Lost in Fuseta

Buchseite und Rezensionen zu 'Lost in Fuseta' von Gil Ribeiro
4.5
4.5 von 5 (4 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Lost in Fuseta"

Ein Portugal-Krimi
Broschiertes Buch
"Mit Leander Lost hat der Autor eine faszinierende Ermittlerfigur erschaffen." Hamburger Abendblatt.
Nach dem fulminanten Start seiner Krimireihe um Leander Lost, den so ungewöhnlichen wie liebenswerten Hamburger Kommissar in Diensten der portugiesischen Policia Judiciária, führt uns Gil Ribeiro mit "Lost in Fuseta - Spur der Schatten" in einen äußerst spannenden Fall, dessen Hintergründe um die koloniale Vergangenheit Portugals kreisen.
"Ich habe das Gefühl, ich bin jetzt angekommen", hatte Leander Lost schwer verletzt, aber glücklich zu seinen neuen portugiesischen Kollegen gesagt, nachdem sie in ihrem ersten gemeinsamen Fall den schmutzigen Geschäften eines Wasserversorgers an der Algarve auf die Schliche gekommen waren - und nachdem Lost endlich verstanden hatte, wie man einen gelungenen Witz macht. So stürzt sich der schlaksige Deutsche und Asperger-Autist gemeinsam mit den Sub-Inspektoren Graciana Rosado und Carlos Esteves in die Ermittlungen um eine verschwundene Kollegin - zumal er fasziniert ist von der Tochter der Verschwundenen, die ähnlich eigenwillig auf die Welt zu blicken scheint wie er ...
Erneut erzählt Gil Ribeiro mit Dialogwitz und einer solchen Herzenswärme von Leander Lost und seinen Kollegen - man möchte am liebsten sofort an die Algarve reisen, um diese fantastischen Leute kennenzulernen und mitzuermitteln.

Autor:
Format:Broschiert
Seiten:400
EAN:9783462051247

Rezensionen zu "Lost in Fuseta"

  1. 5
    05. Mai 2023 

    Leander Losts erster Fall...

    Das Septemberlicht an der Algarve ist von betörender Schönheit. Am Flughafen von Faro nehmen Sub-Inspektorin Rosado und ihr Kollege Esteves einen schlaksigen Kerl in schwarzem Anzug und mit schmaler Lederkrawatte in Empfang: Leander Lost, Kriminalkommissar aus Hamburg, für ein Jahr in Diensten der Polícia Judiciária. Eine Teambildung der besonderen Art beginnt, als die portugiesischen Sub-Inspektoren feststellen müssen, dass ihr neuer Kollege aus Deutschland nicht nur merkwürdig gekleidet ist, sondern sich auch merkwürdig verhält. Erst langsam kommen sie dem Mörder eines Privatdetektivs auf die Spur, sowie der Tatsache, dass Leander Losts Merkwürdigkeiten dem Asperger-Syndrom geschuldet sind – und dass seine Inselbegabungen äußerst hilfreich sind bei der Lösung des Falls um die schmutzigen Machenschaften eines Wasserversorgers an der Algarve... (Klappentext)

    Der Titel hat mich ehrlich gesagt zunächst in die Irre geführt. "Lost in Fuseta" las sich für mich englisch und dementsprechend als "Verloren in Fuseta". Das trifft es vielleicht auch ein wenig, aber in erster Linie geht es hier doch um einen deutschen Kriminalkommissar, der im Rahmen eines EU-Austauschprojektes für ein Jahr an die portugiesische Algarve versetzt wurde. Leander Lost ist sein Name, und er kommt aus Hamburg.

    Als die portugiesischen Kolleg:innen ihn am Flughafen von Faro in Empfang nehmen, stutzen sie bereits das erste Mal. Leander Lost trägt ungeachtet der warmen Temperaturen einen schwarzen Anzug mit schmaler Lederkrawatte. Nur zu schnell bemerken die Beamten aus Fuseta dann, dass auch das Verhalten des deutschen Kriminalkommissars merkwürdig ist. Er versteht keine Ironie, ist unfähig zu lügen, nicht in der Lage, menschliche Mimik zu interpretieren, und er benötigt bestimmte Rituale, um sich sicher zu fühlen. Außerdem sagt er genau das, was er denkt, was teilweise womöglich etwas aufstößt.

