Roter Mond: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Roter Mond: Roman' von Benjamin Percy
3.65
3.7 von 5 (3 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Roter Mond: Roman"

2014 Roter Mond, Roman , Aus d. Engl. v. Pfingstl, Michael, Deutsch [Modernes Antiquariat 810 Englische Literatur Amerikas ]

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:640
EAN:9783764531232

Rezensionen zu "Roter Mond: Roman"

  1. 4
    05. Mai 2014 

    ein düsteres Endzeitszenario

    Claire ist eine Lykanerin und wünscht sich eigentlich nichts sehnlicher, als vollkommen normal zu sein. Als ihre Eltern von Regierungsbeamten getötet werden, muss Claire fliehen und sich versteckt halten. Denn Chase Williams, der für das bevorstehende Amt des Präsidenten kandidiert, verspricht seinen zukünftigen Wählern, diese vor den Lykanern zu schützen. Doch das, was er fürchtet, wird ihm selbst zum Verhängnis.
    Auch Patrick möchte Gerechtigkeit, hat aber nicht damit gerechnet, dass ausgerechnet Claire in sein Leben tritt und ihn daran erinnert, was Gerechtigkeit eigentlich wirklich ist.

    Mit Roter Mond lag mir eine Endzeitstory vor, die ich bis dato so nicht gelesen habe.

    Drei Hauptcharaktere werden einem vorgestellt. Claire, Chase und Patrick, deren eigene Belange erst im Vordergrund stehen und nach und nach erst zusammengeführt werden. Dabei bedient sich der Autor einer Menge realer geschichtlicher Vorkommnisse, die leicht abgewandelt werden, um so ein recht hartes Bild auf die Lykaner zu werfen.

    Diese geschickte Verflechtung von Fiktion mit geschichtlichen Punkten bringt eine Welt vor, die uns so vertraut und doch wieder fremd ist. Gerade Lykaner unter die Menschen zu mischen, diese als Gefahr hinzustellen und eine Krankheit daraus zu machen, hat mich sehr fasziniert.

    Zu Anfang hatte ich etwas Schwierigkeiten in die Geschichte zu kommen, weil der eher abgehakte Schreibstil sehr gewöhnungsbedürfig war. Mir der Zeit war ich dann aber richtig drin und war überrascht, wie gekonnt letztendlich alle Fäden zusammenliefen.

    Dass der Autor die Lykaner als sog. Mutanten mit Wolfsgenen darstellt, ist etwas völlig neues. Sie sind Außenseiter, müssen eine Art Droge nehmen, damit sie ihre Gefühle unter Kontrolle habe und sich einem monatlichen Bluttest unterziehen.

    Die Story ist sehr komplex, deswegen ergeben sich teilweise auch einige Längen, sich aber durchzuhalten lohnt. Denn dann erwartet einem eine rasante und abenteuerliche Story, die gepaart mit Fantasy und kritischem Auseinandersetzen von gesellschaftlichen Gepflogenheiten einem selbst etwas zum Nachdenken gibt.

    Ich habe öfters im Internet gelesen, dass das Buch als „Jugendbuch“ angesehen wird. Ich würde die Geschichte jedoch nicht so ansehen, da gerade die vielen geschichtlichen Fakten und politischen Szenen doch etwas „Lebenserfahrung“ voraussetzen und auch die düsteren und meist brutal beschriebenen Szenen nicht gerade leicht zu lesen sind.

    Das Buch hat mir bis auf eine Ausnahme – die auch zum Punkteabzug führt – sehr gut gefallen. Das Ende war für mich sehr unbefriedigend, ich hatte mit etwas komplett anderem gerechnet. Auch einige Fragen sind offen geblieben und so stellt sich mir dann berechtigterweise die Frage, ob es einen weiteren Teil geben wird, der einiges auflöst.

    Fazit:
    Ein Endzeitszenario mit einigen Überraschungseffekten und einer gut durchdachten Story.

