Institut für gute Mütter

Rezensionen zu "Institut für gute Mütter"

  1. Nie gut genug

    Schreiben die Autorinnen solche Bücher, weil sie Angst vor einer derartigen Zukunft haben oder folgen sie nur einem Hype? Denn „Institut für gute Mütter“ von Jessamine Chan ist ja nicht der einzige Roman zu dieser Thematik, der zurzeit kursiert. Ein Streaming-Anbieter zeigt eine fünfteilige Staffel nach dem Roman von Margaret Atwood: „Der Report der Magd“, wobei wohl nur die erste Staffel romangetreu ist, die weiteren Staffeln wurden in Absprache mit der Autorin frei zugefügt. Dann gibt es noch den Roman „Mothers“ von Polly Ho -Yen, der sich auch dystopisch mit dem Thema Unfruchtbarkeit der Frauen beschäftigt.

    Aber nun zum „Institut“. Frida, die Protagonistin, lässt ihre kleine Tochter Harriet für etwa zweieinhalb Stunden allein in der Wohnung zurück, während sie kurz wegfährt, berufliche Dinge erledigt und sich auch einen Kaffee holt. Das ist der Aufhänger und daraus entwickelt sich der rote Faden dieser Geschichte. Mit Karacho in den Abgrund. Ein übereifriger Nachbar mit Blockwart-Mentalität ruft die Polizei, bzw. den Kinderschutzbund (KSB) an, weil Harriet in der Wohnung schreit. So findet Frida, die Mutter, nach der Rückkehr von ihrer Exkursion das Kind nicht mehr in der Wohnung vor. Und dann nimmt das Unheil seinen Lauf.

    Frida verliert ihr Sorgerecht. Baby Harriet kommt zu ihrem Exmann Gust und seiner neuen Flamme Susanna. Frida darf Harriet nur noch selten sehen und dies auch nur in Begleitung einer sadistisch anmutenden Sozialarbeiterin, Ms. Torres. Die sich daran erfreut, Frida und Baby Harriet leiden zu sehen. Sie quält, weil sie’s kann und darf.

    Ab jetzt hat Frida eine vermeintliche Wahl. Geht sie für ein Jahr in die sog. Schule für gute Mütter (OT „The School for Good Mothers“), so bekommt sie vielleicht, wenn sie sich gut führt, danach das Sorgerecht zurück. Geht sie nicht, ist das Sorgerecht futsch. Endgültig.

    In der Schule für gute Mütter wird Frida ein künstliches Kind zugeteilt. Sie nennt es Emmanuelle und dieses Roboterkind wurde von der Größe und vom Alter so in etwa Harriet angeglichen. Alle anderen Mitmütter bekommen ebenfalls künstliche Kinder, gemäß der verlorenen. Es herrschen strenge Regeln, die oft und immer wieder willkürlich geändert werden. Kommt einem aus der Corona-Zeit alles bekannt vor. Und wir Leser werden auch nicht verschont von dem, was angeblich gut sein soll für uns, wie die Grippeimpfung (S. 286) und, Zitat, Seite 247: „Sie [gemeint ist hier Frida] erzählt Emmanuelle von der Erderwärmung, dass Manhattan irgendwann vielleicht im Meer versinkt, dass Menschen kein Fleisch mehr essen, weniger Auto fahren und weniger Babys machen sollen. – Manche glauben, dass es einfach zu viele Menschen gibt.“

    Hat unsere Gesellschaft vielleicht jetzt schon alles Menschliche aus dem Blick verloren? Dem stimme ich zu. Und so ähnlich lautet der hintere Klappentext des Romans.

    Ach ja, und das Cover ist genauso leer und trostlos wie die Situation in der Schule. Da hilft das Rosa der Uniformen auch nicht weiter. Passt aber.

    Fazit: Diese Dystopie ist deshalb so erschreckend, weil sie schon fast an unsere Realität heranreicht. Bleibt die Hoffnung, dass es nie so weit kommt und dass wir es schaffen, rechtzeitig gegenzusteuern. 4 Sterne, denn für einige Längen in der Mitte ziehe ich einen Stern ab.