    Doch bevor sich Sub-Inspektorin Rosado und ihr Kollege Esteves noch groß wundern können, werden sie an einen Tatort gerufen. Ein Privatdetektiv wurde erschlagen auf einem Boot aufgefunden, und der "alemão" wird gleich in die Ermittlungen zu dem Todesfall mit einbezogen. Im Büro des Detektivs überraschen die Polizisten einen Einbrecher, der die Räume in Brand setzt und dann kurzerhand Losts neuen Kollegen Carlos Esteves als Geisel nimmt und diesen mit der Waffe bedroht, um sich einen Fluchtweg zu erzwingen. Lost zögert nicht und zieht seine Waffe - und schießt Esteves ins Bein. Eine schräge Rettungsaktion, die funktioniert - doch die portugiesischen Kolleg:innen sind alles andere als amüsiert. Sie wollen den merkwürdigen Hamburger Kollegen schnellstmöglich wieder loswerden.

    Zum Glück für Lost erkennt die Schwester von Sub-Inspektorin Rosado, dass Lost das Asperger-Syndrom hat - und dass der Beinschuss auf Esteves für ihn eine rein pragmatische Lösung war. Begeistert ist trotzdem niemand, aber alle beginnen zu erkennen, dass hinter den merkwürdigen Verhaltensweisen von Lost ein grundehrlicher Kerl steckt, der zudem noch verblüffende Fähigkeiten hat. So verfügt er beispielsweise über ein eidetisches Gedächtnis: kurze visuelle Eindrücke genügen, damit sich Leander Lost komplexe Szenen detailgenau merken kann. Dies bringt letztlich auch die Ermittlungen um den toten Privatdetektiv voran, der schmutzigen Machenschaften eines Wasserversorgers auf der Spur war...

    Bei diesem ersten Fall von Leander Lost handelt es sich um einen beschaulichen Krimi, was sicher auch der Tatsache geschuldet ist, dass hier die Charaktere erstmals vorgestellt werden, ebenso wie die Örtlichkeiten und spezifische Merkmale der portugiesischen Algarve. Manche Schilderungen ziehen sich vielleicht etwas in die Länge, einiges erscheint womöglich recht klischeehaft, und doch hat mir der Krimi insgesamt außerordentlich gut gefallen. Ernste Themen ranken um den eigentlichen Kriminalfall, das beschauliche Lebenstempo Portugals spiegelt sich im Geschehen, die Charaktere erscheinen glaubhaft und authentisch.

    Besonders gefallen hat mir dabei, dass trotz etlicher witzig-schräger Szenen, bei denen ich teilweise Tränen gelacht habe, Leander Lost nicht der Lächerlichkeit preisgegeben wird. Im Gegenteil: Gil Ribeiro bemüht sich, einen Blick hinter die Fassade zu werfen, und da zeigt sich eben auch die Verletzlichkeit des Hamburger Polizisten, der eben auch nicht frei von Ängsten und Sehnsüchten ist. Vor allem möchte er einfach mal irgendwo dazugehören und verzweifelt doch nahezu an dieser Aufgabe. So kommt es stellenweise unerwartet auch zu berührenden Situationen.

    Andreas Pietschmann liest die ungekürzte Hörbuchfassung (10 Stunden und 13 Minuten) dem Geschehen entsprechend ruhig und mit angenehmer Stimme. Auch die portugiesischen Namen und Begriffe spricht er versiert aus.

    Alles in allem ein spannender, atmosphärischer und unterhaltsamer Einstieg in eine Krimireihe, die bereits verfilmt wurde, wie ich gesehen habe. Band zwei wird sicher folgen!

