Liebe ist die beste Therapie

Buchseite und Rezensionen zu 'Liebe ist die beste Therapie' von John Jay Osborn
4.55
4.6 von 5 (9 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Liebe ist die beste Therapie"

Alles spielt sich in einem Raum mit vier Stühlen ab. Auf denen sitzen: eine Frau und ein Mann Mitte 30 sowie eine Paartherapeutin mit unorthodoxen Methoden. Der vierte Stuhl bleibt leer, er steht für die Ehe, die die beiden aufgebaut haben. Und von der die Therapeutin zu Anfang sagt, die Chance, sie zu retten, sei höchstens 1:1000.

Format:Kindle Edition
Seiten:288
EAN:

Rezensionen zu "Liebe ist die beste Therapie"

  1. Ist die Liebe noch zu retten?

    Da es sich hier nicht um einen typischen Liebesroman handelt, wollte ich dieses Buch unbedingt lesen.

    In der Geschichte geht es um Steve und Charlotte, deren Ehe am Ende ist. Aber ist die Ehe wirklich nicht mehr zu retten und müssen sich die beiden tatsächlich scheiden lassen? Gemeinsam gehen sie zur Paartherapie. Wird ihnen das helfen?

    Als Leser nimmt man direkt an der Paartherapie der beiden teil, denn man sitzt quasi mit im Behandlungszimmer zusammen mit dem Paar, der Therapeutin Sandy und der Ehe.

    Ich als Leserin hatte wirklich das Gefühl teil der Therapie zu sein. Sind Charlotte und Steve anfänglich gar nicht in der Lage sich miteinander sachlich zu unterhalten, merkt man im Verlauf der Handlung, dass sich dies immer mehr bessert. Aus den Vorhaltungen werden schnell Nachdenken und Verständnis.

    Mir hat besonders gut gefallen, dass deutlich wurde, dass die Partner oft nicht sagen was sie denken, sondern stets das Gegenteil, so dass es automatisch zu Missverständnissen kommen muss.

    Ebenfalls schön war, dass man für beide Parteien Verständnis hat und ihr Handeln nachvollziehen konnte. Innerhalb kürzester Zeit sind mir sowohl Steve als auch Charlotte ans Herz gewachsen, da man einfach spürte wie sehr sie aneinander hängen.

    Ich fühlte mich besonders angesprochen, da ich eine unangenehme Scheidung durchmachen musste und leider keine Möglichkeit hatte jemanden wie Therapeutin Sandy an meiner Seite zu haben.

    Fazit: Ein augenöffnender Roman, der sehr nachdenklich, aber auch gleichzeitig hoffnungsvoll stimmt. Ich fühlte mich gut unterhalten und empfehle das Buch gern weiter.

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  1. Kaputte Uhrwerke in den Herzen

    Sandy Hyland ist eine Therapeutin mit unorthodoxen Methoden, die sich auf die Eheberatung spezialisiert hat. Und einmal mehr hat sie es mit einer harten Nuss zu tun: Charlotte und Steve, beide Mitte 30, haben sich getrennt, nachdem er seine Frau mehrfach betrogen und sie sich Trost bei Bill, einem Kollegen von ihr, gesucht hat. Die Dozentin an einer Uni und der Teilhaber einer Firma wollen sich jedoch helfen lassen, um eine Scheidung vielleicht doch noch zu verhindern. Sie haben zwei kleine Kinder, Chris und Liz, und noch Gefühle füreinander. Einmal wöchentlich treffen sich sie daher bei Sandy, um an ihrer Ehe zu arbeiten. Doch Sandy macht wenig Hoffnung. Die Therapeutin sagt, die Chance, die Ehe zu retten, stehe höchstens 1:1000. Ob es dennoch gelingen wird?

    „Liebe ist die beste Therapie“ von John Jay Osborn ist ein ungewöhnlicher Roman.

    Meine Meinung:
    Der Roman besteht aus 31 recht kurzen Kapiteln. Erzählt wird aus der Sicht der Therapeutin. Die Geschichte spielt sich komplett in dem Therapiezimmer ab, einem Raum in Kalifornien. Dieser Aufbau funktioniert gut.

