Kangal: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Kangal: Roman' von Anna Yeliz Schentke
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Inhaltsangabe zu "Kangal: Roman"

Dilek und Tekin sind ein junges Paar in Istanbul. Nicht erst seit dem Juli 2016 hat sich auch für sie die Stadt verändert. Als Dilek Jahre später in ein Flugzeug steigt, weiß ihr Freund nichts davon, niemand soll wissen, dass sie, die online »Kangal« heißt, bald in Frankfurt landet. Ayla ist überrascht, als ihre Cousine Dilek sich bei ihr meldet, die gemeinsamen Sommer sind lange her. Und während sich Tekin in Istanbul auf die Suche macht, fragt sich Ayla: Wer ist Dilek heute? Sie will ihr glauben, aber ist das, was Dilek fürchtet, auch wahr?

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:208
Verlag: S. FISCHER
EAN:9783103970814

Rezensionen zu "Kangal: Roman"

  1. Kurzmeinung: Leseempfehlung!

    Kurzmeinung: Leseempfehlung!
    Türkei heute.

    Nach dem missglückten Regierungssturz 2016 in der Türkei, wird es ungemütlich für die Bevölkerung. Die paranoide Regierung wittert überall Verrat. Sie greift nicht nur hart durch, sondern ermutigt ihre Staatsbürger zur gegenseitigen Bespitzelung; Gesetze werden verändert, so dass es möglich ist, nur aufgrund einer Denunziation oder eines vagen Verdachts, Leute zu verhaften, stundenlang zu verhören, zu schlagen, zu demütigen. Es gibt quasi keinen Rechtsstaat mehr und es herrscht ein Klima allseitigen Misstrauens.

    In knappen Worten und Szenen, die eindrücklich sind und unter die Haut gehen, meisterhaft mit literarischem Minimalismus spielend, zeigt Anna Yeliz Schenke auf, wie die politische angespannte Situation sich selbst auf die engsten Beziehungen auswirken. Ein Riss geht durch die Gesellschaft. Es gibt die einen, die nur in Ruhe gelassen werden wollen und so oder so jederzeit regierungstreu sind und es gibt diejenigen, die jedes Wort auf die Goldwaage legen müssen. Niemand sagt mehr ehrlich seine Meinung, längst ist der türkische Staatspräsident ein Diktator geworden. Wer ins Visier des Staatsapparats gerät oder nicht ins Bild passt, wird mundtot gemacht. Das kemalistische Prinzip von der Trennung von Staat und Glauben ist längst ausgehebelt. Dies bedeutet, dass die privatesten Beziehungen nicht mehr privat sind, man hat sich nach der herrschenden Moralvorstellung zu richten oder man ist der Willkür ausgeliefert, dem Staat, dem Mob, den Religionsführern.

    Bewundernswert wie Anna Yeliz Schenke in unnachahmlich minimalistischer Manier und den kurzen Auftritten ihrer Figuren, Atmosphäre schafft, Information transportiert, die Diktatur an den Pranger stellt.

    Fazit: Höchst bemerkenswertes Debüt, das zu Recht auf der Longlist des Deutschen Buchpreises 2022 steht.

    Kategorie: Anspruchsvolle Literatur
    Verlag: S. Fischer, 2022
    Auf der Longlist des Deutschen Buchpreises 2022

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  1. Aktuell, brisant, beklemmend

    Dilek und Tekin gehören zu derjenigen jungen türkischen Generation, die bereits 2013 in Istanbul für ihre Freiheitsrechte demonstrierte.

    Der gescheiterte Putschversuch 2016 stellte eine Zäsur dar. Erdoğan konnte seine Macht kontinuierlich ausbauen, staatliche Repressionen nahmen zu. Seither ist es gefährlich geworden, das autoritäre politische System zu kritisieren oder ein Leben zu führen, in dem Allah keine Bedeutung hat.

    Menschen verschwinden, werden verhaftet, Cafés, Bars und Treffpunkte geschlossen, wenn der Staat dort „unmoralisches“ Handeln oder einen Treffpunkt von Regimekritiker:innen vermutet.

