Dunkle Havel

Buchseite und Rezensionen zu 'Dunkle Havel' von Tim Pieper
4.75
4.8 von 5 (4 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Dunkle Havel"

Als Hauptkommissar Toni Sanftleben in die Potsdamer Innenstadt gerufen wird, geht er zunächst von einem Routinefall aus. Doch dann findet er in den Sachen des Mordopfers das verblasste Foto einer Frau – es ist seine Frau Sofie, die vor sechzehn Jahren auf dem Baumblütenfest in Werder spurlos verschwand. Sanftleben ist wie elektrisiert. Wird er endlich herausfinden, was damals wirklich geschah?.

Autor:
Format:Broschiert
Seiten:256
Verlag: Emons Verlag
EAN:9783954515073

Rezensionen zu "Dunkle Havel"

  1. Ein Fest, die Havel und alte und neue Verbrechen

    Tim Piepers neuester Krimi spielt in der Neuzeit und handelt von Morden während des Baumblütenfests, das alljährlich Ende April in Werder (Havel) gefeiert wird.

    Inhalt:
    Bei einem Mordopfer in der Potsdamer Innenstadt findet Hauptkommissar Toni Sanftleben Bilder seiner seit sechzehn Jahren vermissten Frau. Sie verschwand wären des Baumblütenfests in Werder und nun scheint endlich die Chance für Toni gekommen, um Licht ins Dunkel der damaligen Geschehnisse zu bringen. Ein spannender Fall entwickelt sich, an dessen Ende Toni vielleicht Frieden mit den damaligen Geschehnissen schließen kann.

    Setting und Stil:
    Werder und Umgebung sind die Haupthandlungsorte und werden von Tim realistisch in Szene gesetzt. Das Baumblütenfest gibt den zeitlichen Rahmen und es wird nicht nur gefeiert, sondern auch kräftig ermittelt.
    Dabei schaut man vor allem Toni Sanftleben über die Schulter, bekommt allerdings auch Einblick in die Tätersicht. Kurze Kapitel treiben die Handlung voran, die sich abwechslungsreich und überraschend entwickelt.

    Charaktere:
    Toni Sanftleben ist ein vielschichtiger Charakter, den das Verschwinden seiner Frau hart getroffen und geprägt hat. Er hat einige Schwächen, besitzt unendliche Ausdauer und das Quentchen Glück, das einen hervorragenden Ermittler auszeichnet. Sein Sohn erdet ihn, einige Kollegen stehen ihm zur Seite und seine Vorgesetzten sind typische Vorgesetzte. Eine hervorragende Mischung, mit denen man gerne einige Stunden verbringt.
    Die Täterseite ist sehr schön undurchsichtig und regt zum Miträtseln an.

    Geschichte:
    Tim Pieper ist es gelungen ein Buch zu schreiben, an dessen Anfang man nicht im entferntesten Erraten kann, wie es schließlich enden wird. Er lässt sich Zeit, die Handlung zu entfalten, gibt den Charakteren Raum zur Entwicklung und lässt den Leser in seine Geschichte eintauchen. Der festliche Rahmen passt perfekt, die Geschichte ist interessant und unvorhersehbar und man will einfach wissen, wie es weitergeht.

    Fazit:
    Tim Piepers erster Neuzeitkrimi konnte mich völlig überzeugen. Gelungene Charaktere, verschlungene Ermittlungen, überraschende Erkenntnisse und ein interessanter und realistischer Einblick in Polizeistrukturen ergebenen eine mitreißende Mischung. Hinzu kommt das gelungene Setting, das mir wieder einmal einen unbekannten Bereich unseres Landes näher gebracht hat. Ein Krimi für alte und neue Fans des Autors, der auf seine eigene, angenehme Art seine Ermittler ermitteln lässt.

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  1. 5
    03. Apr 2015 

    Obsession...

    Hauptkommissar Toni Sanftleben hatte sehr persönliche Gründe für seine Berufswahl. Seit 16 Jahren ist seine Frau spurlos verschwunden, alle Fährten verliefen ins Nichts, und der Beruf als Polizist ermöglicht es Toni zumindest, mögliche Spuren zu erkennen und zu verfolgen. Was ist damals geschehen vor all den Jahren auf dem Baumblütenfest in Werder?
    Seit 16 Jahren dreht sich Tonis Leben nunmehr um diese Frage. Die Ungewissheit um das Schicksal seiner Frau, die er immer noch liebt, macht ihn schier verrückt. Die Spurensuche hat obsessive Züge angenommen, auch dem unmöglichsten Verdacht wird nachgegangen, alles wird in einem privaten Archiv gesammelt, um ja nichts in Vergessenheit geraten zu lassen. Und als Sanftleben zu einem Mordfall in der Potsdamer Innenstadt gerufen wird, traut er seinen Augen nicht, als er in der Tasche des Mordopfers das Foto einer weinenden Frau entdeckt - SEINER Frau Sofie.

