beschäftigt ein völlig anderes Thema Paris: die Deutung der Ilias und die legendäre Stadt Troja, und auch Schliemann beginnt, sich mit Homer und Troja intensiv zu beschäftigen. Ein Thema, das ihn für den Rest seines Lebens nicht mehr loslassen wird. Nach mehr als einem Jahr Vorbereitung erfolgt am 9. April 1870 der erste Spatenstich in Hissarlik. Doch nicht nur die Grabungen begründeten seinen Ruhm und das öffentliche Interesse an seinen Interpretationen der Ilias und an seiner Person, sondern auch seine Berichte in insgesamt zweiundzwanzig Episoden, die er in einer Zeit verfasst, als Fortsetzungsromane in Zeitschriften sehr beliebt sind. Ob es tatsächlich die Ruinen von Troja waren, die er ausgegraben hat, bleibt ebenso ein umstrittenes, aber faszinierendes Geheimnis, wie es viele Jahre lang der Verbleib des 1945 aus Deutschland verschwundenen Goldschatzes aus Troja war, bevor bekannt wurde, dass das Gold von Troja nach Moskau gebracht worden war.

    Umsetzung
    Das intensive Quellenstudium, belegt durch umfassend zitierte Anmerkungen am Ende des Buches, gefolgt von einer ebenfalls umfangreichen Bibliografie, macht dieses biografische Sachbuch zu einer interessanten Lektüre auch für Lesende, dies schon viel über Schliemann und seine Suche nach Troja wissen. Der Autor schildert einerseits die Lebensgeschichte des erwachsenen Heinrich Schliemann ab dem Zeitpunkt, als auch er sich mit Homers Ilias beschäftigt und mit seiner Suche beginnt, andererseits erfahren wir auch die gegensätzlichen wissenschaftlichen Meinungen, es kommen immer wieder zustimmende und kritische Fachleute zu Wort, die über die Jahrzehnte Heinrich Schliemanns Tätigkeit, Funde und Veröffentlichungen verfolgten, teilweise mit ihm gemeinsam an den Ausgrabungen arbeiteten. Auch nach Schliemanns Tod geht die Geschichte weiter und führt direkt zum nach wie vor aktuellen Thema Beutekunst. Der Schreibstil berichtet sachlich, aber packend und lebhaft, was durch Originalzitate noch vertieft wird. Fotografien in der Buchmitte ergänzen den Text.

    Fazit
    Heinrich Schliemann selbst ist eine Legende, wie auch seine enthusiastische Suche nach der legendären Stadt Troja auf den Spuren Homers und seiner Helden. Dieses Sachbuch folgt seinem abenteuerlichen Leben mit Fakten, liest sich jedoch spannend wie ein Roman.

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