    Bereits seit einigen Jahren veröffentlicht Dilek unter dem Namen Kangal1210 kritische Artikel im Netz. Als eine Freundin verhaftet und ein weiterer Freund zu Verhören geladen wird, wächst in Dilek die Furcht, ihre Identität könnte auffliegen, sie die nächste sein, die im Gefängnis landet. Hals über Kopf reist sie, ohne irgendjemandem Bescheid zu sagen, nach Frankfurt. Sie nimmt Kontakt zu ihrer Cousine Ayla auf, mit der sie als Kind häufig die Ferien verbrachte. Ein Zerwürfnis der Mütter, dessen Ursache vermutlich auch in unterschiedlichen politischen Einstellungen zu suchen war, führte zu einem Kontaktabbruch. Kann Dilek Ayla und ihrer Familie nach all den Jahren trauen? Schließlich wurde Erdoğan von 63% der in Deutschland lebenden Türk:innen begeistert gewählt. Auch eine regierungstreue „Denunzierungsapp“ wurde massenweise heruntergeladen und ist schnell bedient; nie war es leichter Mitmenschen an den Staat zu melden.

    Anna Yeliz Schentkes Debütroman erzeugte eine starke Beklemmung bei mir. Im schnellen Wechsel lässt die Autorin Tekin, Dilek und Ayla zu Wort kommen. Wem kann man trauen? Schwebt Dilek wirklich in Gefahr? Wird der zum Verhör geladene Freund die Identität von Kangal1210 preisgeben, um sich selbst zu schützen? Hat der Staat Dilek bereits im Visier? Oder ist Dilek einfach nur paranoid? Melek, eine Freundin von Ayla, die in Deutschland lebt, glaubt nicht an willkürliche Verhaftungen oder an Verhaftungen aus nichtigen Gründen. Schließlich kennt sie genügend Türk:innen, die regelmäßig den Urlaub in der alten „Heimat“ verbringen und auch kein Blatt vor den Mund nehmen. Niemandem wurde der Pass abgenommen, alle konnten zurück nach Deutschland fahren. Dilek hat diesbezüglich ihre ganz eigene Meinung, im übrigen auch darüber was der touristische Aufenthalt ihrer Landsleute in der Türkei anrichtet.

    Die kurzen Monologe sind manchmal nur eine Seite lang, bringen aber viele Themen und auch die ambivalenten Befindlichkeiten der Figuren sehr nuanciert auf den Punkt. Die unterschwellige Bedrohung, der Regimekritiker:innen nicht nur in der Türkei, sondern auch außerhalb der eigenen Landesgrenzen ausgesetzt sind, vermittelt sich unmittelbar und sehr eindringlich beim Lesen dieses kurzen Romans. Politisch hoch brisant gewährt die Autorin Einblicke in die realen Ängste von Regimekritiker:innen und zeigt pointiert wie sich Stimmung und Lebensrealität seit dem Putschversuch verändert haben. Mir hat der Text in seiner Klarheit und seinen Zweifeln, die er sät, unheimlich gut gefallen. Zu Recht stand "Kangal" auf der Longlist zum Deutschen Buchpreis 2022.

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  1. Der, der keinen Namen braucht

    Der Putschversuch des türkischen Militärs gegen die Regierung Erdoğan ist noch nicht lange her. Der verhängte Ausnahmezustand erlaubt es dem türkischen Präsidenten, per Dekret zu regieren; die Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit wird immer weiter eingeschränkt. Es kommt zu Massenverhaftungen, Bildungseinrichtungen werden geschlossen, der Putsch dient als Rechtfertigung für eine zunehmende Beschneidung der Grundrechte und für eine erbarmungslose Kontrolle der Opposition.

    Dies ist die Situation, in deren Kontext »Kangal« angesiedelt ist. Im Zentrum der Geschichte stehen zwei junge Frauen – Kusinen und als Kinder engste Freundinnen –, die einen sehr unterschiedlichen Blick auf die Geschehnisse in der Türkei haben. Beide sind in der Türkei geboren worden, aber während Dilek ihr ganzes bisheriges Leben dort verbracht hat, ist Aylas Familie schon vor einigen Jahren nach Deutschland ausgewandert. Ihre Mütter zerstritten sich damals bis aufs Blut, so dass die beiden Mädchen sich aus den Augen verloren.