    Der Schreibstil ist schnörkellos, aber angenehm. Er ist geprägt von viel wörtlicher Rede, wodurch sich der Roman schnell lesen lässt. Der Einstieg in die Geschichte ist sehr abrupt. Das bereitete mir aber keine Schwierigkeiten.

    Die Protagonisten sind Menschen mit Ecken und Kanten. Nicht nur Steve und Charlotte sind Charaktere, die immer mal wieder Fehler machen. Auch die Paartherapeutin hat Probleme. Dadurch wirken die Personen durchaus realitätsnah. Ich habe gerne verfolgt, wie sich die getrennten Eheleute persönlich weiterentwickeln und Einsicht in ihr Verhalten erlangen.

    Obwohl es um Themen wie Liebe, Ehe, Betrug, Verletzungen und Vertrauen geht, kommt der Roman ohne Kitsch und zu viel Drama aus. Er hat sogar einen eher nüchternen Grundton.

    Bei rund 30 Terminen arbeitet das Paar zusammen mit der Therapeutin seine Probleme auf. Zwar drehen sich die Gespräche zum Teil um dieselben Punkte. Trotzdem kommt beim Lesen keine Langeweile auf, denn es gibt immer wieder überraschende Momente. Bis zum Schluss bleibt die Spannung gewahrt, ob und wie sich die beiden Ehepartner noch einmal annähern können.

    Gut gefallen hat mir, dass es viel um psychologische Mechanismen und Einblicke in das Verhalten von Menschen gibt. Zwar habe ich gewisse Zweifel, was die Seriosität und Authentizität der Therapiemethoden angeht. Das hat das Lesevergnügen allerdings nur geringfügig geschmälert.

    Den deutschen Titel finde ich ein wenig irreführend und nicht so treffend wie das amerikanische Original („Listen to the marriage“). Auch die sehr reduzierte, kühle Covergestaltung kann mich nicht begeistern. Allerdings passt das gewählte Motiv inhaltlich ganz gut.

    Mein Fazit:
    „Liebe ist die beste Therapie“ von John Jay Osborn ist ein sehr kurzweiliger, unterhaltsamer Roman, der mir schöne Lesestunden beschert hat. Empfehlenswert besonders für alle, die einmal eine etwas andere Liebesgeschichte lesen möchten.

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  1. Protokoll einer Paartherapie

    Steve und Charlotte stecken in einer dicken Ehekrise. Steve hatte in der Vergangenheit sehr viel gearbeitet um Teilhaber einer Firma zu werden. Er hatte dabei seine Frau und seine beiden Kinder vernachlässigt. Für Charlotte war das Maß voll, als sich herausstellte, dass ihr Ehemann zu all dem auch noch fremd gegangen war. Sie war aus dem gemeinsamen Haus ausgezogen und hatte nun ihrerseits eine Affäre mit einem Kollegen begonnen.

    In dieser Situation starten nun beide eine Paartherapie. Es ist vor allem Steve, der ein Interesse an der Therapie hat, denn er möchte seine Ehe nicht aufgeben. Aber auch Charlotte ist sich unsicher wie es weiter gehen soll und willigt in die Therapie ein.

    Im Roman: "Liebe ist die beste Therapie" begleiten wir Leser die beiden Protagonisten auf ihrem schwierigen Weg durch die Ehekrise. Sandy, die Paartherapeutin, erweist sich dabei als kundige Wanderführerin. Wir Leser müssen Steve und Charlotte aber nicht in ihren Lebensalltag oder gar in ihre Vergangenheit folgen. Wir bleiben an einem einzigen Ort: Dem Raum, in dem die Paartherapie stattfindet. In dem Roman gibt es auch keine großen zeitlichen Sprünge. Wir verbleiben fast immer in der Gegenwart der Therapiesitzungen. Gemäß dem Grundsatz bei der Psychotherapie, wonach sich alle Probleme des Klienten im Hier und Jetzt des therapeutischen Prozesses zeigen.
    In diesem Fall geht es um verletzte Gefühle, um Probleme eigene Gefühle und Bedürfnisse gegenüber dem Partner zu äußern, um unterschiedliche Vorstellungen von einer guten Beziehung usw. All das wird im Behandlungszimmer in den Gesprächen zwischen Steve, Charlotte und Sandy deutlich. Besonders schön für uns Leser ist dabei, dass wir die Gedanken von Sandy erfahren. Wir wissen also immer warum Sandy genau das sagt was sie sagt. Für Farbe im Behandlungszimmer - und auch im Roman - sorgt ein auffallender Sessel, grün, in einem altmodischen Stil, der immer leer bleibt. Er bietet Projektionsfläche für innere Vorgänge. Z.B. auch für die Therapeutin selbst, die darin die Ehe der beiden imaginiert, als deren Anwältin sie sich versteht. Der Originaltitel des Romans "Listen to the marriage" ist also viel treffender als der deutsche Titel.

