Lincoln im Bardo: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Lincoln im Bardo: Roman' von George Saunders
4.75
4.8 von 5 (4 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Lincoln im Bardo: Roman"

Gebundenes Buch
Während des amerikanischen Bürgerkriegs stirbt Präsident Lincolns geliebter Sohn Willie mit elf Jahren. Laut Zeitungsberichten suchte der trauernde Vater allein das Grabmal auf, um seinen Sohn noch einmal in den Armen zu halten. Bei George Saunders wird daraus eine allumfassende Geschichte über Liebe und Verlust, wie sie origineller, faszinierender und grandioser nicht sein könnte.

Im Laufe dieser Nacht, in der Abraham Lincoln von seinem Sohn Abschied nimmt, werden die Gespenster wach, die Geister der Toten auf dem Friedhof, aber auch die der Geschichte und der Literatur, reale wie erfundene, und mischen sich ein. Denn Willie Lincoln befindet sich im Zwischenreich zwischen Diesseits und Jenseits, in tibetischer Tradition Bardo genannt, und auf dem Friedhof in Georgetown entbrennt ein furioser Streit um die Seele des Jungen, ein vielstimmiger Chor, der in die eine große Frage mündet: Warum lieben wir überhaupt, wenn wir doch wissen, dass alles zu Ende gehen muss?

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:448
EAN:9783630875521

Rezensionen zu "Lincoln im Bardo: Roman"

  1. Überragend

    „Seltsam, nicht wahr? Dass man sein Leben einem ganz bestimmten Ziel verschreibt, dafür andere Seiten seines Lebens vernachlässigt, und am Ende bleibt von diesem Ziel einfach nichts übrig, die Früchte der eigenen Arbeit geraten restlos in Vergessenheit?“ (S. 270)

    Willie Lincoln – geboren am 21. Dezember 1850, gestorben am 20. Februar 1862. Moment mal – Lincoln? War das nicht…? Ja, genau – der 16. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, Abraham Lincoln, war der Vater des kleinen Willie, der an Typhus gestorben ist. Soweit die Fakten.

    Wie es als Eltern ist, ein geliebtes Kind zu verlieren – nun, diese Erfahrung will man gar nicht erst machen. Doch manchmal schreibt das Leben seine eigenen Regeln.

    Wie sich aber ein Vater fühlen könnte (oder auch getan hat), dem selbiges widerfahren ist, ist Teil von George Saunders überragendem – ja, was ist es eigentlich? Roman? Theaterstück? Ich würde sagen: eine Mischung aus beidem – „Lincoln im Bardo“. Es gibt kaum längere Textpassagen – hier regiert „In der Kürze liegt die Würze“. Das mag auf den ersten Blick verwirrend, zusammenhanglos, zerstückelt wirken, ergibt aber in der Summe ein grandioses Stimmenwirrwarr.

    George Saunders gibt hier nämlich den Toten eine Stimme, die im Bardo „hängen“. „Bardo“ ist die Bezeichnung für die nach der Lehre des Tibetischen Buddhismus möglichen Bewusstseinszustände im Diesseits wie im Jenseits. Klingt skurril? Oh ja, das ist es. Aber es ist mit dem nötigen Respekt geschrieben – Respekt vor den Menschen, die ALLE Fehler haben und damit umgehen müssen (egal ob es ein Reverend ist oder ein Leutnant, ein Druckereiarbeiter oder ein Wissenschaftler, dessen Arbeit nicht anerkannt wurde) und gleichzeitig eben skurril, abgedreht, einzigartig.

    Saunders verbindet auf grandiose Art und Weise erfundene „Lebensläufe“ mit realen und fiktiven Quellen über den Tod von Willie (wobei die geneigte Leserschaft nie weiß, welche Quellen real und welche erfunden sind), die tief empfundene Trauer von Abraham Lincoln und bindet selbst den zu der Zeit herrschenden Krieg zwischen Nord- und Südstaaten in die Handlung mit ein. Auch bezieht Saunders klar Stellung gegen Rassismus.

