Matrix

Buchseite und Rezensionen zu 'Matrix' von Lauren Groff
3.8
3.8 von 5 (5 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Matrix"

Marie ist siebzehn Jahre alt, groß und ungelenk und nach allgemeiner Ansicht ungeeignet für die Ehe und das höfische Leben. Sie verehrt ihre Königin, Eleonore von Aquitanien, doch die verstößt sie mit einem Lächeln: Marie soll Priorin eines abgelegenen Klosters werden, irgendwo im Schlamme Englands, fern von den zärtlichen Zuwendungen ihrer Dienerin. Lebendig begraben in der Gemeinschaft verarmter, frierender, hungernder Nonnen – ausgerechnet sie, die aus einer Familie von Kriegerinnen stammt und alles andere als fromm ist. Doch in der Abgeschlossenheit des Klosters findet Marie für sich und ihre Schwestern ungeahnte Möglichkeiten von weltlichem Einfluss, Wohlstand und neuer Gemeinschaft.

Autor:
Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:320
Verlag: Claassen
EAN:9783546100373

Rezensionen zu "Matrix"

  1. 2,5 neutrale Sterne

    Klappentext:

    „Marie ist siebzehn Jahre alt, groß und ungelenk und nach allgemeiner Ansicht ungeeignet für die Ehe und das höfische Leben. Sie verehrt ihre Königin, Eleonore von Aquitanien, doch die verstößt sie mit einem Lächeln: Marie soll Priorin eines abgelegenen Klosters werden, irgendwo im Schlamme Englands, fern von den zärtlichen Zuwendungen ihrer Dienerin. Lebendig begraben in der Gemeinschaft verarmter, frierender, hungernder Nonnen – ausgerechnet sie, die aus einer Familie von Kriegerinnen stammt und alles andere als fromm ist. Doch in der Abgeschlossenheit des Klosters findet Marie für sich und ihre Schwestern ungeahnte Möglichkeiten von weltlichem Einfluss, Wohlstand und neuer Gemeinschaft.“

    Nun ja, der Roman „Matrix“ von Lauren Groff ist allein von der Sprache her bzw. dessen Stil besonders. Geschrieben in der dritten Person erlesen wir das Leben von Marie. Es bleibt dadurch bis zum Ende des Buches eine gewisse unnahbare Bindung zur Hauptprotagonistin bestehen. Einerseits gar nicht schlecht gedacht von der Autorin um eben immer objektiv als Leser sein zu können aber es fällt eben schwer das auch umzusetzen da einem Marie schon oft ans Herz geht nur scheint sie sich dagegen immer wieder zu sträuben. Sie ist nicht gerade die Schönheit die sich die damalige Männerwelt erträumt hatte. Zudem ist sie auch noch ein uneheliches Kind und eigentlich nur mehr geduldet als akzeptiert am Hofe der Königin aber sei‘s drum. Marie ist eine Kämpferin nur ist es eben nicht immer einfach zu kämpfen wenn man es eigentlich möchte. Des weiteren befinden wie uns im 12. Jahrhundert in England! Die Zeiten waren alles andere als rosig damals und die Feuer der Bürgerkriege und Kreuzzüge glühten. Ihr „Umzug“ ins Kloster scheint einerseits Bürde, gar Strafe aber wie es bei Marie nicht anders sein kann, macht sie auch daraus das beste und kämpft auch hier für besseren Zeiten. Ich muss zugeben, nicht alles fand hier meine Zustimmung bzw. mein Verständnis. Die damalige Zeit war seltenst reif für solche kämpferischen Frauen und das hat die Autorin auch sehr gut auf den Punkt gebracht doch ist Marie doch sehr häufig einfach zu unglaubwürdig und nicht recht zu verstehen in ihrem Tun und Handeln. Ich bin einerseits zwar unterhalten worden von diesem Werk aber hätte ich es nicht gelesen, hätte ich auch nichts verpasst. Der Ausdruck und die Sprache sind speziell, die Figuren des öfteren sonderbar aber, und das sei klar hervorgehoben, die Geschichte der damaligen Zeit wurde gut gezeichnet. Ich vergebe hier neutrale 2,5 Sterne für dieses Werk.

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  1. Das weibliche Mittelalter

    In „Matrix“ überstrahlt die junge, unansehnliche Marie alles. Von ihrer angeheirateten Halbschwester Eleonore von Aquitanien (die Familienverhältnisse werden von Lauren Groff alles andere als nachvollziehbar dargelegt, sodass es in mir immer wieder rief „Falsch!“ bis in der zweiten Hälfte des Romans schließlich doch deutlich gemacht wurde, dass die Verwandtschaft über Eleonores Ehemann, den Plantagenet-König Henry II. gegeben war) mit siebzehn Jahren in ein heruntergekommenes Nonnenkloster verbannt, macht sich Marie daran, ihre (Führungs-)Qualitäten zu entdecken und das Leben und die Gemeinschaft der frommen Frauen zu einer neuen Blüte zu führen. Im Fokus ihrer Bemühungen steht der maximale Schutz der ihr anvertrauten Frauen und die größtmögliche Unabhängigkeit und Autonomie von der männlich dominierten Kirche und Außenwelt. Geleitet von Visionen, in denen die Jungfrau Maria ihr den Weg zeigt, erschafft sie fantastisch anmutende Bauten, erdenkt strategische Winkelzüge und entwickelt sich zur allseits von Frauen verehrten Lichtgestalt des weiblichen Mittelalters. Prägend für ihren Lebensweg bleibt die komplexe Liebe für Königin Eleonore.