    Schließlich hob Toni die transparente Tüte an, in der das Foto steckte. Als er es umdrehte und der Frau ins Gesicht blickte, stockte ihm der Atem. Für einen Moment stand die Welt still, kein Laut drang zu ihm durch. Auch wenn die katzengrünen Augen verweint waren, auch wenn sich die Flügel ihrer feinen Nase blähten, auch wenn sie ihre Lippen schürzte, konnte es keinen Zweifel geben. Er hatte ihr schönes Antlitz sofort wiedererkannt. Das war nicht die Ehefrau des Mordopfers, das war seine eigene Ehefrau, das war Sofie.

    Nach einigen historischen Romanen und Krimis legt uns Tim Pieper hier seinen ersten Krimi in der Gegenwart vor. Mit Hauptkommissar Toni Sanftleben präsentiert der Autor einen erfolgreichen Polizisten, dem der Erfolg jedoch nicht wichtig ist. Einzig die Suche nach seiner seit Jahren verschwundenen Frau Sofie ist seine Motivation - ruhelos, dem Alkohol verfallen, gesetzliche Vorgaben missachtend, rennt er jeder Spur nach. Er kümmert sich um seinen Sohn und seinen Job, doch agiert er im Grunde nur als 'Funktionszombie', vergisst dabei, auch zu leben. Rastlose Suche und Betäubung - anders ist die nagende Ungewissheit für ihn kaum zu ertragen.
    Toni Sanftleben war mir durch seinen Alkoholismus und seine Obsession nicht unbedingt sympathisch, aber ich hoffte doch die ganze Zeit, dass er zumindest am Ende des Buches nach den 16 Jahren endlich ins Leben zurückkehren kann. Er wirkt wie eine verlorene Seele, der nicht zu helfen ist - außer sie findet Antworten.

    Toni griff sich an die Wange und stellte fest, dass seine Fingerspitzen nass waren. Er hätte nicht gedacht, dass er noch weinen konnte. In den vergangenen sechzehn Jahren war er zu einem Funktionszombie geworden, aber jetzt, in diesem Moment, löste sich ein Klumpen in ihm.

    Der Krimi selbst ist ein reines Verwirrspiel. Zig Verdächtige, zahllose Spuren und Motive - und anfangs kaum erkennbare Zusammenhänge. Gekonnt führt Tim Pieper den Leser ein ums andere Mal auf die falsche Spur, lässt ihn heftig spekulieren, laufend die Meinung ändern, um ihm am Schluss noch einmal eine lange Nase zu drehen. Die Auflösung dann: ein Knalleffekt - vollkommen unerwartet, und doch logisch.
    Das Ende - die Wahrheit um das Schicksal Sofies - ist Geschmackssache. Für die einen passt es hervorragend zu der Geschichte, für mich persönlich war es nicht ganz passend. Das hat dem Lesevergnügen als solchem aber keinen Abbruch getan.

    Immer schon habe ich Tim Piepers Bücher gerne gelesen. Aber es ist zu merken, dass sich sein Schreibstil weiterentwickelt hat. Flüssig zu lesen, sehr bildhaft, geeignet, um sich Charaktere, Landschaften, Stimmungen wirklich vor Augen zu führen. Manchmal glaubte ich, das Funkeln der Sonne auf dem Waser greifen zu können.

    Insgesamt ein angenehm zu lesendes Buch, eine perfekte Verwirrtaktik in einem untypischen Krimi, mit bildhaften Darstellungen und einem Schuss Drama. Eine gelungene Mischung, die mich auf weitere Bücher aus der Feder Tim Piepers freuen lässt!

    © Parden

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  1. Bester Krimi seit langem

    Toni Sanftleben und seine Frau Sofie sind echte Globetrotter. Doch als sie schließlich Eltern werden, kehren sie nach Deutschland zurück um ihrem Sohn Aroon ein beständiges Leben zu bieten. Um sich einen schönen Abend zu machen, bringen die beiden den Einjährigen zu Oma und Opa und besuchen das Baumblütenfest. Total übernächtigt schläft Toni schließlich auf einer Wiese ein und als er aufwacht, ist nichts mehr so wie es war. Seine Frau ist verschwunden. 16 Jahre später weiß Toni, der mittlerweile bei der Polizei arbeitet, immer noch nicht was mit seiner Frau geschehen ist. Als er zu einem Mordfall gerufen wird, fällt er aus allen Wolken, als er bei dem Mordopfer ein altes Foto seiner Frau findet. Ist das endlich die heiße Spur, nach der er seit 16 Jahren sucht? Toni setzt alles daran um seine geliebte Sofie zu finden.

    Anders als bei "Mord unter den Linden" und "Mord im Tiergarten" haben wir es bei "Dunkle Havel nicht mit einem historischer Krimi um Otto Sanftleben zu tun. Aber es geht um einem Nachfahren, der genauso interessant und sympathisch wie der allseits beliebte Otto ist. Dieser zeitgenössische Krimi ist genauso toll gelungen wie die historischen Krimis des Autors.

