Ein erhabenes Königreich: Roman

Rezensionen zu "Ein erhabenes Königreich: Roman"

  1. Der ewig dunkle Fleck der USA

    Klappentext:
    „Mit dem Auftauchen ihrer Mutter, die sich ins Bett legt und auf nichts mehr reagiert, kehren in Gifty die schmerzhaftesten Kindheitserinnerungen zurück: das Verschwinden des Vaters, der in seine Heimat Ghana zurückging, der Tod des geliebten Bruders und die Depression der Mutter angesichts dieser Verluste. Ihre Familiengeschichte hat dazu geführt, dass Gifty als erwachsene Frau ihren Glauben gegen die Neurowissenschaften eingetauscht hat. Sie ist davon überzeugt, dass sich Depression und Abhängigkeit, und damit Trauer und Leid, durch entsprechende Behandlung verhindern lassen. Doch die Angst um ihre Mutter, die fest verankert in ihrer Religion stets allen Schwierigkeiten im weißen Amerika gewachsen war, lässt Gifty an beidem zweifeln: Kann nur die unbestechliche, aber seelenlose Wissenschaft ihr die Mutter zurückbringen oder gelingt das allein den herzerwärmenden Erlösungsversprechen der Kirche?“

    Autorin Yaa Gyasi hat mit ihrem neuen Roman ein ganz besonderes, spezielles Buch verfasst. Ihre ruhige aber sehr emotionale Sprache fasst den Leser sehr schnell und man ist regelrecht gefangen im Einklang der Wortmelodie. Ihre Sätze sind kurz, präzise und tiefgründig zu gleich. Diese Kunst der Wortgewandtheit ist eine wahre Kunst und nicht jedem Autor eröffnet. Gyasi spricht mit ihrer Geschichte rund um Gifty und ihre Familie weltpolitische Themen wie Rassismus, Freiheit an, ohne dabei zu werten, sondern ihre Erfahrungen dabei eine gewisse Stimme zu geben. Hier und da werden Sätze in der Landessprache Ghanas als extremer Haltepunkt und emotionaler Metapher. Denn nicht immer lassen sich Emotionen so ausdrücken, wie man es sollte - Wenn das Herz spricht, verfällt man zurück an seine Wurzeln. Giftys Geschichte rund um ihre Mutter ist ein gewisses Sinnbild rund um das Thema Gerechtigkeit in allen Lebenslangen: ist Gott (Giftys Mum ist sehr gläubig!) gerecht zu einem, sind Eltern gerecht zu ihren Kindern, bin ich gerecht zu mir selbst…..? Mit enormen Tiefgang geht Gyasi hier in die Tiefe und beleuchtet ganz intensiv nicht nur ihre Protagonisten sondern auch die aktuelle Gesellschaft. Giftys Geschichte und die ihrer Mutter geht tief unter die Haut und zeigt ganz deutlich, wie schwierig es ist, seine Wurzeln woanders neu schlagen zu müssen und sich eben zu verwurzeln, liegt doch „Ein erhabenes Königreich“ immer noch dort, wo man sein Herz verliert.
    Ich vergebe sehr gute 4 von 5 Sterne!

    Teilen
  1. Über Mäuse und Menschen

    Dies ist ein trauriges Buch.

    Nachdem ihre Mutter wieder einmal in Depressionen zu versinken droht und sich nicht helfen lassen will, holt Gifty sie kurzentschlossen zu sich nach Hause. Sie haben sich lange nicht mehr gesehen. Seit dem Tod ihres Bruders sind beide nicht mehr die Alten. Gifty lebt jetzt in Kalifornien ein eigenes Leben, bei dem sie sich bewusst von der Vergangenheit distanziert hat und als Neurobiologin die Reaktion von Mäusen auf Suchtstoffe untersucht.

    Die Anwesenheit ihrer Mutter zwingt sie, sich ihrer Vergangenheit zu stellen. Ihr Bruder starb, wie konnte es dazu kommen? Hat ihn seine Sonderstellung als Schwarzer in einer weißen Welt in den Tod getrieben? Gifty hat ihren Weg gefunden, damit umzugehen. Durch Erinnerungen und Tagebucheinträge erfährt man nach und nach die ganze traurige Geschichte.

    Hier geht es um einige wichtige Themen, die geschickt in eine leidvolle Familiengeschichte verwoben werden und ineinandergreifen. Giftys Familie ist von Ghana nach Amerika eingewandert, es ist aber schwer, dort richtig anzukommen. Kann man seine Mentalität aus Vernunftgründen ablegen? Sollte man das tun? Und was ist mit dem Glauben? Lässt sich Wissenschaft mit Religiosität vereinen? Wie funktioniert Suchtverhalten? Kann man sich dagegen wehren oder hat man gar keine Chance? Hätte Gifty ihren Bruder retten können?

    Ein anrührendes Buch voller Trauer, das sich leise aber beharrlich mit schwierigen Fragen beschäftigt, über Mäuse und Menschen.

    Teilen