Hell-Go-Land

Buchseite und Rezensionen zu 'Hell-Go-Land' von Tim Erzberg
4.5
4.5 von 5 (2 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Hell-Go-Land"

Ein roter Fels im sturmgepeitschten Meer. Darauf Deutschlands abgeschiedenster Polizeiposten. Hier ist ihre neue Dienststelle. Hier war ihr Zuhause. Bis der Albtraum über Anna Krüger hereinbrach. Kaum jemand weiß von ihrer Rückkehr nach Helgoland. Doch schon an ihrem ersten Arbeitstag erwartet sie eine grausame Überraschung, die Anna klarmacht, dass es keine Flucht vor der Vergangenheit gibt. Nicht für sie. Nicht an diesem Ort.

Autor:
Format:Broschiert
Seiten:400
Verlag: HarperCollins
EAN:9783959670463

Rezensionen zu "Hell-Go-Land"

  1. Wintersturm statt Ferienidylle

    Mit Helgoland verbinden die meisten Menschen wohl eher gemütliche Urlaubsatmosphäre (inkl. Strandspaziergang, Heilbad und Matjesbrötchen) als einen zunehmend düsteren Albtraum (inkl. Sturmfront, Ausgangssperre und Blut im Einmachglas).

    Insofern ist die Wahl des Schauplatzes für diesen Thriller originell - und stimmig, denn nach dem Lesen kann ich nur sagen: Helgoland im Winter ist geradezu der perfekte Ort für so eine Geschichte! Außerhalb der Urlaubssaison fahren die Fähren ohnehin nur zweimal in der Woche, und bei Unwetter, was wohl nicht selten vorkommt, ist die Insel sogar vollkommen von der Außenwelt abgeschnitten. Jeder kennt jeden auf so einer kleinen Insel, und einer davon soll ein skrupelloses Monster sein...? Gänsehaut vorprogrammiert. Ein Großteil der Spannung entsteht alleine schon durch die klaustrophobische, unheilvolle Atmosphäre.

    So lebendig, grandios und stimmungsvoll das sturmumtoste Helgoland beschrieben wird, desto blass bleiben jedoch leider manche der Charaktere.

    Die Geschichte wird aus verschiedenen Blickwinkeln erzählt. In der Gegenwart sieht der Leser die Geschehnisse vor allem aus Sicht der Polizistin Anna Krüger, an die ein unbekannter Täter grausige Präsente schickt, und aus Sicht der Putzfrau Katharina Loos, die einen unheilvollen Verdacht hat, was ihren Arbeitgeber betrifft, und auf eigene Faust ermittelt. Außerdem fließen immer mal wieder Gespräche zwischen Täter und Opfer in die Geschichte ein, reduziert auf den reinen Dialog.

    Auch Annas Erinnerungen spielen eine große Rolle. Schnell wird dem Leser klar: vor 8 Jahren muss ihr etwas Furchtbares angetan worden sein auf Helgoland. Etwas, für das ihr nie Gerechtigkeit zuteil wurde, ganz im Gegenteil. Lange wird alles nur angedeutet, und als Anna es dann doch mal jemandem erzählt, bricht der Autor die Szene einfach ab und blendet über zur nächsten - aber das verhindert nicht, dass man sich doch recht schnell einen Teil dessen, was geschehen ist, denken kann.

    Die Charaktere haben alle viel Potential und auch interessante Eigenheiten. (So hat Anna zum Beispiel ihrer Migräne den Namen Stalin gegeben und spricht gelegentlich mit ihr.) Aber wirkliche Sympathie habe ich weder mit ihr noch mit den anderen Charakteren entwickelt, und sie blieben für mich merkwürdig farblos.

    Die drei Polizisten sind mit der Situation hoffnungslos überfordert und ermitteln fast stümperhaft, was aber zugegebenermaßen verständlich ist. Kein angeschlossenes Labor, keine Experten für Spurensicherung... Im Grunde sind sie nur eine Dorfpolizei, die normalerweise alles ans Festland weitergibt, was wirkliche Ermittlungen erfordert - nur, dass das jetzt wegen des Sturms eben nicht geht. Nicht nachvollziehen konnte ich hingegen, dass Anna ihren Kollegen ohne ersichtlichen Grund wichtige Dinge vorenthält, wie z.B., dass sie eine Reihe von beunruhigenden SMS erhalten hat. Ein Versuch des Autors, zusätzliche Spannung zu erzeugen, indem er Anna isoliert?

