Habichtland: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Habichtland: Roman' von Florian Knöppler
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5 von 5 (3 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Habichtland: Roman"

Wie kann man leben und lieben, wenn die Welt im Irrsinn versinkt ? Deutschland 1941: Hannes und Lisa leben mit ihren Kindern zurückgezogen auf einem kleinen Hof in der Elbmarsch. Sie wollen sich von allem fernhalten, was nach Politik riecht. Doch Lisa fällt das immer ­schwerer. Sie kann nicht länger stillhalten, wenn der Bürgermeister seine Reden schwingt, wenn die Lehrerin ihren Kindern Härte predigt. Als Hannes einen offiziellen Posten im Dorf annimmt, um seine Familie zu schützen, spricht Lisa kaum noch mit ihm. Kurz darauf trifft Hannes seine Jugendliebe Mara wieder, die ihn bittet, ein großes Wagnis einzugehen … In der Fortsetzung seines erfolgreichen Romans „Kronsnest“ erzählt Florian Knöppler mit großer sprachlicher Intensität von einer Familie, die an den Verhältnissen der Zeit zu zerbrechen droht.

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:320
Verlag: Pendragon
EAN:9783865327819

Rezensionen zu "Habichtland: Roman"

  1. In den Wirren des Zweiten Weltkriegs

    Deutschland im Jahre 1941: Während Teile der Bevölkerung auf den Sieg des nationalsozialistischen Deutschland hoffen, möchte sich Hannes auf seinem kleinen Hof im schleswig-holsteinischen Kronsnest am liebsten aus der großen Politik heraushalten. Doch als er das Angebot erhält, stellvertretender Ortsbauernführer zu werden, erkennt er darin die Chance, seine Familie vor möglichen Gefahren zu schützen - zum Unmut seiner Frau Lisa, die sich still und heimlich längst im Widerstand organisiert hat...

    Als vor einem Jahr Florian Knöpplers Debütroman "Kronsnest" im Pendragon-Verlag erschien, war ich förmlich hingerissen von dieser besonderen Mischung aus Entwicklungs-, Gesellschafts- und Liebesroman. Mit großer Empathie und herausragenden Naturbeschreibungen traf Knöppler mitten in mein Herz. Nun veröffentlicht der Verlag mit dem kleinen freundlichen Drachen den Nachfolger "Habichtland", der glücklicherweise abermals auf ganzer Linie überzeugt.

    Schon das Cover deutet den Wandel der gesellschaftlichen Umstände mehr als nur an. Während in "Kronsnest" den Leser:innen noch ein liebes Schaf entgegenblickte, werden sie nun von einem auf der Lauer liegenden Habicht fixiert. Und so ist auch "Habichtland" insgesamt handlungsreicher, schneller und angriffslustiger ausgefallen als der Vorgänger, der seinerseits stärker mit den Naturbeschreibungen und einer herzerwärmenderen Geschichte punkten konnte.

    Hannes, jugendlicher Held aus "Kronsnest", ist mittlerweile erwachsen und mit Lisa verheiratet. Gemeinsam leben sie mit ihren Kindern Niklas und Marie und Walter, dem letzten Partner der in der Zwischenzeit verstorbenen Mutter, auf dem aus dem ersten Teil bekannten Hof. Die Ehe steht auf der Kippe, Hannes und Lisa teilen weder Schlafgemach noch gemeinsame Interessen. So entwickelt sich eine immer unerträglicher werdende Wortlosigkeit, mit der Florian Knöppler sehr deutlich macht, welche Auswirkungen die Wirren des Zweiten Weltkriegs auch ohne konkrete militärische Handlungen auf ganz normale Familien haben konnte.

    Knöppler verlässt sich dabei erneut ganz auf seinen Protagonisten, und die Figur Hannes ist spannend genug, um die Romanhandlung auf seinen breiter gewordenen Schultern zu tragen. Fein charakterisiert Knöppler ihn in all seiner Ambivalenz, und es gibt erneut keine einzige Szene, die ohne ihn auskommt. Hannes scheint ständig auf der Suche nach sich selbst zu sein, er wägt ab, was für seine Familie das Beste ist. Dennoch ist er kein Zauderer. Als auch noch seine Jugendliebe Mara im nahen Elmshorn auftaucht, scheint das Gefühlsdebakel komplett. Auf der anderen Seite hat er sein Aggressionspotenzial nicht immer im Griff und fühlt sich selbst an seinen Vater erinnert - der in "Kronsnest" ja eine ähnlich ambivalente Figur war.

    Ohnehin strahlt diese Ambivalenz aus nahezu allen Figuren: Lisa, die sich im Widerstand organisiert und dabei ihre Familie vernachlässigt, Walter, der den Kummer eher in sich hineinfrisst und zum Gleichgewicht der Familie erheblich beiträgt, im letzten Drittel des Romans aber völlig unerwartete Seiten und Taten zeigt. Und selbst die Kinder sind nicht nur unschuldig, insbesondere Sohn Niklas, der seine Wut gern mal an Schwächeren auslässt, in den entscheidenden Momenten aber sein großes Herz zeigt.

    Es sind diese Figuren, verbunden mit Knöpplers großer Empathie, die mir als Leser am Ende des Romans das Gefühl gaben, als würde ich mich von Freunden verabschieden. Das Ende ist jedoch so offen ausgelegt, dass man doch unmittelbar das Gefühl erhält, als könne man sich auch noch auf einen dritten Teil freuen. Selbst die Dialoglastigkeit hat mich nicht gestört, obwohl ich normalerweise kein Freund davon bin. Doch in "Habichtland" wirken die Gespräche authentisch und keinesfalls aufgesetzt.