    Die Sprache, in der die Geschichte erzählt wird, ist leicht und flüssig zu lesen. Der Autor hat offenbar einige Sachbücher über die Dynamik in Beziehungen und über Methoden der Paartherapie gelesen und daraus nun einen unterhaltsamen Roman geschaffen. Keine hoch anspruchsvolle Literatur aber eine sehr gut erzählte Geschichte in Form eines Kammerspiels.

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  1. 4
    09. Dez 2018 

    Ist die Ehe noch zu retten?

    Alles spielt sich in einem Raum mit vier Stühlen ab. Auf denen sitzen: eine Frau und ein Mann Mitte 30 sowie eine Paartherapeutin mit unorthodoxen Methoden. Der vierte Stuhl bleibt leer, er steht für die Ehe, die die beiden aufgebaut haben. Und von der die Therapeutin zu Anfang sagt, die Chance, sie zu retten, sei höchstens 1:1000.

    Charlotte hat die Nase voll davon, dass Steve nur seine Arbeit im Kopf hat und sie allein für die Kinder und den Haushalt zuständig ist, obwohl sie ebenfalls arbeiten geht. Zu allem Überfluss belügt er sie auch noch ständig und hat sie mehrfach betrogen. Das Vertrauen ist weg, die Liebe verschüttet - Charlotte hat sich von ihrem Mann getrennt.

    Um herauszufinden, ob es für ihre Ehe noch eine Rettung gibt, beginnen die beiden eine Paartherapie bei Sandy, einer erfahrenen Therapeutin. In 31 wöchentlichen Situngen kommen hier die ganze angestaute Wut, der Schmerz, die Verletzungen, die Verstörung ans Licht. Und was der Klappentext kaum glauben macht: dieser Roman ist durchaus spannend!

    "Sie waren so vertraut zusammen, wie ein Paar nur wirken kann. Abgesehen von den kaputten Uhrwerken in ihrem Herzen."

    Erzählt wird das ausschließlich auf die Sitzungen beschränkte Geschehen aus der Sicht der Therapeutin, was m.E. ein kluger Schachzug des Autors war. So bleibt der Leser wie Sandy selbst eher neutral, auch wenn eigenes Erleben in der Vergangenheit (oder Gegenwart) die ein oder andere Szene vielleicht emotional färben mag. Zudem erhält der Leser auf diese Art nicht nur einen Einblick in das konkrete Geschehen in dem Raum, sondern auch in die Gedanken der Therapeutin. Gerde im Hinblick darauf, was mit etwas Gesagtem eigentlich tatsächlich gemeint ist, waren diese Gedanken für mich durchaus erhellend. Somit fungiert Sandy in ihrer Rolle auch als 'Dolmetscherin' für die Verhaltensweisen und Gespräche der beiden Eheleute.

    Durch das Setting ist klar, dass es hier einen hohen Anteil an wörtlicher Rede gibt. Dies, verbunden mit einem flüssigen Schreibstil und durchsetzt von Stellen plötzlichen Humors, lässt den Leser durch die Seiten fliegen. Immer gespannt darauf, ob Charlotte und Steve letztlich wieder zueinander finden - oder ob sie, jeder für sich gestärkt, ein eigenes Leben führen werden, verbunden allerdings durch ihre gemeinsamen Kinder.

