Man kann Müttern nicht trauen

Buchseite und Rezensionen zu 'Man kann Müttern nicht trauen' von Andrea Roedig
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Inhaltsangabe zu "Man kann Müttern nicht trauen"

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:240
EAN:9783423290135

Rezensionen zu "Man kann Müttern nicht trauen"

  1. 5
    26. Aug 2022 

    Andrea und Lilo

    Andrea Roedigs autobiografisches Buch „Man kann Müttern nicht trauen" handelt weder von bösen Stiefmüttern noch von Schwiegermüttern, die für Misstrauen sorgen. Tatsächlich geht es um Frau Roedigs leibliche Mutter Lilo.
    Warum also dieses Misstrauen gegenüber der eigenen Mutter, wo doch das Wörtchen „Mutter“ der Inbegriff von Liebe, Güte und Urvertrauen ist?
    Lilo ist 1938 geboren, geheiratet hat sie mit 23 Jahren. Ein/zwei Jahre später wird sie Mutter. Andrea ist ihr erstes Kind, später kommt noch Sohn Christoph dazu.
    Als Andrea 12 Jahre alt ist, trennt sich Lilo von ihrem Ehemann und verlässt dabei auch ihre beiden Kinder.
    Einfach ausgesprochen, doch nichts ist einfach an der Geschichte von Lilo, ihrer Ehe und ihren Kindern.
    Es werden einige Jahre vergehen, bis Lilo wieder den Kontakt zu ihren Kindern suchen wird. Doch insbesondere zwischen ihr und Andrea wird es nie zu einem innigen Mutter-Kind-Verhältnis kommen, so sehr sich die Eine auch bemühen wird, kann die Andere nicht über ihren eigenen Schatten springen. Der Kontakt wird aber nie abreißen.
    Irgendwann werden die Beiden sich an diesen distanzierten Zustand gewöhnen und sich mit der Oberflächlichkeit ihrer Beziehung arrangieren.
    Mit „Man kann Müttern nicht trauen" versucht Andrea Roedig, das eigenartige Verhältnis zu ihrer Mutter literarisch zu verarbeiten. Es wäre für sie ein Leichtes gewesen, aus diesem Buch eine Anklageschrift gegen eine Mutter, die ihre Kinder im Stich gelassen hat, zu verfassen. Doch wider Erwarten geht sie anders an die Sache heran. Sie sucht nach einer Erklärung für das Verhalten ihrer Mutter, indem sie Lilos Geschichte erzählt, angefangen in der Kindheit in den 40er Jahren in Düsseldorf, der ersten Ehe mit Andreas, dem Vater von Lilos Kindern, gefolgt von Ehemann Zwei und Drei, bis hin zu Lilos Tod mit 77 Jahren. Anhand von Briefen, Tagebüchern, Fotoalben und Erzählungen von Verwandten und Bekannten, kommt die Tochter ihrer Mutter näher als sie es zu Lebzeiten getan hat. Dabei zeichnet sie das Bild einer Frau, das man sicher nicht mögen muss, das aber erklärt, warum Lilo herzlich wenig dem romantisch-verklärtem Bild entspricht, das allgemein mit dem Begriff „Mutter“ in Verbindung gebracht wird.
    Natürlich geht eine Mutter-Tochter-Beziehung, wie die von Andrea und Lilo nicht spurlos an der Psyche vorbei. Die Autorin beschönigt dabei nichts und gewährt dem Leser einen intimen Einblick in ihr eigenes Seelenleben.
    Die Geschichte von Andrea und ihrer Mutter macht zwar fassungslos, ist vielleicht auch schwierig zu akzeptieren, kann aber dennoch begreiflich machen, warum es Mütter gibt, die eigentlich keine sind. Ein starkes Buch!

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