Fräulein Gold

Rezensionen zu "Fräulein Gold"

  1. Wenn du plötzlich auf der anderen Seite bist...

    Bei dem vorliegenden Band handelt es sich bereits um den 5. Teil der Reihe. Waren die Vorgänger ungemein spannend, ist dieser Part mehr von Emotionen geprägt.

    In der Geschichte geht es wieder einmal um Hulda Gold, allerdings ist sie schwanger und ledig, da ihr Verlobter durch eine Rettungsaktion ums Leben kam. Wie nun damit umgehen?

    Auch wenn es hier wieder einen kleinen Krimiteil gibt, besticht der Roman vor allem durch die Gedanken, Gefühle und Empfindungen einer Schwangeren, denn Anne Stern lässt den Leser durchaus detailliert an den Eigenheiten einer Schwangerschaft in den letzten Zügen teilhaben. Dies las sich durchaus emotional, hätte für meinen Geschmack aber gern etwas weniger und dafür mehr Krimihandlung haben dürfen.

    Das Hin und Her zwischen Karl North und Hulda ist endlich wieder da und die Kellerszene hat mir immens gefallen.

    Gut dargestellt sind die Armut und die politischen Umwälzungen in Deutschland und speziell in unserer Hauptstadt.

    Mir macht es immer wieder Spaß lesend das Berlin von damals erkunden zu dürfen, welches einerseits sehr offen und modern war und dennoch irgendwie den gesellschaftlichen Erwartungen nicht entkommen konnte. Fühlt sich jedes Mal wie eine kleine Zeitreise an.

    Fazit: Nicht der beste Band der Reihe, aber dennoch unterhaltsam und ich verfolge die Reihe auch gern weiter.

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  1. 3
    13. Dez 2022 

    Traumberuf

    Im Jahr 1922 haben sich die Menschen noch nicht gänzlich vom Krieg erholt. Und dennoch hat das Leben wieder Einzug gehalten in Berlin. Und dort arbeitet Hulda Gold als Hebamme. Eine Patientin liegt ihr im Moment besonders am Herzen. In etwas ärmlichen Verhältnissen lebt sie, doch mit einem Mann, der sich liebevoll um sie kümmert. Ihr erstes Kind kommt bald und sie fürchtet sich. Nicht zuträglich für ihre Stimmung ist, dass eine andere Bewohnerin des Hauses, tot aufgefunden wurde. Rita hat selbst alles verloren und sich doch um andere gekümmert und nun ist sie tot. Hulda erklärt sich bereit, etwas über die Todesumstände herauszufinden.

    Hulda Gold betritt die Bühne eines historischen Kriminalromans. Das Berlin der 1920er ist kein einfaches Pflaster, doch Hulda liebt ihren Kiez. Auch ihre Familie hat unter dem Krieg gelitten. Von Felix, ihrem besten Freund und Partner, hat sie sich getrennt. Aber so richtig losgelassen hat sie ihn noch nicht. Die Nachforschungen um den Tod von Rita sind deshalb zunächst schon eine gute Ablenkung. Eine Ablenkung ist auch Kommissar Karl North, der sie zu ihrer Verbindung mit Rita befragt. Gemeinsam versuchen die beiden mehr herauszufinden. Das hält Hulda allerdings nicht davon ab, auch auf eigene Faust weiterzusuchen.

    Vor dem Hintergrund der 1920er erzählt die Autorin von Hulda Gold und ihre Suche nach der Wahrheit. Die Menschen in Berlin haben es nicht leicht. Die Demokratie ist jung und fühlt sich ungewohnt an. Die Narben des Krieges sind nicht vergessen und die, die am Rande der Gesellschaft sind, werden alles andere als gut behandelt. Es stellt sich heraus, dass Ritas Geschichte eine ganz andere ist, als die einer Alkoholikerin, die möglicherweise betrunken in den Kanal gestürzt ist. Auch wenn Huldas Herangehensweise manchmal etwas leichtfertig wirkt und man sich fragt, ob sie als Laiin sich unbedingt in Gefahr begeben muss, so ist die Schilderung des Milieus und des entbehrungsreichen Lebens der Menschen nach dem Großen Krieg sehr fesselnd. Die Wirkung wird noch verstärkt durch die ausdrucksstarke Stimme von Katharina Thalbach, die dieses Hörbuch gekonnt vorträgt.