    Ein überraschend kurzweiliger Roman, der zeigt, dass es sich immer lohnt, an sich selbst zu arbeiten. So oder so...

    © Parden

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  1. 5
    22. Nov 2018 

    der grüne Sessel

    Himmel, wer hat sich nur diesen Titel ausgedacht? Ein Titel wie "Liebe ist die beste Therapie" weckt bei mir abschreckende Assoziationen: Sie trifft ihn, er trifft sie, Schmetterlinge im Bauch ... Probleme ... Probleme gelöst ... das Ganze mit viel Kitsch und Schmalz zugekleistert ... und am Ende kriegen sie sich. Also kein Buch, das ich lesen würde - Liebesschnulzen sind halt nicht mein Genre.

    ABER .... der Verfasser dieses Romans, John Jay Osborn, scheint mir kein typischer Schnulzenschreiber zu sein. Er ist Anwalt und Jura-Professor. Jemand mit diesem Hintergrund schreibt doch keine kitschigen Liebesromane, oder etwa doch? Jetzt will ich es wissen.

    Sie trifft ihn, er trifft sie, Schmetterlinge im Bauch ... Die Protagonisten dieses Romanes habe diese Phase bereits abgeschlossen. Mittlerweile sind sie verheiratet, haben zwei niedliche Kinder, sind finanziell gut aufgestellt.

    Probleme ... Aber sicher, das Ehepaar lebt getrennt. Er ist fremdgegangen, was sie sich nicht hat bieten lassen. Und schon sitzen die Beiden bei der Paartherapeutin Sandy. Vielleicht lässt sich die Ehe doch noch retten. Die Chancen sind jedoch minimal.

    "Wenn man einmal so weit gekommen war wie Steve und Charlotte, war es sehr schwer, den Scheidungszug noch aufzuhalten."

    Der Roman beschreibt die Paartherapie, die über mehrere Monate geht. Der Schauplatz ist das Therapiezimmer mit der modernen Ikea-Sitzgruppe (3 Stühle) sowie einem alten grünen Sessel, der so gar nicht in das Einrichtungskonzept passt und während der Sitzungen immer unbesetzt bleibt. Es geht ausschließlich um die Gespräche, die in diesem Raum stattfinden, entweder in der Dreier-Konstellation oder in Einzelgesprächen zwischen Sandy und einem der Eheleute, wobei sich der alte grüne Sessel als Symbol erweisen wird.

    Kaum zu glauben, dass ein Roman mit solch einer reduzierten Handlung funktioniert. Aber das tut er ganz hervorragend. Sandy ist für mich dabei der herausragende Charakter. Sie seziert das Verhalten der Eheleute und lockt sie durch eine unkonventionelle Fragestellung aus der Reserve. Ich habe mich oft dabei ertappt, dass ich durch ihre Fragen selbst verblüfft wurde und das eine oder andere Aha-Erlebnis hatte. Sandy spricht Dinge aus, die in jeder Beziehung selbstverständlich sein sollten, aber gern unter dem Deckmantel der Gewohnheit verborgen sind. Das macht den Reiz dieses Buches aus. Denn jeder, der in einer Beziehung ist, wird sich und seinen Partner hier wieder finden.

    "'... Was für eine Beziehung wollen Sie am Ende haben? Eine mit einem Regelkatalog, was alles erlaubt ist und was nicht? Es gibt nun mal kein Richtig und kein Falsch in einer Beziehung!'"

    Probleme gelöst .... In gewisser Weise schon, das Ehepaar ist zumindest auf dem richtigen Weg.

    Das Ganze mit viel Kitsch und Schmalz zugekleistert ... Auf gar keinen Fall!!! Spätestens mit dem Sprachstil hebt sich dieser Roman mehr als deutlich von einer Liebesschnulze ab. Auf die Tränendrüse drückt dieser Roman erst recht nicht. Die Einzige, die heult, ist die Ehefrau, wenn sie emotional mal wieder an ihre Grenzen getrieben wird; doch die Kleenex-Dose ist immer in greifbarer Nähe (ein Klischee muss schließlich sein ;-)); John Jay Osborn schafft es, jegliche Gefühlsduselei zu vermeiden. Stattdessen hat er mich durch einen sehr geradlinigen und schnörkellosen Sprachstil begeistert.