    Dieser erschütternde, nichts desto trotz wohlschmeckende Cocktail ergibt das mit Abstand außergewöhnlichste Buch, das ich jemals gelesen habe. Es wird einen Ehrenplatz in meinem Regal erhalten und trotz des immens hohen SuBs DEFINITIV ein weiteres Mal gelesen werden.

    5* deluxe und eine absolute Leseempfehlung!

    ©kingofmusic

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  1. 4
    28. Okt 2019 

    Zwischenreich

    Der 11-jährige William Lincoln stirbt im am 20.Februar 1862. Sein Vater Abraham ist Präsident der Vereinigten Staaten. Doch er ist nicht nur Präsident, er ist auch Vater. Und als dieser ist er tieftraurig über den Verlust seines geliebten Sohnes. Nur zwei Tage später wird der Junge bestattet. Und zur ersten Geisterstunde entsteigt er dem Grab, nicht wissend, was passiert ist. Sein Vater, der ihn ein letztes Mal um armen will, besucht die Grabstätte. Obwohl Willie nicht mehr mit seinem Vater sprechen kann, fühlt sich durch dessen Gegenwart wie neu belebt.

    In diesem in allen Bereichen überraschenden Roman entsteigen die Toten ihren Kisten. Ein kunterbunt gemischtes Völkchen tummelt sich auf dem Friedhof. Und ein lebendiger Präsident, der den Verlust seines Sohnes betrauert. Viele Geschichten entfalten sich aus den Gesprächen der Toten. Manche sind schon lange an diesem Ort. Viele kamen und gingen. William ist neu, er muss sich erst zurechtfinden. Doch die jungen gehen meist schnell. Sie alle haben eine Vorgeschichte und natürlich gibt es für jeden einen Grund, warum er hier ist. Der eine wurde von einem Holzbalken erschlagen, der andere brachte sich um und Willie starb an Typhus.

    Aus verschiedensten Richtungen wird die Geschichte beleuchtet, so dass kaum eine Seite ohne neue Entdeckung vergeht. Der bedauernswerte Willie, sein Vater, der sich Vorwürfe macht und gleichzeitig das Land regieren muss. Seine Stellung in der Historie und daneben die des alternden Ehemannes, des jungen Liebhabers. Tragik und Komik sind hier manchmal nahe beieinander. Und Tatsachen wechseln sich mit Erfundenem ab. Es ist ein wahrer Fall von „Die Mischung macht’s“. Man erlebt Höhen und Tiefen, schaut auf unterschiedlichste Lebenswege, man staunt, man empfindet Trauer und Freude. Und irgendwie ist das Leben ein Kreislauf, der mit jeder Generation von Neuem beginnt und der es mit Sicherheit wert ist, gelebt zu werden.

    Ein Buch wie ein Feuerwerk, diese Lektüre lohnt sich.

    4,5 Sterne

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  1. 5
    13. Sep 2018 

    Auch Geister haben Gefühle

    Meine übliche Herangehensweise an ein Buch besteht darin, mich grob über den Inhalt zu informieren. Dabei lasse ich Klappentexte, Rezensionen etc. außen vor. Ich möchte mich nicht vorab beeinflussen lassen. Allerdings war mein erster Gedanke, als ich den Roman "Lincoln im Bardo" von George Saunders das allererste Mal aufgeschlagen habe: "Ach, du Schande! Hättest du dich mal vorher schlau gemacht. Da hast du dich wohl von dem Prädikat "Man Booker Prize 2017" blenden lassen."

    Nach den ersten Seiten habe ich dieses Buch gehasst, ein paar Seiten später wollte ich es nicht mehr aus der Hand legen. Und am Ende war ich süchtig danach und habe es in Rekordzeit gelesen.

