Gott, hilf dem Kind

Buchseite und Rezensionen zu 'Gott, hilf dem Kind' von Toni Morrison
4.5
4.5 von 5 (2 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Gott, hilf dem Kind"

Gebundenes Buch
Keine andere Autorin hat über die Jahrzehnte hin den Rassenkonflikt in Amerika so konsequent und leidenschaftlich beschrieben wie die Literaturnobelpreisträgerin Toni Morrison. "Gott, hilf dem Kind" setzt den mit "Jazz" begonnenen Zyklus fort, in dem Morrison die Situation der Schwarzen in den USA beleuchtet. Ein weiterer großer Roman der im Kampf gegen Rassismus engagierten Autorin.

Lula Ann ist ein so tiefschwarzes Baby, dass ihre Mutter Sweetness bei der Geburt fast zu Tode erschrickt und der Vater die junge Familie auf der Stelle verlässt, weil er nicht glauben kann, dass dieses Kind von ihm ist. Sweetness erzieht Lula Ann zu Gehorsam und Unterwürfigkeit, nur nicht auffallen, aus Angst vor rassistischen Angriffen.

Doch die heranwachsende Tochter sträubt sich gegen die verordnete Angepasstheit. Sie ändert ihren Namen, in Bride, kleidet sich in provokant strahlendes Weiß, macht Karriere bei einer Kosmetikfirma, verliebt sich in einen geheimnisvollen Mann und befreit sich auf ihre Weise von der Vergangenheit.

Zwei starke Frauen, zwei verschiedene Lebensentwürfe, in dem Versuch, sich zu schützen und gleichzeitig zu behaupten. Ein Roman, der zur Weltliteratur gehört.

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:208
Verlag: Rowohlt
EAN:9783498045319

Rezensionen zu "Gott, hilf dem Kind"

  1. Gott, hilf dem Kind

    Die Protagonistin Bride wird als Kind von ihrer Mutter abgelehnt wegen ihrer sehr dunklen Hautfarbe. Als Erwachsene versucht sie dies zu kompensieren, indem sie durch konsequent weiße Kleidung ihre schwarze Haut noch betont und im Beautybereich Karriere macht.
    In der Beziehung zu ihrem derzeitigen Liebhaber gelingt es Bride zeitweise ihre Fassade oder Abwehr zu öffnen. Als sie dieser Geliebte plötzlich ohne Erklärung verlässt, kann sie nicht mehr wie bisher weiterleben und stellt sich- auf der Suche nach dem Ex-Freund und dem Grund für dessen Zurückweisung - ihrer traumatischen Vergangenheit.

    Toni Morrison stellt die psychischen Verletzungen und deren Aufarbeitung eher indirekt, symbolhaft dar. Die Sprache erscheint mir irgendwie angemessen und richtig ohne dass ich das genauer beschreiben könnte. Das Schicksal der Romanfiguren wird mit Sympathie aber ohne triefendes Mitleid erzählt.
    Ähnlich wie bei dem berühmten Roman: Menschenkind von derselben Autorin "müssen" die Protagonisten ein tiefes seelisches Tal durchschreiten (verbunden mit zeitweiser Regression) bevor sie ihre Zukunft in Angriff nehmen können.

    Der Roman ist für mich glaubhaft und berührend. Die Kürze (nur 200 Seiten) ist angemessen. Man hat das Gefühl, dass das wesentliche gesagt wurde.

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  1. Die Probleme schwarzer Haut in den USA

    Dieses ist nun das dritte Buch für mich kurz hintereinander, bei dem die Kapitel mit Namen überschrieben sind, in denen die betreffende Person ihre Sichtweise schildert. Zufall oder literarischer Trend, das ist hier die Frage.

    In diesem Fall sind nur wenige Personen beteiligt. Die Mutter der Protagonistin Bride (als Kind Lula Ann genannt) beginnt von deren Geburt zu erzählen: dass sie geschockt war von der schwarzen Farbe des Babies und es in Folge abgelehnt hat... Ein starker Einstieg.

    Der Vater verlässt die kleine Familie im Zweifel um seine Vaterschaft, Lula Ann wächst ohne Liebe und Zuwendung bei ihrer Mutter in bescheidenen Verhältnissen auf. Die Kindheit, abgesehen von wenigen einschneidenden Erlebnissen, ist nicht Thema der Geschichte, wohl jedoch die Versehrtheit, die daraus resultiert. Die Mutter will sie nämlich frühzeitig Gehorsam und Anpassung lehren, damit sie als Außenseiterin zurecht kommen kann (zumindest ist das ihre Rechtfertigung).

    Im zweiten Kapitel wird Bride (wie sie jetzt heißt) von einem Mann verlassen, weil sie jemanden in der Justizvollzugsanstalt abholen will, der aus der Haft entlassen wird....

    Bride ist jetzt Abteilungsleiterin in einer großen Kosmetikfirma, hat ihr eigenes Label und ist sehr erfolgreich. Sie trägt nur weiße Kleidung, ist bildschön, fährt einen Jaguar. Wie sie mit bescheidener Ausbildung dorthin gekommen ist, bleibt weitgehend offen.

    Das Buch behandelt wie wohl alle Werke von Toni Morrison die Rassendiskriminierung in den USA. Ein zweites großes Thema ist Kindesmissbrauch. Nicht die Taten an sich, sondern was sie mit betroffenen Menschen macht. Wie tief sind die psychischen Wunden, wie weit beeinflussen sie das Leben im Umfeld der Taten?

    Hier geht es im Wesentlichen um die erfolgreiche Bride, die sich als Erwachsene einer Schuld stellen will, die sie als Kind auf sich geladen hat. Man kann nicht jede Schuld tilgen, Bride begibt sich aber auf den Weg, verlässt die Stadt und begibt sich auf die Suche nach dem Mann, der sie verlassen hat, den sie gar nicht kannte, nach dem sie sich aber sehnt, weil er doch einer der wenigen Menschen war, dem sie vertraute.

    Auf diesem Weg gibt es schöne Begegnungen mit weiteren Menschen, die Wunden aus dem Leben davongetragen haben.
    Bride entwickelt sich weiter...

    Das Buch ist sehr interessant zu lesen. Ein bisschen Magie ist dabei, viele Bilder und Symbole. Es hat knapp über 200 Seiten und wäre ideal für Lesekreise geeignet, bietet es doch viel Raum zum Nachdenken.

    Keine einfache Lektüre, aber eine durchaus lohnende!

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