    Und am Ende kriegen sie sich ... Wer weiß?!

    "' ... Sie haben gemeinsam etwas geschaffen, und es ist Ihnen sicher nicht in den Schoß gefallen. Sie haben eine Ehe aufgebaut. Und auf deren Seite bin ich, für sie spreche ich, weil von Ihnen niemand für dieses unsichtbare Gebilde einsteht, das Sie gemeinsam gebaut haben.'"

    Um das klarzustellen: Ich habe diesen Roman geliebt, wozu Sprachstil des Autors sowie die sehr anregenden Therapiegespräche beigetragen haben. Man kann nicht anders, als sich in den vielen Aspekten einer Beziehung wiederzufinden.

    Bleibt am Ende nur die Frage, wie ein Jurist einen Roman über solch ein Thema schreiben kann. Hier hätte man doch eher einen Thriller erwartet, bestenfalls über einen Rosenkrieg. Stattdessen begibt sich der Jurist mit Bravour auf die psychologische Ebene und schildert die Arbeit der Therapeutin auf sehr authentische Weise. Wahrscheinlich steckt insgeheim in jedem Juristen ein Psychotherapeut.

    © Renie

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  1. Listen to the Marriage - Hört, was eure Ehe zu euch sagt

    Ich lese keine gefühlsduseligen Liebesromane. Dieser Roman ist - ungeachtet seines verunglückten deutschen Titels - auch keiner. Der Roman ist ein Augenöffner.

    Die Geschichte spielt sich fast ausschließlich im Besprechungszimmer der Therapeutin Sandy ab. Dort erscheinen Charlotte und Steve. Die beiden sind verheiratet und haben zwei Kinder. Sie leben allerdings getrennt und die Ehe scheint zerrüttet. Charlotte und Steve haben sich im Laufe der Jahre offenbar voneinander entfremdet. Steve ist dem beruflichen Erfolg hinterher gejagt und hat seinem Job und der Karriere Vorrang vor seiner Familie eingeräumt. Charlotte fühlte sich mit dem Alltag und ihrem Job allein gelassen. Als sie entdeckt, dass Steve fremdgeht, läuft das Fass über.

    Die Paartherapie bei Sandy ist der letzte Versuch, die Ehe zu retten. Steve scheint reumütig und bemüht sich. Charlotte scheint dagegen froh, sich von Steve befreit zu haben und macht die Therapie offenbar nur der Kinder zuliebe. Die gemeinsamen Kinder sind dann auch das erste zarte Bindeglied, über das Charlotte und Steve einen halbwegs normalen Umgang als getrenntes Paar aufbauen.

    Steve macht im Verlauf der Geschichte eine große Veränderung durch. Die Trennung von Charlotte und den Kindern rüttelt ihn wach. Er verringert seine Arbeitszeiten, verkauft sein Angeberauto und kauft stattdessen einen familientauglichen Wagen und mietet ein Haus. Er möchte mehr Kontakt zu seinen Kindern und erhält ihn schließlich auch. Doch Charlotte ist nicht so leicht zu erweichen. Ihre Gefühle wurden verletzt und sie scheut neue Verletzungen.

    Charlotte und Steve haben also eine weiten Weg zu gehen, wenn sie ihre Ehe retten wollen. Sie müssen lernen, einander zuzuhören und miteinander zu kommunizieren. Verlorenes Vertrauen muss neu aufgebaut, die eigenen Gefühle ergründet werden. Das ist anspruchsvolle Arbeit, bei der ihnen Sandy eine große Hilfe ist. Sandy lehrt ihnen auch, sich selbst und die eigenen Probleme nicht überzubewerten, sondern sich vor Augen zu führen, was sie zusammen in ihrer Ehe aufgebaut und erreicht haben. Die Ehe von Charlotte und Steve wird als vierte Person durch einen grünen Sessel im Besprechungsraum verkörpert. Der Sessel ist von Anfang an gegenwärtig und die Ehe wird im Laufe des Romans immer präsenter. Sie bekommt über Sandy eine eigene Stimme. Doch Charlotte und Steve müssen lernen, auf sie zu hören.

