Professor Lear: Roman (Edition Klöpfer)

Buchseite und Rezensionen zu 'Professor Lear: Roman (Edition Klöpfer)' von Joachim Zelter
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Inhaltsangabe zu "Professor Lear: Roman (Edition Klöpfer)"

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:144
EAN:9783520766014

Rezensionen zu "Professor Lear: Roman (Edition Klöpfer)"

  1. 4
    15. Feb 2023 

    Ein König ist auch nur ein Mensch

    Ein König ist auch nur ein Mensch“ Das weiß doch jeder, auch wenn viele – sowohl Menschen als auch Könige - dies nicht wahrhaben wollen.
    Der König und Mensch, um den es in Joachim Zelters Roman „Professor Lear“ geht, ist Helmut Eiger, „Geistesriese, Philosophenkönig, Eiger Nordwand unter den Philosophen“. So wird er ehrfürchtig genannt. Doch auch eine akademische Naturgewalt geht irgendwann in den Ruhestand, was Professor Eiger jedoch nicht davon abhalten wird, auch weiterhin der Welt seinen philosophischen Stempel aufzudrücken. Die unzähligen Bücher und Lehrstücke, die er bisher veröffentlicht hat, sind noch lange nicht genug. So regiert der Professor Eiger nun die Welt der Philosophie vom heimischen Schreibtisch aus.

    Ein Regent benötigt ein Volk, das sich regieren lässt. So auch der Professor, dessen Ruf und Meriten für die Philosophie dafür sorgen, dass sein Volk ihn auch weiterhin als uneingeschränkten Herrscher anerkennt. Doch Ruhm verblasst und das Volk vergisst schnell. Das Interesse an dem einstigen Herrscher lässt nach. Und mit dem Verlust von Ruhm und Ehre schrumpft auch die Eiger Nordwand der Philosophie zu einem Häufchen Elend.
    Den Sturz dieses geistigen Riesen begleiten dabei zwei Menschen: Frau Eiger sowie Enkelin Cordelia.
    Sie halten dem Professor die Treue. Frau Eiger ist dabei die Loyalere von Beiden, weil sie ihrem Professor-Gatten vom Beginn ihrer Ehe an den Rücken freigehalten hat. Sie kümmerte sich um die profanen Dinge des Alltags und sorgte für sein Wohl. In ihrer Rolle erinnert sie an eine treue Leibdienerin, für die das Wohlbefinden ihres Herrn an oberster Stelle steht und welches sie auch ohne Wenn und Aber verteidigen würde.
    Wie anders ist da Enkeltochter Cordelia, die bei ihren Großeltern aufgewachsen ist und den hohen Ansprüchen des Professors an seine Nachkommenschaft nie genügen konnte, dafür ihren Großvater durch kindliche und pubertäre Eskapaden irritierte. Erst nachdem der Professor im Ruhestand ist, kommt es zu einer Annäherung zwischen den Beiden.
    Sowohl Frau Eiger als auch Cordelia sind die Nebendarsteller in dieser Geschichte, zusätzlich zu wenigen Anderen. Sie sind eigens dafür da, den Hauptdarsteller in Szene zu setzen.
    Man erfährt nicht viel über diese Charaktere, kann bestenfalls versuchen, sich in sie hineinzuversetzen, um Anteil an ihrem Leben im Schatten eines Herrschers wie den Professor machen.
    "Professor Lear“ ist dabei Komödie und Tragödie zugleich. Der Anfang dieses Romans ist lustig, was an der übertriebenen Darstellung dieses Übermenschen inmitten seines Königreiches der Philosophie liegt. Bei der Kommunikation der Figuren lässt sich selten von Gesprächen reden. Denn was als Dialog beginnt, endet meist als Monolog des Professors, der sich selbstherrlich in seinen geisteswissenschaftlichen Ausführungen verliert.
    Ich hatte großen Spaß an der Wortakrobatik des Autoren Joachim Zelter, der dem Professor fast schon eine eigene Sprache angedichtet hat. Ich kann leider nicht beurteilen, ob die Ausführungen des Professors fundiert sind, oder ob es sich um ein pseudo-philosophisches Kauderwelsch handelt. (Ich oute mich hiermit als philosophischen Analphabeten, philosophisch versierten Leser hingegen werden das besser beurteilen können). Denn verstanden habe ich des Professors Ausführungen nur ansatzweise und mit viel Mühe. Mich hat aber mein Unverständnis eher amüsiert, befand ich mich doch mit den meisten Figuren dieses Romans in bester Gesellschaft. Viele davon ließ die vermeintliche Eloquenz des Professors in übertriebene Ehrfurcht oder Verzückung verfallen. Diese Übertreibung war für mich ein klarer Hinweis, dass nicht nur der Professor sein Fett in diesem Roman wegbekommt, sondern auch der Bildungsbetrieb mit seiner Akademikerschar in unserer Gesellschaft.
    Was als Komödie beginnt, endet schließlich als Tragödie. Denn ein König ohne Königreich und Untertanen, die zu ihm aufschauen, ist auch nur ein Mensch, der sich dem Schicksal unterwerfen muss, was am Ende dieses Romans sowohl der Professor als auch seine Familie leidvoll erfahren müssen.
    Leseempfehlung!

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