    Der erste Eindruck deutet darauf hin, dass dieser Roman eine Aneinanderreihung von Gesprächsfetzen ist. Das ist gewöhnungsbedürftig und nicht leicht zu lesen, zumal diese Gesprächsfetzen von einer Vielzahl unterschiedlicher Personen kommen (irgendwo habe ich die Zahl 160 gelesen), die sich gerade am Anfang weder zuordnen noch auseinanderhalten lassen. Hinzu kommen Auszüge aus Texten von fiktiven und realen Chronisten aus der Zeit von Abraham Lincoln (1809 - 1865). Auf den ersten Blick ist das Buch ein großes chaotisches Durcheinander. Es gibt nur selten Fließtext, bestenfalls erinnert die Textform an ein Drehbuch oder ein Theaterstück. Erstaunlich, dass sich beim Lesen ein Sog entwickelt hat, der mich geschmeidig durch die Handlung gleiten ließ.

    "Oh, wie pathetisch! - abgezehrt, von eingegrabenen Zügen unsagbarer Traurigkeit gezeichnet, das Aussehen eines einsamen Mannes, einer Seele mit so tiefem Kummer, so tiefer Bitternis, dass kein menschliches Mitgefühl je heranreichen könnte. Dies war weniger der Präsident der Vereinigten Staaten, besagte mein gewonnener Eindruck, als vielmehr der traurigste Mensch der Welt."

    Und darum geht es in diesem Buch:
    Nachdem Willie, der 11-jährige Sohn von Abraham Lincoln (16. Präsident der USA), gestorben ist, findet er sich auf dem Friedhof wieder. Sein Zustand scheint eine Übergangsstation zwischen dem Leben und dem, was danach kommt, zu sein ( = Bardo: ein Begriff aus dem tibetischen Buddismus, der einen Bewusstseinszustand zwischen dem Diesseits und dem Jenseits bezeichnet - ganz grob erklärt). Hier trifft er auf unzählige Gestalten, die hier ebenfalls wandeln, die Einen bereits seit Jahren, die Anderen erst seit Kurzem. Alle habe eines gemein: sie sehen sich nicht als "tot" an. Stattdessen sind sie in einer Warteposition, um wieder in ihr altes Leben zurückzukehren oder auf, ihnen nahestehende Menschen zu warten, die ebenfalls irgendwann das Zeitliche segnen werden. Willie unterscheidet sich von den anderen Gestalten. Er ist jung, und er erhält Besuch von seinem Vater. In der Nacht nach der Beerdigung seines Sohnes, kommt Lincoln nochmal allein zur Gruft, in der sein Sohn begraben ist. Voller Trauer und Verzweiflung will er Abschied nehmen. Und das, was anschließend in dieser Nacht geschieht, lässt sich nicht mit Vernunft und gesundem Menschenverstand erklären. Nur soviel: auch Geister haben Gefühle.

    "Während die Toten sich in unvorstellbaren Mengen häuften und sich Kummer zu Kummer gesellte, klagte eine Nation, die bislang wenig Opfer bringen musste, Lincoln wegen schlechter, zaudernder Kriegsführung an."

    Abraham Lincoln erleidet diesen tragischen Verlust zu einer Zeit, in der sein Land zweigeteilt ist und einen Bürgerkrieg führt. Er wird in seiner Rolle als Präsident 100%ig gefordert. Doch hier zeichnet sich ein nahezu unlösbarer Konflikt zwischen trauerndem Vater und Staatsoberhaupt ab. Die politische Lage lässt dem Privatmenschen nicht viel Freiraum. Und doch nimmt er sich die Freiheit zu trauern, wenn auch nur für einen kurzen Moment. Gleichzeitig wird ihm bewusst, welche Auswirkungen der Krieg auf die Bürger seines Landes hat. Mit jedem gefallenen Soldaten gibt es Menschen, welche dieselbe schmerzhafte Trauer erdulden müssen, wie er selbst, durch den Verlust seines Sohnes.