    Dilek ist im Geheimen regierungskritisch, führt einen entsprechenden Blog unter dem Namen Kangal1210 und muss nun fürchten, dass jemand ihr Alibi verraten hat. Gibt es schon eine Akte über sie? Ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis sie verhaftet wird? Eingesperrt, gefoltert? Sie flieht nach Deutschland, in der Hoffnung, bei Ayla Unterstützung zu finden – und doch mit der Angst, sogar Ayla könnte sie verraten.

    “Mit den Türken musst du vorsichtig sein, weil wenn die rausfinden, dass du Oppositionelle bist, dann bist du in Gefahr. Die haben ihre Kontakte, das heißt, du kannst nie wieder zurück. Und mit den Deutschen ist es auch schwierig, die denken immer erst mal, dass man den gut findet, dass man religiös ist oder nationalistisch. Den einen darfst du nicht sagen, dass du dagegen bist, den anderen musst du es sagen. Und du musst direkt erkennen, wer wer ist.”
    (ZITAT)

    Ayla hingegen weiß nicht so recht, was sie glauben soll. Kann es in der Türkei denn wirklich so schlimm sein? Ist das nicht übertrieben, paranoid? Gegenüber Dilek traut sie sich nicht, ihre Zweifel auszusprechen, doch eine Freundin von ihr hat da keine Skrupel. Es würden doch so viele jedes Jahr in die Türkei fahren, und niemandem wäre etwas passiert! Da tut sich eine Kluft auf, nicht mal aus böser Absicht. So wie der Unglaube Ayla sprachlos macht, steht Dilek deren Zweifeln in ohnmächtiger Erstarrung gegenüber. Wie soll sie etwas erklären, das für sie so allgegenwärtig ist, dass es keiner Erklärung bedarf?

    Ayla hat auch so genug eigene Probleme. Vor kurzem hat sie ihren Verlobten verlassen, weil der sie schlug, und fühlt sich jetzt in das Klischee der armen unterdrückten Türkin gedrängt. Außerdem geht sie heimlich zur Uni, denn ihre Eltern beharren da tatsächlich noch auf veraltete Ansichten. Tradition und Moderne – gerade in Deutschland lebende Türk:innen können sich oft nicht aus den alten Strukturen lösen. Und sie sind es dann auch, die aus der Ferne Erdoğan wählen.

    Obwohl Dilek und Ayla im Mittelpunkt stehen, kommen auch andere Menschen zu Wort, wie Dileks Freund Tekin, der Angst hat, sie niemals wiederzusehen und daher versucht, herauszufinden, ob es denn überhaupt wirklich eine Akte über sie gibt. Ein wenig blauäugig ist er ja schon – oder hat er Recht und Dileks Flucht war übereilt? Leser:innen können sich da nie sicher sein, denn auch die Charaktere selber leben in diffuser Unsicherheit und gerade darum oft in bleierner Angst.

    Dann gibt es da noch Soraya und Hilal, ein lesbisches Pärchen, das zu Dileks und Tekins Freundeskreis in Istanbuld gehört. Zweimal küssen sie sich im Club, auf dem Heimweg wird Hilal verprügelt und verliert ein Auge. Die Bedrohung als kritischer Mensch, die Bedrohung als Frau, die Bedrohung als lesbische Frau… Die Bedrohung hat viele Gesichter und sucht sich ihre Rechtfertigung ganz von allein. Und die Angst, die würzt das Ganze noch mit fehlgeleiteter Schuldzuweisung und Denunziation. Wie praktisch, dass es dafür sogar eine App gibt – ein paar Zeilen, ein paar Klicks, mehr braucht es nicht, um ein Leben zu ruinieren. Die Freiheit wird quasi im Keim erstickt.