    Der Roman erzählt die Geschichte eines weiblichen Traums von Selbstbestimmung, fern von männlichen Hierarchien, patriarchalischer Unterdrückung und Bevormundung. Lauren Groff setzt mittelalterliches female empowerment mitreißend und in einem ganz eigenen Stil in Szene – ich habe den Roman verschlungen und mit sehr viel Freude gelesen, denn das Klosterleben ist bei Groff alles andere als langweilig und alltäglich, eine Gemeinschaft von Frauen birgt so manche Herausforderung. Die Figuren, die den Roman bevölkern, werden häufig eher stereotyp charakterisiert, ihre Rolle (Priorin, Infirmarin, Herbergsmutter etc.) steht über einer eigentlichen Auseinandersetzung mit ihrem Wesen, nicht zuletzt weil die Protagonistin Marie alles überstrahlt – sie dient als Fokalisierungsinstanz und kommt in ihren Berichten über ihre Visionen auch selbst zu Wort. Großartiger Weise befasst sich der Roman über weite Strecken mit Maries mittleren Lebensjahren, also ihrem persönlichen „Mittelalter“ - auch das eine sehr besondere, gute Leseerfahrung. Männerfiguren, die tatsächlich als solche bezeichnet werden können, sucht man in diesem Roman vergeblich. In einem feinen Kniff, der die Message ihres Romans unterstreicht, verbannt Groff alle Männer an den Rand des Geschehens. Mir fällt keine einzige männliche Figur ein, die namentlich erwähnt wird oder überhaupt einen Satz sagen dürfte – hier wird die Marginalisierung des Mannes auf die Spitze getrieben und dies auf eine unfassbar elegante und feine Art, dass der Roman in keiner Weise plakativ und hyperfeministisch (wie andere Werke der jüngeren Zeit) daherkommt, sondern auf sehr subtile Art deutlich macht, wie eine Welt, die von (mehr) Frauen geführt werden würde, aussehen könnte. Nicht ganz so gelungen sind die immer wieder aufkommenden Kommentare des Romans zum Klimawandel, sie wirken doch leicht anachronistisch und übertrieben visionär in ihrer offensiv didaktischen Absicht. Darauf hätte ich leichten Herzens verzichten können.

    Sprache und Stil des Romans passen hervorragend zur Materie, der Roman wurde ganz ausgezeichnet von Stefanie Jacobs übersetzt. Man fliegt trotz der sehr niveau- und gehaltvollen Sprache nur durch die Seiten, an keiner Stelle knirscht es und der Text hat seinen ganz eigenen Klang. Ein großes Kompliment an die Übersetzerin!

    Insgesamt ein absolut empfehlenswerter Blick auf das weibliche Mittelalter, den Anfang einer neuen Ära und eine faszinierende Frau, deren Schicksal Lauren Groff auf bravouröse Weise ausmalt und erlebbar macht.

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  1. Die starke Marie de France - eine kraftvoll poetische Geschichte

    Als die 17-jährige Marie de France von der Königin Eleonore von Aquitanien (ihrer geliebten und über alle Maßen verehrten Halbschwester) verstoßen wird, um in einem verarmten englischen Kloster als neue Priorin die Leitung zu übernehmen, ist Marie am Boden zerstört. Allein ihr imposantes Äußeres (sie ist sehr groß mit kräftiger Statur) schindet Eindruck, und ihr starker Wille, verbunden mit großer Intelligenz, Nächstenliebe und Kreativität, lässt sie zur hoch angesehenen, jahrzehntelang verehrten Führungspersönlichkeit des Klosters wachsen.

    Lauren Groff hat einen sehr besonderen Mittelalterroman geschrieben, angelehnt an die Dichterin Marie de France, die es tatsächlich gegeben hat. Sprachlich ist der Roman ein Genuss. Poetisch und kraftvoll vermittelt er ein umfangreiches und eindringliches Bild des Klosterlebens zur damaligen Zeit. Ein Leben, das von Frauen dominiert wird und von Marie geleitet. Hier beleuchtet Groff insbesondere die Beziehungen der Frauen untereinander: die gut durchdachte Arbeitsteilung, die Konflikte, die Erfolge, die Beziehung zur Priorin/ später Äbtissin Marie und insbesondere auch die Gefühlswelt Maries. Hier habe ich schon hin und wieder den Eindruck, dass sich Marie Höhenflügen hingibt, unter anderem gesteuert von bleibenden starken Gefühlen wie der Liebe zu Eleonore, der Königin, oder auch Darstellung ihrer eigenen Macht. Hier kann man selbstverständlich geteilter Meinung sein. Auch Frauen sind Menschen, die sich und ihre Gefühlswelt nicht permanent unter Kontrolle haben ;-)

    Ich habe diesen Roman sehr gern gelesen, wenn auch der allerletzte Funke nicht überspringen wollte. Wahrscheinlich ist dies der Tatsache geschuldet, dass der Roman im Ganzen ein wenig unnahbar wirkt und distanziert. Macht aber nichts. Als geschichtliches Sittengmälde ist er sehr wertvoll, sprachlich ebenso. Kann ich empfehlen!