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  1. „Ich bin eine schlechte Mutter …“

    Das Debüt „Institut für gute Mütter“ von Jessamine Chan liest sich über weite Teile spannend und löste zahlreiche widersprüchliche Emotionen bei mir aus. Wenn einem Buch dies gelingt, dann hat es normalerweise bereits gewonnen - normalerweise. Hier war für mich die Geschichte allerdings nicht rund, nicht durchgängig plausibel erzählt, so dass ich eben doch unzufrieden zurückbleibe.
    Frida ist am Ende ihrer Kräfte. Ihre 1,5-jährige Tochter ist krank, an Schlaf ist seit Tagen nicht zu denken und eine Deadline im Job erzeugt außerdem Druck. In einem spontanen Entschluss verlässt Frida die Wohnung und lässt ihre Tochter 2,5 Stunden alleine. Ein Nachbar, der das Kind schreien hört, benachrichtigt die Polizei, die Harriet aus der Wohnung „befreit“ und mit zur Wache nimmt.
    Das verantwortunglose Handeln hat für Frida und Harriet weitreichende Folgen. Harriet zieht zum Vater und seiner neuen Frau, darf ihre Mutter zunächst in einem streng getakteten, sehr knappen Zeitraum unter Beaufsichtigung treffen. In Fridas Wohnung werden Überwachungskameras installiert. Ein Gericht beschließt, dass Frida nur dann weiterhin für ihre Tochter sorgen darf, wenn sie lernt, eine gute Mutter zu sein. Dies soll sie in einer neuen, noch geheim gehaltenen Besserungsanstalt während eines Jahres mithilfe einer KI-Puppe erlernen. Natürlich lässt sich Frida darauf ein, ist es doch ihre einzige Chance, die Tochter zurückzugewinnen.
    Was folgt sind Trainingseinheiten, in denen Frida mit anderen verurteilten Müttern lernt, „mutterisch“ zu sprechen, angemessene Umarmungen auszuführen (nicht zu lang, nicht zu kurz), Konflikte zwischen den KI-Puppen zu schlichten usw.. Dabei kommen durchaus wichtige Themen der Kindererziehung zur Sprache, die dann aber durch die völlige Missachtung der individuellen Persönlichkeit von Mutter und Kind und in ihrer strengen Durchführung ohne Spielraum und Beachtung der Bedürfnisse gleich wieder ad absurdum geführt werden. Das Institiut für gute Mütter bedient sich unmenschlicher Methoden, bricht Frauen, anstatt sie aufzubauen, straft, foltert und traumatisiert ebenso die zurückgelassenen Kinder, die manchmal per Videotelefonat mit ihren Müttern sprechen dürfen. In der Besserungsanstalt (es gibt auch einen getrennten Bereich für Väter) befinden sich auch Eltern, die ihre Aufsichtspflicht dadurch verletzten, weil sie ihr Kind nicht vom Sturz eines Klettergerüsts schützen konnten oder weil sie ihrem Kind im Grundschulalter erlaubten, den kurzen Weg vom Spielplatz zur Wohnung alleine zu bewältigen. Offensichtlich verbietet das us-amerikanische Gesetz den Aufenthalt für Kinder bis 12 Jahren alleine in der Öffentlichkeit. Je nach Bezirk halten sich die Menschen daran oder auch nicht. In einigen Gegenden erstatten Nachbarn durchaus Anzeige und der Fall landet vor dem Jugendamt.
    Mit den Vätern in der Besserungsanstalt scheint man nachsichtiger umzugehen, die Regeln sind nicht so streng und die Chancen stehen für Väter besser, am Ende der „Strafmaßnahme“ wieder mit ihren Kindern leben zu können. Die Autorin hat durchaus auch das Anliegen Gesellschaftskritik zu üben. Neben der geschlechtsspezifischen Ungleichbehandlung zeigt sie, wie Rassismus die Beurteilung der Mütter und Väter beeinflusst. All das kratzt aber nur an der Oberfläche, ebenso die Beziehungen, die die Mütter untereinander eingehen.
    Die Geschichte fesselt vor allem wegen des emotional aufwühlenden Themas, weniger durch den Schreibstil und den Handlungsaufbau. Immer hatte ich das Gefühl, dass irgendetwas fehlt, dass diese entworfene Welt in sich nicht stimmig ist. Vergleiche mit Orwells „1984“ und Atwoods „Report der Magd“ sind meiner Meinung nach nicht zulässig - zwischen diesen Werken liegen Welten.

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  1. Ein wahnsinnig realistisches Buch! Absolute Leseempfehlung!

    !ein Lesehighlight 2023!

    Klappentext:

    „Bin ich eine schlechte Mutter?

