Jeder Tag kann der schönste in deinem Leben werden

Buchseite und Rezensionen zu 'Jeder Tag kann der schönste in deinem Leben werden' von Emily Barr
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Inhaltsangabe zu "Jeder Tag kann der schönste in deinem Leben werden"

2017] Weibliche Jugend; Amnesie; Identitätsfindung; Sachgruppe(n) K Kinder- und Jugendliteratur; Literarische Gattung Jugendbücher ab 12 Jahre [Belle K Kinder- und Jugendliteratur ]

Diskussionen zu "Jeder Tag kann der schönste in deinem Leben werden"

Autor:
Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:352
Verlag: FISCHER FJB
EAN:9783841440075

Rezensionen zu "Jeder Tag kann der schönste in deinem Leben werden"

  1. Flora - sei mutig!

    Flora Banks leidet an anterograder Amnesie, was bedeutet, dass sie sich Dinge nur für wenige Stunden, manchmal sogar nur für Minuten merken kann. Seit sieben Jahren setzt sich ihr Gehirn immer wieder zurück auf den Stand, auf dem sie im Alter von 10 Jahren war. Immer wieder stellt sie die gleichen Fragen, immer wieder tut sie die gleichen Dinge, immer wieder ist sie überrascht von ihrem eigenen Spiegelbild. Im Grunde ist sie daher ein kleines Mädchen im Körper eines Teenagers.

    Doch dann küsst sie am Strand einen Jungen, und die Erinnerung bleibt. Für sie bedeutet das zwei Dinge: 1) er muss die Liebe ihres Lebens sein, und 2) wenn sie mit ihm zusammen ist, wird das ihre Amnesie heilen. Dass er in die Arktis gezogen ist, um dort zu studieren, kann sie nicht aufhalten - mutig und entschlossen reist sie ihm nach ans Ende der Welt.

    Flora ist eine sehr ungewöhnliche Heldin mit einer sehr ungewöhnlichen Erkrankung. Eigentlich würde man ja erwarten, dass sie sich im Laufe des Buches nicht wirklich weiterentwickeln kann - schließlich vergisst sie ständig, was sie erlebt hat, und kann daher nichts daraus lernen.

    ...oder?

    Die Autorin schafft es dennoch, Flora als einzigartigen Menschen mit ganz viel Persönlichkeit und wunderbaren Eigenschaften zu zeigen. Und Flora hat ein System entwickelt, mit dem sie ein Stück weit ihr Gedächtnis ersetzen kann: sie schreibt wichtige Dinge auf ihre Arme, auf Zettel und in Notizbücher. Jedes Mal, wenn sie sich verwirrt irgendwo wiederfindet, ohne zu wissen, wer sie ist, wo sie ist und was gerade passiert ist, setzt sie sich anhand dieser Dinge Stück für Stück wieder zusammen. Meist fällt ihr als erstes das "Flora - Sei mutig!" auf ihrer Hand ins Auge.

    Gleichzeitig ist Flora emotional sehr kindlich, denn im Herzen ist sie immer noch zehn. Und deswegen war ich sehr, sehr skeptisch, was die Liebesgeschichte betrifft! Dass Flora direkt glaubt, Drake müsse die Liebe ihres Lebens sein und diese Liebe das Allheilmittel für ihre Amnesie, konnte ich nachvollziehen, gerade weil sie noch denkt und fühlt wie ein kleines Kind. Es kam mir aber mehr als fragwürdig vor, dass Drake ein Mädchen küsst, von dem er ganz genau weiß, dass sie emotional im Alter von zehn Jahren stehengeblieben ist.

    Ich möchte jetzt natürlich noch nicht verraten, was daraus wird, aber meine Befürchtungen, Floras Erkrankung könne herabgesetzt werden, indem die Liebe wundersamerweise die Lösung für all ihre Probleme ist, haben sich nicht erfüllt. Die Autorin geht sehr sensibel und realistisch mit dem Thema um.

    Die anderen Charaktere muss man zusammen mit Flora immer wieder neu von vorn entdecken, und trotzdem bekommt man einen guten Eindruck davon, wer sie sind. Ein echtes Kunststück der Autorin!

    Der Schreibstil ist eher einfach, denn Flora denkt meist wie ein Kind. Natürlich gibt es unzählige Wiederholungen, was aber keineswegs dazu führt, dass die Geschichte langweilig wird, und es wird auch nicht benutzt, damit der Leser auf Floras Kosten lachen kann. Stattdessen hat es etwas unbeschreiblich Bewegendes und oft Tragisches. Man fiebert mit Flora mit, man freut sich über ihre Fortschritte, und dann... Schnitt. Reset. Flora schaut sich um, wundert sich, wo sie ist, und muss schon wieder von vorne anfangen.

    Ich fand das Buch unglaublich gut geschrieben und konnte es kaum einmal weglegen. Ich habe es in Rekordzeit beendet, denn ich habe mit Flora mitgefiebert und ihr so sehr ein (glaubhaftes) Happy End gewünscht... Die Auflösung fand ich überraschend und dennoch schlüssig. Flora und der Leser stellen fest, dass die ganze Zeit Dinge vorgingen, die Flora nicht bewusst waren, und die Autorin verzichtet auf einfache Lösungen, findet aber ein Ende, mit dem ich zufrieden war.

    Fazit:
    Flora hat anterograde Amnesie und kann sich Dinge nur für sehr kurze Zeit merken; seit sieben Jahren ist ihr Leben wie ein Puzzle, das sie immer wieder neu zusammensetzen muss. Obwohl ihre Eltern ihr kaum zutrauen, mal einen Nachmittag alleine zuhause zu bleiben, macht sie sich ganz alleine auf und reist in die Arktis, um den Jungen zu finden, den sie am Strand geküsst hat - denn dieser Kuss ist das einzige aus den vergangenen sieben Jahren, an das sie sich erinnern kann.

    Eine wunderbare, originelle, einzigartige Geschichte: ein Mädchen ohne Erinnerung macht sich auf ins Abenteuer ihres Lebens und findet sich selbst. Weit, weit mehr als eine Liebesgeschichte, großartig geschrieben, mit einer Heldin, die erst entdecken muss, dass sie trotz ihrer Erkrankung ein wertvoller Mensch ist.

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