Hitlers Heerführer

Buchseite und Rezensionen zu 'Hitlers Heerführer' von Hürter, Johannes
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Inhaltsangabe zu "Hitlers Heerführer"

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:727
Verlag: Oldenbourg
EAN:9783486583410

Rezensionen zu "Hitlers Heerführer"

  1. 5
    01. Mär 2020 

    Gute Gruppenbiographie

    Am 22 .7.1941 beginnt nach längerer Vorbereitung das Unternehmen Barbarossa, der deutsche Angriff auf die Sowjetunion. In seiner Gruppenbiographie stellt Johannes Hürter 25 Oberbefehlshaber dieser gewaltigen in Marsch gesetzten Militärmaschine vor.
    Allen ist gemeinsam, dass sie als Offiziere im Kaiserreich sozialisiert wurden, von der Niederlage 1918 traumatisiert und - für ihr eigenes Gefühl/Selbstbewusstsein - deklassiert waren, der Weimarer Republik, immerhin ihrem Arbeitgeber, mehr als reserviert gegenüberstanden, dem Dritten Reich dagegen aufgeschlossen, versprach es doch die Aufwertung der eigenen militärischen Bedeutung. Und, alle waren letztendlich Versager.
    Versager in doppelter Hinsicht: moralisch, weil sie den rassenideologischen Raubkriegcharakter, über den sie bereits in der Vorbereitung durch den berüchtigten Kommissarbefehl, den Erlass über die Wehrmachtsjustiz und andere Verlautbarungen informiert waren, vorbehaltlos mittrugen. Ebenso, weil sie zu der schon seit Angriffsbeginn folgenden Politik der Judenvernichtung schwiegen, sei, es, weil sie diese billigten, sei es, dass sie sie der totalen Kriegsführung und ihren angeblichen Anforderungen (Quartierbeschaffung, Beseitigung unnützer Esser, Partisanenbekämpfung) unterordneteten. Aus dem gleichen Grund schwiegen die Generäle auch hinsichtlich des menschenverachtenden Umgangs mit der Zivilbevölkerung der Sowjetunion und den Kriegsgefangenen. Selbst zwei Generäle, die später im Zusammenhang mit dem 20. Juli 1944 hingerichtet wurden, Stülpnagel und Hoepner, scheinen eher antisemitisch und rassistisch gewesen zu sein.
    Versager waren die Generäle aber auch auf dem ihnen ureigensten Gebiet, dem der Kriegsführung. Nicht in dem Sinn, dass sie durch eine andere Kriegsführung eventuell einen Sieg hätten davon tragen können, wie es einer von ihnen, der Generalfeldmarschall Manstein später in seiner unsäglichen Rechtfertigungsschrift "Verlorene Siege" insinuiert. Eher in dem Sinn, dass sie sich, euphorisiert durch die vorangegangenen Feldzüge in Polen, Frankreich etc. überhaupt auf dieses waghalsige Unternehmen einließen. Warnende Stimmen der militärischen Fachleute gab es offensichtlich nicht, im Gegenteil, auch sie gingen von einem erneuten kurzen Krieg gegen einen völlig unterschätzten Gegner aus. Im Verlauf des Feldzug gaben sie immer mehr von ihrer Entscheidungskompetenz vor Ort, die ihnen aufgrund der deutschen Militärtradition eigentlich vermittelt worden war, auf und wagten es nicht, Hitler auch nur ansatzweise offen zu kritisieren. Deutlich wurde dies nach dem Scheitern der Operation "Taifun", dem missglückten Versuch Moskau zu erobern, welcher das Ostheer an den Rand des Zusammenbruchs führte. Doch anstatt in Fürsorge für die untergebenen Soldaten taktische Rückzüge in vorbereitete Wintersellungen zu befehlen, kuschte man vor Hitler und gab seinen Anweisungen zum rücksichtslosen Halten nach. Damit hatten sie letztendlich ihre Daseinsberechtigung als Befehlshaber verspielt und wurden Hitler willige Vollstrecker.
    Allerdings beschreibt Hürter auch, dass diese Entmachtung der Generäle keineswegs auf Hitler allein zurückgeht, sondern vielmehr auf den Generalstabschef Halder, der, fernab von der Front, ebenso sinnlose Befehle erteilte, die sich vor Ort als unrealistisch erwiesen. Ausgerechnet dieser Halder setzte nach dem Krieg darauf, die deutsche Kriegsgeschichtsschreibung in dem Sinne zu beeinflussen, dass die Fehler keineswegs beim angeblich vernünftig planenden Generalstab lagen, sondern bei dem immer wieder eingreifenden Hitler. Dies war jedoch für das erste Jahr des Ostkrieges nur bedingt wahr.
    Wer sich für das Thema Krieg im Osten interessiert, wird an dieser Studie nicht vorbeikommen.

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