    Frida ist überfordert: Ihr Baby Harriet schreit und schreit und alles, wonach sich die alleinerziehende Mutter sehnt, ist eine halbe Stunde Ruhe und etwas Zeit für sich. Als sie das kleine Mädchen für eine Stunde unbeaufsichtigt zu Hause lässt, ruft ein Nachbar die Polizei. Was dann folgt, ist der Albtraum einer jeden Mutter: Frida verliert das Sorgerecht und wird in eine Besserungsanstalt gesteckt. Im Institut für gute Mütter soll sie mithilfe einer KI-Puppe lernen, was es heißt, eine gute Mutter zu sein. Ein Jahr totaler Überwachung, Strafen und unmenschlicher Lektionen nimmt seinen Lauf.“

    Ein Institut für gute Mütter…es gibt sicherlich Staaten auf diesem Planeten die dis befürworten würden. Sie halten das für abwegig? Dann lesen Sie Jessamine Chan mit ihrem wahnsinnigen Buch „Institut für gute Mütter“! Ja, das Buch ist erschreckend auf der einen Seite aber schlussendlich ist alles gar nicht soweit hergeholt wenn man mit offenen Augen durch die Welt geht und vielleicht auch schon ein paar Jahre Lebenserfahrung hat.

    Erstmal zur Geschichte an sich: Die Geschichte rund um Frida und ihrem Kind wird eine jede Mutter wieder erkennen. Es gibt einfach Tage, die einen fordern weil nichts richtig gelingen will. Das Kind quengelt, die Arbeit macht Druck, zu Hause bleibt alles liegen und dennoch will man für alles und jeden ausgeglichen und voll da sein. Klappt nur nicht immer! Bei Frida klappt es ein Mal überhaupt nicht und sie landet genau dort, wo der Buchtitel uns bereits darauf aufmerksam gemacht hat. Ihr Kind wird ihr entzogen, das Sorgerecht ist weg und Frida muss in Therapie. Sie ist keine gute Mutter! Und das alles nur, weil der Nachbar alles mitbekommen hat! Hat sie doch vermeintlich nichts schlimmes getan als lediglich ihr Kind für eine Stunde allein gelassen! Alleine hier werden sich die Geister streiten. Aufsichtspflicht ist das eine aber was wenn die eigenen Nerven kurz vorm zerbersten sind? In der Besserungsanstalt soll Frida das „richtige“ und „liebevolle“ Bild einer Mutter vermittelt werden. Diese Anstalt ist pure Folter und nicht nur deswegen weil ihre Sehnsucht nach ihrem Kind so groß ist, sondern weil die Methoden mehr als menschenunwürdig sind. Zumal: Wer gibt das Maß einer guten Mutter vor? Wer erlaubt sich diese Liebe in einer Art Maß zu bestimmen? Wenn einer aus der Reihe tanzt, wird er dazu gebracht wieder dorthin zu gehen und ins Bild passen zu müssen. Sie denken, die Geschichte ist völliger Stuss und sie ist völlig unrealistisch? Da liegen Sie komplett falsch! Zu DDR-Zeiten wurden Nicht-Linientreuen Bürgern die Kinder regelrecht gestohlen! Sie kamen in Heime oder bei älteren Kindern in Umerziehungslager (Jugendwerkhöfe) oder wurden zur Adoption freigegeben und viele von ihnen blieben regelrecht spurlos verschwunden! Oder ein mehr als aktuelles (März 2023) Beispiel und sehr passend zum Buch: in Russland malt ein Mädchen ein Antikriegsbild und was ist die Konsequenz? Der Vater des Mädchens verliert das Sorgerecht für seine Tochter und das Mädchen muss ins Heim! Aktueller geht also das Buch „Institut für gute Mütter“ nicht! Egal ob Vater oder Mutter - Chans Geschichte mag skurril und wahnsinnig wirken auf den ersten Blick, spricht sie aber Themen an, die die Menschen gern ausblenden. Ihr Schreibstil ist unheimlich kühl und darüber war ich sehr dankbar. Es wäre nicht gut gewesen wenn wir Leser nah an Frida heran geführt würden. Diese Distanz ist perfekt um alles so neutral wie möglich zu betrachten. Sicherlich war es nicht richtig das Frida ihr Kind Harriet allein gelassen hat aber ist sie deshalb gleich unfähig ein Kind, ihr Kind, groß zu ziehen? Die Anstalt wirkt mehr als grausam und es ist mehr als eine Strafe die Frida dort erfährt. Die KI-Puppen wirken wie von einem anderen Planeten doch ist die heutige Technik mittlerweile fähig solche Geschöpfe auf die Menschheit loszulassen. Ist das alles zu weit hergeholt von der Autorin? Ich finde überhaupt nicht! Wer sich ein wenig mit der KI-Thematik befasst wird hier erschreckende Informationen vorfinden und merken, die Zeiten von Star Trek und Co. werden langsam aber sicher real. Einerseits mahnt Chan mit ihrer Erzählung was eben das Thema Fürsorge betrifft aber sie hält auch der Menschheit einen Spiegel vor und zeigt auf, die nahende Technik kann grausam sein die wir Menschen schlussendlich erfunden haben bzw. werden! Sie ist dabei immer wieder zwar klar und pragmatisch in ihrem Erzählstil aber dennoch auch philosophisch und leider trifft sie die Sache im Kern! Wer maßt sich an über einen andern Menschen zu urteilen wenn er gar nicht zu 100% weiß was überhaupt der Fall war? Nur durch Vermutungen oder Beobachtungen wurde dieser Stein bei Frida ins Rollen gebracht weil der „aufmerksame“ Nachbar etwas bemerkt hat! Wo wird das noch enden? Unsere heutige Zeit tendiert genau in diese Richtung und es liegt an jedem von uns selbst entweder diesem Strom zu folgen oder einen anderen Weg einzuschlagen! Chan hat ein wahres und auch wahnsinniges Buch auf den Markt gebracht welches mehr als unter die Haut geht und eine Story erzählt die definitiv nicht an den Haaren herbeigezogen ist! Das Buch erhält von mir 5 Sterne und eine klare Leseempfehlung!

