Emoticon: Roman (detebe)

Rezensionen zu "Emoticon: Roman (detebe)"

  1. Von politischem Idealismus.

    Kurzmeinung: Sehr gute Unterhaltung mit politischem Anstrich. Davon nicht zu viel und nicht zu wenig.

    Schon 2004 erschien „Emoticon“ von Jessica Durlacher auf dem niederländischen Buchmarkt und hatte zu Recht Erfolg. Im Rahmen des Ablesens vom Stapel ungelesener Bücher (SuB), die jeder echte Bibliophile besitzt, also ungelesene Bücher, lese ich „Emoticon“. Nach kurzer Zeit bin ich gefangen von den lebendigen Protagonisten Durlachers und ihrem angenehmen, leichten Stil.

    Worum gehts? Die Icherzählerin Ester lernt im Kibbuz Lola kennen. Beide junge Niederländerinnen haben jüdische Wurzeln und sind zudem jung, leichtsinnig, idealistisch und bereit, sich zu verlieben. Die beiden Mädchen werden Freundinnen, obwohl oder gerade, weil sie die Welt unterschiedlich wahrnehmen und pflegen ihre Freundschaft mehr als zwanzig Jahre lang. Beide junge Frauen sind schwanger als sie in die Niederlande zurückkehren; aber nur eine behält ihr Kind.

    Der Kommentar.
    „Emoticon“ ist im Grunde kein richtig politischer Roman. Dafür löst er sich zu wenig von den unreifen Ansichten seiner Protagonisten. Es ist jedoch auch kein unpolitischer Roman, sondern zeigt, wie persönliche Verflochtenheit zu idealistischen, unhinterfragten Haltungen führt und im Fiasko endet. Es gibt keine Lösungen in diesem Roman, aber er zeigt auf, wie zufällig eine politische Einstellung im Grunde genommen ist, bedingt durch beschränkte subjektive Erfahrungen, beschränktem Informationszugang, bedingt durch Herkunft und Status.
    So ist „Emoticon“ ein Roman über eine ungleiche Freundschaft und gleichzeitig über die komplizierte Konstellation Israel-Palästina. Eine Abhandlung aller politischen Fakten oder deren Abwägungen gegeneinander darf man freilich nicht erwarten, das ist aber auch gar nicht notwendig: man begreift trotzdem. Romane über die Israelproblematik sind schwierig zu schreiben ohne in Larmoyanz oder triefendes Pathos oder gar in Anklagen zu verfallen. Jessica Durlacher ist dieser Falle dadurch entgangen, indem sie sich ganz auf ihre Protagonisten konzentriert und keine übergeordneten Erklärungen abgibt. Die politische Lage schwappt lediglich durch Gedanken und die eingeschränkte Sichten der Beteiligten so unwillkürlich herein, wie die Wellen der See aufs Land treffen.

    Fazit: „Emoticon“ ist trotz seiner schicksalsträchtigen Wendungen ein lebensbejahender Roman, den ich sehr wertschätze. Es reizt mich, weitere Romane der Autorin zu entdecken.

    Kategorie: Gute Unterhaltung
    Verlag: Diogenes, Taschenbuch 2008

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