Okaye Tage
Kurzmeinung: Obwohl ich eigentlich keine Liebesromane lese, hat mir dieser richtig gut gefallen.
Die Schwedin Sam aus Stockholm, straight den beruflichen Erfolg im Marketing anstrebend und darauf zugehend, trifft Lucas zum ersten Mal als sie 18 Jahre alt ist in London. Er will Umweltingenieurswesen studieren und ist voller Enthusiasmus und Idealismus, die Welt zu verbessern. Sie verknallen sich ad hoc ineinander, doch Sam ist nur zu Besuch in London und auf dem Absprung zurück nach Stockholm und deshalb fangen sie nichts miteinander an.
Als Sam nach zehn Jahren wieder in London ist zu einem unbezahlten Praktikum nach dem Studium ist das anders. Sie treffen sich wieder und es kommt wie es kommen muss: sie beginnen eine heftige leidenschaftliche Affäre, gleichwohl wissend, es ist eine Beziehung auf Zeit. Es bricht ihnen das Herz als Sam wieder nach Stockholm geht.
Der Kommentar und das Leseerlebnis:
Das Lesen wird durch zahlreiche :innen erschwert, was grammatisch falsch und unschön ist, das gibt einen Punkt Abzug vorab.
Ansonsten ist „Okaye Tage“ eine flott geschriebene moderne Liebegeschichte ohne Pathos, aber nicht ohne Gefühle. Die Autorin beschreibt einfühlsam die Hindernisse für eine große Liebe in einer globalisierten Welt; man kann seinen Job nicht einfach so hinschmeißen einerseits und zweitens, was helfen alle Ideale, wenn man seine Miete nicht bezahlen kann. Und drittens sind Sam und Lucas auch recht verschieden. So oder so. Entweder man verzichtet auf die große Liebe und gibt sich mit einer kleinen zufrieden oder man macht woanders Abstriche.
In flotter, moderner nicht allzu anspruchsvoller Sprache - ich mag ja solche Wendungen wie „Die Tauben machen Taubiges“- zeigt die Autorin die Schwierigkeiten modernen Lebens auf: Liebe allein reicht nicht, um glücklich zu sein, muss man Kompromisse machen.
Fazit: Der Roman hat mir im Großen und Ganzen sehr gut gefallen!
Kategorie: Liebesroman. Modern.
Verlag: Erscheint bei Eichborn ab 27.09.2024
Das Cover mit blonder Frau in sommerlichem Look passt gut zum Image einer Schwedin. Unsere weibliche Hauptperson Sam ist jedoch dunkelhaarig. Ansonsten hält man den Buchtitel im ersten Moment für einen Rechtschreibfehler, der sich aber relativiert beim Eintauchen in diese durchgängig vibrierende Liebeserklärung wie auf Seite 87: Aber selbst wenn es uns jetzt mies geht, sagt Luc, verbringe ich lieber noch zwei miese Tage mit dir als zwei okaye Tage ohne dich. Beide Hauptfiguren Sam und Luc sind im Charakter sehr verschieden, doch einige Gemeinsamkeiten wie Musiktitel auf Spotify oder genüssliche Filmabende mit Popcorn und Alkohol verhelfen dieser Liebesbeziehung zu mehr Tiefe trotz einiger emotionaler Turbulenzen.
Der Schreibstil ist kreativ auch in der Wortfindung, realistisch in der Charakterdarstellung von Familienmitgliedern, Freunden und Arbeitskollegen. Die Szenarien spielen in London, Stockholm und Griechenland. Landestypische Verhaltensweisen und Rituale sind geschickt eingebunden. In zwei Teilen verfolgt man zunächst abwechselnd aus beider Perspektive das volle Erblühen bis zum Absturz ihrer Liebesbeziehung, um dann mit erneutem Spannungsbogen im zweiten Jahr nach neuen Dates und anderen Tiefs und Zweifeln einen positiven, warmherzigen Ausgang zu finden.
Ein Wohlfühlroman über eine ganz besondere Verbindung
Ich habe „Okaye Tage“ als eine realistische Beziehungsgeschichte unheimlich gern gelesen und bis zum Schluss mit den beiden Figuren mitgefiebert.
Sam und Luc kennen sich eigentlich schon von früher, begegnen sich aber zwei Jahre später erst so richtig wieder. Da Sam in Stockholm lebt und arbeitet, ist die Beziehung in London auf wenige Wochen befristet. Die beiden sind ziemlich verschieden, passen aber trotzdem oder gerade deshalb richtig gut zueinander. Das hindert weder Luc noch Sam jedoch daran, sich fortlaufend Gedanken über die gemeinsame sowie eigene Zukunft zu machen.
Was hier für mich ganz besonders hervorstach, ist die Liebenswürdigkeit der beiden Protagonist*innen. Jenny Mustard hat es tatsächlich geschafft, nicht nur eine sympathische Frauenfigur, sondern auch eine überaus sensible und nahbare männliche Hauptfigur zu schaffen. Luc widerspricht vielen Vorstellungen hegemonialer Männlichkeit, ohne sich dabei ständig selbst auf die Schulter zu klopfen. Er weint, hinterfragt, ist sensibel und aufmerksam - ich mochte ihn wirklich richtig gerne. <3
Auch Sam ist mit ihrer direkten, wohlmeinenden Art authentisch und liebenswert. Deshalb habe ich mich das ganze Buch über in den Perspektiven der beiden einfach nur wohl gefühlt. Der Countdown sorgt für ein unbedingtes Weiterlesen-Wollen und ich kann so viel verraten: Es wird nicht bei einem bleiben. ;)
Hervorheben möchte ich die genderinklusive Schreibweise, die mir beim Eichborn-Verlag nun schon mehrfach positiv aufgefallen ist. Außerdem werden einige gesellschaftspolitische Themen behandelt, von denen ich mich sehr gesehen gefühlt habe. Und ganz besonders warm wurde mein Herz, weil im Buch nicht ständig Tiere gegessen und benutzt werden - eher ganz im Gegenteil. <3
Der Roman fühlt sich an wie eine Umarmung, weil er ohne überbordendes Drama auskommt, ohne dabei langweilig zu sein. Ich hätte auch noch 100 weitere Seiten von Sam und Luc lesen können. Meiner Meinung nach perfekt für den Herbst, auch wenn die Geschichte vor allem im Sommer spielt.