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  1. schockierender Blick in die USA

    Frida Liu, 38 Jahre, Akademikerin, lebt mit ihrer 18 Monate alten Tochter Harriet alleine. Ihr Mann, mit dem sie sich das Sorgerecht teilt, hat sie wegen einer Jüngeren verlassen.
    An einem einzigenTag lässt sie die Tochter für zweieinhalb Stunden alleine, weil sie vor lauter Stress die Zeit vergisst. Prompt wird sie angezeigt.

    Der mächtige KSB Kinderschutzbund bestimmt von da an ihr Leben. Sie gerät in die Mühlen der Justiz. Die absurden Beobachtungen, Behauptungen, Meinungen und Analysen von Beamten, Psychologen, Sozialarbeiterinnen und Richterinnen, die ihr Innerstes nach außen wenden, entscheiden über ihr weiteres Leben. Sie wird vor die Wahl gestellt, entweder sie geht ein Jahr lang in ein geschlossenes Trainingscamp, wo sie lernen soll, eine gute Mutter zu sein, oder ihr werden ihre elterlichen Rechte entzogen. Da Frida natürlich ihr Kind nicht verlieren will, muss sie sich für das Trainingsprogramm entscheiden.
    Was das bedeutet weiß vorher niemand, es ist geheim und soll geheim bleiben.
    Als Leser ergreift einen eine tiefe Verzweiflung, Hilflosigkeit und Wut über das, was da geschieht.
    Die Autorin hat in großer Sensibilität und profunden Beobachtungen Fiktion und Realität meisterhaft verknüpft.
    Die Grausamkeit des willkürlichen Kindesentzugs beschreibt sie in tiefen Erkenntnissen und Gefühlen, die den Leser zu Tränen rühren.

    Zur weiteren Information sei dem Leser empfohlen einige der vielen Artikel, die im Internet zu finden sind, über den amerikanischen Kinderschutz zu lesen.

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  1. 5
    29. Mär 2023 

    Erschreckend realistische Dystopie

    Nur 2 Stunden hat Frida ihre Tochter Harriet allein gelassen, doch die Nachbarn melden sie der Kinderschutzbehörde. Harriet wird ihr entzogen, lebt von nun an beim Vater und seiner neuen Frau und Frida wird verurteilt. Nur, wenn sie sich bereit erklärt, an einem 1-jährigen Trainingsprogramm teilzunehmen, bekommt sie möglicherweise ihr Kind zurück. Und so zieht sie mit anderen Frauen in ein altes College, wo Demütigungen und Schuldzuweisungen von nun an ihre täglichen Begleiter sein sollen.

    „Institut für gute Mütter“ ist der Debütroman der Autorin Jessamine Chan und wurde von Friederike Hofert aus dem Englischen übersetzt. Erzählt wird, zumeist chronologisch, aus der Sicht der Protagonistin Frida in der dritten Person und der Gegenwartsform. Hin und wieder springt die Handlung aber auch in die Vergangenheit zurück und beleuchtet wichtige Wendepunkte in Fridas Leben. Wo wäre sie heute ohne die Scheidung? Wäre sie eine bessere Mutter geworden, wenn ihre eigene etwas mehr Zuneigung zu ihr gezeigt hätte? Hätte sie bessere Chancen, wenn sie nicht die Tochter chinesischer Einwanderer wäre?

