Lunapark

Buchseite und Rezensionen zu 'Lunapark' von Volker Kutscher
4.5
4.5 von 5 (2 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Lunapark"

Gereon Rath legt sich im sechsten Fall der Kriminalserie von Volker Kutscher mit einem SA-Sturm und der Berliner Unterwelt an. Berlin 1934: Unter der Eisenbahnbrücke an der Liesenstraße wird ein toter SA-Mann gefunden, über dem eine kommunistische Parole prangt. Am Tatort trifft Kommissar Gereon Rath auf seinen früheren Kollegen Reinhold Gräf, der inzwischen für die Geheime Staatspolizei arbeitet. Während Gräf von einem politischen Mord ausgeht, ermittelt Rath in eine andere Richtung. Er entdeckt Verbindungen zu einem zerschlagenen Ringverein, der seine kriminellen Aktivitäten als SA getarnt fortsetzt. Als ein zweiter SA-Mann erschlagen aufgefunden wird, deutet alles auf eine Mordserie hin. Während der Ermittlungen wird die politische Lage immer brisanter: Gereon Raths Frau gerät in SA-Haft und der Kommissar wird in einen Strudel sich überschlagender Ereignisse gezogen, an deren Ende er selbst unter Druck gerät: Er soll einen Mord ausführen! Volker Kutscher liefert atemlose Spannung und das packende Porträt politisch höchst unruhiger Zeiten. Die internationale Verfilmung 'Babylon Berlin' läuft als Serie auf Sky und ab Herbst 2018 in der ARD. 'Milieusicher und atmosphärisch dicht lässt der gelernte Historiker Kutscher das historische Berlin noch einmal ziemlich lebendig werden.' Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung

Format:Taschenbuch
Seiten:560
EAN:9783462051612

Rezensionen zu "Lunapark"

  1. Spannend und bedrückend

    Ein toter SA-Mann wird 1934 unter einer Eisenbahnbrücke in Berlin aufgefunden. Es sieht aus, als sei er erschlagen worden. Als Gereon Rath am Tatort ankommt, muss er feststellen, dass auch die Geheime Staatspolizei an dem Fall interessiert ist. So muss er wieder mit seinem früheren Kollegen Reinhold Gräf zusammenarbeiten, der ihm inzwischen rangmäßig gleichgestellt ist. Während Gräf felsenfest überzeugt ist, dass es sich um einen politischen Mord handelt, den die Roten verübt haben, hat Gereon da seine Zweifel. Bei der Obduktion stellt sich heraus, dass der Tote in Wirklichkeit an einem Glasauge erstickt ist. Rath beginnt zu ermitteln ohne die Staatspolizei zu informieren und findet Spuren, die in die Vergangenheit weisen.
    In Berlin ändert sich vieles, aber Gereon bleibt wie er ist. Er verdrängt die Situation und hofft, dass alles schon nicht so schlimm wird und der Spuk bald eine Ende hat. Noch kommt er mit seiner höchst eigenen Version des Hitler-Grußes durch. Wir wissen natürlich, wie alles wirklich weiterging. Es ist sehr bedrückend zu lesen, wie die Menschen drangsaliert wurden und wie die Angst umgeht. Man flüchtet von der Straße sobald schwarze Uniformen auftauchen, denn man weiß nicht, ob man solch eine Begegnung heil übersteht. Wer verhaftet wird, den erwarten harte Verhöre und Folterung, und wer allzu widerspenstig ist, der landet auch schon mal im Konzentrationslager.
    Auch in der Familie Rath macht sich die politische Situation unangenehm bemerkbar. Charly geht offenen Auges durch die Welt und sieht die drohende Gefahr. Gereons mangelndes politisches Interesse regt sie auf und der Haussegen hängt öfter mal schief. Dass ihr Pflegesohn Fritze dann auch noch der HJ beitreten will, macht sie nur noch wütender. Diese Unzufriedenheit bringt sie dazu, leichtsinnig zu handeln und einer jungen Frau zu helfen. Fritze dagegen fühlt sich in der Gruppe anderer Jungen wohl und nimmt begierig auf, was ihm dort vermittelt wird.
    Gräf hat die Zeichen der Zeit für seine Karriere zu nutzen gewusst. Er weiß, dass ihm alle Wege offen stehen. Mich hat aber überrascht, wie kaltblütig er die Chance nutzt, dunkle Flecken in seinem Leben verschwinden zu lassen.
    Es gibt weitere tote SA-Männer und Gereon hat schon bald einen Verdacht, wer hinter den Morden steckt. Er will den Täter natürlich festnehmen, aber Dr. Marlow hat auch ein Interesse daran, dass dieser von der Bildfläche verschwindet – aber das bitte tot. Gereon spürt nun sehr heftig, dass die Nähe zu dem Gangsterboss für ihn gefährlich ist. Da er Charly aber immer aus solchen Geschichten rausgehalten hat, kann er nun auch nicht offen mit ihr reden. Er verhält sich wieder einmal wie immer, wenn’s schwierig wird: Er duckt sich weg. Aber das Problem ist da und muss gelöst werden.
    Wieder einmal gelingt es Volker Kutscher perfekt, uns diese bedrückende Zeit nahe zu bringen. Von Buch zu Buch wird es bedrückender und mit dem Wissen von heute geht es einem beim Lesen besonders nah. Trotzdem fesselt diese Geschichte und versetzt einen in ein Wechselbad der Gefühle. Dennoch bin ich schon sehr auf den nächsten Band gespannt.
    Ein packender Krimi in einer dunklen Zeit.