    Eine Besonderheit dieses Romanes sind die Charaktere, i. d. R. sind dies Tote im Bardo. Sie bilden einen Querschnitt der damaligen (oder auch heutigen?) amerikanischen Gesellschaft. Es sind Arme und Reiche, Weiße und Farbige, Ehrenwerte und Kriminelle, Männer und Frauen, Erwachsene und Kinder, Moralische und Unmoralische...
    Und jeder hat eine Geschichte zu erzählen - die Geschichte der letzten Jahre seines Lebens sowie die Umstände des persönlichen Ablebens. Dabei kommen Geschichten zu Tage, die traurig sind, skurril, lustig, abstoßend, Mitleid erregend. Die Geschichten beinhalten sehr viel schwarzen Humor. Doch bei aller Skurrilität, die George Saunders seinen Charakteren angedichtet hat, hat man stets den Eindruck, dass er ihnen sehr viel Sympathie und Verständnis entgegenbringt. Er stellt Fehler in den Vordergrund, welche Menschen menschlich machen.

    "Bei uns allen, die wir hier sind, ist es natürlich für jede Änderung zu spät. Alles ist getan. Wir sind unstoffliche Schatten, und da sich das Urteil darauf bezieht, was wir in der vorherigen (stofflichen) Welt getan (oder nicht getan) haben, befindet sich jegliche Besserung für immer außerhalb unserer Möglichkeiten. Unser Tun dort liegt hinter uns; wir warten nur darauf, dafür zu bezahlen."

    Fazit:
    Ich habe bisher noch nichts Vergleichbares gelesen. George Saunders hat mit "Lincoln im Bardo" eine bizarre Geschichte entworfen. Gesunder Menschenverstand ist hier fehl am Platze. Stattdessen lässt man sich als Leser auf ein eigentlich gruseliges Kammerspiel ein, das die Vorlage für einen Horrorfilm liefern könnte. Belohnt wird man dafür mit einer beeindruckenden Geschichte über einen Vater und seinen Sohn, über einen Staatsmann und seinen Krieg, über Liebe, Verlust, Trauer und Mitgefühl. Eine Geschichte, die unter die Haut geht, die lustig ist, die spannend ist, die schräg ist, die nachdenklich stimmt, und die ich uneingeschränkt empfehlen kann.

    © Renie

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  1. Geister in "Kranken-Kisten"

    Obwohl ich viel und quer lese, habe ich solch eine Art zu erzählen noch nicht erlebt. Aus einer historischen Begebenheit strickt Saunders "eine allumfassende Geschichte über Liebe und Verlust, die jede bisher bekannte Form des Romans sprengt." (Klappentext)

    Der historische Hintergrund

    Im amerikanischen Bürgerkrieg, in der Nacht vom 20. Februar 1862, stirbt Abraham Lincolns 11-jähriger Sohn Willie, den er über alles geliebt hat. Lincoln soll nach der Beerdigung zum Friedhof zurückgekehrt sein, um seinen Sohn ein letztes Mal in den Armen zu halten. Während der Vater trauert, wird seine Kriegsführung kritisiert und man unterstellt ihm mangelnde Führung. Auf beiden Seiten sind hohe Verluste zu verzeichnen, daher lässt Saunders Lincoln auf dem Friedhof über den Sinn dieses Krieges reflektieren.
    Die historischen Gegebenheiten sind aus zeitgenössischen Quellen, fiktiven und realen, montiert, die sich wie ein Fließtext lesen lassen - trotz der Quellenangaben.

    Dass diese Quellen nicht immer verlässlich sind, zeigt zum Beispiel eine Gegenüberstellung der Aussagen über das Aussehen des Mondes in der Nacht, in der Lincoln ein Bankett gegeben hat, während sein Sohn schon fieberte.

    "goldene Mond, der pittoresk über der Szenerie hängt - In jener Nacht schien kein Mond" (28)

    Der geisterhafte Hintergrund

    "Willie Lincoln befindet sich im Zwischenreich zwischen Diesseits und Jenseits, in tibetischer Tradition Bardo genannt." (Klappentext)

    Dort geistern die Toten, die ihren Tod nicht wahrhaben wollen und daran glauben, ins Leben zurückkehren zu können. Ihre "Kranken-Gestalt" liegt in einer "Kranken-Kiste". In der Dämmerung wandeln sie in einer Erscheinung über den Friedhof, die ihre Innerstes zum Ausdruck bringt. Erst wenn sie ihre Illusionen verlieren, verschwinden sie mit einem "[d]urch Mark und Bein dringenden Feuerball, der mit dem Phänomen der Materienlichtblüte" (123) einhergeht.