    3,5 Sterne

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  1. Die Frauen und ihr Schicksal...

    Als Fan der Reihe habe ich das Erscheinen des vierten Bandes regelrecht herbei gesehnt und kaum hatte ich ihn in den Händen, war ich in Berlin des Jahres 1925.

    Alle Leser, die die Reihe um Hulda Gold nicht kennen, sollten in meinen Augen für ein besseres Verstehen erst die anderen Bände gelesen haben, da sonst durchaus Wissen fehlt.

    Wieder ist ein Jahr vergangen und Hulda hat nun nach Karl North endlich wieder wen gefunden, der sie umschwärmt. Doch ist Johann aus besseren Kreisen wirklich der richtige Mann für sie? Kann sie wirklich in der besseren Gesellschaft Fuß fassen oder wird sie dort immer eine Aussätzige sein?

    Anders als in den anderen Bänden bekommt der neugierige Leser keinen raumgreifenden Kriminalfall, denn dieser nimmt nur wenig Platz in der Handlung ein, sondern erlebt eine enorme Entwicklung von Hulda und stößt auf gesellschaftliche Missstände, die auch noch fast hundert Jahre später bestehen. Mir hat dies gut gefallen.

    Das Thema Schwangerschaftsabbruch ist nach wie vor ein so enormes Tabu, dass ich es wichtig finde, dass immer wieder drüber gesprochen oder geschrieben wird, wie hier. Zudem beleuchtet Frau Stern sehr gut die Rolle der Frau der damaligen Zeit und welche Erwartungen an sie gehegt werden und wie abhängig sie dennoch stets von den Männern ist.

    Während wir im Großteil des Romans viel über die Entwicklung von Hulda mitbekommen, was sich spannend liest und einen wohlfühlen lässt, hat der Schluss eine Keule für den Leser parat. Ich habe es geahnt und bin der Autorin dennoch böse, dass sie Hulda und uns so leiden lässt. Wer mehr dazu erfahren möchte, der sollte schleunigst zu diesem Buch greifen. Meine Kinnlade war jedenfalls weit unten nach der Offenbarung und ich war geschockt.

    Fazit: Wieder eine gelungene Fortsetzung der Reihe, die ich gern gelesen habe. Ich kann das Erscheinen von Teil 5 kaum erwarten und kann für diesen Band nur eine Empfehlung aussprechen. Klasse!

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  1. Eine eindrucksvolle Geschichte

