Johannisfeuer

Buchseite und Rezensionen zu 'Johannisfeuer' von Yann Sola
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2 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Johannisfeuer"

Autor:
Format:Taschenbuch
Seiten:352
EAN:9783462052770

Rezensionen zu "Johannisfeuer"

  1. Ein Buch voller Klischees

    Ein Buch, und dann noch einen Krimi, mit dem Titel „Johannisfeuer“ rund um den Johannistag (24. Juni) herum zu lesen, hat mich schon gereizt, ich wurde dann aber leider doch sehr enttäuscht.
    Perez, Kleinganove und Lebemann, pflegt ein Hobby, nämlich das Aufklären von Kriminalfällen. Während einer Bergtour entdeckt er den auf den ersten Blick leblosen Körper einer jungen Frau, die seit Jahren vermisst wird. Als diese kurze Zeit später im Krankenhaus wieder aufwacht, sich aber weigert zu sprechen, nimmt seine Lebensgefährtin, Marianne, sich ihrer an. Etwa zeitgleich wird im Umland von Montpellier eine Mädchenleiche aufgefunden. Perez glaubt nicht an Zufälle, sieht dort bald Zusammenhänge und macht sich auf die Suche nach diesen. Dabei gerät er an eine Sekte, die schon lange für Aufsehen sorgt und nach deren Anführer international gefahndet wird.
    Dieser Südfrankreich-Krimi aus der Feder von Yann Sola ist im Mai 2019 bei Kiepenheuer & Witsch erschienen und umfasst 352 Seiten.
    Der Roman punktet auf jeden Fall mit seinem Lokalkolorit: Man reist mit Perez entlang der Côte Vermeille, besteigt den Pic du Canigou in den Pyrenäen, sitzt mit ihm in Cafés und genießt das Leben „wie Gott in Frankreich“. Auch sprachlich ist man gleich in Frankreich angekommen, werden doch immer wieder französische Begriffe eingeflochten. Dass es auch in Frankreich Animositäten zwischen und Vorurteile gegen unterschiedliche(n) Volksgruppen gibt, lässt den Roman ebenfalls sehr authentisch wirken.
    Gut gefallen hat mir ebenfalls Perez‘ Hund, Hippy, der sich unter der Anleitung seines Herrchens zu einem richtigen „Gastrohund“ entwickelt hat, genießt doch auch er mehrgängige Menüs (auch wenn sich Hundeliebhaber*innen hier die Haare sträuben werden).
    Inhaltlich konnte mich das Buch ganz und gar nicht überzeugen: Mir fehlten einfach der Spannungsbogen und das Gefühl weiterlesen zu müssen, um den Täter/innen und Motiven auf die Spur zu kommen; bei den Ermittlungen hatte ich eher das Gefühl, als tappte Perez im Dunklen und blickte nur durch Zufälle hinter das Geschehen. Auch dass er mit seinen 60/65 Jahren (?) so ganz ahnungslos ist, was die digitale Welt angeht, scheint eher unwahrscheinlich.
    Doch auch ansonsten wartet der Roman mit vielen Klischees auf: Da ist die spindeldürre Bulimikerin, Jesus trägt lange Haare und einen Rauschebart und Religion ist gefährlich und nur was für Dumme („Am Ende ist es die Religion, die die Menschen verrückt macht.“). Der Autor bedient sich hier Klischees, die dem Mainstream entsprechen, ohne irgendwie in die Tiefe zu gehen. Es heißt ja, „der Zweck heiligt die Mittel“, aber die heimliche nächtliche Öffnung eines Grabes mit einem Kleinbagger wird wohl auch in Frankreich niemand als Kavaliersdelikt sehen. Ebenfalls der Umstand, dass ein Selbstmordvideo, wenngleich zu einem guten Zweck, ins Internet gestellt wird, erscheint mir an den Haaren herbeigezogen und reichlich deplatziert, um es gelinde auszudrücken.
    Das Thema Sekten und Glaubensgemeinschaften in einem Kriminalroman zu behandeln, hat durchaus seinen Reiz, es gibt auch in der (Kriminal- und Thriller-)Literatur viele gute und lesenswerte Beispiele. In diesem Buch jedoch wird nur mit Vorurteilen gespielt und ein tieferes Eindringen in die Materie fehlt völlig – besonders auch, was die psychischen Folgen des Ganzen betrifft. Meinen Geschmack hat Yann Sola mit „Johannisfeuer“ jedenfalls keinesfalls getroffen.

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