Homo faber: Ein Bericht

Rezensionen zu "Homo faber: Ein Bericht"

  1. Dieser Mann steht sich selbst im Weg

    Der Inhalt des 1957 veröffentlichten Romans von Max Frisch ist sattsam bekannt und wird auch an anderer Stelle kompetenter analysiert, deshalb nur kurz zur Erinnerung:
    Walter Faber, Schweizer Ingenieur, fliegt auf Montage nach Südamerika. Das Flugzeug landet mit Motorschaden in der Wüste, wo er den Bruder seines Jugendfreunds Joachim trifft und mit ihm außerplanmäßig nach Guatemala weiterreist. Joachim hat sich umgebracht. Er war mit Fabers Jugendliebe Hanna verheiratet. Faber, rastlos und getrieben, fährt mit dem Schiff nach Europa, trifft auf dem Schiff eine junge Frau, Elisabeth mit Namen, die seine und Hannas Tochter ist, was er aber zunächst nicht weiß. Er beginnt eine Beziehung zu Elisabeth, die er Sabeth nennt, reist mit ihr nach Italien und Griechenland, wo Hanna lebt. Auf dem Weg verunfallt Elisabeth und stirbt später.

    Das Buch erzählt oft in Rückblenden von Fabers Gefühlen, die er (wie viele Männer! zumindest damals) nur schwer zulassen, geschweige denn ausdrücken kann. Diese Passagen sind tagebuchartig, mit kurzen Sätzen, luftig gedruckt. Faber ist rationaler Techniker, seine technischen Beschreibungen geraten sehr viel ausführlicher und detailreicher. Magenschmerzen ignoriert er, bis sie ihn ins Krankenhaus bringen. Im letzten Satz wird er zur Operation abgeholt, Ende offen.

    Mich hat dieser Roman sehr beeindruckt, nicht nur vom Inhalt, sondern auch von der Sprache her. Ich mochte Max Frisch schon immer und bin froh, Homo faber wiedergelesen zu haben.

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  1. Rationalisierung emotionaler Handlungen

    Der Inhalt:

    Im Roman Homo faber berichtet die Hauptfigur Walter Faber, ein Ingenieur mit streng rationalistischem Weltbild, von Ereignissen seines Lebens, die eben dieses technisch-naturwissenschaftliche Weltbild ins Wanken bringen und entscheidende Grundfragen menschlicher Existenz nach Schicksal, Entscheidungsfreiheit und Gestaltungsmöglichkeiten des Individuums aufwerfen. Zeitlich angesiedelt ist der Roman Ende der 1950er Jahre. Seine Schauplätze reichen von europäischen Metropolen wie Paris und Athen über die Vereinigten Staaten bis nach Mittel- und Südamerika.

    Meine Meinung:

    Walter Faber, der Protagonist dieses Buches, ist ein durch und durch sachlicher und rational denkender Mann, der zwar mit Gefühlen nichts großartig anfangen kann, mit Maschinen und Technik dafür umso mehr. Mit Frauen hat er's deswegen besonders schwer, da diese doch oft ausschließlich in ihrer Gefühlswelt leben und mit seiner Sachlichkeit nicht umgehen können.
    In dieser durch einen unglaublichen Zufall geprägten Geschichte trifft Mr. Faber auf seinen Reisen eine junge Frau, in die er sich nicht nur verliebt, sondern von der er schon bald sogar herausfindet, dass sie seine eigene Tochter ist. Und ab dem Moment beginnt das Schlamassel. Oder anders ausgedrückt: die wichtigste und mit Sinn gefüllteste Zeit seines restlichen Lebens, die dennoch nicht ohne Probleme und Katastrophen auskommt.

    ~ Ich bin nicht zynisch. Ich bin nur, was Frauen nicht vertragen, durchaus sachlich. ~
    (S. 91)

    Geschrieben wurde Homo faber von Max Frisch in den 1950ern, und ich finde, genau das merkt man auch ganz deutlich an der Schreib- bzw. Ausdrucksweise des Autors: Viele alte, heute nicht mehr gebräuchliche Wörter und Ausdrücke sind hierin zu finden und lassen dadurch das typische Klassiker-Feeling aufkommen.

    Walter Faber berichtet in Form eines Tagebuchs von der Zeit mit seiner Jugendliebe Hanna, von seinem Dasein danach, den Frauen, die anschließend Teil seines Lebens waren und natürlich auch der Jetzt-Zeit, in der er viel herumreist und schlussendlich seine nie gekannte Tochter kennenlernt.
    Während der gesamten Zeit des Lesens, so hatte ich das Gefühl, ist es mir schwer gefallen "am Ball zu bleiben". Phasenweise fand ich Fabers Bericht anstrengend, bin hin und wieder also auch abgeschweift. - Was ich natürlich nicht wollte, trotzdem konnte ich manchmal dem vielen Blabla über Technik und dem ganzen Gedenke, das mir oftmals wie ein Zerdenken vorgekommen ist, nicht folgen. Vielleicht liegt es daran, dass ich eine Frau bin und mir so ein bisschen der Zugang zur typisch männlichen Rationalität fehlt? - Ich weiß es nicht.
    Jedenfalls besteht der Bericht, besonders vermehrt zum Ende hin, aus vielen sehr kurzen Sätzen, die mir das Lesen zusätzlich erschwert bzw. meinen Lesefluss gestört haben.

    ~ Ich bin Techniker und gewohnt, die Dinge zu sehen, wie sie sind. ~
    (S. 24)

    Das, worum es geht, Fabers Schicksal/seine Geschichte, fand ich hingegen gar nicht mal so uninteressant. Auch die Veränderung seiner Person, die sich sogar im Schreibstil ein wenig niederschlägt, war deutlich erkennbar und sollte an dieser Stelle noch hervorgehoben werden.
    Dies war mein erster Max Frisch und ich bin mir auch noch nicht so ganz sicher, ob es beizeiten einen weiteren für mich geben wird. Von diesem Klassiker, von dem ich eigentlich viel erwartet habe, bin ich nämlich leider etwas enttäuscht worden. Vielleicht war es auch einfach die falsche Zeit, in der ich mir das Buch zu Gemüte geführt habe?

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