    © Parden

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  1. In seinem zweiten Fall

    In seinem zweiten Fall bekommen es Leander Lost, Graciana Rosado und Carlos Esteves mit dem dreckigen Erbe des portugisischen Kolonialismus zu tun. Auslöser ist das Verschwinden einer Kollegin, eine groß angelegte Suchaktion in Fuseta verläuft allerdings ergebnislos. Allerdings wird ihr Auto in einem Parkhaus einer etwas weiter entfernt gelegenen Stadt gefunden, zudem Blutspuren, die ihr zugeordnet werden können, später wird dann auch andernorts die Leiche entdeckt. Mit Hilfe von Losts eidetischem Gedächtnis kann der Name eines dringend verdächtigen Halters eines Autos, der sich zur Zeit des Mordes im Parkaus befand, ausgemacht werden. doch die Festnahme endet in einem Fiasko, denn es erweist sich, dass der wahre Täter sich offensichtlich durch einen Identitätsdiebstahl geschützt hat. Die drei Ermittler rätseln, wer hinter dieser raffiniert durchgeführten Aktion steckt, finden aber zunächst keine Anhaltspunkte und auch kein Motiv für den Mord an der Kollegin. Erst spät gelingt ihnen einen Durchbruch, und sie kommen auf die Spur eines geplanten Attentas auf eine angolanische Aktivistin, die gegen den dortigen korrupten Machthaber kämpft. In einem Wettlauf gegen die Zeit, gelingt es ihnen, weitere Opfer zu verhindern.

    Erneut spielt neben dem Kriminalfall Losts Asperger-Syndrom eine wichtige Rolle, da es einerseits zu mehreren homorvollen Einlagen führt, aber auch erneut die Tragweite für die davon betroffenen vermittelt. Ironie, Wortspiele sind mit Logik nicht zu erfassen, was stets zu Missverständnissen führen kann. Deutlich wird ebenfalls, welchen Aufwand Lost betreiben muss, um nicht aufzufallen. Allerdings wird er in der Sonne des portugisiechen Südens von Gracianas Familie herzlich aufgefangen, was ihm das Leben doch deutlich erleichtert.

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  1. Krimi mit Extras

    „Ich hab das Gefühl, ich bin jetzt angekommen.“

    Damit endete Leander Losts erste Ermittlungen in Fuseta in der portugiesischen Algarve. Der deutsche Kriminalbeamte Leander Lost befindet sich aufgrund eines internationalen Austauchabkommens in Portugal. Für den Asperger-Autisten ist jeder Tag ein hartes Stück Arbeit sich in der Welt neurotypischer Menschen zurechtzufinden und sich in seinem Team zu integrieren. Dabei haben sich die portugiesischen Ermittler, allen voran Sub-Inspektorin Graciana Rosado und ihr Kollege Carlos Esteves, als gastfreundliche und kollegiale Freunde herausgestellt.

    In „Spur der Schatten“, dem zweiten Fall für Leander Lost, verschwindet nun die stets zuverlässige Polizistin Teresa Fiadeiro. Bei der Rekonstruktion ihrer letzten Wege, erhärtet sich der Verdacht, dass Teresa Opfer einer Entführung wurde. Kurz darauf findet man ihre Leiche. Es dauert sehr lange, bis sich verwertbare Hinweise auf Motiv und Täter ergeben, die dann schließlich in einer hochpolitischen Angelegenheit endet, die weit in die portugiesische Vergangenheit führt.

    Es liegt nicht an der Inkompetenz der Ermittler, dass der Kriminalroman aus der Feder von Gil Ribeiro, einem unter Pseudonym schreibenden deutschen Schriftstellers, erst im letzten Drittel Fahrt aufnimmt. Es liegt vor allem an den vielen kleinen, privaten Momenten der Beteiligten. Gil Ribeiro nimmt sich viel Zeit, die schwierigen zwischenmenschlichen Beziehungen zu beleuchten. Er lässt uns Anteilnehmen an den alltäglichen beruflichen und familiären Begebenheiten, schaut auf das Land, die Leute, ihre Gewohnheiten.

    Das Buch lebt vor allem von der bemerkenswerten Person des Leander Lost. Senhor Lost, auch Senhor Léxico genannt, weil er ein enormes Wissen mit sich trägt, ist Asperger-Autist, und Eidetiker. Er erkennt keine Ironie, kann nicht lügen und kommt mit nonverbaler Kommunikation nicht zu recht. Lost hat sich ein „Kompendium sinnloser Sätze“ zugelegt, mit dem er nun bei jedem Gespräch brillieren kann.

