Mein Vaterland war ein Apfelkern

Rezensionen zu "Mein Vaterland war ein Apfelkern"

  1. Herta Müllers Leben und Schreiben

    Es gibt Autoren, die man nur versteht oder die man besser versteht, wenn man etwas über ihr Leben weiß. Dazu gehört Herta Müller, Rumäniendeutsche, in einem kleinen Dorf in der Nähe von Temeswar geboren und nach dreißig Jahren endgültig nach Deutschland ausgereist.
    Ich hatte mit ihrem ersten Werk 'Niederungen' begonnen, hatte mich über die simple Sprache gewundert und die Thematik und habe wenig begriffen. Nachdem ich dann dieses Buch gelesen habe, ein Gespräch mit der Publizistin Klammer, verstand ich mehr. Wir erfahren viel über ihr Leben, das Aufwachsen in einem kleinen Dorf, das so gar keine Idylle widerspiegelt, die Sprachlosigkeit, die Einsamkeit.
    Und dann das Leben in der Stadt (Temeswar), nach dem Studium Arbeit als Übersetzerin in einer Fabrik und die ständigen Quälereien, die Psychofolter und Repressionen des Geheimdienstes Securitate, weil sie nicht als Spitzel arbeiten wollte. Das alles hat sie dann später in ihren Werken verarbeitet, über deren Entstehung man auch einiges erfährt. So hat z.B. die 'Atemschaukel' eine interessante Entstehungsgeschichte. Zum Schluss öffnet Herta Müller für uns noch ihre Schubladen mit den Wörtern, die sie zu Collagen verarbeitet und von denen es inzwischen drei Bücher gibt (die allerdings nicht mein Geschmack sind).
    Was für eine starke Frau, die 30 Jahre unter der Ceaucescu-Diktatur gelebt und gelitten hat, die nicht wahnsinnig geworden ist, nicht aus dem Fenster gesprungen oder 'gesprungen worden ist'! Allerdings lässt sie das Erlebte nicht mehr los. Sie verarbeitet Privates und prangert mutig die Diktatur an sich und totalitäre Strukturen an, die ja leider aktueller denn je sind. Auch in diesem Sinne ist dieses Buch ein wichtiger Beitrag zum Thema Totalitarismus.

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