Hamster im hinteren Stromgebiet

Buchseite und Rezensionen zu 'Hamster im hinteren Stromgebiet' von Joachim Meyerhoff
4.5
4.5 von 5 (2 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Hamster im hinteren Stromgebiet"

Was passiert, wenn man durch einen gesundheitlichen Einbruch auf einen Schlag aus dem prallen Leben gerissen wird? Kann das Erzählen von Geschichten zur Rettung beitragen? Und kann Komik heilen? Nachdem der Erzähler Joachim Meyerhoff aus so unterschiedlichen Lebenswelten berichtet hat wie einem Schüleraustausch in Laramie, Amerika, dem Aufwachsen auf einem Psychiatriegelände, der Schauspielschule und den liebesverwirrten Jahren in der Provinz, gerät der inzwischen Fünfzigjährige in ein Drama unerwarteter Art. Er wird als Notfall auf eine Intensivstation eingeliefert. Er, der sich immer durch körperliche Verausgabung zum Glühen brachte, die »blonde Bombe«, für die Selbstdetonationen ein Lebenselixier waren, liegt jählings an Apparaturen angeschlossen in einem Krankenhausbett in der Wiener Peripherie. Doch so existenziell die Situation auch sein mag, sie ist zugleich auch voller absurder Begebenheiten und Begegnungen. Der Krankenhausaufenthalt wird zu einer Zeit voller Geschichten und zu einer Zeit mit den Menschen, die dem Erzähler am nächsten stehen. Er begegnet außerdem so bedauernswerten wie gewöhnungsbedürftigen Mitpatienten, einer beeindruckenden Neurologin und sogar wilden Hamstern. Als er das Krankenhaus wieder verlassen kann, ist nichts mehr, wie es einmal war. Joachim Meyerhoff zieht alle literarischen Register und erzählt mit unvergleichlicher Tragikomik gegen die Unwägbarkeiten der Existenz an.

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:320
Verlag:
EAN:9783462000245

Rezensionen zu "Hamster im hinteren Stromgebiet"

  1. Zeit ist Hirn

    Joachim Meyerhoff sitzt gerade mit seiner Tochter zusammen, als er einen Schlaganfall erleidet. Er kommt ins Krankenhaus, wo er 9 Tage erst auf der Intensivstation und dann auf der normalen Station bleiben muss. Diese 9 Tage begleitet der Leser nun Meyerhoff durch seine Erlebnisse und Gedanken.

    Ich muss gestehen, ich hatte vorher noch kein Buch von ihm gelesen, bin aber durch mehrere Interviews immer wieder auf das Buch gestoßen worden. Da auch in meiner Umgebung eigentlich durchgehend positiv über das Buch gesprochen wurde, dachte ich mir, ich gebe dem Ganzen mal eine Chance.

    Ich bin nicht enttäuscht worden. Das Buch liest sich angenehm, ich musste bei manchen Szenen auch lauthals lachen. Meyerhoffs Humor liegt doch auf meiner Wellenlänge.

    Trotzdem gab es auch Dinge, die mich im Nachhinein gestört haben. Die herablassende Einschätzung der Mitpatienten auf der Intensiv gehört dazu. Da merkt man, dass er doch sehr stolz darauf ist, intellektuell (vermeintlich) über den anderen zu stehen. Und auch, ob man wirklich 9 Tage nach einem Schlagerl so einfach aus dem Krankenhaus geworfen wird, erschien mir doch ein wenig fragwürdig. Und auch, warum er nachts panische Angst vor dem Einschlafen hat und tagsüber dann die ganze Zeit schläft, ohne etwas dabei zu finden.

    Gut gefallen haben mir aber besonders gut die Rückblicke auf den Urlaub mit dem Bruder und die Reisen mit Freundin und einem Kumpel. Hier merkt man die enge Verbundenheit, besonders die zu seinem Bruder.

    Alles in allem fand ich das Buch gut zu lesen, die Sprache ist sehr eindringlich und lässt auch nach dem Lesen nicht los. Ich werde mir die anderen 4 Bücher auch noch mal auf den Merkzettel setzen, Ich denke auch die werden mich sicher noch interessieren.

    Von mir daher eine Leseempfehlung

  1. Unterhaltsam und berührend

    Wenn man schon das ein oder andere Buch des Autors gelesen hat, fühlt sich dieses hier ein bisschen an wie Nachhausekommen. Man klappt es auf und ist direkt wieder drin. Da ist er wieder, dieser unnachahmliche Erzählton und auch diese Welt, in die man schon einmal hineinblicken durfte, die zufällig das ereignisreiche Leben des Autors und somit speziell und sehr persönlich ist.

    Diesmal wird es sogar erschütternd persönlich. Joachim Meyerhoff erzählt, wie er mit 51 Jahren einen Schlaganfall bekam, ihn er- und überlebte. - Es kann noch nicht sehr lange her sein. Alles Gute!

    Das ist eine einschneidende Erfahrung, plötzlich, ohne Vorwarnung, wird man mitten aus dem Leben gerissen und ist eigentlich zu jung und zu gesund, um je diese Möglichkeit in Betracht gezogen zu haben. So eine Situation bringt einen zum Nachdenken und jemand wie Herr Meyerhoff macht das gründlich. Neben dem tragikomischen Bericht über seine Zeit im Krankenhaus, erinnert er sich an viele Episoden aus seinem Leben, teils um sein angeschlagenes Gehirn zu trainieren, teils aber auch um sich zu besinnen, was wirklich wichtig ist. Er erzählt liebevoll von seiner Familie und schließt nebenher auch ein klein wenig diese entsetzliche Lücke von etwa 30 Jahren seines Lebens, die wir verpasst haben.

    Offen, schonungslos ehrlich, mit einer gewaltigen Portion köstlichstem Galgenhumor und sagenhafter Eloquenz bewältigt der Autor eine dramatische Lebenskrise und lässt uns daran teilhaben. Ich bin berührt und beeindruckt.