Im Block

Buchseite und Rezensionen zu 'Im Block' von Walter Kempowski
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Inhaltsangabe zu "Im Block"

Im Jahr 1948 wird der 19jährige Walter Kempowski aus Rostock wegen angeblicher Spionage von einem sowjetischen Militärgericht zu 25 Jahren Haft verurteilt. Acht Jahre sitzt er im berüchtigten DDR-Zuchthaus Bautzen. Dann wird er begnadigt. 1969 erscheint sein beklemmender literarischer Bericht aus einer Welt außerhalb des bürgerlichen Alltags. »Im Block«, das ist ein Leben in drangvoller Enge, isoliert, passiv, inhaltsarm. Die Häftlinge bilden eine eigene Gesellschaft, die geprägt ist vom Eingeschlossensein, von qualvoll gedehnter Zeit und von seltenen Augenblicken, die nur entfernt an das Glück eines erfüllten Daseins erinnern. Entstanden sind eindringliche, scharf ausgeleuchtete Bilder einer Existenz, die den Betroffenen all das verweigert, was menschliche Selbstverwirklichung ausmacht: Arbeit, Liebe, Besitz. 1987 erschien dieser Bericht, der den Beginn der schriftstellerischen Existenz Walter Kempowskis markiert, erstmals im Knaus Verlag, ergänzt um während der Haft angefertigte Zeichnungen des Autors.

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:320
EAN:9783813502367

Rezensionen zu "Im Block"

  1. 5
    25. Jan 2018 

    "Im Morgengrauen holten sie

    "Im Morgengrauen holten sie mich aus dem Bett. Zwei trugen Lederjacken. Da hast du was zu melden, wenn du wieder rüberkommst, dachte ich."

    So beginnt Walter Kempowskis Bericht über seine Verhaftung und spätere Inhaftierung in der Haftanstalt Bautzen I, dem sogenannten "Gelben Elend". Unrühmliche Bekanntheit erlangte Bautzen I als „Speziallager Nr. 4“ der Sowjetischen Militäradministration. Ich habe ein gemeinfreies Foto dazu gefunden.

    Schon in diesen ersten drei Sätzen blickt Kempowskis trockener Humor durch, bei dem mir oftmals das Lachen steckenbleibt. Er hätte gerne einen Pfarrer gesprochen, damit der seine Mutter hätte warnen können. Nach zehn Tagen macht er die Sowjets darauf aufmerksam, dass sein Interzonenpass bald ablaufe, was bei denen für Heiterkeit sorgt. Immer wieder wird er nach spionischen Agenten gefragt, bis er sich welche ausdenkt: "Die Namen entlehnte ich aus Shakespeares Dramen."
    Er hat Wachträume, gute wie schlechte, z. B. darf er jeden Monat ein Paket empfangen, erhält zehn Jahre Freiheitsentzug, die er in einem Büchermagazin absitzen muss. Oder er wird verstoßen und verraten, liegt krank auf einem Lumpenhaufen und fleht um Wasser.
    Ein Versuch, sich das Leben zu nehmen, scheitert.

    Dann endlich kam ein Bündel von zu Hause: Schuhe, Wäsche, ein Kopfkissen und sogar eine Zahnbürste.

    Ende Juli 1948 gab es einen Protokoll-Abschluss. Sie wurden ihm alle vorgelesen. "Da war ich aber doch erstaunt. Das alles sollte ich ausgesagt haben?"
    Ende August fand die Gerichtsverhandlung statt. Ohne Verteidiger. 25 Jahre Zwangsarbeit. Bautzen.

    Zu der Zeit gab es sogar für das Weitergeben von Westzeitungen 25 Jahre wegen antisowjetischer Propaganda.

    In den Blöcken bildeten die unterschiedlichsten Männer eine Zwangsgemeinschaft. Und es war schwer, neue Bekanntschaften anzuknüpfen.

    Um sich zu beschäftigen, gründeten einige Männer eine Chorgemeinschaft und probten täglich. Lesen konnte Kempowski nur heimlich: „‚Ditte Menschenkind‘. Der war´s auch nicht besonders gut gegangen.“ – „‚Krieg und Frieden‘: Daß sich das riesige Vermögen des Grafen Besuchow wieder um ein Drittel vermindert hat.“

    Später durfte man über Kultur diskutieren: „Anregend waren abendliche Diskussionen. Ob Jazz Kunst ist. Ob der Schlager als Volkslied unserer Zeit bezeichnet werden könne? Ob Jugendliteratur nach Karl May überhaupt noch möglich sei?“

    Ab 1951 ging es etwas humner zu. Eine bibliothek wurde eröffnet. Nun konnte man legal lesen. „Wir lasen mit rasender Geschwindigkeit, weil wir dachten, die Entlassung kommt dazwischen.“

    Nach acht Jahren wurde Walter Kempowski vorzeitig entlassen und ging zu seiner Mutter nach Hamburg.

    Unmittelbar nach seiner Entlassung fertigte er 48 Monotypien an. Einige davon sind in diesem Buch erstmals veröffentlicht worden.

    Eine Wertung für dieses Buch mag ich nicht anstellen. Ob diese 25 Jahre zu Unrecht bestanden, ich weiß es nicht. Als Kempowski verhaftet wurde, war er gerade mal 19 Jahre alt, kam aus dem Krieg und wollte irgend etwas arbeiten.

    Auf jeden Fall war es ein interessantes Lesen. Die Haftbedingungen so kurz nach dem Krieg waren natürlich grausig. Die Männer gingen täglich hungrig schlafen, Hygiene war ein Fremdwort und es gab keine vernünftige Beschäftigung. Ein wenig besser wurde es nach der Gründung der DDR und als Kempowski von „humaner“ schrieb, war das die Zeit, als Walter Ubricht die Führung in der DDR innehatte. Vielleicht deute ich dort zu viel rein, aber zeitlich passt es.

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