    Der Roman wirkt wie ein Kammerstück. Er ist ausschließlich aus der Perspektive der Therapeutin Sandy erzählt und spielt sich fast nur in ihrem Besprechungszimmer ab. Als Leser schlüpft man daher automatisch selbst in die Rolle des Therapeuten, erfährt erst nach und nach die Einzelheiten, die zur Trennung von Charlotte und Steve geführt haben und geht auf Ursachenforschung. Da die Erforschung der Vergangenheit sowie die parallel laufende Gegenwart ausschließlich in den Therapiesitzungen erzählt wird, entwickelt sich die Story außerdem unheimlich schnell und zieht in den Bann. Mir fiel es schwer, das Buch wegzulegen.

    Die Geschichte drückt zu keiner Zeit auf die Tränendrüse, sondern konzentriert sich auf allzu menschliche Verhaltensmuster, die uns oft die falschen Dinge aus den falschen Gründen tun lassen. Ein analytischer Roman, den ich guten Gewissens empfehlen kann.

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  1. 1:1000

    1:1000

    Bei einem Lottogewinn wäre eine Chance von 1:1000 eine sehr gute Prognose. Doch was ist, wenn eine Paartherapeutin dies anwendet, um die Chancen ihrer Ehe darzustellen?
    Steve und Charlotte müssen sich genau damit auseinandersetzen, denn Sandy, ihre gemeinsame Therapeutin, spricht dies so in den ersten Sitzungen an.
    Steve und Charlotte leben getrennt, die Scheidung steht im Raum, und doch suchen sie Hilfe. Hilfe wobei? Die Formalitäten einer Trennung ohne Streit zu regeln? Den Umgang für die Kinder bestmöglich zu regeln? Oder erhofft sich einer, oder gar beide den Fortbestand der Ehe?

    Dies alles waren Fragen,die ich mir zu Beginn des Buches gestellt habe. Durch die Gespräche der beiden mit Sandy gewinnt man einen guten Einblick, wie es zur Zeit in deren Leben aussieht.
    Charlotte hat sich auf den Dozenten Bill eingelassen. Sie genießt es, dass er ihr zuhört, da er bereits geschieden ist, kann er nützliche Tipps geben. Manko, er ist verheiratet, von Trennung keine Rede. Geschickt lotet Sandy diese Situation aus, zeigt auch Steve, der eifersüchtig ist, wie er damit umgehen soll. Sie macht ihm einiges klar. Er muss lernen zwischen den Zeilen zu lesen, denn Charlotte meint nicht immer was sie sagt.

    Steve ändert seinen gesamten Lebensstil. Er schraubt die beruflichen Verpflichtungen zurück. Kümmert sich rührend um die Kinder. Besucht einen Kochkurs. All das was Charlotte früher vermisst hat, scheint Steve nun zu verkörpern. Liegt es an der Lehrerin des Kurses?

    Schnell wird klar, dass die Ehe von beiden noch nicht aufs Abstellgleis geschoben wurde. Aber wie schafft man es die Diskrepanzen aufzuarbeiten? Sandy selbst zweifelt an diesem Unterfangen, tut aber alles um den beiden zu zeigen, worauf es wirklich ankommt.

    John Jay Osborn hat mit Liebe ist die beste Therapie einen eindrucksvollen Roman erschaffen. Er lässt drei Leute in einem Raum Platz nehmen. Streut Diskussionen in die Handlung. Und, etwas sehr unkonventionelles! Er schickt eine Instanz ins Rennen, die zwar eigentlich auf der Hand liegt, aber von niemandem erwartet wird. Ich werde hier an dieser Stelle bewusst nichts verraten, denn potentielle Leser dieses Romans müssen diesen Prozess selbst durchlaufen. Die Idee des ganzen hat mich wirklich begeistert. Ich hätte nie gedacht, dass ich ein komplettes Buch, gespickt mit Eheproblemen und die Lösung derer, als so interessant und unterhaltsam empfinden könnte.
    Lesen Sie diesen Roman! Unbedingt!

