Oberkampf

Buchseite und Rezensionen zu 'Oberkampf' von Hilmar Klute
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Inhaltsangabe zu "Oberkampf"

Die letzte Beziehung beendet und den Job aufgegeben, zieht Jonas Becker nach Paris, um endlich seinen Traum vom Leben als freier Schriftsteller zu verwirklichen. Der Plan – ein Buch über den bohemienhaften Schriftsteller Richard Stein schreiben, während der Verlag die Miete für die kleine Wohnung in der Rue Oberkampf zahlt – scheint zu funktionieren: Die Tage verbringt Jonas mit dem von ihm verehrten Autor, nachts trifft er sich mit seiner neuen Freundin Christine in einer Bar nebenan.

Autor:
Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:320
Verlag:
EAN:9783869712154

Rezensionen zu "Oberkampf"

  1. 4
    20. Sep 2020 

    Berlin-Paris

    Nach der Trennung von seiner Freundin will Jonas Becker gleich sein ganzes bisheriges Leben hinter sich lassen. Er hat sich darum bemüht, ein Buch über den bekannten, aber nicht so erfolgreichen Autoren Richard Stein schreiben zu dürfen. Dafür will er zunächst für ein Jahr in Paris leben, wo Stein sein Domizil hat. Beckers Ankunft in Paris gestaltet sich nicht so einfach, da er erst einmal nicht in sein Apartment kommt. Zur Ablenkung flaniert er durch die Straßen des Viertel Oberkampf, wo er in einem Bistro zufällig auf die jüngere Christine trifft, die schon bald seine Freundin wird. In diesem Moment kann Becker nicht ahnen, dass nur Stunden später durch den Anschlag auf die Zeitschrift Charlie Hebdo Paris eine andere Stadt sein wird.

    Die Anschläge in Paris überschatten alles, den Alltag von Jonas Becker allerdings überraschend wenig. Natürlich gibt es umfangreiche Presseäußerungen und Polizeipräsenz in den Straßen, aber man gewinnt den Eindruck, hätte Becker die Ereignisse verschlafen, hätte er gänzlich unberührt bleiben können. Da war es aus der Ferne möglicherweise sogar bestimmender. Jonas Becker nimmt bald nach seiner Ankunft Kontakt mit seinem Interviewpartner Stein auf. Dieser wirkt herrisch, manchmal abweisend und doch auch mitteilsam und umgänglich. Allerdings gewinnt Becker bald den Eindruck, Stein wolle sein Projekt für sich vereinnahmen.

    Der Autor dieses Buches, Hilmar Klute, hat selbst eine Zeit lang in Paris gelebt. Diese persönliche Kenntnis merkt man seinen Beschreibungen auch an, diese sind sehr authentisch und decken sich zum großen Teil mit dem, was einem selbst erinnerlich ist. Die Stadt pulsiert, dagegen wirken die Protagonisten mitunter etwas phlegmatisch. Jonas Becker ist mittendrin und gleichzeitig ein Fremder. Und man bekommt den Eindruck, nachdem er in Berlin alle Brücken abgebrochen hat, stolpert er gleich ins nächste Leben, dass nicht so selbstbestimmt ist wie er es gerne hätte. Der Roman beschreibt einen Ausschnitt der Mitte von Paris des schicksalhaften Jahres 2015. Herausragend beschrieben ist dieser Zwiespalt zwischen der Katastrophe und der Normalität. Dieser Roman kommt leise daher und rüttelt einen im Verlauf ganz schön durch.

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