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  1. Ich gebe zu, manchmal greife

    Ich gebe zu, manchmal greife ich auch eher impulsiv zu bestimmten Büchern. Manchmal auch, wenn ich nur den Klappentext gelesen und nicht genau auf’s Cover geachtet habe. In diesem Fall eine fatale Entscheidung, denn sonst wäre mir aufgefallen, dass ich es bei Benjamin Percys “Roter Mond” mit einem Werwolf-Roman zu tun bekommen würde. Ernüchterung kam also schnell nach einem genaueren Blick (dummerweise erst, nachdem das Buch schon auf dem Tisch lag) auf, aber man gibt sich ja gerne unvoreingenommen und gibt einem Titel auch mal trotz entgegengesetzter Vorlieben eine Chance – zumal die Geschichte an sich nicht uninteressant klingt.

    Und tatsächlich ging sich “Roter Mond” zumindest zum Beginn auch gut an. Benjamin Percy hat schnell unter Beweis gestellt, dass er mit tempo- und actionreichen Szenen aufwarten kann, die auch gut in der Lage sind, den Leser zu packen. Allerdings muss man im gleichen Atemzug auch erwähnen, dass er seine Geschichte auf drei Handlungsstränge aufteilt, die zwar irgendwo miteinander verwoben sind und sich zum Teil auch überschneiden, aber an anderen Stellen komplett autark laufen. An ich nichts schlimmes, allerdings springt der Autor sehr schnell von Szene zu Szene, ohne dabei allzuviel aus diesen heraus zu holen. Oftmals fühlt man sich an einen hektisch zusammengeschnittenen B-Movie-Actioner erinnert. Was beim Film allerdings durchaus gut funktioniert, wird bei einem Buch sehr schnell anstrengend, zumal der Leser immer wieder aus dem aktuellen Handlungsstrang herausgerissen und in den nächsten hinein geschubst wird. Das verhindert, dass echte Spannung aufkommt und macht es zudem auch schwierig, von einer durchgehend stimmigen Atmosphäre zu sprechen. Im weiteren Verlauf gewinnt man zudem den Eindruck, dass Percy nicht so richtig wusste, was für ein Buch er schreiben wollte. Ein bisschen Coming of age, ein bisschen Melodram, eine Portion Dystopie und noch ein paar andere Zutaten, die allerdings nicht übermäßig passend miteinander vermengt werden. Hier wäre deutlich mehr drin gewesen – vielleicht auch durch Reduzierung, denn die 640 Seiten des Romans ziehen ich durch dieses Hin und Her doch mitunter sehr und können die Längen nur mäßig überspielen. Irgendwann ging mir auch das 9/11-Denken in der gesamten Geschichte auf die Nerven. Die Lykaner sind hier stellvertretend für so ziemlich jede ethnische Minderheit und jedes Feindbild zu sehen, welches die USA jemals hatten. Eine Parabel auf die reale Welt? Ja! Eine gelungene? Nein. Dafür bezieht sich Percy einfach zu klar auf den Krieg gegen den Terrorismus und wartet teilweise fast schon mit 1:1-Kopien von realen Terroranschlägen auf.

    Auch bei den Charakteren konnte mich “Roter Mond” nicht überzeugen. Mir hat über die komplette Länge eine richtig sympathische Figur gefehlt. Oder ein echter Anti-Held. Leider kann Percy mit beidem nicht aufwarten und präsentiert stattdessen in erster Linie eine Reihe von austauschbaren und blassen Unsympathen. Die Handlungsträger schaffen es nicht, den Leser auf ihre Seite zu ziehen und unter dem Strich kann man sagen, dass sie mir irgendwann einfach völlig egal waren. Keine prägnanten Stärken oder Macken, kein gut ausgebauter Figurenhintergrund. Dafür aber diverse Unglaubwürdigkeiten. Auch hier wäre sicherlich mit ein bisschen mehr Konzentration auf weniger Hauptfiguren deutlich mehr drin gewesen.

    Bei aller Kritik muss man dem Autoren aber eines lassen: stilistisch ist er überzeugend. Benjamin Percy schreibt wortgewaltig und sehr bildlich. Keine platte Unterhaltung, sondern eine schon starke und bemerkenswerte Art zu erzählen. Leider geht dieses Talent jedoch bei allen anderen Unzulänglichkeiten von “Roter Mond” unter und kann das schwache Gesamtbild nicht mehr rausreißen.

