Salomés Zorn

Buchseite und Rezensionen zu 'Salomés Zorn' von Simone Atangana Bekono
3.5
3.5 von 5 (2 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Salomés Zorn"

Simone Atangana Bekono legt mit "Salomés Zorn" ein erstaunliches Debüt über das Aufwachsen in einem rassistischen Umfeld vor. Mit der Geschichte der Jugendlichen Salomé, die ihre Wut nicht kontrollieren kann und sich zunehmend an den Rand der Gesellschaft manövriert, erzählt sie auf eindringliche Weise, wie stark das Gefühl des Fremdseins ein Leben dominieren kann.

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:246
Verlag: C.H.Beck
EAN:9783406800009

Rezensionen zu "Salomés Zorn"

  1. Fremd und voller Wut...

    Mir war vor Lektürestart schon klar, dass es sich um keine leichte Kost handelt, aber dass es dann so derb wird, das hatte ich nicht erwartet.

    In der Geschichte geht es um Salomé, die nach einem Vorfall in eine Art Besserungsanstalt für junge Erwachsene muss. Was hat sie dahin gebracht? Und warum ist sie nur so voller Wut?

    Diesen Roman liest man nicht mal eben nebenbei, denn er erfordert die volle Konzentration des Lesers, sofern er denn mitkommen möchte. Die Gegenwart im sogenannten Donut, der Besserungsanstalt, wechselt ohne Vorankündigung mit Vergangenem, Gefühlen, Träumen und Gedanken. Ist man nicht aufmerksam bei der Sache, so verliert man schnell den Faden.

    Was Bekono dem Leser da schildert ist so hart und derb, dass es nur schwer zu ertragen ist. Man spürt in jeder Zeile wie gemein Mobbing und Diskriminierung sind und wie schwer sie das Leben der betroffenen Person machen. Immer nur wegsehen und sich wegducken wird die Situation auch nicht bessern.

    Ich habe mich nicht wirklich durch die Lektüre gequält und dennoch fiel mir das Lesen alles andere als leicht, weil eben das Geschilderte einen hart trifft, berührt, verletzt und man es kaum glauben kann, wenn man so etwas selbst nicht erlebt hat.

    Für meinen Geschmack kann ich nur jedem Interessierten dazu raten in einem ausgeglichenen und halbwegs guten emotionalen Zustand zu sein, um sich dem Buch zu widmen, da man sonst in den schwarzen Strudel hinabgezogen wird als Gewalt, Ablehnung und Angst.

    Hervorheben möchte ich noch das ungewöhnliche Cover, welches zwar sehr unscheinbar daherkommt, aber beim näheren Betrachten so viel in einem auslöst. Sollte das Mädchen auf dem Cover aus dem Leben gekritzelt werden, wie es Salomé im täglichen Leben zu erfahren bekommt? Frei nach dem Motto: "Du bist hier nicht erwünscht."

    Fazit: Wer verstehen möchte wie es sich anfühlt fremd und unerwünscht zu sein, der wird es hier erfahren. Emotional und nichts für Zartbesaitete. Gelungen!

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  1. 3
    01. Feb 2023 

    Die Früchte von Salomés Zorn

    Salomé ist die Tochter einer niederländischen Mutter und eines kamerunischen Vaters. Sie ist den Niederlanden geboren und aufgewachsen, wird aber seit dem Bau eines Flüchtlingsheims im Dorf plötzlich automatisch als „ausländisch“ wahrgenommen. Mit dem Wechsel auf das Gymnasium beginnt ihr Martyrium unter dem Mobbing weißer Jungs, die sie auch körperlich angreifen. So schafft ihr der Vater einen Punchingball an und zeigt ihr, wie sie sich verteidigen kann. Sie solle hart arbeiten und sich nicht beklagen, sich aber auch nicht zum Opfer machen lassen, im Zweifel durch den Feind durchschlagen. Als viele Faktoren zusammenkommen übertreibt es Salomé mit der Verteidigung und begeht eine Körperverletzung. Ausgangspunkt des Buches ist nun ihr Einzug in ein Jugendgefängnis. Nach und nach erfahren wir die Umstände ihrer Handlung aber auch die Ursachen, die dazu geführt haben.

    Simone Atangana Bekono lässt ihre Protagonistin als jugendliche Ich-Erzählerin auftreten. Wir lesen ihren Gedankenstrom rund um die Inhaftierung und erleben ihren holprigen Weg zum Wandel mit. Das ist sprachlich nicht schlecht gemacht, wähnt man sich doch noch während der ersten Hälfte des Romans in einem Jugendroman. Wobei Salomé sich sehr differenziert ausdrücken kann, ist sie doch eigentlich eine sehr intelligente Schülerin gewesen, bevor es bergab mit ihr ging. Manchmal dreht sie aber auch durch und das spiegelt sich dann in ihrem Gedankenstrom adäquat wieder.

    Die Grundidee zu diesem Roman finde ich hochinteressant: Eine jugendliche, weibliche Gewalttäterin, mit dunkler Hautfarbe, aus der Arbeiterschicht kommend. Allem voran ist der Aufenthaltsort der Jugendstrafanstalt etwas Besonderes. Hinzu kommt ein Therapeut, der versucht Salomé bei der Aufarbeitung ihrer Tat zu helfen. Nur ist dieser Therapeut oder vielmehr seine Hintergrundgeschichte unglaublich abstrus. Dieser hat ein Jahr zuvor bei einer Reality-TC-Show mitgemacht, in welcher er mit seiner Partnerin in ein afrikanisches Dorf geschickt wurde. Obwohl er es gut meint mit allem, verhält er sich aber naiv-rassistisch und merkt es nicht mal. Dieses Thema wird in der ersten Hälfte des Buches äußerst stark ausgebreitet, ist einfach nur skurril. In der zweiten Hälfte spielt die ganze Sache aber plötzlich keine Rolle mehr, ja, eigentlich spielt der Therapeut an sich keine Rolle mehr, ohne eine Herleitung, warum das jetzt im Plot so angelegt wurde. Dieses Stilmittel auf der Handlungsebene wirkt somit nicht zielorientiert und obsolet. Ebenso eingeworfen wirkt ein Stilmittel, welches häufiger in der zweiten Hälfte des Romans auftritt. Salomé hat auf dem Gymnasium den Griechischunterricht besucht und bindet daher stets griechische Sagen- und Tragödienfiguren in ihre Gedanken ein. Diese wirken aber mitunter nicht wirklich passend und scheinen nur da zu sein, um etwas cooles Intellektuelles in den Text einzuweben.

    Nachdem mich der Roman zu Beginn nicht packen konnte, habe ich ab der Mitte sehr interessiert die Geschichte um Salomé verfolgt. Gerade die Abläufe im Jugendgefängnis sowie der Umgang der jugendlichen Straftäterinnen mit Impulskontrollstörungen untereinander waren sehr realitätsnah erzählt. Nur das Ende wirkte dann wieder vollkommen wirr und auch nicht wirklich nachvollziehbar. Irgendwie ein insgesamt „unrundes“ Lektüreerlebnis, dem eine interessanten Konstellation zugrunde liegt, aber in der Gesamtheit mich nicht wirklich überzeugen konnte. Wäre der schräge Therapeut nicht im Buch aufgetaucht und hätte den Fokus von Salomés abgelenkt, hätte mir die Geschichte vielleicht insgesamt besser gefallen. Die Geschichte hat Potential, welches allerdings nicht vollständig ausgeschöpft wurde.

    3/5 Sterne

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