    Der aufmerksame Leser kann schon früh zumindest eine Ahnung entwickeln, wer hinter den blutigen Post-Sendungen steckt, trotz falscher Fährten - allerdings bleibt spannend, warum derjenige tut, was er tut. Die Auflösung und das Motiv des Täters konnten mich am Schluss aber nur so halbwegs überzeugen.

    Im Großen und Ganzen gefiel mir der Schreibstil gut, mit kleinen Abstrichen:

    Immer wieder findet der Autor tolle Bilder und eine großartige Sprachmelodie, oft baut er eine wunderbar dichte, düstere Atmosphäre auf, die alle Sinne anspricht - gelegentlich driftet er aber auch ab ins Melodramatische.

    Zitat - Anna blickt hinab aufs Meer und bekommt Migräne:
    Eisig war es und sah doch aus, als würde es dort unten von einem Höllenfeuer zum Kochen gebracht. Im Augenblick der Begegnung mit dem zornigen Gott des Meeres waren sie aufgeflammt, hatte es hinter ihren Augen zu pochen begonnen. Zunächst hatte es sich angefühlt, als packe eine eisige Faust ihren Sehnerv und zöge ihn mit Gewalt in den Schädel.

    Abschließend möchte ich sagen, dass mich das Buch trotz der angesprochenen Kritikpunkte gut unterhalten hat und dass ich es auch sehr spannend fand.

    Fazit:
    Der heimliche Star des Buches ist für mich die Insel Helgoland selbst, denn der Autor beschreibt sie packend und eindringlich - und zeigt sie dabei in einem ganz anderen Licht, als man sie aus Ferienprospekten kennt. Brutale Winterstürme und die damit einhergehende vollkommene Isolation vom Festland bilden die Kulisse für einen Thriller, der seinem Potential in meinen Augen nicht vollständig gerecht wird (besonders die Darstellung der Charaktere hat noch Luft nach oben), aber dennoch hochspannend ist.

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  1. 5
    16. Aug 2016 

    Spannendes Szenarium auf Helgoland

    Anna Krüger hat traumatisches erlebt auf Helgoland. Und doch kehrt sie nach einer längeren Abwesenheit wieder auf die Insel zurück und übernimmt die stellvertretende Leitung der Polizeistation. Offensichtlich wurde sie schon erwartet, denn bereits am ersten Tag ihres Dienstes erwartet sie ein merkwürdiges Geschenk. Auf ihrem Arbeitsplatz liegt ein Daumen. Wem gehört dieser Daumen? Wer hat diesen dort, als Geschenk verpackt, an sie geschickt? Auch die Weiterentwicklung hat es in sich! Ihr müsst dieses Buch lesen, es lohnt sich in jedem Fall.

    Dieses Buch lebt von der Geschichte von Anna Krüger. Ihr ist in ihrer Vergangenheit etwas Traumatisches geschehen. Man will erfahren, was ist ihr geschehen? Wieso konnte sie trotzdem auf die Insel zurückkehren? Und dann sind da noch diese merkwürdigen Geschenke. Alle beziehen sich auf ihr traumatisches Erlebnis. Beim Lesen wird klar, dieses Geschehnisse haben alle mit Anna und ihrem persönlichen Schicksal zu tun. Anna ist das auch klar und sie kämpft gegen einen unsichtbaren Gegner, gegen den mörderischen Sturm, gegen sich selbst und vor allem gegen ihre schlimme Migräne. Auch dieser Durchhaltewillen, der wirklich beachtenswert ist, macht dieses Buch umso lesenswerter.

    Tim Erzberg ist hier ein wirklich spannendes Buch gelungen. Ihm gelingt es fortwährend den Spannungsbogen zu halten und weiter zu steigern. Mit psychologischer Raffinesse wird die Spannung von Kapitel zu Kapitel gesteigert. Auch das Finale am Ende hat noch einmal für eine Überraschung gesorgt.

    Ich kann dieses spannende Buch unbedingt allen empfehlen und vergebe wirklich verdiente 5 Lesesterne.

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