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  1. Eine Therapeutin, die man sich wünscht

    Gerne lasse ich mich auf neue Bücher aus dem Hause Diogenes ein. Dieses Buch erscheint wie üblich in (rotem) Leinen gebunden und der bekannten beige-weißen Farbe mit quadratischer Illustration auf dem Cover, die einen Mann und eine Frau zeigen, die voneinander weg gehen. Ganz Diogenes. Aber der Titel: „Liebe ist die beste Therapie“… Das weckt Assoziationen zu einfachen Liebes- und Urlaubsromanen, die ich eigentlich nicht lesen möchte. Was hat es damit wohl auf sich?

    Steve und Charlotte sind seit Jahren verheiratet. Sie sind beide berufstätig, leben in gutbürgerlichen Verhältnissen und haben zwei Kinder. Wir lernen die beiden im Besprechungszimmer der Ehetherapeutin Sandy kennen, denn sie haben sich getrennt, möchten ihrer Ehe aber durch die Therapie eine letzte Chance geben.
    Der gesamte Roman findet in diesem Zimmer statt, in dem drei rote und ein grüner Sessel zur Ausstattung gehören. Die meisten Gespräche führt Sandy mit beiden Eheleuten, es kommen aber auf Wunsch auch Einzeltermine zustande.

    Vordergründiger Trennungsgrund ist der Lebenswandel von Steve: Er arbeitete sehr viel, hat es durch viel Fleiß zum Partner in seiner Firma gebracht. Er hatte wenig Zeit für die Familie und hat sich um die Kinder gar nicht gekümmert. Zu allem Überfluss hat er seine Frau auch betrogen. Gerade der letzte Punkt brachte das Fass für Charlotte zum Überlaufen, fühlte sie sich entsetzlich hintergangen und verletzt.

    Mittlerweile ist sie eine neue Beziehung mit Bill, einem ebenfalls verheirateten Mann, eingegangen, der seiner Frau jedoch noch nichts über das Verhältnis gesagt hat.
    Steve trifft sich ebenfalls mit anderen Frauen, eine Tatsache, die Charlotte zwar stört, über was sie aber nicht weiter nachdenken möchte. Von Anfang an bemüht sich Steve ernsthaft, Dinge jetzt besser zu machen und sich zu verändern. Er möchte seine Frau zurückgewinnen.

    Das Buch besteht zu einem großen Teil aus Dialogen, es ist spannend und kurzweilig zu lesen. Hinzu kommt, dass der Leser auch die Gedanken der Therapeutin erfährt, die das Verhalten und die Aussagen ihrer Klienten blitzschnell auswertet und interpretiert. Sandy scheint fast allwissend, wenn sie Einfluss auf die Eheleute ausübt, in Gespräche interveniert und positiv manipuliert. Sie ist eine ungemein erfahrene Moderatorin, die Sachlichkeit in die Emotionen bringt und Hilfestellung leistet, um zum Kern der Grundprobleme vorzudringen. Sie ist eine zutiefst menschliche Therapeutin, die selbst auch schon Brüche im Leben erlebt hat und mit ihrer Mutter hadert.

    Im Verlauf des Buches nähern sich die Ehepartner mal aneinander an, mal entfernen sie sich wieder. Man wünscht den beiden, dass sie eine Chance für einen Neuanfang bekommen. Die Handlung erscheint mir sehr glaubwürdig. Die Therapeutin sucht nicht nach einer schnellen Versöhnung, sondern nach tragfähigen Lösungen, die beide Partner gleichberechtigt mittragen können. Das macht das Buch so interessant: Bis zum Ende scheint alles möglich zu sein.

    Insofern finde ich den deutschen Titel viel zu seicht, er impliziert, dass die Liebe allein alles heilen kann. Das greift für diese komplexe Ehetherapie, deren Zeuge wir werden, viel zu kurz. Der Originaltitel: „Listen to the marriage“ erhält seinen Sinn beim Lesen – ob er wirklich besser ist, vermag ich nicht zu entscheiden.

