Glück hat einen langsamen Takt

Buchseite und Rezensionen zu 'Glück hat einen langsamen Takt' von Mechtild Borrmann
5
5 von 5 (2 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Glück hat einen langsamen Takt"

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:192
Verlag: Droemer HC
EAN:9783426282632

Rezensionen zu "Glück hat einen langsamen Takt"

  1. Famose Geschichten vorgetragen von den Stars der Hörbuchbranche

    Mechtild Borrmann (geb. 1960) ist eine vielgelesene Autorin, die seit Jahren erfolgreiche Krimis und historische Romane schreibt, die mit psychologischem Tiefgang glänzen und den Leser überraschen.

    Nun hat Borrmann ihren ersten Erzählungsband vorgelegt. Nicht jeder Autor, der über die lange Strecke zu überzeugen weiß, kann es auch in der kurzen Form. Insofern war ich sehr neugierig. Das Hörbuch des Argon Verlages umfasst 20 Erzählungen, jede wird von einem anderen Vorleser vorgetragen, der das jeweilige Werk optimal interpretiert und damit zum Strahlen bringt: David Nathan, Gabi Blum, Frank Arnold, Vera Teltz – um nur einige zu nennen, sind dabei.

    Im Normalfall findet man in einem Erzählungsband stärkere und schwächere Geschichten. Nicht so in diesem: Mich hat jede Erzählung sofort gefangen genommen und begeistert. Borrmann erzählt meistens von ganz normalen Menschen, aber auch von Menschen in Extremsituationen oder am Rande der Gesellschaft. Sie hat ein breites Figurenkarussell aufgestellt.

    Sehr berührend, wenn der alte Großvater sich an seine große Liebe erinnert, die er aufgrund ihrer jüdischen Wurzeln vor dem Zweiten Weltkrieg aus den Augen verlor, um anschließend ein neues Leben zu beginnen.

    Da ist die Mutter, die ihrem Sohn ins Gefängnis eine Sprachnachricht schicken will, in der sie ihre widerstreitenden Gefühle offenbart. Natürlich stellt sie sich auch die Frage nach dem eigenen Versagen.

    Hervorragend wiedergegeben sind die Gedanken des demenzkranken Karl Petzold, die völlig durcheinander durch Raum und Zeit schwirren, so dass er größte Schwierigkeiten hat, sich in der Gegenwart zurecht zu finden.

    In der titelgebenden Geschichte geht es um einen Familienvater, der am Flughafen eine neue Richtung einschlägt, indem er sich zu seiner alten homosexuellen Beziehung bekennen will.

    Da ist Christa, die 1955 als uneheliches Kind geborenwurde. Familie und Pfarrer ließen sie stets ihre „Schuld“ spüren. Man verpflichtete sie zu größter Dankbarkeit. Erst als 16-Jährige, bei einer modernen Familie in der Stadt, wächst ihre Hoffnung auf ein selbstbestimmtes Leben - doch leider funkt ihre Familie erneut dazwischen.

    Gestörte Beziehungen, geplatzte Träume und seelische Abgründe sind wesentliche Themen dieses Hörbuchs. Viele Erzählungen haben deshalb auch eindeutig kriminalistische Züge, in denen es um Rache, Schuld, Strafe und Vergebung geht. Es gibt einige Tote in diesem 5,5 Stunden langen Hörbuch. Manche sterben im Affekt, manche geplant, mancher Todesfall passiert in der Gegenwart, mancher ist schon so lange her, dass die Protagonisten von ihrer Vergangenheit eingeholt werden. Für den einen hat man Verständnis, beim anderen wünscht man eine harte Strafe. Ich empfinde es als großes Plus, dass die Autorin selbst in den kürzesten Text Vielschichtigkeit und Tiefe einbauen kann, nichts ist einfach gestrickt. Jedes Ende überrascht auf seine Weise, manchmal muss man innehalten, um es zu verdauen. Andere nehmen einen erfreulichen Ausgang, sind aber in der Minderheit.

    Wie in der Welt geht es auch in Borrmanns Geschichten nicht immer gerecht zu, Der Hörer darf verschiedene Emotionen durchleben. Es ist dabei sehr angenehm, dass nach jeder Erzählung auch eine neue Stimme zu hören ist, so dass man das Gehörte schnell abgrenzen kann.

    Mechtild Borrmann schreibt klar und schnörkellos. Jeder Text ist leicht verständlich. Dennoch passt jedes Wort, jede Formulierung. Die Autorin schwafelt nicht, sie kommt gleich zur Sache und kann sich wunderbar in ihre Figuren hineindenken. Dieses (Hör-)Buch eignet sich deshalb auch hervorragend als Einstieg für Menschen, die bislang wenig Erfahrung mit Erzählungen hatten.

    Für mich ist das Hörbuch ein Highlight! Egal in welchem Format: Ich wünsche diesem Erzählungsband von Mechthild Borrmann ein großes Publikum.

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  1. Einfach nur wow!

    !ein Lesehighlight 2021!

    Klappentext:

    „Von Menschen im Schatten, am Rande der Gesellschaft und manchmal auch der Legalität erzählen Mechtild Borrmanns Geschichten:

    Da ist der 17-jährige Till, der noch nie verliebt war – bis er die neue Freundin seines Vaters kennen lernt. Da ist Christa, die von klein auf unter der Kälte und Bigotterie ihrer Mutter gelitten hat – bis ein einziger Satz ihr Leben dramatisch verändert. Und da ist der alte Karl Petzold, der kaum noch weiß, dass er sein Leben vergisst, und sich wundert, weshalb sein Sohn seinen Sessel aus dem Wohnzimmer trägt …“

    Mechthild Borrmann war mir zwar als Autorin bekannt, aber war dies mein erstes Buch von ihr und ich bin ihr jetzt schon verfallen. Ihre Sprachgewalt in diesem Buch ist wirklich besonders und man brauch etwas Zeit und Ruhe zum lesen. Dies ist kein Buch für mal so nebenbei....Borrmanns Wortwahl ist treffend gewählt und beschert dem Leser einen runden Lesefluss mit Gefühl und Emotionen gleichermaßen. Wir erleben Momentaufnahmen, Schicksale und dürfen daran teilhaben. Einige erschrecken, andere kennt man vielleicht selbst und wieder andere sind einfach nur unvorstellbar. Es sind viele Geschichten die Borrmann hier verfasst hat und jede hat ihr eigenes Schicksal und jede hat ihren eigenen Takt...genau wie das Glück seinen eigenen Takt hat. Borrmann hat zudem viele kleine versteckte Spitzen verteilt und einige Parts kann man auch zweideutig sehen. Genau solche Literatur mag ich. Sie fordert das Gelesene und lässt einen nachdenklich zurück. Alle Geschichten hier hallen nach....mal mehr, mal weniger. Man muss sich auf sie einlassen und wer das tut, wird reich beschenkt....5 von 5 grandiose Sterne!

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