Melody

Buchseite und Rezensionen zu 'Melody' von Martin Suter
4.15
4.2 von 5 (6 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Melody"

In einer Villa am Zürichberg wohnt Alt-Nationalrat Dr. Stotz, umgeben von Porträts einer jungen Frau. Melody war einst seine Verlobte, doch kurz vor der Hochzeit – vor über 40 Jahren – ist sie verschwunden. Bis heute kommt Stotz nicht darüber hinweg. Für die Ordnung des Nachlasses stellt der alte Herr einen Studenten ein, der diesen Job dringend braucht. Nach und nach stellt sich Tom die Frage, ob Dr. Stotz wirklich ist, wer er vorgibt zu sein.

Autor:
Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:336
Verlag: Diogenes
EAN:9783257072341

Rezensionen zu "Melody"

  1. 2
    14. Mai 2023 

    Hat mich nicht überzeugt

    Dies ist der erste Roman von Martin Suter, den ich lese. Entgegen des ersten Eindrucks hat mich das Buch insgesamt nicht überzeugt.
    Das Thema ist grundsätzlich aussagekräftig und gut überlegt. Dadurch entsteht eine gewisse Spannung, man möchte gerne wissen, wie sich die Geschichte von Melody entwickelt. Doch sind die Einschübe, die die Entwicklung verzögern und den Leser hinhalten sollen, leider mittelprächtig gelungen. Es gibt so viele völlig unnötig detaillierte Beschreibungen von absoluten Belanglosigkeiten, dass es irgendwann nervt. Ebenfalls nervig sind die ständigen Einschübe zu Mariellas Küche und Kochkünsten. Ich habe spätestens ab der Mitte des Buches vieles nur noch kursiv gelesen.

    Die Figuren überzeugen mich genauso wenig. Die Hauptperson Richard Stotz ist mir von Anfang bis Ende mit seiner Behäbigkeit und Arroganz sowie seinem Personenkult völlig unsympathisch geblieben. Auch die anderen Figuren entwickeln sich nicht glaubwürdig und bleiben mittelmäßig. Ich konnte mit keiner der Figuren auch nur ansatzweise Sympathie empfinden, höchstens noch mit Melody, die jedoch nur indirekt auftritt. Der Twist der Handlung am Ende ist gut überlegt - allerdings baut der Autor selbst Spoiler ein, so dass die Wendung dann doch nicht mehr überrascht.

    Ich habe viel von Martin Suter durch Lesefreunde gehört und zu Beginn des Buches hat mich der Schreibstil angesprochen. Dies blieb nur leider nicht so, sehr bald fand ich den Stil genauso behäbig, feist und herablassend wie die Hauptperson selbst.

    Mir fehlt der Vergleich zu anderen Romanen von Suter, aber dieses Buch animiert mich nicht, noch weitere von diesem Autor zu lesen.

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  1. Die Melodie der Wahrheit

    "Melody" hat mir sehr viel Freude bereitet. In eleganten Sätzen und gehobener Atmosphäre wird der Leser in das Mysterium der verschwundenen Melody, einst Verlobte des überaus erfolgreichen Dr. Stotz, eingeführt. Dieser steht am Ende seines Lebens und engagiert den jungen Juristen Tom, um die Zeugnisse seines Lebens in eine sinnvolle und vor allem präsentable Form zu bringen - auf den ersten Blick ein typischer Fall von erwünschter positiver Selbstinszenierung. In zahlreichen Sitzungen zwischen Wein und anderen Spirituosen, untermalt von hervorragender italienischer Küche, enthüllen Tom und Dr. Stotz das Rätsel um Melody Schicht für Schicht.

    Die augenscheinliche Obsession des alten Mannes mit seiner spurlos verschwundenen Liebe hat mich sehr fasziniert. Die wie ein Krimi anmutende Handlung ist spannend - auch wenn sie in einem vermeintlich ruhigen Gewand daherkommt. Der Leser kann nicht umhin, selbst Vermutungen zum Verbleib Melodys anzustellen - nicht zuletzt, weil man auch von Dr. Stotz in eine bestimmte Richtung gelenkt wird. An der Seite von Tom erfährt man dennoch auch Frustration, denn erfahren kann man über Melody immer nur so viel, wie Dr. Stotz preiszugeben bereit ist. Dass die krimiartige Handlung auch den ein oder anderen Twist aufbietet, ist natürlich ein absoluter Bonus - zumal der Roman so durchkomponiert ist, dass ihm auch im letzten Drittel nicht die Luft ausgeht.