    Wer Freude daran hat, sich auf ein psychologisch forderndes und trotzdem unterhaltsames Kammerspiel einzulassen, dem gebe ich meine volle Lese-Empfehlung!

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  1. "Listen to the marriage"

    Der englische Titel ist für den vorliegenden Roman viel passender als der etwas kitschig wirkende deutsche Titel, der suggeriert, es handle sich um einen niveaulosen Liebesroman. Und das würde diesem psychologischen Roman in keinster Weise gerecht.

    Worum geht es?
    Die Ehe von Steve und Charlotte steht vor dem Aus. Bevor sie sich endgültig trennen, wollen sie den Kindern zuliebe noch einen Versuch starten. Sie besuchen die ungewöhnliche Paartherapeutin Sandy, in deren psychologischer Praxis der Roman spielt. Steve und Charlotte treffen dort zusammen, um über das zu reden, was zu ihrer Trennung geführt hat.

    Aus der personalen Erzählperspektive Sandys, die fast immer zu wissen scheint, was in den Köpfen ihre Klient*innen vorgeht, erleben wir mit, wie die beiden ihre Beziehung "auseinander nehmen".

    In der ersten Sitzung geht es zunächst um das Finanzielle und da Charlotte sich Sorgen macht, wie lange das Geld noch reichen wird, macht Sandy einen ungewöhnlichen Vorschlag. Sie will, dass Steve Charlotte den gesamten Erlös, den sie mit dem Verkauf ihres Hauses erzielt haben, gibt.

    "Ja, alles", erwiderte Sandy. Charlotte hat ganz schön viel auf sich genommen, indem sie mit den Kindern ausgezogen ist. Soll sie sich jetzt etwas auch noch Sorgen machen, wie sie finanziell über die Runden kommt?" Ganz genau, Steve, dachte Sandy. Sie hat dich verlassen, und ich will trotzdem, dass du ihr die ganzen zweihunderttausend gibst. Verstehst du, warum?" (8)

    Immer wieder provoziert sie Steve oder Charlotte, damit diese ihre eingefahrenen Verhaltensweisen überdenken. Beruflich geht es ihnen beiden gut, denn Steve ist gerade "Teilhaber einer großen Private-Equity-Firma" (10) geworden, während Charlotte englische Literaturwissenschaft an der Universität lehrt und vor kurzem eine Festanstellung erhalten hat.
    Doch Steve hat Charlotte betrogen, worauf sie ein Affäre mit einem verheirateten Mann begonnen hat, der ebenfalls Literaturdozent ist.
    Gibt es eine Chance für die beiden? Sind sie in der Lage sich zu ändern? Lernt Steve Charlottes Äußerungen zu verstehen, wird sie über ihre Gefühle sprechen können?
    Sandy scheint wechselweise auf der Seite des einen oder der anderen zu stehen, doch ihr liegt an der Ehe der beiden, auf sie sollen beide hören - "listen to the marriage"!

    Bewertung
    Obwohl der Roman fast ausschließlich aus den Dialogen in den Therapiesitzungen und Sandys Gedanken währenddessen besteht, ist er überaus spannend zu lesen. Schließlich will man wissen, ob die beiden wieder zueinander finden - gleichzeitig erkennt man, wenn man selbst in einer Ehe lebt und Kinder hat - viele Verhaltensmuster wieder.
    Sandys Reflexionen dazu sind erhellend und sorgen für den ein oder anderen Aha-Effekt. Ein überaus intelligenter Roman, mit einer ungewöhnlichen Protagonistin, bei der man selbst gerne eine Therapiesitzung machen würde. Fraglich, was dann im mysteriösen grünen Sessel sitzen würde, der in seinem viktorianischen Stil nicht zu den Ikea-Sesseln passt, auf dem die Therapeutin und die Klient*innen Platz nehmen.
    Er ist für das reserviert, was die Beteiligten mit in die Sitzung bringen - die Ehe, ein andere Person... - ein sehr interessanter Gedanke, wenn man sich darauf einlässt.

    Kurzweilig, psychologisch interessant und authentisch - klare Lese-Empfehlung!

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