    “Die Angst ist nachhaltig und wendig. Sie erwischt dich im Alltag, bei der Familie, auf der Arbeit, in der Liebe. Aber wir sind, daran denken ich jeden Tag, und ich muss glauben, dass es so ist, nur im Hinterraum. Wir sind nicht auf dem Müll gelandet. Wir sind nur im Hinterraum.”
    (ZITAT)

    Auch in Deutschland können Türk:innen sich nicht unbedingt gegenseitig trauen – diese Erosion der Gemeinschaft, des Zusammenhalts, spielt den Machthabern in die Hände. Regierungskritischen Personen wird so der sichere Hafen genommen, an den sie sich sonst flüchten könnten: Die Familie, die Freunde in Deutschland sind kein verlässlicher Schutz mehr. Wer hat die App, wer ist bereit, sie zu benutzen? Das ist das Gift der Diktatur, das durch die kleinste Ritze in den privaten Raum sickert.

    Fazit

    Die Charaktere in »Kangal« blicken aus sehr unterschiedlichen Perspektiven auf das, was nach dem Putschversuch des Militärs im Jahr 2016 in der Türkei passiert. Anna Yeliz Schentke erzählt in ungemein eindringlichen Worten und mit messerscharfer Präzision davon, wie Menschen durch ihre Angst kontrolliert bzw. instrumentalisiert werden; die geschickt konstruierte Geschichte rast durch die kurzen Kapitel, in fieberhafter Intensität, und verliert dennoch nicht den Blick für die Graustufen. Auf kleinstem Raum gibt sie allen Charakteren eine Stimme für ihre Ängste, ihre Hoffnungen, ihre Bedenken, ihre Wünsche – ihre ganz reale Bedrohung.

    Wer hat Recht, wer hat Unrecht, so einfach macht es die Autorin ihren Leser:innen nicht. Aber dieses beeindruckende Debüt bietet auf jeden Fall einen differenzierten Einblick in die Lebenswirklichkeit der Menschen, deren Existenz von diesem Putschversuch auf die eine oder die andere Art verändert wurden. Hier wird niemand klein geredet oder lächerlich gemacht, denn auch Unverständnis oder Unwissen haben ihre Wurzeln in einem System, das Wissen und Selbstbestimmung auf perfide Art und Weise beschneidet.

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  1. Kritisch und aktuell

    „Wir mussten andere werden, um sagen zu können, war wir dachten. Lieber eine andere sein, als keine Stimme zu haben. Als Kangal wurde ich nicht als ich und nicht als Frau erkannt.“ (Zitat Pos. 106)

    Inhalt
    Dilek hat mit Freundin Sinai Geografie studiert. Als Sinais Freund Baran verhaftet wird, fürchtet Dilek, dass ihre Identität aufgedeckt wird, unter der sie kritische Artikel im Netz veröffentlicht. Heimlich fliegt sie nach Frankfurt, nicht einmal ihren Freund Tekin hat sie eingeweiht. Dileks Cousine Ayla lebt mit ihrer Familie in Frankfurt, doch nach einem Streit der beiden Mütter vor vielen Jahren wurde der Kontakt bewusst abgebrochen. Dilek meldet sich bei Ayla, doch sie ist misstrauisch geworden und weiß nicht, ob sie ihr trauen kann. In Istanbul ist Tekin immer noch überzeugt, dass sie vorsichtig genug waren, um nicht entdeckt zu werden, und dass Dilek es bereuen wird, nach Deutschland gegangen zu sein.

    Thema und Genre
    Ein Thema ist die politische Situation in der Türkei, denn die Politik der letzten Jahre wird auch in Deutschland beobachtet, und die Meinung dazu entzweit die Menschen dort wie hier bis in die Familien. Doch es geht vor allem um eine junge Generation, die nach ihrer Identität und Zukunft sucht, um mutige junge Frauen, die ihren eigenen Weg gehen wollen, notfalls über Umwege. Auch die Bedeutung der Familie und der Familienstrukturen zwischen traditionell und modern sind ein Thema.