    Die Figuren sind insgesamt erstaunlich problemfrei - geschuldet ist dies sicherlich der Tatsache, dass das gesamte Personal des Romans sich im Luxusbereich bewegt. Auch wenn Dr. Stotz unheilbar krank ist, echte Empathie oder gar Trauer kommen im Angesicht dieses bedrückenden Umstands nicht auf. Es ist ein fait accompli über den es sich offensichtlich nicht zu diskutieren lohnt. Das wäre denn auch mein einziger Kritikpunkt an dem Roman: eine rechte Identifikation oder Involviertheit mit den Figuren kommt nur schwer zustande. Selbst der eher durchschnittlich anmutende Tom interessierte mich als Charakter nur mäßig. Einzig die große Unbekannte - Melody - sticht aus diesem Kreis reizvoll heraus, sie ist Dreh- und Angelpunkt des eigentlichen Anliegens des Textes: der Frage nach der persönlichen Wahrheit. Denn eins wird in "Melody" deutlich: Wahrheit ist immer das, was ich dafür halte.

    Insgesamt, ganz besonders aufgrund dieser spannenden Diskussion des Wahrheitsgedanken, eine sehr empfehlenswerte und unterhaltende Lektüre, gut geschrieben und fein unterhaltend.

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  1. Die lange Suche nach ‚Melody‘

    Zürich: Kann der 34jährige Tom Elmer – Langzeit-Jura-Student und jetzt auf Jobsuche als Jurist – dem 84-jährigen Nationalrat, Mitglied der liberalen Wirtschaftspartei, Königsmacher und Geldgeber, Dr. Peter Stotz bei dessen Nachlassordnung helfen?

    Schnell merkt er, dass er nicht nur für diese Dienste gebraucht und sehr gut bezahlt wird, sondern auch fürs Zuhören! Und Dr. Stotz hat sehr viel zu erzählen aus seinem Leben - Dreh- und Angelpunkt ist aber immer wieder ‚Melody‘, seine große Liebe, die jedoch knapp vor der Hochzeit vor 40 Jahren von heute auf morgen verschwand.

    Und so begibt sich die Leserschaft bei seinen Erzählungen mit auf die Suche nach der geheimnisvollen Melody - auch nach dem plötzlichen Tod des Dr. Stotz. Tom und die Großnichte des Verstobenen, Laura, interessiert das nämlich auch weiterhin.

    Jede Zeile des Buches war ein Genuss: diese Beschreibungen der Charaktere, der Landschaften, der lukullischen Köstlichkeiten (die z.B. Mariella, die italienische Köchin im Hause Stotz zauberte, und bei denen mir das Wasser im Mund zusammenlief). Die aufgebaute Spannung hält auch bis zur letzten Seite an!

    Sätze voller Lebensweisheit begleiten einen! Z.B. über Frauen und Alter: „Ihre Schönheit verschwindet nicht, sie verändert sich nur. Verschwinden tut sie nur bei Frauen, die versuchen, die Veränderung aufzuhalten“ oder über das Thema Geld: „Viel Geld haben ist ein Beruf. Man muss ihn lernen, wie jeden anderen. Sonst übt man ihn schlecht aus. Ich weiß, wovon ich rede. Mein Vater hat ihn schlecht ausgeübt.“

    Die letzte Seite löste einen Zwiespalt in mir aus: auf der einen Seite freute ich mich, dass das Rätsel gelöst war, auf der anderen bedauerte ich, dass dieses unterhaltsame Prachtwerk zu Ende war. Eines kann ich verraten: es löste eine Gänsehaut bei mir aus!

    Ich vergebe somit 5 Sterne und empfehle es allen, die Freude an gepflegter Unterhaltung haben!

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  1. Lesevergnügen

    „Ich habe mein ganzes Leben versucht, der Welt ein bestimmtes Bild von mir zu vermitteln. Ihre Aufgabe besteht darin, dieses auch für die Nachwelt zu bewahren.“ (Zitat Seite 26)

