Morituri: Roman

Rezensionen zu "Morituri: Roman"

  1. Böse Politparabel

    Morituri te salutant - Die Todgeweihten grüßen dich. So begrüßten die römischen Gladiatoren den Caesar beim Betreten des Kolosseums.

    In Morituri, dem jüngsten Roman der österreichischen Schriftstellerin Olga Flor befinden wir uns allerdings nicht in der Antike, sondern ganz gegenwärtig irgendwo in der österreichischen Provinz. In etwa 60 kleinen Kapiteln begleiten wir diverse Darsteller der aktuellen politischen Spiele. Da ist der ehemalige Architekt und Aussteiger Maximilian. Seine Tochter Ruth, die sich für Flüchtlinge einsetzt und sich zur Journalistin umschulen lässt. Susanne, die Bürgermeisterin der Volkspartei, eine Redenschreiberin, ein Attentäter, Geschäftemacher und ein junger medienaffiner Präsident.

    Das Buch beginnt mit einer Idylle: am Rande eines Niedermoores ein Wäldchen, ein Laubbaum, auf einem Blatt ein Tautropfen, dem sich die Welt spiegelt
    Doch unter diesem Niedermoor befindet sich eine unterirdische Privatklinik, in der Verjüngungsexperimente stattfinden. Bürgermeisterin, die Partei, die Bank haben alle auf die eine oder andere Weise Interesse an dem Projekt.

    „So hingen Partei und Bank voneinander ab, und für die tief in der Behörde verwurzelte Partei würde das problematisch werden, auch wenn sie sich neuerdings Bewegung nannte.“

    Morituri steckt voller Bilder und Anspielungen. Schon das Cover ziert eine Abbildung in Nahaufnahme des Sonnentaus, einer fleischfressenden Pflanze, die an Mooren gedeiht. Wie vorzüglich lässt sich in Mooren verschwinden lassen, was nicht zum Vorschein kommen darf. Der alternde Mitteleuropäer darf sich vom Blut junger Flüchtlinge ein verjüngtes Leben erhoffen. Wer zahlt schafft an!

    „Dass das Geld eigentlich zu gut war, hatte sie nur anfangs gedacht.“

    Jung, schön und mediengeil ist auch das Staatsoberhaupt, Freund spektakulärer Inszenierung, ein moderner Caesar, Kniefall vor ihm inklusive.

    Morituri ist eine nicht immer ganz einfach zu lesende Parabel, so böse wie wahr und ein Spiegel der derzeitigen innenpolitischen Verhältnisse. Bemerkenswert wie schnell die Literstur von der Wirklichkeit eingeholt wurde.

    Zum Schluss: Wieder ein Wassertropfen, er fällt zu Boden, zerspritzt, versickert mit all seinen Spiegeln im Boden.

    „Man könnte sagen, es sei nichts passiert.“

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