    Charaktere
    Es sind drei Hauptfiguren, Dilek, Ayla und Tekin, die abwechselnd ihre Sicht der Dinge schildern. Ayla will einerseits die Erwartungen ihrer Eltern erfüllen, doch ihre eigenen Pläne für ihre Zukunft gibt sie nicht auf. Tekin ist im Netz gegen die Einschränkungen der persönlichen und der Meinungsfreiheit aktiv, er ist wachsam und vorsichtig, aber er unterscheidet zwischen Furcht und Angst und trifft keine voreiligen Entscheidungen. Dilek flieht nach Deutschland, weil sie Angst hat, verhaftet zu werden, doch sie fühlt sich auch in Deutschland nicht sicher und fragt sich, ob es richtig war, nach Frankfurt zu kommen. „Heute denke ich, ich hatte keine Wahl, morgen frage ich mich, ob ich nicht ein Feigling bin und es mir einfach mache, jetzt und hier.“ (Zitat Pos. 283)

    Handlung und Schreibstil
    „Seien sie sich bewusst, dass regierungskritische Äußerungen in sozialen Medien, auch wenn sie länger zurückliegen, aber auch das Teilen oder Liken eines fremden Beitrages Anlass für strafrechtliche Maßnahmen der türkischen Sicherheitsbehörden sein können.“ (Zitat Pos. 44) Diese Aussage bringt uns mitten in die Ereignisse. Die Handlung spielt in einem kurzen Zeitraum in der Gegenwart. Ergänzt wird sie durch Rückblicke, jede der Hauptfiguren erinnert sich an prägende persönliche Erfahrungen. Die Autorin erzählt die Geschichte in kurzen Kapiteln, im raschen Wechsel zwischen den drei Hauptfiguren. Die in der Überschrift des Kapitels genannte Figur wird im jeweiligen Kapitel zur Ich-Erzählerin, zum Ich-Erzähler. Ähnlich schnörkellos wie dieser straffe Aufbau ist auch die Sprache, während die Themen und Problematiken breit gefächert sind. Spannung entsteht durch die Entscheidungen und die vielen damit verbundenen Konflikte und Fragen.

    Fazit
    Kangal ist einerseits ein politischer Roman, es ist jedoch auch ein präziser Blick auf die aktuellen Themen unserer Gesellschaft, besonders die Situation der jungen Menschen zwischen Familientradition und Aufbruch, zwischen Türkei und Deutschland. In dieser Geschichte sind es vor allem die jungen Frauen, die selbstbewusst ihren eigenen Weg gehen wollen.

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  1. 5
    21. Mai 2022 

    Bewegende Geschichte unserer Zeit

    Dilek und Tekin können die Nacht des Putsches im Juli 2016 nicht vergessen. Trotz der Niederlage wollen sie Widerstand leisten und weiterkämpfen. Aber seitdem leben sie in Angst und Unsicherheit. Bis Dilek heimlich nach Deutschland fliegt, und sogar ihr Freund Tekin sie nicht mehr erreichen kann. Auch Kangal1210, die vor dem Putsch in einer online Frauenaktion dem Staatspräsidenten den Rücken gezeigt hat, ist plötzlich verstummt. Man findet online keine Infos mehr über sie.

    In ihrem Debüt-Roman schreibt Anna Yeliz Schentke über jungen Menschen türkischer Abstammung, die in verschiedenen Welten leben. Je nachdem ob sie in der Türkei oder in Deutschland wohnen, vertreten sie unterschiedliche politischen und kulturellen Ansichten.

    Während die Clique um Dilek und Tekin in Istanbul ständig wachsam bleiben muss, genießt Ayla, Dileks Cousine, ihr Leben mit ihren Eltern in Frankfurt. Sie erlaubt sich sogar die Verlobung mit ihrem türkischen Freund aufzulösen und geht unbeschwert mit ihrer Freundin in die Disco.

    Ayla weiß nicht wem sie glauben sollte. Ist es wahr, was ihre Cousine Dilek erzählt oder hat ihre Freundin Melek recht? Es gibt Misstrauen auf beiden Seiten, denn auch Dilek fühlt sich bei ihrer Cousine unsicher. Wem kann sie trauen? Wer sagt die Wahrheit? Und Tekin, Dileks Freund sagt: „Die Luft, die wir atmen, ist schwer vom Misstrauen, das sich über die Jahre in ihr festgesetzt hat.“ (20)

    Zugehörigkeit, Freundschaft, Sicherheit und Vertrauen sind wichtige Themen dieses Romans. In einem schnörkellosen, neutralen Stil erzählt die Autorin diese aktuelle Geschichte, die berührt und zum Nachdenken bewegt.
    Es ist eine Geschichte, die man unbedingt lesen muss!

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