    Inhalt
    Für Tom Elmer, dreißig Jahre alt, zwei Master-of-Law-Abschlüsse, ist dieser Job ein Glücksfall, großzügige Bedingungen, ein Jahresvertrag. Dr. Peter Stotz, geboren 1938, ehemaliger Politiker mit Sitz in den Verwaltungsräten von Banken und Großkonzernen, einflussreich, erfolgreich, Kunstmäzen, sucht jemanden mit juristischen Kenntnissen und Sichtung des umfangreichen Archivs eines ganzen Lebens und die Ordnung seines Nachlasses. Bald ist Tom klar, dass es Peter Stotz vor allem darum geht zu erzählen und jemanden zu haben, der zuhört, bei den gemeinsamen Mahlzeiten und an den langen Abenden, denn Tom wohnt in der Villa. Alle Erinnerungen von Peter Stotz drehen sich um ein Thema: Melody Alaouni, die Liebe seines Lebens, die drei Tage vor der Trauung spurlos verschwunden ist. Dies ist nun über vierzig Jahre her, doch wie schon auf der Fassade der Villa in vergoldeten Lettern zu lesen ist: Tempus fugit, amor manet.

    Thema und Genre
    In diesem Roman geht es um Sein und Schein, das eigene Leben und die Erinnerungen zwischen Fakten und Fiktion, um den Wunsch, das während langer Jahre der Öffentlichkeit präsentierte Bild auch zu bewahren. Es geht um Liebe, Beziehungen in vielen Facetten und Bedeutungen, um die unterschiedlichen Formen von Wahrheit.

    Charaktere
    Martin Suter ist ein Meister der leisen Zwischentöne in den Eigenheiten und Befindlichkeiten seiner Figuren. Im Mittelpunkt der Geschichte stehen drei unterschiedliche Charaktere: Peter Stotz, schwer krank, der auch nach über vierzig Jahren die Erinnerungen an die Liebe seines Lebens pflegt. Tom Elmer ist neugierig, wenn auch mit der Verschwiegenheit eines Anwalts, und das Rätsel um das Verschwinden der jungen Frau wird für ihn zu einer Aufgabe, die er lösen will. Der dritten Hauptfigur, Melody, begegnen wir nur auf den vielen Porträts, die an den Wänden der Villa hängen, und in Peters Erzählungen. „Das Porträt einer jungen Frau. Sie saß in einem Polstersessel vor einer Bücherwand, hatte ein aufgeschlagenes Buch auf dem Schoß und sah fragend auf, als wäre sie vom Betrachter gestört worden.“ (Zitat Seite 17)

    Handlung und Schreibstil
    Die Geschichte wird in zwei unterschiedlichen Erzählperspektiven geschildert. In der aktuellen Zeit steht Tom Elmer im personalen Mittelpunkt. Die Vergangenheit, besonders seine Zeit mit Melody und die nachfolgenden Jahre der Suche nach ihr erzählt Peter Stotz als Ich-Erzähler in den vielen langen Gesprächen mit Tom. Dies macht die spannende Geschichte noch abwechslungsreicher und lässt uns Lesenden auch Raum für eigene Überlegungen, denn gerade Geschichten, selbst erzählt von dem, der sie erlebt hat, lassen viel Spielraum für Interpretationen und Varianten. Wer schon Romane von Martin Suter gelesen hat weiß, dass es bei diesem Autor nie nur eine Wahrheit gibt, und auch Offensichtliches plötzlich Überraschungen birgt. Die Sprache erzählt gekonnt und elegant, mit vielen feinen Nuancen

    Fazit
    Kurz gesagt, dieser Roman beinhaltet alles, was man sich von einer anregenden, spannenden, unterhaltsamen Lektüre erhofft, eine überzeugende Geschichte, facettenreiche Figuren und interessante Themen zum Nachdenken.

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  1. 4
    25. Mär 2023 

    Was passierte mit Melody?

    Tom Elmer soll den Nachlass des berühmten und steinreichen Dr. Peter Stotz ordnen. Tom ist trotz zweier Jura-Abschlüsse arbeitslos und das Angebot eines fürstlichen Gehalts plus Kost und Logis ist unwiderstehlich für den jungen Mann. Sofort fallen ihm im Haus die vielen Bilder einer jungen Frau auf, die vor 40 Jahren die Verlobte Dr. Stotz' war und kurz vor der Hochzeit spurlos verschwand. Bei abendlichen Kamingesprächen erfährt Tom nach und nach die Geschichte der geheimnisvollen Melody.

