Nebelspiel: Thriller

Buchseite und Rezensionen zu 'Nebelspiel: Thriller' von Sheila Bugler
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1 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Nebelspiel: Thriller"

London: Ein zehnjähriges Mädchen wird entführt. Es gibt keine Zeugen, keine heiße Spur. Die Polizei verfolgt einen Schatten, und die Zeit läuft stetig ab für die kleine Jodie Hudson. Allen ist der Fall Molly York noch lebhaft in Erinnerung, die vor drei Jahren auf gleiche Weise verschwand und nur noch tot gefunden werden konnte. Für Detective Inspector Ellen Kelly, Londons toughe Starermittlerin und Spezialistin für Entführungsfälle, beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit, der sie bis an die nebelverhangene Moorlandschaft der englischen Südostküste führt.

Format:Taschenbuch
Seiten:416
Verlag: Knaur TB
EAN:9783426516553

Rezensionen zu "Nebelspiel: Thriller"

  1. 1
    17. Feb 2016 

    Einfach nur enttäuschend...

    Ein zehnjähriges Mädchen wird mitten in London entführt. Keine Zeugen, keine Hinweise, keine Spur. Die Polizei tappt im Dunkeln, und auch als sich der Verdacht erhärtet, dass das Verschwinden von Jodie Hudson mit einem Fall vor einigen Jahren zusammenhängen konnte, wo ebenfalls ein dunkelhaariges, blauäugiges Mädchen verschwand und schließlich tot und schwer misshandelt aufgefunden wurde, kommen Detective Inspector Ellen Kelly und ihr Team in ihren Ermittlungen lange Zeit keinen Schritt weiter.

    Ich hole erst einmal tief Luft, während ich überlege, wo ich mit meiner Kritik ansetzen soll. Vielleicht hilft es zu erläutern, was ich von einem guten Thriller erwarte... Also gut - und hier erhebe ich keinen Anspruch auf Vollständigkeit - diese Kriterien sollte ein guter Thriller für mich erfüllen: eine spannende Handlung, einen mitreißenden Einblick in die Ermittlungen, ein interessantes Täterprofil, eine psychologisch schlüssige Ausleuchtung des Hintergrunds der Tat, falsche Spuren und unerwartete Wendungen, interessante und ausgeleuchtete Charaktere, ein Schluss, bei dem die Spannung noch einmal gewaltig anzieht und der den Leser bestenfalls noch einmal enorm überraschen kann - und nach Möglichkeit alles noch erzählt in einem flüssigen und angenehm zu lesenden Schreibstil. Zugegeben: alle genannten Kriterien erfüllen nur sehr wenige Thriller - noch seltener allerdings ist mir ein Thriller untergekommen, der im Grunde nichts von den Kriterien erfüllt. Sheila Bugler mit ihrem Debüt 'Nebelspiel' hat das jedoch für mich geschafft...

    Eine spannende Handlung? Mitnichten. Was als Klappentext so vielversprechend klang und auf den ersten Seiten auch durchaus so wirkte, verlor sich zunehmend in Nebenschauplätzen. Zwar richtet sich der Blickwinkel des Lesers durch eingeschobene kurze Kapitel aus der Sicht des entführten Mädchens immer wieder für kurze Zeit auf das Schicksal der Kleinen, doch empfand ich den Stil nicht dem eines zehnjährigen Mädchens angemessen, sondern eher dem einer jungen Erwachsenen und so war er dadurch für mich wenig authentisch. Und schnell gerät das Mädchen auch wieder aus dem Fokus, weil sich die Polizei mit allem Möglichen beschäftigt, nur nicht mit den Ermittlungen zu der Entführung. Viel zu viele Baustellen werden hier eröffnet und erhalten alle dieselbse Wertigkeit, wodurch ein undurchdringlicher und wenig interessanter Themenbrei entsteht, der einfach nur das Hirn verstopft. Bei mir führte es dazu, dass mich letztlich auch die Entführung und die mögliche Rettung des kleinen Mädchens nicht mehr wirklich interessierte.