    Im Berlin der zwanziger Jahre sind die Auswirkungen des großen Krieges noch zu spüren und die politische Lage ist alles andere als stabil. Im Viertel um den Winterfeldtplatz arbeitet die Hebamme Hulda Gold. Sie liebt ihren Job und tut für die Frauen mehr als sie müsste. Bei der Betreuung einer Schwangeren im Elendsviertel Bülowbogen erfährt sie von dem tragischen Tod der fixen Rita, die eine Nachbarin der Schwangeren war. Kriminalkommissar Karl North ermittelt in diesem Fall, doch er scheint von Selbstmord auszugehen und kein großes Interesse an der Klärung zu haben. Doch Hulda geht der Fall nicht aus dem Kopf und sie geht auf eigene Faust der Sache nach und bringt sich damit in Gefahr.
    Schon das Cover hat mich angezogen, denn ich mag solch schwarz-weiße Bilder sehr gerne. Aber auch die Geschichte ist interessant und spannend und Schreibstil ungemein packend.
    In Berlin liegen Licht und Schatten eng beieinander. Während die einen das bunte Leben in der Stadt genießen, leiden die anderen große Not. Die ein Dach über dem Kopf haben, können sich noch glücklich schätzen, denn viele müssen sehen, wo sie unterkommen.
    Die sympathische 26-jährige Hulda ist eigentlich ein spätes Mädchen. Doch sie liebt ihre Unabhängigkeit, auch wenn die Angst mitspielt, denn sie hat das Bild ihrer Mutter vor Augen. Das hindert sie auch, sich an Felix zu binden, der ihrer Meinung nach zu gut für sie ist. Hulda geht mit offenen Augen durch die Welt und sieht die Not in ihrem Viertel. Sie hat ein großes Herz und hilft oft. Daher kann sie auch den Fall von Rita nicht einfach beiseitelassen. Die Herangehensweise von North ärgert sie, so dass sie Risiken eingeht, um die Sache aufzuklären. Allerdings geistert North ständig durch ihre Gedanken. Karl North verhält sich sehr seltsam, was mit seiner Vergangenheit zu tun hat, die ihn einfach nicht loslässt und ihn im Fall Rita besonders belastet. Gut gefallen hat mir auch Bert, der Mann aus dem Kiosk, der viel weiß, sich aber nicht aufdrängt, doch Hulda bekommt schon mal ungefragt Ratschläge.
    Im Laufe der Geschichte lernen wir Ritas Schicksal kennen. Es ist wirklich tragisch, was diese Frau erleben musste. Tragisch und unendlich grausam ist aber auch das Schicksal der Menschen, die als Irre oder Siechen weggesperrt und therapiert werden.
    Die Charaktere in dieser Geschichte sind lebendig und authentisch dargestellt. Genauso authentisch aber zeigt sich das Leben im Berlin zwischen großer Not und schillerndem Nachtleben.
    Mich hat dieses Buch wirklich gefesselt und ich bin gespannt, wie es weitergeht mit Hulda.

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  1. Einblicke in das Berlin der 20er...

    Der Klappentext hatte mich so sehr angesprochen, dass ich dieses Buch unbedingt lesen wollte und ich habe es nicht bereut.

    In der Geschichte geht es um die Hebamme Hulda Gold, die im Armenviertel der Hauptstadt ihre Dienste anbietet. In diesem Beruf sind Freud und Leid nah beieinander. Als dann eine Frau spurlos verschwindet, lässt sie das nicht kalt und beginnt auf eigene Faust zu ermitteln. Wird sie sich damit nicht in Schwierigkeiten bringen?

    Das Buch ist in zwei Abschnitte unterteilt, denn mal begleiten wir Hulda bei ihrem Tun im Sommer 1922 und mal lesen wir Notizbucheinträge von Rita Schönbrunn über die Jahre davor.

    Mir gefällt bei dem Roman der Mix aus Krimi und historischem Roman.

    Hulda ist eine Figur, die ich direkt mochte, da sie zwar so ihre Makel hat, damit aber hervorragend umgehen kann und zudem einfach nur herzensgut ist. Ich mochte ihren Mut und ihre Durchsetzungskraft.

    Bei Kriminalkommissar Karl North fand ich die Entwicklung der Figur richtig gelungen, denn zu Beginn mochte ich ihn so gar nicht und mit der Zeit stellt sich dann heraus, dass es Gründe für sein etwas merkwürdiges Verhalten gibt.

    Der Kriminalfall war immer im Fokus der Handlung und wirklich bis zur letzten Seite spannend. Da denkt man schon alles zu wissen und dann kommt noch ein Knaller.

    Richtig gut war außerdem, dass die Autorin ein sehr authentisches Bild vom Berlin der 20er zeichnet. Die Gefühlskälte der Menschen spürte man beim Lesen beinahe am eigenen Leib.

    Fazit: Gelungener erster Band, der mich sehr gut unterhalten hat. Gern spreche ich eine Leseempfehlung aus und die weiteren Bände werde ich in jedem Fall auch lesen. Klasse!

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