    Teilen
  1. 4
    18. Nov 2017 

    Berlin 1934

    Gereon Rath bekommt so langsam den Eindruck, dass er der dienstälteste Kommissar bei der Kriminalpolizei ist. Karriere macht man wohl nur noch bei den Politischen. Trotzdem will er die Mordkommission nicht verlassen. Sogar sein ehemaliger Assistent Gräf, der nun bei der Gestapo ist, ist schon Kommissar. Nun hat man die Leiche eines SA-Mannes gefunden und Rath und Gräf müssen zusammenarbeiten. Charlie Rath will indessen wieder arbeiten gehen. Während ihr Pflegesohn Fritz unbedingt zur HJ will, schließlich sind inzwischen alle da. Charlie möchte dies am liebsten verbieten. Gereon dagegen meint, es werde schon nicht so schlimm sein, schließlich sei Hitlers Stern am Sinken.

    Ein ungleiches Ermittlerduo sind Rath und Gräf. Während Gereon Rath versucht herauszufinden, wer den Toten so übel zugerichtet hat, scheint Gräf nur das Ziel zu verfolgen, die Schuld den Kommunisten in die Schuhe schieben zu können, die man sowieso auf dem Kieker hat. Schnell lernen die Ermittler, dass der Tote keineswegs so unbescholten war, wie es Gräf gerne hätte. Es gibt Verbindungen zu den ehemaligen Ringvereinen, die eigentlich aufgelöst sein sollten. Indessen versucht Charlie einer alten Bekannten zu helfen, die nach ihrem Bruder sucht. Kein so harmloses Unterfangen wie man denken könnte.

    Mehr gegeneinander als miteinander arbeiten Gräf und Rath und dennoch ringen beide um die Lösung des Falles. So aufrecht Rath dabei die ehrliche Polizeiarbeit verfolgt, so geradeaus würde man sich seine Meinung zu der politischen Lage wünschen. Doch er verhält sich eher opportunistisch und bringt seine Frau zu recht gegen sich auf. Natürlich ist es in der Rückschau leicht zu sagen, man hätte das drohende oder eigentlich schon eingetretene Unheil sehen müssen. Doch gerade die heutige Zeit lehrt mal wieder, dass manche Menschen dazu neigen alle positiven Errungenschaften einer Gesellschaft mit Füßen zu treten und andere dann meinen, es könne nicht so arg werden. Allerdings kommt es dann schlimmer. Und so möchte man Gereon Rath nicht zum ersten Mal durchschütteln, um ihm Vernunft und Weitsicht einzugeben. Doch sogar Gereon ist schließlich befremdet und besorgt über die Entwicklung seines Ziehsohnes. Und so wie nach und nach einige Teile der Hintergründe des ersten Mordes zu tage treten, so wird dieser Krimi immer spannender bis zu seinem bedrückenden Finale, das für die Zukunft nichts Gutes erwarten lässt.

    Eine tolle Reihe von Kriminalromanen, die eine Zeit nahebringt, aus der man am besten die Lehre ziehen sollte, dass Demokratie, Toleranz und Freiheit doch sehr erstrebenswert sind. Teile der Reihe wurden inzwischen auch für das Fernsehen verfilmt.

    Teilen