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  1. 5
    30. Jul 2022 

    Beeindruckende und starke Geschichte

    Im Buch geht es um Marie, welche von ihrer Halbschwester, der Königin, in ein Kloster geschickt wird. Das ist schon fast ein Todesurteil, da das Kloster arm und von Krankheit geplagt ist. Marie übernimmt jedoch schon bald einen hohen Posten und macht sich daran, ihr Kloster für ihre Schwestern und sich selbst zu stärken. Daraufhin dürfen wir ihr gesamtes Leben begleiten und sehen, wie sie sich für das Kloster einsetzt.

    Also erst einmal: Was für ein fantastisches Buch! Mich konnte das Buch absolut abholen.
    Ich empfinde die Geschichte als sehr inspirierend und habe es genossen, wie Marie sich den patriarchalen Ideen der Zeit entgegengestellt hat und ihre Schwestern beschützt hat. Das Buch handelt von weiblicher Stärke. Die Protagonistin ist stark und lässt sich nicht unterkriegen. Sie ist wahrlich nicht perfekt, aber so lebensecht und beeindruckend, dass ich sie wahnsinnig lieb gewonnen habe und es genossen habe, sie in ihrem Leben und ihren Vorhaben begleiten zu dürfen.
    Das Buch handelt von sapphischen Frauen, was vor allem vor dem historischen Hintergrund ausgesprochen spannend ist. Das Kloster war beispielsweise als Zuflucht für Frauen da, die nicht mit Männern verheiratet sein wollten. Marie steht eindeutig auf Frauen und das prägt ihren christlichen Glauben, was auch wahnsinnig faszinierend ist.
    Ich finde, das Buch zelebriert Frauen und ist sehr feministisch. Es gibt natürlich Stellen, die von dem für die Zeit typischen Sexismus geprägt sind, aber Marie darüber triumphieren zu sehen, hat mich regelrecht euphorisch gestimmt.
    Der Schreibstil ist etwas untypisch, aber hat zumindest meinen Lesefluss nicht gestört. Es war flüssig zu lesen und konnte mich super fesseln.

    Das Buch hat mich persönlich absolut begeistert und wer Interesse hat von sapphischen, feministischen Nonnen zu lesen, dem kann ich dieses Buch nur nahelegen.

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  1. Ein eigenwilliges Buch

    Ich war sehr gespannt auf das Buch, hat mir doch „Licht und Zorn“ seinerzeit ausgesprochen gut gefallen. „Matrix“ lässt mich derzeit noch ein wenig unentschlossen zurück.

    Mir gefällt die Idee, die Geschichte nicht nur in einem Frauenkloster spiele zu lassen, sondern auch welche Möglichkeiten sich ergeben, wenn man die Frauen nicht nur als das schwache und unterwürfige Geschlecht ansieht, sondern ihre jeweiligen Fähigkeiten fördert. Vor dem Hintergrund, dass die Geschichte im wahrlich tiefsten Mittelalter spielt, ein besonders reizvolles Gedankenspiel.

    Den Schreibstil der Autorin würde ich als herausfordernd bezeichnen. Das liegt nicht nur an der fehlenden direkten Rede. Die Sätze sind zum Teil sehr verschachtelt und zwischendrin wechseln die Gedanken auch einfach mal die Richtung. Das macht es dann mitunter auch recht schwer der Geschichte zu folgen. Ich musste Absätze zum Teil mehrfach lesen um zu verstehen, worauf das Geschriebene abzielt. Daraus resultierte für mich eine Langatmigkeit, die es mir dann auch schwer gemacht hat am Ball zu bleiben.
    Dagegen steht eine inhaltlich spannende Geschichte und einige Passagen mit wirklich wunderschönen Sätzen und sehr gefühlvollen Beschreibungen der anderen Nonnen und dem zwischenmenschlichen Zusammenspiel aller Klosterbewohnerinnen.

    Faszinierend finde ich die Hauptprotagonistin Marie. Als Leser begleitet man sie ihr ganzes Leben. Erlebt ihre Eintreffen im Kloster, ihren Aufstieg zur Äbtissin, welche Macht sie erlangt und wie sie das heruntergekommene Kloster zu neuer Blüte bringt. Hat man manchmal den Eindruck, die Figur und ihre Handlungen zu kennen, überrascht sie einen auf der nächsten Seite wieder. Und trotz aller Bemühungen bleibt da eine gewisse Distanz zu ihr. Als ob sie auch dem Leser nicht die letzten Geheimnisse preisgeben will. Eine verwirrende und zugleich faszinierende Kombination.

    Alles in allem fordert das Buch den Leser heraus und verlangt seine volle Aufmerksamkeit. Definitiv nichts, das man mal eben nebenbei liest.

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