    Es ist ein gutes Buch, das sich schnell und leicht lesen lässt. Die Geschichte ist spannend und interessant und wartet gegen Ende auch noch mit einigen Überraschungen auf. Trotzdem hat mir das gewisse Etwas gefehlt. Bei den bisherigen Büchern von Martin Suter, die ich gelesen habe, kommt es meistens zu irgendeinem Bruch, einem leichten Touch ins Schräge, etwas das ich hier vermisst habe. Es ist für meinen Geschmack ein wenig zu routiniert, mit einem Hang zu Nebensächlichkeiten geschrieben. Die Aufzählung der täglichen Mahlzeiten zum Beispiel hatte dabei fast schon etwas Manisches. Es gab zwischendurch immer mal Zeitpunkte, die sich zum Abkippen geradezu anboten, aber leider kehrte Suter dann immer wieder zu seiner Routine zurück.
    Wie schon gesagt, es ist ein gutes Buch, das mit Sicherheit viele begeisterte Leser finden wird, mir war es leider dann doch ein wenig zu „mainstream-mäßig“ und deshalb ziehe ich einen Stern von der Höchstwertung ab.

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  1. Eine vortreffliche Geschichte! 5 Sterne

    Klappentext:

    „In einer Villa am Zürichberg wohnt Alt-Nationalrat Dr. Stotz, umgeben von Porträts einer jungen Frau. Melody war einst seine Verlobte, doch kurz vor der Hochzeit – vor über 40 Jahren – ist sie verschwunden. Bis heute kommt Stotz nicht darüber hinweg. Für die Ordnung des Nachlasses stellt der alte Herr einen Studenten ein, der diesen Job dringend braucht. Nach und nach stellt sich Tom die Frage, ob Dr. Stotz wirklich ist, wer er vorgibt zu sein.“

    Martin Suter ist ein Meister der detaillierten Erzählung. Ja, er verbeißt sich gern in Themen und zerpflückt sie, bis fast nichts mehr davon übrig zu sein scheint. In seinem aktuellen Buch „Melody“ bleibt er sich seiner Linie mehr als treu und erzählt uns Lesern die Geschichte von Dr. Stotz. Er weiß genau, dass er nicht mehr lang zu leben hat und deshalb soll auch nach seinem Tod alles geordnet und vor allem soll er im guten Lichte den Menschen in Erinnerungen bleiben. Nur, wer so denkt, hat meistens etwas zu verbergen und genau da legt Suter wieder die Wunde frei. Sein „Nachlassverwalter“ Tom Elmer hat genau wie wir Leser des öfteren Fragezeichen über seinem Kopf schweben und Suter bringt uns dann mit seinem grandiosen Erzählstil auf die vermeintlich richtige Fährte. Obacht ist dennoch für uns Leser das allererste Gebot! Suter legt gern und gekonnt Spuren die nicht immer zur Lösung verhelfen! Und dann ist da ja Melody. Der Klappentext verrät schon so viel und dennoch so gar nichts von ihr. Stotz erzählt nicht nur Tom die Geschichte von Melody sondern auch somit uns Lesern. Vieles klärt sich dadurch auf und wir verstehen so viel mehr und dennoch wollen wir nicht nur Dr. Stotz‘ besonderen Wunsch ergründen, sondern eben auch die Geschichte von Melody erfahren und natürlich auch wie Tom mit allem umgeht! Suter erzählt aber nicht nur einfach stumpf seine Geschichte! Es gibt auch wieder einige viele philosophische Aspekte die der Geschichte unheimlich gut tun. Martin Suter erzählt niemals plump und verstrickt sich auch nicht in Klischees. Er beleuchtet immer mehr als man vermutet und man wird als Leser immer gern überrascht von seinen Worten, Denkweisen und den Geschehnissen die wir bei seinen Figuren verfolgen können. Stellt sich doch hier des öfteren die Frage, was denn nach dem eigenen Tod noch von einem bleibt außer nur die Erinnerungen. Sollte man wirklich diesbezüglich vorsorgen? Kann man vieles noch zu Lebzeiten steuern um die schlechten Geschichten für immer wirklich ruhen zu lassen? Sollte man nach dem verlorenen Glück suchen, obwohl es einem so schmerzt und zusetzt? Sie merken schon, Suter hat mal wieder ein geniales Werk geschaffen, in dem so viele essentiell wichtige und nachdenkliche Parts beleuchtet werden, dass man nur so durch die Buchseiten fliegt. Jetzt wollen Sie noch wissen was mit Dr. Stotz geschieht, stimmts? Lesen Sie selbst diesen vortrefflichen Roman der ein wenig kriminalistisches, ein wenig romantisches, abenteuerliches, philosophisches…Gespür enthält, dass man ihn eigentlich in keine Sparte packen kann - DAS ist eben typisch Martin Suter! 5 Sterne für „Melody“!

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