Grenzfall - Ihr Schrei in der Nacht

Der zweite Band setzt nahtlos dort an, wo der erste aufgehört hat. Zu einigen privaten Unsicherheiten gesellt sich in Alexas Leben ein sehr merkwürdiger Fall. Mehrere junge Menschen verschwinden mitten auf dem Land. Auf Krammers österreichischer Seite verschwinden junge Menschen und er und Rosa versuchen Licht in das Dunkel zu bringen.
Da dieser Fall erst zum Ende hin zusammenläuft, ermitteln beide Seiten streng autark und der Leser bleibt lange im Dunkeln, ob nun alles zusammenhängt oder nicht. Das hat gut in den Aufbau gepasst, da die Krimihandlung so mit der privaten Geschichte um Alexa und Krammer zeitlich mitziehen kann. Fügt sich auch hier einiges zusammen? Dieser Band ist ein wenig privatlastig, geschieht doch momentan sehr viel in Alexas Leben. Das macht die Protagonistin wiederum sehr sympathisch und authentisch und ich habe mich zu keiner Zeit gelangweilt. Auch schön, dass die Nebenprotagonisten ein wenig mehr Raum bekommen haben und den Fall von anderen Seiten mit beleuchten. Diese Vielfalt macht auch die Gegend, in der das Buch spielt ein wenig lebendiger und anschaulicher.
Das Buch zeigt nicht nur die Ermittlerseite, sondern lässt auch Täter und Opfer zu Wort kommen, in kleinen Einschüben bzw. extra Kapiteln. Das fand ich einerseits total spannend, denn so konnte man noch mehr mitfiebern, andererseits hat es mir leider den Täter schon sehr früh verraten, was die Ermittlungen manchmal ein wenig zäh werden ließ.
Ich mag den Schreibstil der Autorin sehr, er ist wunderbar anschaulich und ich mag die subtilen Feinheiten und Andeutungen, die sie in ihre Sprache einbaut. Außerdem zeigt sie Menschen, wie du und ich, und bietet dabei auch noch abendfüllende Spannung. Ich freue mich auf den dritten Teil " In der Stille des Waldes“, der 2023 erscheinen wird.
"Ihr Schrei in der Nacht" von Anna Schneider ist der zweite Teil der Reihe "Grenzfall". Grenzfall beinhaltet eine gewisse Doppeldeutigkeit, denn zum einen ist damit das deutsch-österreichische Grenzgebiet im Raum Garmisch-Partenkirchen/Insbruck gemeint, zum anderen lässt sich der Begriff auch so interpretieren, dass damit die Grenzbereiche der menschlichen Gewaltbereitschaft und Perversität ausgelotet werden. Es ist nicht zwingend erforderlich den ersten Fall zu kennen (so bei mir der Fall), da die wichtigen Aspekte aus dem Vorgängerroman, die eher im Privatleben der beiden Protagonisten liegen, ausführlich erklärt werden. Dennoch wird die Neugier auf den ersten Fall geweckt (dessen Lektüre ich demnächst nachholen werde).
In der Jachenau verschwindet während eines Winterunwetters eine junge Frau auf dem Weg um ihre Eltern zu besuchen. Alexa Jahn, die sich nach den Offenbarungen ihrer Mutter im letzten Fall in einem seelischen Tief befindet, ist dankbar über die Ablenkung und ermittelt vor Ort. An Verdächtigen mangelt es nicht, da ist zum einen der unsympathische Vater der Verschwundenen, dem man alles zutraut, zum anderen ein vorbestrafter Nachbar, der bereits übergriffig gegen Frauen gewesen ist. Während die Ermittlungen auf Hochtouren laufen, verschwindet zudem ein junges Pärchen, das sich kurz zuvor getrennnt hatte. Auch hier drängt sich ein Verdacht auf: hat der junge Mann die Trennung nicht überwunden und seine Ex umgebracht, sich selbst möglicherweise ebenfalls? Es gibt also viel Arbeit für die Kripo Weilheim, Alexas neue Dienststelle.