    Womit wir schon beim nächsten Punkt wären: den Ermittlungen. Im Klappentext wird Detective Inspector Ellen Kelly als Londons toughe Starermittlerin und Spezialistin für Entführungsfälle bezeichnet. Für mich grenzten die Ermittlungen jedoch an Dilettantismus. Keine verbindlichen Absprachen, keine Koordination, jeder macht sein Ding, meist aus einem Bauchgefühl heraus, das im nächsten Moment jedoch gleich wieder verworfen wird. Nebenschauplätzen wird mehr Platz eingeräumt als der eigentlichen Tat. Die persönlichen Angelegenheiten der Ermittler sind ständig wichtiger als der Versuch, die kleine Jodie Hudson zu retten, zwischendurch erinnert man sich mal, dass da noch was war. "'Zeit ist kostbar', sagte sie und sah ostentativ auf ihre Uhr." Diese Erkenntnis kommt Ellen endlich auf Seite 281 - was aber keineswegs dazu beiträgt, dass das Tempo anziehen würde. Die gesamte Handlung plätschert von vorne bis hinten recht trostlos vor sich hin, und eigentlich ist klar, dass der Täter schon ziemlich dämlich sein muss, damit das kleine Mädchen noch lebendig gefunden werden kann. Verhörversuche scheitern oft daran, dass jemand nicht angetroffen wird oder einfach die Tür nicht öffnet - und dann wird das auch nicht weiter verfolgt. Wenn jemand keine Lust hat, auf ihre Fragen zu antworten, arrangiert sich Detective Inspector Ellen Kelly damit und macht sich vielleicht noch im Hinterkopf eine Notiz, dass sie das doch noch mal nachholen muss.

    Kommen wir zum Täterprofil und den Hintergründen der Tat. Hier weiß der Leser recht früh, mit wem er (und die entführte Jodie Hudson) es zu tun hat, und man erfährt nach und nach auch einiges über ihn und seine Kindheit. Zum einen bot mir das wenig Neues, zum anderen blieb der Charakter trotz allem so unnahbar und wenig authentisch, dass es schwierig war, hier empathisch zu sein, auch wenn das Schicksal es sicher nicht gut mit dem Täter gemeint hat. Zudem wiederholen sich manche Szenen scheinbar endlos, so dass sie für mich statt spannend zunehmend langweiliger wurden.

    Auch die anderen Charaktere, anfgefangen bei Detective Inspector Ellen Kelly, bleiben flach, kein bisschen markant und wenig greifbar. Es ist Sheila Bugler nicht gelungen, mir auch nur einen Charakter wirklich nahe zu bringen - im Gegenteil: viele davon nervten mich nach einiger Zeit nur noch. Ein kollektives Suhlen in harten Schicksalen und kiloweise Selbstmitleid kennzeichnet so ziemlich alle wichtigen handelnden Personen. Zudem hatte ich einige Male das Gefühl, nicht den ersten Teil einer Reihe zu lesen, sondern einen Folgeband - zu viel wurde auf Vorgänge in der Vergangenheit hingewiesen und angespielt.

    Unangenehm aufgestoßen ist mir neben allem anderen auch noch ein Thema, das sich hier nahezu durchgängig durchzieht: Rache und Selbstjustiz. Dies betrifft nicht nur einen der Hauptcharaktere sondern gleich mehrere, und insgesamt vermittelt die Autorin damit eine Botschaft, die mir persönlich nicht gefällt. "Das Spiegelbild in der Scheibe lächelte sie an. Sie lächelte zurück. Schuldig? Von wegen. Sie würde es sofort wieder tun." (S. 346)

    Am Schluss kommt die Handlung doch wieder auf die Entführung des Mädchens zurück, aber der Versuch, die Spannung noch einmal anzuziehen, ist für mich ebenfalls gescheitert. Unglaubwürdige Handlungen und Reaktionen, zu viele Zufälle, dabei jedoch keine Überraschungen - und alles wirkte irgendwie hölzern und unbeholfen sowie übereilt konstruiert, einfach weil das Buch auch einmal einen Schluss haben musste.

    Und zuguterletzt der Schreibstil. Noch nicht einmal damit kann das Buch punkten. Einfache, meist kurze Sätze in Aufsatzform ohne jegliche sprachliche Rafinessen, das war mein Eindruck. Dazu der wenig gelungene Versuch, gelegentlich poetische Stilblüten einzustreuen. Probe gefällig?

    "Der Mond spiegelte sich in ihren Augen wie eine riesengroße Pizza."

    "Er musste pissen. Schon wieder. Er ging zu einem Baum und öffnete den Hosenschlitz, spürte die kalte Luft. Warme Flüssigkeit sprudelte aus ihm und spritzte gegen den Baum. Frühere Besuche am selben Ort schimmerten im Dunst wie zerbrochener Bernstein. Komisch, dass so was Unschönes wie Pisse so hübsch aussehen konnte." (S.353)

    Für mich insgesamt ein deutlich misslungener Versuch eines Thrillers: viel zu viele Baustellen, flache Charaktere, unrühmliche und dilletantsiche Ermittlungen - einfach nur enttäuschend...

    © Parden

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