The Last Unicorn

Rezensionen zu "The Last Unicorn"

  1. 3
    04. Mai 2022 

    Unerwartet humorvoll

    Eins sei vorab geklärt: Ich habe den Film „Das letzte Einhorn“ bisher nicht ein einziges Mal gesehen. So konnte ich auch vollkommen unvoreingenommen an die Lektüre des 1968 veröffentlichten Romans von Peter S. Beagle herangehen.

    Dieses Fantasy-Märchen ist in einem mittelalterlichem Setting in Großbritannien angelegt und hat alles, was eine gute Geschichte braucht: Ein Zauberer (Schmendrick), eine Gefährtin (Molly), ein Einhorn (das Einhorn/Lady Amalthea), einen Prinz (Lír), einen bösen König (Haggard) sowie eine Prinzessin (Lady Almathea/das Einhorn). Da das Einhorn das letzte auf Erden zu sein scheint, macht es sich auf den Weg die Ursache für das Verschwinden der anderen unsterblichen Wesen zu untersuchen, dabei erlebt sie (es ist eins Stute) zusammen mit Schmendrick und den anderen das ein oder andere Abenteuer um letztendlich sich ihrem absoluten Angstgegner zu stellen und gegebenenfalls für ein Happy End zu sorgen.

    Warum beschreibe ich die Geschichte so schablonenhaft? Weil sie tatsächlich im englischen Original genauso märchen-schablonenhaft angelegt ist. Die Protagonisten bleiben recht flach, haben vielmehr eine Funktion im Märchen als dass sie eigene Gefühle und Motivationen hätten und handeln nach Schema F, um ans Ziel zu kommen. Das ist über weite Strecken eher langweilig und emotional leider überhaupt nicht mitreißend geschrieben. Was an diesem Fantasy-Roman das eigentlich Interessante darstellt, ist wie Beagle seine Protagonisten und vor allem den Zauberer Schmendrick reden lässt. Dieser bewegt sich nämlich immer wieder innerhalb des Romans heraus aus seiner Haut und gibt Kommentare ab, die von einer Metaebene aus formuliert werden. So stellt er klar, wie die Handlungen eines richtigen Helden auszusehen haben, wie ein Märchen abzulaufen hat und wie es zu einem Happy End kommen kann. Das sagt er in der wörtlichen Rede direkt seinen Komplizen ins Gesicht. Diese Herangehensweise ist einfach nur witzig und reißt definitiv aus dem (eher lahmen) Lesefluss heraus. Auch scheint Schmendrick der Ideengeber für Terry Pratchetts Rincewind, der 15 Jahre später in „Die Farben der Magie“ als tollpatschiger, eher wenig erfolgreicher Zauberer die Herzen der Scheibenwelt-Fans erobern sollte.

    So ist der Grundton dieses Romans für mich eindeutig eher humorvoll und amüsant als (ich kenne es nur vom Hörensagen) im Film dramatisch angelegt. Das kam für mich bei der Lektüre unerwartet und macht das Buch auch und vielleicht gerade für Menschen, die den Film sehr gern gesehen haben, zu einer Leseempfehlung, um eine andere Seite dieser Geschichte erleben zu können. Wichtig zu benennen: Ich habe das englischsprachige Original gelesen, inwiefern dieser amüsante Unterton in die deutsche Übersetzung eingegangen ist, kann ich an dieser Stelle nicht einschätzen.

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