Nahezu zeitgleich verschwinden aus einem Studentenwohnheim in Innsbruck zwei Studentinnen. Bernhard Kammer, der Alexa Jahn nähersteht als er zunächst ahnt, ermittelt mit seiner Kollegin im studentischen Umfeld, doch ein rechter Durchbruch kann nicht erzielt werden, waren die beiden verschwundenen doch recht beliebt. Die Tatsache, dass es sich bei einer der beiden um eine muslimische Migrantin handelt, lässt einen ausländerfeindlichen Hintergrund möglich erscheinen, doch auch diese Spur endet im Nichts. Erst eine auffällig abgestellte Limousine, die sich als das Auto der Entführer erweist, bringt einen gewissen Durchbruch, denn es ist in Deutschland genau in dem Landkreis zugelassen worden, indem sich die oben genannten Vermisstenfälle zugetragen haben. Damit kommt es erneut zu einer Zusammenarbeit zwischen Jahn und Krammer, wobei sich letzterem ein fürchterlicher Verdacht, der mit einem Fall aus seiner Wiener Vergangenheit zusammenhängt, aufdrängt. Am Ende bedarf es einer wagemutigen, ja sogar halsbrecherischen Aktion, um die überlebenden Entführten (zwei haben dieses Glück nicht) zu befreien. Die Täter, eine äußerst fiese Bagage sich zurückgesetzt fühlender Männer, können größtenteils gestellt werden, nicht aber der Drahtzieher, was auf eine Fortsetzung warten und hoffen lässt.
Neben der Spannung, die auf den Fällen beruht, lebt der Roman von der Beziehung zwischen den beiden Protagonisten, die nach der Offenbarung eines Geheimnisses zunächst nicht wissen, wie sie miteinander umgehen sollen, sich am Ende aber deutlich annähern, was man beiden gönnt. Schauen wir mal, was der bereits angekündigte dritte Band der Reihe diesbezüglich mitbringt. Persönlich hoffe ich nur, dass es Frau Schneider mit der Auseinandersetzung zwischen Krammer und seinem Intimfeind nicht übertreibt und diese über zahlreiche Bände hinweg ausdehnt, manchmal ist da zu viel einfach nur noch nervig, à la Voosen/Danielsson, deren Lektüre ich eingestellt habe.
Vergebens wartet das Ehepaar Hocke auf ihre Tochter Juliane, die an ihrem Geburtstag die Eltern besuchen wollte. Zuerst hat man noch Hoffnung, dass Juliane wegen heftiger Schneefälle ihr Elternhaus nicht rechtzeitig erreichen konnte. Doch als von dem Mädchen weiterhin jede Spur fehlt, beginnt die örtliche Polizei mit Alexa Jahn und Florian Huber zu ermitteln.
Gleichzeitig wurde der Polizei in Innsbruck das Verschwinden von zwei Studentinnen aus einem Studentenwohnheim gemeldet. Der Chefinspektor Bernhard Krammer entdeckt an dem Ort Spuren, die eindeutig auf ein Gewaltverbrechen deuten.
Auch bei der nächsten Vermisstenmeldung ist die Oberkommissarin Alexa Jahn sicher, dass - diesmal ein junges Paar - einem Verbrechen zum Opfer gefallen ist. Im weiteren Verlauf der Ermittlungen verhärtet sich der Verdacht, dass alle Fälle zusammenhängen. Bernhard Krammer entdeckt sogar Parallelen zu einem alten Fall und vermutet, dass nicht nur die Vermissten sich in großer Gefahr befinden.
„Grenzfall – Ihr Schrei in der Nacht“ ist das zweite Buch von Anna Schneider aus der Krimireihe mit Alexa Jahn und Bernhard Krammer. Das erste Buch „Grenzfall – Der Tod in ihren Augen“ hat mir sehr gut gefallen. Umso mehr war ich auf die Fortsetzung gespannt. Und wurde nicht enttäuscht.
