Nelkenblatt: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Nelkenblatt: Roman' von Yusuf Yeşilöz
3.35
3.4 von 5 (3 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Nelkenblatt: Roman"

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:160
Verlag:
EAN:9783039260126

Rezensionen zu "Nelkenblatt: Roman"

  1. 4
    18. Jun 2021 

    Leise, zart und berührend…

    Die betagte Elsa, eine ehemalige Lehrerin, kann sich nach der Entlassung aus einer Klinik nicht mehr selbst versorgen.
    Sie hatte eine Herzoperation und es ist unklar, wie lange die alte Dame noch zu leben hat.
    Um das Pflegeheim zu umgehen, hat sich ihre Tochter Luzia um eine 24-Stunden- Betreuung gekümmert.
    …und jetzt ist die Migrantin Pina da. Pina, die ihr Studium pausieren muss, um Geld zu verdienen.

    Die drei Frauen sitzen am Esstisch in Elsas Wohnung und Pina hat gerade die „Aufnahmeprüfung“ bei der eleganten, willensstarken und kritischen, aber freundlichen Elsa bestanden.

    Elsa interessiert sich für Pina und die beiden kommen ins Gespräch. Sie lernen sich kennen.
    Es entspinnt sich in den folgenden Wochen eine zarte und leise Verbindung, von der der Autor ganz unaufgeregt und ruhig erzählt.

    Pina wuchs in dem kleinen, vermutlich kurdischen, Dorf Samhirada, das fast 4000 km entfernt ist, auf.
    Aus politischen Gründen musste sie aus ihrer Heimat fliehen.

    Elsa war Lehrerin. Sie zog ihre beiden Kinder nahezu alleine auf, weil ihr Mann berufsbedingt so gut wie nie zuhause war.

    Es macht Spaß, zu verfolgen, wie die betagte Elsa und die junge Pina sich einander annähern und es ist interessant, in ihre Lebensgeschichten einzutauchen.

    Yusuf Yesilöz greift in seiner Geschichte fast nebenbei und unaufdringlich, aber trotzdem unmissverständlich auf, wie bedeutsam es ist, den pflege- und hilfsbedürftigen Senioren die höchstmögliche Selbstbestimmung zuzugestehen, nachsichtig, interessiert und zugewandt zu sein… auch wenn der oder die zu Pflegende bisweilen eigenwillige und gebieterische Seiten zeigt ;-)

    Dass die Angehörigen der Senioren für die Pflegekraft dabei manchmal eine ganz besondere Herausforderung darstellen, wird genauso deutlich, wie die emotionale Belastung, der die Pflegekraft ausgesetzt ist.

    „Nelkenblatt“ ist ein berührendes, zartes und leises Buch über die letzte Phase des Lebens. Gleichzeitig entführt es uns in die sehr unterschiedlichen Biografien zweier Frauen aus verschiedenen Welten.

    Der Autor streift viele Themen, ohne sie gänzlich auszubuchstabieren. Er liefert Denkanstöße, statt detailliert in die Tiefe zu gehen.
    Mich störte das nicht besonders, obwohl es sicher interessant gewesen wäre und es mir gefallen hätte, mehr über die Gepflogenheiten in Pinas Heimat zu erfahren.

    Mir gefiel die z. T. poetische Sprache und immer wieder stolperte ich über schöne und bildhafte Formulierungen, wie z. B. „Genießen Sie Ihre Jugend und Gesundheit, solange die noch da sind. Sie rutschen einem irgendwann aus der Hand wie eine nasse Seife.“ (S. 27)

    „Nelkenblatt“ ist ein lesenswerter Roman, der ganz nebenbei Lust auf Reis mit Mandeln, Pinien und Rosinen sowie Joghurtsuppe mit Minze macht ;-)

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  1. Wirkt extrem konstruiert und bleibt zu oberflächlich

    Elsa wird bald sterben. Um sie rund um die Uhr umsorgen zu können, stellt ihre Tochter die junge Migrantin Pina als Pflegekraft ein. Pina musste aus politischen Gründen aus ihrer Heimat fliehen und wagt nun einen Neuanfang. Die beiden Frauen verstehen sich trotz all ihrer Verschiedenheit gut und erzählen sich viele Geschichten aus ihrem jeweiligen Leben.

