Ewigkeitsfjord: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Ewigkeitsfjord: Roman' von Kim Leine
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2 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Ewigkeitsfjord: Roman"

Ende des 18. Jahrhunderts geht Morten Falck als Missionar nach Grönland. Mit einem Satz Rousseaus auf den Lippen und mit einer Kuh im Schlepptau trifft er nach wochenlanger Seefahrt in der dänischen Kolonie ein. Hier prallen die Lebensweise der Eingeborenen und der Kolonisatoren in Eis und Finsternis gewaltsam aufeinander. Die zehn Gebote, die er predigt, wird Morten bald in vielfacher Hinsicht übertreten. Aber er gewinnt auch die Liebe einer Eskimofrau und findet völlig unerwartet eine abtrünnige Siedlergemeinschaft, die tatsächlich nach aufklärerischen Idealen lebt. Kim Leines meisterhafter Roman macht das Leben in Grönland zur damaligen Zeit mit allen Sinnen erfahrbar und erzählt zugleich eine ganz moderne Geschichte.

Autor:
Format:Kindle Edition
Seiten:641
EAN:

Rezensionen zu "Ewigkeitsfjord: Roman"

  1. 2
    12. Jan 2016 

    Kim Leine: Ewigkeitsfjord

    Worum geht es?
    Ohne Überzeugung und Enthusiasmus studiert Morten Falck in Kopenhagen Theologie, um Pfarrer zu werden. Viel mehr als für die geistlichen Dinge interessiert er sich für die natürlichen Vorgänge der Welt (vor allem Leichen sezieren und skizzieren). Und als er dann das Studium zu Ende gebracht hat, entscheidet er sich ganz bewusst gegen die Laufbahn eines normalen Dorfpfarrers in einer kleinen dänischen Pfarrei und für das harte Leben in einer Missionsstation in Grönland. Was ihn umtreibt, ist der Wille nach Erkenntnisgewinn rund um das menschliche Leben und Treiben. Die Werke Voltaires und Rousseaus geben ihm Richtung und gleichzeitig Rätsel auf. Immer wieder bleibt er bei Rousseaus Satz hängen:
    Der Mensch ist frei geboren, und überall liegt er in Ketten!
    Diesen Satz zu prüfen und zu verstehen, warum hier offenkundig Gegenteiliges mit „und“ statt mit „aber“ verbunden ist, dafür erscheint Grönland – ein Land der „Wilden“ und Unmissionierten – nun wirklich ein geeignetes Pflaster zu sein.
    Und so verlebt er viele Jahre in der Abgeschiedenheit Grönlands in wilder und strenger Natur, die jeden Winter zu einer Lebensherausforderung macht, während parallel die Französische Revolution die Welt erschüttert. In der grönländischen Missionsstation Sukkertoppen hat er es dabei mit drei Parallelwelten und Lebensmodellen zu tun hat: die dänischen Einwanderer, die allen Unbillen der Natur und der Wohnverhältnisse zum Trotz darum bemüht sind, eine Kopie ihres zivilisierten Lebens aus dem dänischen Heimatland weiterzuführen, und zu denen die Grönländer – auch wenn missioniert - nur sehr bedingt dazugehören; die unmissionierten Einheimischen, die ihre Brauchtümer und Riten weiterleben und als Drittes eine Gruppe von missionierten Grönländern, die sich im benachbarten Ewigkeitsfjord einem Prophetenpaar angeschlossen haben und das Christentum auf unkonventionelle und wenig kanonische Art und Weise leben. In der Beobachtung der Personen und Gruppen spürt der Leser gemeinsam mit Morten Falck der Frage nach, wo denn nun die Quellen der Freiheit und Unfreiheit, des Glücks und Unglücks für den Menschen liegen. Das von Morten gepredigte Christentum bringt da wohl keine Lösungen. Es stellt sich letztlich dar als der bloße verlängerte Arm des dänischen Staates bzw. Königs, der über die Missionierung Einfluss auf die Menschen in Grönland aufbauen will, obwohl er nur einmal pro Jahr über die Ankunft eines Versorgungsschiffs überhaupt Botschaften und indirekte Präsenz zeigen kann. Das Verhalten des Missionars Morten Falck verläuft so dann auch nicht in den Bahnen, dass seine Vorgesetzten sein Handeln gutheißen können. Er muss Grönland nach sechs Jahren verlassen und kann zum Ende des Buches hin eventuell nur noch deshalb die Möglichkeit zur angestrebten Rückkehr bekommen, weil nicht ganz ohne eigenes Zutun seine Dossiers im großen Brand von Kopenhagen für eine Beurteilung verloren gehen.
    Mein Fazit:
    Ein spannender Plot, aber harter und herausfordernder Lesestoff. Kim Leine macht es dem Leser nicht gerade leicht, bis zum Ende durchzuhalten. Denn einerseits ist das Erzähltempo oft genug der Langsamkeit der grönländischen Landschaft angepasst und andererseits ist das Interesse des Autors für meinen Geschmack doch zu stark und zu häufig auf die verständlicherweise eher mangelhaft erscheinenden hygienischen Verhältnisse des Lebens, Liebens, Essens und Verdauens in dieser für unsere Verhältnisse unzivilisierten Welt gerichtet. Dennoch hat mich Kim Leine bei der Stange gehalten (mit einigem inneren Kampf), denn immer dann, wenn die existentiellen Fragen der Aufklärungszeit ins Spiel kommen, wird „Ewigkeitsfjord“ für mich zu einem sehr starken und faszinierenden Roman. Zudem ist Grönland für mich ein Land, das ich unbedingt noch entdecken möchte und dieses Buch hat dazu etwas beitragen können. Aber sicher nichts für die schnelle und leichte Lektüre. Und deshalb auch kein wirklicher Buchtipp von mir. Liebe @Tiram, ich kann deinen Abbruch gut verstehen und dir auch nur bedingt einen Neubeginn empfehlen. Ich hoffe, meine Rezension hat dazu etwas Klarheit gebracht.

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