Grenzgänger

Rezensionen zu "Grenzgänger"

  1. 4
    08. Nov 2021 

    Hohes Venn

    Dies ist die Geschichte von Henni Schöning und ihrer Familie. Noch während des zweiten Weltkrieges lebten sie einfach, aber zufrieden. Doch nach dem Krieg kehrte der Vater als ein anderer zurück und Hennie ist diejenige, die versucht die Familie zusammenzuhalten. Mit vierzehn ist sie einfach zu jung. Und ihre Brüder kommen ins Heim, während sie selbst wegen Kaffeeschmuggel im Besserungsheim landet. Der Vater von allem überfordert hat sich der Kirche zugewandt, was ihm vielleicht Halt gibt, sich allerdings nicht als hilfreich erweist. Jahre später verfolgt Hennies Schulfreundin Elsa einen Prozess, in dem keine andere als Hennie angeklagt ist.

    Die Härten der Nachkriegszeit waren nur schwer zu ertragen. Auch wenn man nicht vergessen darf, dass dieser Krieg ohne die Deutschen in dieser Form nicht stattgefunden hätte, so waren die ersten Jahre nach dem Krieg auch für die Deutschen schwer. Am Beispiel eines kleinen Dorfes im Deutsch-Belgischen Grenzgebiet wird hier deutlich, dass es manchmal ums blanke Überleben ging. Ein Mädchen wie Hennie musste viel zu früh erwachsen werden, die Mutter allzu früh gestorben und der Vater nach dem Kriegseinsatz nicht mehr richtig lebenstüchtig. Hennie leidet sehr darunter, dass sie nicht verhindern konnte, dass ihre Brüder ins Heim gebracht wurden.

    Mit sehr eindringlichen Worten schildert die Autorin die schier unsäglichen Verhältnisse in den Kinderheimen der 1950er. Die tragischen Ereignisse, die dazu führten, dass Hennies Brüder dort untergebracht wurden, sind an Dramatik kaum zu überbieten. Doch zu lesen wie die Kinder in den Heimen gequält und drangsaliert wurden ist kaum zu ertragen. Und dass sich die Heimleitung auch noch damit herausreden kann, es sei zum Besten der Kinder, ist aus heutiger Sicht einfach unverständlich. Eine solche Kindheit kann man nur zu überleben versuchen. Und nicht alle haben das geschafft. Auch Hennie muss einiges mitmachen, wenn sie durch den Schmuggel auch nicht ganz unverschuldet dort hineingerät, so lastete doch zu viel auf ihr. Von zwei Zeitebenen aus lässt die Autorin ihre Leser an den Geschehnissen teilhaben. Während der gesamten Lektüre bleibt man im Bann der Geschichte und man verdammt den Krieg und dessen Folgen. Dieser zeitgeschichtliche Roman reißt mit und regt zum Nachdenken an.

    4,5 Sterne

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