    Toni Sanftleben ist Polizist geworden um besser Nachforschungen zum Verschwinden seiner Frau betreiben zu können. Auch nach 16 Jahren sind sein Schmerz und seine Verzweiflung nicht weniger geworden. Nie hat er die Hoffnung aufgegeben, seine Frau zu finden. Trotz allem versucht er, seinem Sohn Aroon, ein guter Vater zu sein. Ich konnte mich sehr gut in Toni hineinversetzen und seine Verzweiflung spüren. Es gibt wohl nichts schlimmeres als einen geliebten Menschen zu verlieren und nicht zu wissen was aus ihm geworden ist. Lebt der Partner oder das Kind noch? Oder sind sie schon tot? Mit dieser Ungewissheit kann man keinen Abschluss finden, kaum ein neues Leben beginnen, denn die Hoffnung bleibt immer bestehen.

    Tim Pieper hat es wieder geschafft, mich schon beim Prolog ganz tief in die Geschichte zu saugen, so dass es nicht nur ein Lesen des Buches war, sondern eher ein Miterleben. Ich fühlte mich mitten in der Geschichte und litt mit Toni, aber auch mit seinem Sohn. Der Kriminalfall ist sehr spannend und ich rätselte begeistert mit. Bis zum Ende war ich mir nicht sicher, wer der Mörder gewesen sein könnte. So macht ein Krimi richtig spaß. Es gab keine einzige langweilige Sekunde.

    Außer dem großartigen, bildlichen und fesselndem Schreibstil sind auch die Charaktere eine große Stärke von Tim Pieper. Er schafft es, seine Figuren lebendig wirken zu lassen. Man fiebert mit ihnen, trauert, hasst, liebt und leidet. Einmal musste ich auch ganz heftig gegen die Tränen kämpfen.

    Schon lange hat mich ein Krimi nicht mehr so sehr bewegt. Darum vergebe ich 5 von 5 Punkten, den Favoritenstatus und eine uneingeschränkte Leseempfehlung. Schade, dass ich das Buch jetzt schon beendet habe, aber bald wird es ein Wiedersehen mit Otto Sanftleben geben. Ich kann es kaum noch erwarten.

    © Beate Senft

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  1. 4
    25. Mär 2015 

    Stille See

    Mit einer Tasse Rumkaffee beginnt Hauptkommissar Toni Sanftleben den Morgen, wie so oft grübelt er, was vor 16 Jahren geschehen sein kann, als seine junge Frau Sofie spurlos verschwand, ihn und den damals einjährigen kleinen Sohn zurückließ. Dieses traumatische Ereignis führte schließlich dazu, dass er eine Ausbildung bei der Polizei begann. Wissen wollte er sich aneignen und Ressourcen der Behörde nutzen können, um jeder noch so kleinen Spur nachgehen zu können. Doch auch nach dieser langen Zeit ist Sofies Schicksal ungewiss. An diesem Morgen jedoch wird Toni Sanftleben zu einem Todesfall gerufen, der eine ungeahnte Bedeutung bekommen soll, denn eine vage Spur könnte zu Sofie führen.

    Der Autor Tim Pieper sonst eher durch seine Beschäftigung mit historischen Themen oder Krimis bekannt erfreut seine Leser zur Abwechslung mal mit einem Ausflug in die Gegenwart. Bei Toni Sanftleben handelt es sich um einen Enkel des Kriminologen Dr. Otto Sanftleben, den der Leser möglicherweise schon aus den früheren Veröffentlichungen kennt. Wie sein Vorfahr ist auch Toni als Ermittler tätig, wenn er auch seinen ganz eigenen Grund hatte, diese Tätigkeit aufzunehmen. Mag man seinen Hintergrund für den Berufswunsch nachvollziehen können oder nicht, gerade aufgrund seiner privaten Motivation ist aus Toni ein herausragender Ermittler geworden, der sich durch Hartnäckigkeit auszeichnet, der oftmals eher den Durchblick hat und den Überblick behält. Doch reibt er sich auch auf, der nimmermüde Suchende, sich um den Sohn kümmernde, der in Gedanken doch immer bei seiner Frau bleibt. In seinem nicht loslassen können scheinen Alkohol und Tabletten der einzig mögliche Trost und Mittel zur Entspannung. Dass sein Sohn, der sich trotz aller schwieriger Umstände gut entwickelt, dabei fast zu kurz kommt, bemerkt Toni beinahe nicht.

    Ein fesselnder Krimi mit einem packenden Fall, in dem die Rätsel überraschend und zufriedenstellend gelöst werden. Ein Kommissar, der einen inneren Kampf auszufechten hat und der von seinem erfrischend bodenständigen Sohn auch mal etwas zurecht gerückt wird. Dazu wunderbare Schilderungen von einer Landschaft ganz in der Nähe Potsdams, von der der Autor auf seiner web-site einige ausgesprochen stimmungsvolle Fotos zusammengestellt hat. Da bekommt man Lust auf eine Urlaubsreise, auch wenn die Idylle möglicherweise etwas trügerisch sein kann. Man möchte eigentlich gleich weiterlesen, wie sich das Leben des Kommissars Toni Sanftleben entwickeln wird.
    4,5 Sterne

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