Es geht uns gut: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Es geht uns gut: Roman' von Arno Geiger
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Inhaltsangabe zu "Es geht uns gut: Roman"

Philipp Erlach hat das Haus seiner Großmutter in der Wiener Vorstadt geerbt, und die Familiengeschichte, von der er definitiv nichts wissen will, sitzt ihm nun im Nacken. Arno Geiger erzählt sie, als sei sie gegenwärtig: Von Alma und Richard, die 1938 gerade Ingrid bekommen und nichts mit den Nazis zu tun haben wollen. Vom fünfzehnjährigen Peter, der 1945 mit den letzten Hitlerjungen durch die zerbombten Straßen läuft. Von Ingrid, die mit dem Studenten Peter eine eigene Familie gründen will, und von Philipp, dem Sohn der beiden. Arno Geiger gelingt es, ein trauriges und komisches Jahrhundert lebendig zu machen.

Autor:
Format:Taschenbuch
Seiten:400
EAN:9783423135627

Rezensionen zu "Es geht uns gut: Roman"

  1. Vom Loslassen.

    Kurzmeinung: Ich mochte den Symbolcharakter.

    Alma und Richard Sterk sind wohlhabende Österreicher und eigentlich ganz gut durch das Kriegsgeschehen des Zweiten Weltkriegs gekommen, obwohl: Opfer haben sie bringen müssen, ihr Sohn ist gefallen.

    Richard ist es gelungen, sich größtenteils herauszuhalten, Nazi war er keiner, aber er hat sich auch nicht ausdrücklich dagegen positioniert. Nach Kriegsende wird er mit einem Ministerposten belohnt. Richard, sagen wir es frei heraus, ist ein Feigling. Wie es halt viele Menschen sind, die keine Stellung beziehen und nur ihr eigenes Wohl im Auge haben. Richard ist weder ein guter Vater noch ein guter Ehemann noch ein guter Politiker. Er laviert und versucht, in allen Bereichen möglichst leidenschaftslos durchs Leben zu kommen und nirgendwo anzuecken. Am Ende seines Lebenswegs ist er desillusioniert. Aber Alma kommt mit ihm zurecht, auch als er dement wird. Denn Alma hat ein inneres Leben. Was Alma tröstet, ist das Haus. Aber das Haus ist auch eine Bindung und eine Belastung. Ihr ist es nicht vergönnt, etwas an den Verhältnissen zu ändern. Das ist Aufgabe der nächsten Generationen.

    Das Haus spielt die eigentlich tragende Rolle. Es ist das Herz der Familie Sterk. Dort sind Otto und Ingrid aufgewachsen. Und jetzt gehört es dem Enkel Phillip. Das Haus verkörpert die Familiengeschichte mit all ihrem Dreck, dem Unausgesprochenen, den Seitensprüngen und verborgenen Geschäften, dem Generationenkonflikt zwischen Vater und Tochter, den faulen Kompromissen, etc. Der Taubendreck im Dachgeschoß könnte ein Symbol dafür sein. Es hat sich einiges angesammelt.

    Will Phillip ein unbelastetes Leben führen, muss er sich lösen. Das spürt er, ohne es in Worte fassen zu können.

    Der Kommentar:
    Neben einfühlsamer Figurenzeichnung zeichnet sich der Roman durch den Symbolcharakter des vom Taubendreck verunreinigten Hauses aus; der Säuberungsprozeß dauert Wochen. Der Leser spürt dabei jedoch einige der berühmten Längen. Dass Philipp Hilfe von außen bekommt, ist indirekt ein therapeutischer Ansatz. Wenngleich die Therapeuten russische Schwarzarbeiter sind, die kommentarlos anpacken, was Philipp sich nicht vom Hals zu schaffen traut. Sie können sogar mit dem ganzen alten Krempel, den Phillip loswerden möchte, noch etwas anfangen. Gut so. Dann war nicht alles sinnlos.

    Fazit: Ballast muss man loswerden. Ein leicht melancholischer Roman, der aufzeigt, dass es manchmal an der Zeit sein könnte, Abschied zu nehmen, auch wenn dieser Abschied schwer fällt. Loslassen ist eine der wichtigsten Aufgaben im Leben.

    Kategorie: Belletristik.
    erster Preisträger des Deutscher Buchpreises 2005
    Verlag: dtv

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