    Obwohl es sich um eine Dystopie handelt, erscheint alles sehr realitätsnah und im Bereich des Möglichen. Im Trainingszentrum entwickeln sich zwischen den Frauen schnell Allianzen, aber auch Feindschaften. Manche haben sich nur Kleinigkeiten zu schulden kommen lassen, andere ihre Kinder misshandelt und eingesperrt. So oder so ist der Umgang mit den Frauen erschreckend, sie sollen umerzogen werden, wie Maschinen funktionieren und sich mit Sätzen wie „Ich bin eine schlechte Mutter, aber ich lerne, eine gute zu sein“ selbst erniedrigen.

    Bleibt der Erfolg aus, werden die Frauen bestraft – was umso wütender macht, wenn wir im erfahren, wie vergleichsweise locker es im Camp für die Väter zugeht. Geübt wird stets an erschreckend echt wirkenden Roboterkindern, die im Aussehen und Alter dem eigenen Kind gleichen. Sie können Schmerzen fühlen und echte Emotionen empfinden – eine Tatsache, die noch eine neue thematische Dimension hinzufügen: Dürfen wir so mit Maschinen umgehen, nur weil sie nicht, wie wir, menschlich sind?

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  1. Eine Mischung aus 1984 und Handmaids Tale

    "Das Institut für gute Mütter" hat mich nachhaltig fasziniert. Wir begleiten Frida, eine Mutter, die nach einem Fehler von dem "Jugendamt" zu einem Jahr "Mutter sein lernen" in einem Institut verdonnert wird. Sie darf nicht über das Programm sprechen und das hat auch seinen Grund.

    Das Buch hat mich total gefesselt. Das liegt nicht nur inhaltlich an den Methoden des Instituts und den Gepflogenheiten der Trainerinnen, sondern auch an den Fragen, die das Buch insgesamt aufwirft. Natürlich geht es um die Frage, was eine gute Mutter ausmacht und das hat mich selbst beschäftigt, obwohl ich keine Mutter bin. Das Buch ist meiner Meinung nach langsam erzählt, was hier aber wunderbar passt, weil es super das Konzept von Zeit einfängt, das die Frauen im Institut haben müssen. Man kann sie genau beobachte, sieht wie sie sich mit der Situation arrangieren und wie sie sich verändern. Es ist eine besonders interessante Betrachtung von Charakter und Umständen. Für mich hat es sich angefühlt wie eine Mischung aus 1984 und Report der Magd.

    Ich denke das könnte in Zeiten von Übermüttern und kontroversen Erziehungsmethoden ein moderner Klassiker werden. Es zwingt die Lesenden wirklich, sich mit ihrer eigenen Meinung, ihrer eigenen Erziehung auseinanderzusetzen und zeichnet eine Dystopie, die ich mir leider tatsächlich so vorstellen kann.

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  1. schockierender Blick in die USA

    Frida Liu, 38 Jahre, Akademikerin, lebt mit ihrer 18 Monate alten Tochter Harriet alleine. Ihr Mann, mit dem sie sich das Sorgerecht teilt, hat sie wegen einer Jüngeren verlassen.
    An einem einzigenTag lässt sie die Tochter für zweieinhalb Stunden alleine, weil sie vor lauter Stress die Zeit vergisst. Prompt wird sie angezeigt.

    Der mächtige KSB Kinderschutzbund bestimmt von da an ihr Leben. Sie gerät in die Mühlen der Justiz. Die absurden Beobachtungen, Behauptungen, Meinungen und Analysen von Beamten, Psychologen, Sozialarbeiterinnen und Richterinnen, die ihr Innerstes nach außen wenden, entscheiden über ihr weiteres Leben. Sie wird vor die Wahl gestellt, entweder sie geht ein Jahr lang in ein geschlossenes Trainingscamp, wo sie lernen soll, eine gute Mutter zu sein, oder ihr werden ihre elterlichen Rechte entzogen. Da Frida natürlich ihr Kind nicht verlieren will, muss sie sich für das Trainingsprogramm entscheiden.
    Was das bedeutet weiß vorher niemand, es ist geheim und soll geheim bleiben.
    Als Leser ergreift einen eine tiefe Verzweiflung, Hilflosigkeit und Wut über das, was da geschieht.
    Die Autorin hat in großer Sensibilität und profunden Beobachtungen Fiktion und Realität meisterhaft verknüpft.
    Die Grausamkeit des willkürlichen Kindesentzugs beschreibt sie in tiefen Erkenntnissen und Gefühlen, die den Leser zu Tränen rühren.

    Zur weiteren Information sei dem Leser empfohlen einige der vielen Artikel, die im Internet zu finden sind, über den amerikanischen Kinderschutz zu lesen.

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