    Vergleiche ich beide Romane, hat bei mir "Kronsnest" zwar die Nase vorn, was allerdings auch daran liegen könnte, dass ich einerseits intensiver lese, wenn es sich bei den Protagonisten um Kinder oder Jugendliche handelt, weil eben die Kindheit und Jugend selbst eine so intensive Zeit ist. Und wahrscheinlich auch daran, dass beim Debüt alles neu war und der Natur ein so großer Raum gelassen wurde. Dennoch ist "Habichtland" ein äußerst würdiger Nachfolger, dem ich viele Leser:innen wünsche. Verdient hätten es Knöppler und der Verlag, der sich in den letzten Jahren mit so vielen wunderbaren Veröffentlichungen hervorgetan hat, allemal. Dabei ist "Habichtland" durchaus ohne "Kronsnest"-Vorkenntnisse lesbar. Um ein tieferes Verständnis der Figuren zu erhalten, wäre die Lektüre des ersten Romans aber sehr empfehlenswert.

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  1. Absolute Leseempfehlung!

    Klappentext:

    „Deutschland 1941: Hannes und Lisa leben mit ihren Kindern zurückgezogen auf einem kleinen Hof in der Elbmarsch. Sie wollen sich von allem fernhalten, was nach Politik riecht. Doch Lisa fällt das immer ­schwerer. Sie kann nicht länger stillhalten, wenn der Bürgermeister seine Reden schwingt, wenn die Lehrerin ihren Kindern Härte predigt. Als Hannes einen offiziellen Posten im Dorf annimmt, um seine Familie zu schützen, spricht Lisa kaum noch mit ihm. Kurz darauf trifft Hannes seine Jugendliebe Mara wieder, die ihn bittet, ein großes Wagnis einzugehen ...“

    Da ist sie endlich, die Fortsetzung von „Kronsnest“! Autor Florian Knöppler katapultiert uns von der ersten Buchseite an wieder an die Seite von Hannes. Es ist wie ein Wiedersehen nur das die Zeiten mehr als dunkelbraun sind. Die Stimmung zwischen Hannes und Lisa ist recht kühl und man merkt, das schwirrt etwas in der Luft. Es verändert sich viel und man kann so einige Wege der beiden nachvollziehen. Ungerechtigkeit brennt unter den Nägeln und der Eine macht sich Luft und der Andere schweigt und nimmt es hin - jeder geht mit neuen Situationen anders um und auch die Strafe dafür fällt für jeden anders aus. Die Lage ist so verzwickt und schwierig, dass man sich selbst als Leser zu gern einmischen würde. Autor Florian Knöppler schafft eine besondere Sichtweise und malt feine Spitzen gekonnt mit in die Geschichte ein. Wir Leser wissen was geschichtlich passieren wird, aber Hannes und Lisa oder auch Mara müssen da erst selbst ihre Erfahrungen machen. Knöppler bleibt sich seinem Stil der detaillierten Beschreibungen der Personen und dessen ausgefeilte Charaktere treu. Er hat eine ganz besondere Feinstimmigkeit in seinen Worten, seinem Ausdruck. Er nimmt den Leser sehr gekonnt wieder an die Hand (hierbei muss man nicht unbedingt den ersten Teil gelesen haben, aber es macht schon Sinn für das bessere Verständnis) und lässt uns mit am Dorfleben teilhaben. Die Zeiten werden ebenso sehr realistisch beschrieben und geben dem Ganzen den besonderen Schliff.

    Diese Fortsetzung ist mehr als gelungen und erhält deshalb eine Leseempfehlung mit 5 von 5 Sterne.

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  1. Rezension zu Habichtland

    Trilogien bergen ja immer die Gefahr, dass bereits der zweite Band nicht mehr hält, was der erste noch versprochen hat. Dies ist bei „Habichtland“ von Florian Knöppler aber ganz und gar nicht der Fall.
    Wie schon das erste Buch „Kronsnest“ zieht auch die Fortsetzung den Leser sofort in den Bann - durch die intensive Sprache des Autors, sein feines Gespür für die Charaktere und die spürbare Liebe zu den Menschen und der Landschaft.

    Worum geht es? Wir schreiben das Jahr 1941. Aus dem introvertierten Bauernjungen Hannes ist mittlerweile ein gestandener Familienvater geworden. Zusammen mit seiner Frau Lisa bewirtschaftet er einen kleinen Hof in der Elbmarsch, bemüht, nichts vom „Nazidreck“ über dessen Schwelle kommen zu lassen. Aber Krieg und Propaganda machen auch vor Hannes‘ Tür nicht halt. Um seine Familie zu schützen, nimmt er den Posten des stellvertretenden Ortsbauernführers an, während Lisa aus ihrer Abscheu gegen die Nazis kaum einen Hehl macht. Als Mara, Hannes‘ große Jugendliebe, wieder auftaucht und ihn bittet, ein großes Wagnis einzugehen, steht die Familie vor einer Zerreißprobe.

    „Wie kann man leben und lieben, wenn die Welt im Irrsinn versinkt?“ Das ist die Kernfrage des neuen Romans, der sich auch ohne Vorkenntnisse aus dem ersten Teil lesen lässt. Für mich schon mein (erstes) Highlight im noch jungen Jahr und eine unbedingte Leseempfehlung!

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