Oh, William!: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Oh, William!: Roman' von Elizabeth Strout
3.65
3.7 von 5 (3 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Oh, William!: Roman"

Elizabeth Strout ist eine scharfsinnige und mitfühlende Chronistin des Alltags, all der kleinen und großen Dramen, die man Leben nennt. In ihrem neuen Roman erzählt Lucy Barton (die Heldin aus den Romanen »Die Unvollkommenheit der Liebe« und »Alles ist möglich«) von der komplexen und innigen Beziehung zu ihrem ersten Mann William, von den Anfängen, als sie noch studierten, von ihren beiden Töchtern und vom schmerzvollen Ende ihrer Ehe. Doch obwohl sie neue Partner, neue Liebe finden, bleiben sie einander jahrzehntelang verbunden. Und als William Hilfe braucht, ist es Lucy, an die er sich wendet …

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:224
EAN:9783630875309

Rezensionen zu "Oh, William!: Roman"

  1. Fragmentarisches Familiengedöns

    Kurzmeinung: Von Elizabeth Strout kann man mit Fug und Recht mehr erwarten!

    So leid es mir als häufige Strout-Leserin auch tut, aber das war wohl nix, Elizabeth!
    Für Leser, die wie ich, den Roman „My name is Lucy Barton“ kennen, ist es noch leidlich interessant zu erfahren, was aus Lucy geworden ist. Lucy ist jetzt bald siebzig und blickt zurück auf zwei Ehen, einige Lover (sieh an!) und eine bescheidene Karriere als Schriftstellerin. Immer wieder ist sie überrascht darüber, wenn man sie in der Öffentlichkeit erkennt, hält sie sich doch so recht eigentlich nicht nur für unscheinbar, sondern sogar für unsichtbar. Doch wer Lucy Barton aus den früheren Romanen nicht kennt, was fängt er an, mit diesem etwas fragmentarischen Roman „Oh, William“?

    Der Kommentar und das Leseerlebnis:
    Es ärgert mich gewaltig, dass man kaum eine Erklärung dafür bekommt, wie die Mutter von zwei Töchtern diese bei ihrem ersten Ehemann William zurücklassen konnte und dass man keine weiteren Informationen darüber bekommt, wie das Verhältnis der drei gewesen ist in den Folgejahren nach der Scheidung. Immerhin erfährt man in dem vorliegenden Roman, den ich nicht anders als fragmentarisch bezeichnen kann, dass William ein Womanizer war und damit auch in der Ehe mit Lucy, die ihn im Prinzip ja glücklich machte, nicht aufhören konnte. Nach dem Entdecken einer Affäre ihres Mannes (von deren Vielzahl sie jedoch keine Kenntnis hatte), verlässt Elizabeth ihren William. In der Rückschau befindet Lucy, dass sie mit William anders glücklich war als mit ihrem zweiten Mann, David. Eine umwerfende Erkenntnis.
    Wir Leser bekommen in „Oh, William“ einige Details über Williams Charakter serviert, er ist nicht besonders empathisch veranlagt, leicht egozentrisch sogar und er hing abgöttisch an seiner Mutter Catherine. Aber Catherine hatte ein Leben vor William. Wer hätte jetzt das gedacht?
    Elizabeth Strout bedient sich wieder einmal, wie jede Menge Autoren vor ihr (und wahrscheinlich nach ihr) am Zweiten Weltkrieg, dieses Welt-Geschehen muss für alles herhalten, egal für was - um mit einem halbbösen Deutschen irgendwie ein verschwiegenes Kind zu umgeheimnissen. Wofür der Zweite Weltkrieg nicht immer wieder herhalten muss! Also das Kind ist nicht von dem Deutschen (falsche Spur). Mit ihm ist Catherine aber verduftet. Irgendwann. Erst ab hier beginnt Williams Geschichte. Der halbböse Deutsche ist aber verantwortlich für jede Menge Albträume seitens Williams (*augenroll*).
    Lucy und William können immer noch gut miteinander und fahren gemeinsam im Auto im Land umher, um das verschollene Kind-Geheimnis zu lösen, dabei ergeht sich die Autorin in vielerlei Andeutungen über Lucys Kindheit; Missbrauch könnte im Spiel gewesen sein. Williams drei Ehen sind alle gescheitert und er weiß nicht, warum (Oh, William). Und Lucys Kinder himmeln ihren Vater an. Lucy auch. (Oh, Lucy). Lucys gute Beziehung zu William rührt nämlich daher, dass Lucy springt, wenn William ruft (Oh, Lucy, *augenroll*).

    Nirgendwo und niemals, bei allen breit gestreuten Andeutungen über ärmliche Verhältnisse, schwere Kindheit, gescheiterte Ehen, Tod sogar und grässliche Schwiegermütter, erreicht die Autorin auch nur annähernd so etwas wie Tiefgang, ihr Roman plätschert mit halben Andeutungen, halben Klagen und halben Familiengeschichten so dahin, bis nichts mehr davon übrigbleibt außer der lapidaren Feststellung, dass der Mensch ein seltsames Wesen sei, versehen teils mit guten und teils mit schlechten Eigenschaften. Wow! Da muss man erst mal drauf kommen!

    Fazit: Ein Satz mit x – das war wohl nix.

    Kategorie: Unterhaltung
    Verlag: Luchterhand 2021

    Teilen
  1. Oh William

    Lucy Barton erzählt anfangs sehr ausufernd in einem Plauderton über William ihrem Exmann. Was ihm alles für Schicksalsschläge ereilten und wie sie als ehemalige Frau von ihm (und gute Freundin) mit diesen Ereignissen involviert ist.