    „Leander hatte herausgefunden, dass die Trägheit der menschlichen Kommunikation nicht nur durch missverständliche Äußerungen verursacht wurde, deren Aufklärung Zeit kostete und das Gespräch unnötig umständlich gestaltete, sondern durch den schlichten Umstand, dass es oftmals gar nicht primär um den Austausch von Informationen ging.“

    Die Serie um Leander Lost ist kein schneller Thriller. Die Krimihandlung, die zunächst als vernachlässigbar erscheint, entpuppt sich als politische Verschwörung. Der Fokus liegt auf Lost, seiner Inselbegabung und den daraus resultierenden Entwicklungen. Darauf eingestellt hat diese Serie nicht nur Urlaubsflair (und das ist in Zeiten wie diesen schon etwas Feines), sondern ist eben ein gut durchdachter Krimi mit einigen Extras.

    „Ich hab das Gefühl, ich bin jetzt angekommen.“

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  1. Gelungene Fortsetzung

    Leander Lost ist jetzt ein halbes Jahr in Fuseta. Im Austauschprogramm von Europol hat er seinen Hamburger Arbeitsplatz mit einem Kollegen der portugiesischen Kleinstadt getauscht. Er fühlt sich angenommen, trotz der Schwierigkeiten in der Kommunikation durch sein Asperger Syndrom. Aber seine Inselfähigkeiten haben schon mehrfach bei der Lösung komplizierter Sachverhalte geholfen und das Verhältnis mit den Kollegen ist besser, als es in Hamburg je war. Außerdem gibt es da noch Soraia, die Schwester von Subinspektorin Graziana Rosada.

    Als eine zuverlässige Kollegin nicht zum Schichtwechsel erscheint, wir Subinspektorin Rosada stutzig. Auch in der Wohnung gibt es keine Spur der Kollegin, lediglich ihr Handy liegt dort. Obwohl es noch keine Lösegeldforderung gibt, weist vieles auf eine Entführung hin. Gleichzeitig soll die Dienststelle für die Sicherheit einer Angolanerin sorgen, die für ihre NGO eine Rede vor dem Parlament halten möchte. Als die Tochter der Entführten anreist, ist Lost positiv überrascht, sie haben eine sehr ähnliche Sicht auf die Welt. Bald scheinen die beiden Aufgaben sich zu überschneiden und die Zeit läuft…

    Schon vom ersten Band war ich begeistert und es ist schwer mit einem Nachfolger meine hohen Erwartungen zu erfüllen. Gil Ribeiro ist das gut gelungen. Ich habe mich sofort wieder nach Portugal versetzt gefühlt und Leander Lost ist als Anti-Held die ideale Besetzung für diese außergewöhnlichen Krimis.

    Mir gefiel der Plot, der temporeich ist, aber trotzdem immer auch Zeit für eine kleine mediterrane Pausen hat. Wenn die Familie Rosada zusammensitzt und Leander sich behaglich und beschützt fühlt. Wenn es um portugiesische Spezialitäten geht, die zu den diversen Mahlzeiten gereicht werden. Kollege Carlos Estevez trifft man sehr selten ohne einen Vorrat kleiner Köstlichkeiten an. Der Fall führt bald in die nicht immer ruhmreiche Geschichte Portugals als Kolonialmacht und die Kollegen der Policia Judicaiaria sind gefordert.

    Aber am besten gefällt mir, wie der Asperger Leander Lost dargestellt ist, seine Probleme mit der nonverbaler Kommunikation ergeben immer wieder urkomische Szenen, ohne dass sie auf Kosten dieser Einschränkung gemacht werden. Im Gegenteil: wenn sich Lost auch als Mensch mit Mängeln sieht, wird den Kollegen immer mehr klar, dass das auch Stärken sein können. Seit Lost in einem Antiquariat den Ratgeber „Kompendium sinnloser Sätze“ eines völlig unterschätzten Autors namens Dan B. Tucker gefunden hat, kann er auch jede Situation mit einer Phrase retten. Das „meinen Sie“ oder „was sie nicht sagen“ kommt nun schon sehr flüssig von den Lippen.

    Kurz gesagt: Für mich eine absolut gelungene Fortsetzung und ein echter Wohlfühlkrimi, in dem auch Spannung und Tempo sehr hoch bleiben und bei dem mir auch das Hintergrundthema sehr gefallen hat.

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