    Die häufigsten Stimmen, die zu Wort kommen, sind die
    von Hans Vollmann, einem Drucker, der von einem Balken erschlagen wurde, kurz bevor seine Frau zugestimmt hat, endlich mit ihm das Bett zu teilen. Eine Erfahrung, auf die er immer noch hofft. Willie beschreibt seine Erscheinung:
    "Ganz schön nackt Glied angeschwollen auf die Größe von Konnte gar nicht woandershin gucken" (40)
    von Roger Bevins III, einem homosexuellen jungen Mann, der sich aus Liebeskummer die Adern aufgeschlitzt hat und der im Moment des Sterbens erkennt:
    "Erst jetzt (wo ich schon fast durch die Tür war, sozusagen) wurde mir klar, wie unsagbar schön alles war, wie akkurat zu unserem Vergnügen eingerichtet, ich begriff, dass ich kurz davorstand, ein wundersames Geschenk zu verschleudern" (37)
    von Reverend Everly Thomas, der weitergegangen ist und zurück in den Bardo gekehrt ist. Was hat er gesehen?
    Das Problem, das die Geister haben, ist, dass Kinder nicht im Bardo verweilen dürfen. Das ist nicht vorgesehen und führt zu drastischen Maßnahmen...
    Willie wartet jedoch auf seinen Vater. Nachdem dieser seine "Kranken-Gestalt" aus der "Kranken-Kiste" genommen, angefasst und versprochen hat, wieder zu kommen, will er bleiben.
    Auch die anderen sind voller Hoffnung und wollen mit diesem Jungen reden, denn noch nie hat jemand die "Kranken-Gestalt" berührt. Sie hoffen vielleicht, dass er zurückkehren kann und sie mitnimmt?

    Eine Kakophonie aus Stimmen erhebt sich - alle wollen ihre Geschichten erzählen, die die zeitgenössischen politischen, moralischen und religiösen Einstellungen der Zeit widerspiegeln - die Geister als Abbild der amerikanischen Gesellschaft.

    Erzählweise

    Der Roman besteht einerseits aus den montierten Quellen, die die historischen "Fakten" erzählen, andererseits aus den Gesprächen auf dem Friedhof, wobei unter jeder Aussage der Name der Figur zu lesen ist, die gesprochen hat. Das gleicht einem Theaterstück, wobei das Erzählte im Präteritum steht und die Figuren wiedergeben, was andere gesagt haben.

    "Dass du immer noch hier bist, ist beeindruckend, sagte der Reverend zu dem Knaben.
    Heroisch geradezu, fügte ich an.
    Aber unklug, sagte der Reverend.
    hans vollmann" (135)

    Dadurch entsteht eine kritische Distanz, weil das Geschehen nicht unmittelbar "mit-"erlebt wird. Gleichzeitig wird uns die Geschichte aus unterschiedlichen Perspektiven dargestellt, was wiederum zu dem Abbild der Gesellschaft passt.

    Bewertung

    Ein experimenteller Roman, der sich erstaunlich gut lesen lässt und den man, einmal begonnen, nicht mehr aus der Hand legen will. Zu amüsant sind die "Dialoge" zwischen den Geistern, deren Treiben teilweise einem Klamauk gleicht. Das ist jedoch nur vordergründig so. Saunders stellt auch die Vorstellungen von Himmel und Hölle satirisch auf den Kopf und bezieht eindeutig politisch Stellung gegen den Rassismus. Beklemmend ist eine Szene, in der eine ältere schwarze Sklavin für eine stumme, junge schwarze Frau erzählt, wie diese vergewaltigt und misshandelt wurde - wie ein Stück Vieh, weil jeder Weiße es mit ihr machen durfte.
    Oder wie ein Sklave, der immer gut behandelt wurde, erkennt, dass er sein Leben lang nie das machen durfte, was er wollte, sondern Befehlen gehorchte.

    Ein gelungenes Experiment und für mich eine besonderes Lese-Highlight!

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