Auch diesmal ermitteln die Polizeibeamten auf beiden Seiten der deutsch-österreichischen Grenze. Die Vermisstenfälle, zuerst als harmlos abgestempelt, wurden zu spektakulärem Verbrechen, deren nicht vorhersehbares Ausmaß zutiefst erschüttert. Aus der Perspektive von zwei der entführten Frauen erfährt man einiges über das Geschehen hinter den Kulissen des Verbrechens. Diese Bilder gehen tief unter die Haut.
Der Krimi hat mich nicht nur wegen seiner hochspannenden Handlung überzeugt. Auch die lebendigen Romanfiguren mit all ihren persönlichen Problemen und Sorgen, ihr Verhältnis zueinander sowie das menschliche Zusammenleben in der abgelegenen Gegend fand ich sehr interessant. Von Anfang an war ich sehr gespannt, wie Alexa und Krammer ihre familiären Probleme lösen würden. In dem Band konnte ich auch mehr über Krammers bisher geheimnisvolle Vergangenheit erfahren.
Die realitätsnahe Handlung und das fulminante Ende haben mein Interesse auf die Fortsetzung der Grenzfall-Krimireihe geweckt.
Genossen habe ich die bildhaften Beschreibungen der Gegend. Der Roman lässt sich dank des sehr guten flüssigen Schreibstils zügig lesen.
FAZIT: Eine gelungene Fortsetzung der spannenden Krimireihe, die man unbedingt lesen muss!
Kooperation
Im Grenzgebiet zwischen Österreich und Deutschland verschwinden mehrere junge Menschen. Da die Vorfälle diesseits und jenseits der Grenze passieren, sind auch Polizeidienststellen auf beiden Seiten der Grenze zuständig und beginnen getrennt zu ermitteln. In der Nähe von Innsbruck werden zwei Studentinnen vermisst und in Deutschland ist eine junge Frau, die auf dem Weg zu ihren Eltern war, im Schneetreiben nicht zu hause angekommen. Alexa Jahn hat sich inzwischen an ihrer neuen Wirkungsstätte eingelebt. Die Zusammenarbeit mit den Kollegen klappt immer besser. Doch der Vertrauensbruch ihrer Mutter liegt ihr noch sehr auf der Seele. Bernhard Krammer auf österreichischer Seite fragt sich, ob er sich die Pension herbeiwünscht.
In ihrem zweiten Fall ermitteln Alexa Jahn und Bernhard Krammer eine ganze Weile nebeneinander her. Da die Geschehnisse einen unterschiedlichen Hintergrund zu haben scheinen, werden Informationen nicht groß ausgetauscht. Auf Deutscher Seite gerät bald ein Ortsansässiger in Verdacht, der schon einmal mit dem Gesetz in Konflikt geraten war, während sich in Österreich Hinweise ergeben, dass ein ganz alter Bekannter von Inspektor Krammer wieder aktiv geworden ist. Dieser Fall war wie ein Nadelstich, der nie verheilt. Schließlich hat die Sache zu Krammers Versetzung nach Innsbruck geführt.
Immer ein gutes Zeichen ist es, wenn man nach dem ersten Teil auch zum zweiten greift. In diesem zweiten Band der Reihe kann man sich über lebendige Schilderungen der Ermittlertätigkeit und dem zwischenmenschlichen Miteinander freuen. Alexa Jahn und Bernhard Krammer sind sympathische Persönlichkeiten, die in ihrem Beruf schon einiges gesehen haben und im Privatleben mit einer neuen Situation konfrontiert werden. Der Fall an sich ist in einem Moment etwas vorhersehbar, ansonsten aber interessant aufgebaut und dramatisch gelöst. Was im Ungewissen bleicht, bildet schließlich einen Hinweis auf den nächsten Fall, der Jahn und Krammer im nächsten Jahr wieder zusammenführen wird. Diese Krimireihe ist eine zum gerne Lesen.
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