    Fazit:

    “Roter Mond” konnte mich leider nicht überzeugen. Benjamin Percy mag einen beeindruckenden und sehr bildlichen Schreibstil haben, allerdings rettet der die aus vielen hektisch aneinander gereihten Einzelszenen von unsympathischen, unglaubwürdigen und blassen Charakteren nicht mehr raus. Die Atmosphäre stimmt nicht, der Spannungsbogen knickt viel zu oft ein und so muss man leider alles in allem sagen: gut unterhalten sieht anders aus.

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  1. Trotz Werwölfe überraschend realistisch

    Patrick muss sich auf den Weg zu seiner Mutter machen, weil sein Vater von der Armee einberufen wurde. Also besteigt er ein Flugzeug, nicht ahnend, dass er der einzige Überlebende sein wird, der es wieder verlässt. Ein Lykantrop tötet alle Mitreisenden und nur Patrick kommt mit dem Leben davon. Schwer traumatisiert kommt er bei seiner Mutter an und wünscht sich nichts mehr als zu seinem Vater zurückkehren zu dürfen. Zurück in sein gewohntes Leben, zu einem Vater, der ihm so viel bedeutet.
    Claire und ihre Familie leben friedlich vor sich hin, denkt Claire. Sie sind Lykatropen, doch Claire hasst die Verwandlung und lebt wie jeder andere Teenie auch. Nach dem Massaker im Flugzeug ändert sich schlagartig ihr ganzes Leben. Von einer Minute zur nächsten ist sie auf sich alleine gestellt und kämpft ums Überleben.

    Eigentlich mag ich Geschichten über Werwölfe nicht so gerne, aber der Klappentext hörte sich einfach zu gut an und ich war so neugierig, dass ich das Buch lesen musste. Zum Glück, denn ich wurde mit einer spannenden und durchaus realistischen Geschichte belohnt. O.k. hier gibt es Werwölfe, aber wenn man sie durch fremde Kulturen mit anderen Gewohnheiten ersetzt, passiert dieser Rassismus, die Angst vor dem Unbekannten doch überall auf der Welt.

    Die Werwölfe leben unter den Menschen, werden aber unterdrückt und teilweise wie Aussätzige behandelt. Sie müssen Medikamente nehmen, damit sie sich nicht verwandeln können, müssen registriert werden und sind allerlei Gemeinheiten ausgesetzt. Als der Terroranschlag geschieht, setzt eine regelrechte Hetzjagd ein, die sich gut mit der Hetzjagd gegen Andersgläubige vergleichen lässt.

    Der Autor hat einen sehr flüssigen und bildhaften Schreibstil, der bei manchen Metzeleien schon einen stabileren Magen erforderlich macht. Es geht ziemlich brutal zu, aber das sollte einen nicht abschrecken, denn die Geschichte ist wirklich toll. Das Wechseln der Erzählperspektiven sorgt für zusätzliche Spannung, genau wie die Cliffhanger am Ende jedes Kapitels. Patrick und Claire sind zwei gut ausgearbeitete Charaktere mit Stärken und Schwächen. Dadurch wirken sie sehr realistisch und ich fühlte sofort mit ihnen.

    Irgendwie finde ich die Geschichte sehr amerikanisch, denn sie erinnerte mich an den wilden Westen und die Ausrottung der Indianer. Auch das waren unbekannte Wesen, Menschen mit seltsamen Gewohnheiten und komplett anders denkend. Man hatte Angst vor ihnen, also wurden sie vernichtet. Genau das Gleiche spielt sich hier mit den Werwölfen ab. Ich weiß nicht, ob das die Absicht des Autors war, aber mir hat sich dieser Vergleich praktisch aufgedrängt.

    Ich lege euch dieses Buch wirklich ans Herz, denn es zeigt vieles auf, was auch heutzutage noch bei uns schief läuft. Außerdem erwartet den Leser eine sehr spannende Geschichte mit tollen Charakteren. Darum vergebe ich auch volle 5 von 5 Punkten, den Favoritenstatus und eine Leseempfehlung für alle, die nicht gleich in Ohnmacht fallen, wenn sie das Wort Blut lesen. Denn davon gibt es reichlich.

    © Beate Senft

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