    Leider war der Anfang alles andere als ansprechend. Auch zwischendurch waren die Einschübe von der Erzählerin (Lucy Barton) alles andere als ansprechend. Ich war versucht dieses Buch abzubrechen und schimpfte sehr über diese Erzählweise, da sie nicht mit den anderen Büchern von Elizabeth Strout stand hielten. Auch dieses ewige "Ach, William" und das "oh, William" hat mich mehr als genervt. Und William wirkte auf mich sehr egozentrisch und Lucy war nur interessant, wenn es ihm nicht gut ging.

    Doch das Buch entwickelt einen gewissen Lesesog, so dass meine Beanstandungen nicht mehr so sehr im Vordergrund standen. Darüber hinaus wird in diesem Buch klar die Entwicklung der Beziehung von Lucy und William beleuchtet und die Entwicklung der Persönlichkeiten.

    Inhalt des Buches:

    Williams 2. Ehe geht den Bach herunter. Estelle verlässt ihn und William erfährt, dass er eine Halbschwester in Maine hat. Zu dieser fährt mit Lucy nach Maine, um die Wurzeln seiner Herkunft zu erforschen.

    Im Endeffekt geht es um eine Rückschau von der gemeinsamen Ehe und der Scheidung. Aber es geht eigentlich auch um viel mehr. Es geht um die Kindheit, wie Lucy und William groß geworden sind und welche Verletzungen sie zugetragen haben und wie sie damit versucht haben zu leben.

    Für mich war das Buch sehr berührend und sehr intensiv und kann daher nur eine dringende Leseempfehlung für alle Lucy Barton Fans aussprechen. Und natürlich auch für Menschen, die einen längeren Atem haben und den langweiligen Start überstehen!

    Teilen
  1. 4
    29. Nov 2021 

    Lucy erzählt

    Elizabeth Strout- Lesern ist die Protagonistin aus „ Oh William“, die Ich- Erzählerin Lucy Barton, keine Unbekannte. Aus bisher zwei Romanen kennen wir sie: Wir wissen um ihre Kindheit aus prekären Verhältnissen, von ihrem Aufwachsen in einer lieblosen und gewalttätigen Familie und wir kennen ihr zwiespältiges Verhältnis zu ihrer Mutter. ( Das Buch lässt sich aber sehr gut ohne die Vorgängerromane lesen.)
    Mittlerweile ist sie Anfang Sechzig, eine sehr erfolgreiche Autorin und in zweiter Ehe mit David, einem Cellisten, verheiratet. Lucy Barton ist wie eine alte Freundin für uns und so werden wir auch angesprochen von ihr. „ Ich muss noch etwas über meinen ersten Mann sagen, William.“ So beginnt der Roman und in diesem Plauderton erzählt sie weiter.
    Mit William, inzwischen 69 Jahre alt, war sie zwanzig Jahre lang verheiratet, die beiden haben zwei Töchter großgezogen. Doch irgendwann hat sie ihn verlassen. Trotz der Scheidung haben sie aber immer noch Kontakt zueinander, mal mehr, mal weniger intensiv. Und nun braucht William sie, ihren Zuspruch und Rat. Er leidet seit einiger Zeit unter Panikattacken und seine dritte, wesentlich jüngere Ehefrau hat sich von ihm getrennt. Auch Lucy fühlt sich gerade einsam, denn David ist nach kurzer, schwerer Krankheit gestorben.
    Als William noch herausfindet, dass seine verstorbene Mutter ihm ein Leben lang Wesentliches über sich verschwiegen hat, begleitet ihn Lucy auf eine Fahrt zurück zu seinen Wurzeln. Dabei kommen sie in Gesprächen sich selbst und dem anderen sehr nahe. Es ist aber nicht das Wiederaufleben einer alten Liebe, sondern eine Vertrautheit, die sich durch viele Gemeinsamkeiten ergeben hat. „ Wir sind ein gutes Gespann“, so mailt es Lucy ihrer Tochter.
    Elizabeth Strout lässt ihre Figur sprunghaft erzählen, immer wieder schweift sie ab; geht vom Jetzt in die Vergangenheit und reflektiert alles. Mal geht es um die Höhen und Tiefen der gemeinsamen Ehe, mal um die Töchter und deren heutiges Leben, mal um Parallelen in der Kindheit.
    Was macht uns aus? Wie wurden wir zu dem Menschen, der wir heute sind? Wie ist unser Blick auf uns selbst und wie sehen uns andere? Antworten auf solche Fragen versucht Elizabeth Strout in all ihren Büchern zu finden. Dabei erzählt sie leicht und schnörkellos , in einem ruhigen Ton und einer klaren Sicht auf Details. Ihren Figuren begegnet sie mit viel Empathie und Menschenkenntnis. Das liest sich unterhaltsam und hat trotzdem Tiefe.
    „ Wir kennen niemanden wirklich, auch nicht uns selbst….Aber im Kern bleiben wir alle Geheimnisse. Mythen. Wir sind alle gleich unerforschlich,…“ heißt es am Ende.
    Elizabeth Strout hat mit „ Oh William!“ wieder einen klugen und menschenfreundlichen Roman geschrieben. Gewidmet allen, „ die es vielleicht brauchen können.“ und wer bedarf nicht des Trostes?
    Auch wenn „ Oh William!“ nicht an ihren erfolgreichsten Roman „ Mit Blick aufs Meer“ herankommt, so lohnt sich doch die Lektüre. Für Fans der amerikanischen Autorin ein unbedingtes Muss.

    Teilen