    Das Buch lässt mich zwiegespalten zurück. Eigentlich wollte ich diese Geschichte mögen, allerdings kam ich mit dem Schreibstil nicht wirklich zurecht. Ein Großteil des Buches besteht aus Gesprächen zwischen Pina und Elsa, was vollkommen in Ordnung wäre, würden diese nicht so unfassbar gestelzt und konstruiert auf mich wirken. Selten hat es sich beim Lesen für mich so angefühlt, als könnte eine solche Unterhaltung tatsächlich so stattfinden, meist wirkte es auf mich viel zu absichtlich genau so konzipiert. Darunter leiden für mein Empfinden auch die Charaktere, zu denen ich nicht wirklich eine Bindung aufbauen konnte und die mir merkwürdig fremd blieben, obwohl mich gerade Pinas Vergangenheit eigentlich sehr interessiert hat. Dazu kommt auch noch, dass mir die Sprache an vielen Stellen zu abstrakt war (etwa wenn vollkommen ernsthaft gefragt wird, ob Granatapfelbäume lachen können, und das dann ebenso ernsthaft bejaht wird; oder, wenn der Dunst über den Bergspitzen plötzlich Rumi zitiert), sodass mir bei einigen Abschnitten wirklich einfach nicht klargeworden ist, was mir das jetzt sagen soll.

    Die Rüchblenden auf die Vergangenheit der beiden Frauen blieben mir zu oberflächlich, die angedeuteten Themen wie etwa Gleichstellung von Mann und Frau werden nicht weiter ausgeführt, wodurch zur Abstraktheit des Textes leider auch immer mehr das Gefühl von Belanglosikeit kam.

    Man lernt die Protagonistinnen nicht richtig kennen, obwohl sich viel unterhalten wird mangelt es dabei an Tiefe; dazu die Schwierigkeiten, die ich mit dem Schreibstil hatte, das macht dann am Ende leider nur noch 2 Sterne. Schade, ich hatte mir mehr erhofft!

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  1. Eine leise Geschichte

    „Einen Ort gibt es, jenseits des Bösen. Ich und du, wir werden uns dort wiedersehen.“ (Zitat Pos. 141)

    Inhalt
    Nach einer politischen Studentendemonstration in ihrer Heimat muss Pina fliehen, denn es drohen ihr sechs Jahre Gefängnis. Nun lebt sie als Migrantin in der Schweiz und studiert im drittletzten Semester Kulturanthropologie. Nun wird sie von der Juristin Luzia als Pflegerin für ihre alte, schwer kranke Mutter Elsa engagiert, die sich weigert, in ein Pflegeheim zu gehen. Pina wohnt in Elsas Haus und soll mit Elsa spazieren gehen und dafür sorgen, dass diese das von der etwas herrischen Luzie vorgeschriebene gesunde Essen isst. Doch Elsa will lieber, dass ihr Pina etwas von ihrer Familie erzählt von ihrer alten Heimat und auch sie erzählt aus ihrem Leben.

    Thema und Genre
    In diesem Roman geht es um die leise Annäherung von zwei völlig unterschiedlichen Frauen, Elsa, Schweizerin, ist alt und ihr Leben geht zu Ende. Pina ist eine junge Frau, ein politischer Flüchtling aus einem völlig anderen Kulturkreis. Wichtige Themen sind Familie, Verständnis, Verlust, Trauer und Abschied.

    Charaktere
    Die junge Pina ist in ihrem neuen Land noch nicht wirklich angekommen, sehnt sich nach ihrer Familie, trauert um ihre verstorbene Mutter, die sie nicht mehr sehen konnte. Elsa spürt, dass ihr Leben bald zu Ende geht, sie weigert sich, nach draußen zu gehen, isst kaum, viel lieber will sie mit Pina ihre alten Fotoalben ansehen, reden und zuhören.

    Handlung und Schreibstil
    Die Geschichte spielt an schönen, sonnigen Herbsttagen und lebt von den Erzählungen den Erinnerungen der beiden unterschiedlichen Frauen. Es ist eine leise Geschichte, in deren Mittelpunkt Elsa und Pina stehen. Die schildert das Kennenlernen der beiden Hauptfiguren und das gegenseitige Verständnis. Die Tage fließen in einem konstanten Ablauf, es gibt keine herausragenden Ereignisse.

    Fazit
    Eine leise Geschichte über die Annäherung von zwei Frauen aus unterschiedlichen Kulturkreisen, eine ist bereits am Ende ihres Lebens angekommen, die andere hat ihr Leben noch vor sich.

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